Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Amorella, amore mio

Man soll sein Herz nicht an Dinge hängen… aber was soll man machen, wenn es sich um das Schiff handelt, mit dem wir vor zwanzig Jahren an einem windstillen, sonnigen Herbstmorgen am Badehäuschen vorbei in unserer neuen Heimat angekommen sind?! Das Schiff, das uns 19 Jahre lang aus jedem Urlaub nach Hause gebracht hat?! (Das Schiff, das ausgerechnet für ein blödes neues Schiff aus China verkauft werden musste?!!!) 💔

Nach fast acht Monaten in Genua ist sie jetzt gelb statt rot.

Und fährt seit dieser Woche unter italienischer Flagge zwischen Savona und Korsika bzw. Toulon und Korsika.

Sie wird nie wieder im Eis steckenbleiben.

Und ganz eventuell haben wir da einen Plan für die über- oder überübernächste Reise.

(Ja, wir sind die, die ihr auch schon mal einen Krankenbesuch abgestattet haben.)


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Ein Maimittwochabend

„Ihr kommt da dann aber nicht hin!“, sagte der kleine Herr Maus, als die Wilma-Nachricht mit der Einladung zu einer kleinen Fotoausstellung sowie gemeinsamem Grillen, Sauna und Schwimmen an einem Abend der geplanten dreitägigen Klassenfahrt ins Haus auf unsere Handys flatterte.

„Na gut, ihr könnt ruhig hinkommen. Aber ihr geht nicht in die Sauna!“, sagte der kleine Herr Maus eine Woche später, als er gehört hatte, dass die anderen Eltern auch hinkommen würden.

„Kommt ihr auch wirklich?! Ihr müsst unbedingt kommen!“, sagte der kleine Herr Maus gestern am Telefon, als er dem Ähämann mitteilte, dass die Speicherkarte seiner Kamera voll sei und dringend überspielt werden müsse, damit er weiter Fotos machen könne. („Ja, ihr könnt meinetwegen auch in die Sauna gehen. Aber seid nicht so peinlich!“)

Es war ein sehr netter Abend, und als der Ähämann und ich beim Rückweg über das weitläufige Lagergelände noch schnell einen Aussichtsturm bestiegen und vor uns die Abendsonne über dem Schärenmeer hing, rechts die Vögel ihren Abendchoral anstimmten, links die fröhlichen Stimmen der 6B aus dem Wald schallten und über allem der Duft von Maiglöckchen schwebte, da dachte ich wie so oft schon: man müsste nochmal Kind sein in Finnland…!

Kurz vor zehn waren wir wieder zu Hause, wo das Fräulein Maus und der grosse Herr Maus noch mit der Nachbarskinderschar draussen rumsprangen und sich folgender Dialog entspann:

Ich: „Fräulein Maus, du weisst, dass du Klausurenwoche hast, ja?!“
Fräulein Maus: „Ja natürlich! Ich hab‘ schon gelernt!“
Ich: „Aber du müsstest ins Bett! Es ist gleich um zehn!“
Fräulein Maus: „Waaaaas?! Ich dachte, es wäre um acht!“

Es gibt nichts Wunderbareres als diese Maiabende kurz vor den Sommerferien.


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„Wenn Sauna, Teer und Schnaps nicht helfen…

… dann ist die Krankheit tödlich“, sagt man auf Finnisch.

Und so sind wir am Samstag, die oberste deutsche Saunaregel „Nur hundertprozentig gesund in die Sauna!“ ignorierend, mit meiner Maiflunssa in die Lieblingssauna am See gefahren, denn ich hatte schon in aller Herrgottsfrühe ein Dampfbad machen müssen, um noch ein paar Stunden weiterschlafen zu können, und Sauna ist noch dreimal besser und angenehmer als Dampfbad.

Ich bin noch nicht komplett über den Berg, aber die abwechselnd laufende und verstopfte Nase und vor allem das matschige Gefühl im Kopf waren sofort weg.

(Noch zwei Wochen bis Sommerferien.)


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Zwei Feiertage

Zum Muttertag gab es eine aufgetaute – am Ostermontag in Tallinn gekaufte – estnische Torte, vom Ähämann ein T-Shirt für die für die Wissenschaftsdonnerstage verantwortliche Horttante und eine selbstgemalte Karte, auf der „ein Klo mit Kacke drin, aber die Kacke hat ein Lachgesicht, und ganz viel Musik und Herzen und die Musik ist ganz bunt und die Karte extra für dich gelb“ zu sehen sind. (Nein, das Kind ist nicht fünf. Aber es weiss sehr gut, dass ich es genau so liebe, wie es ist.)

Ausserdem einen Ausflug an die Lieblingssauna am See, wo wir lange Zeit ganz allein waren.
(Erst abends wurde es voll. Als alle ihr Pflichtprogramm absolviert hatten.)

Ich liebe meine Muttertage sehr.

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Aus Anlass des heutigen Feiertags gab es gestern in Turku eine Museumsnacht. Mit freiem Eintritt von 18 bis 24 Uhr; wobei wir erst ab um acht konnten, nachdem wir ein Kind um 19 Uhr von den Pfadfindern und eins um 19:30 Uhr von der Orchesterprobe eingesammelt hatten.

Da keine*r Lust auf irgendein Kunstmuseum hatte, Picknick im Handwerkerdorf aufgrund der genau gestern und vorgestern durchziehenden Kaltfront eher keine so gute Idee war, wir schon ewig nicht mehr im Forum Marinum waren und es dort ausserdem zur Zeit eine viel beworbene Sonderausstellung über die Finn*innen auf der Titanic gibt, war das Ziel klar.

Es war ganz schön, aber die Sonderausstellung eher dürftig. Offensichtlich sind wir mittlerweile von den estnischen Museen völlig verwöhnt.

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Für den heutigen Feiertag hatten wir keinerlei Pläne ausser Ausschlafen. Logischerweise lag ich dann ab um vier mit Kopfschmerzen wach, und nachmittags durfte ich feststellen, dass ich auch dieses Jahr nicht um die alljährlich kurz vor den Sommerferien grassierende Maiflunssa herumkommen werde. Wie gut, dass noch gar nicht Wochenende ist!


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Drei Wochen bis Sommerferien

Letzte Woche, als wir noch Daunenjacken, Mützen und Handschuhe trugen, war es schwer vorstellbar, dass in vier Wochen schon die Sommerferien anfangen sollten. Diese Woche ist es endlich warm geworden, und man kann dem Grün beim Explodieren zusehen.

Schule ist nur noch die lästige Beschäftigung, wegen der man sich früh aus dem Bett quälen muss, obwohl man abends erst halb elf ins Bett gegangen ist, weil man eher auch wirklich nicht ins Bett gehen kann, wenn die Sonne bis um zehn scheint und das Licht mit jeder Minute schöner wird.

Der Maiwahnsinn hat wieder präpandemische Ausmasse angenommen. (Mit dem Unterschied, dass die Kinder inzwischen weder überall hingebracht noch alle drei immer mitgeschleppt werden müssen.)

Zusätzlich hatten wir diese Woche eine Gastschülerin aus Deutschland. (Nicht die, bei der das Fräulein Maus vor drei Wochen war. Die kommt erst im August. Jetzt kam eine Musikklasse aus Freiburg zu Besuch.) Das war sehr nett – aber die Tage waren auch sehr voll, die Abende lang, und die Wecker klingelten ungewohnt zeitig, da die Gastschülerin offiziell mit der achten Klasse zur Schule ging, deren Unterricht um acht beginnt, während man als Gymnasiast*in in Turku eine halbe Stunde länger schlafen darf.

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Am Freitag feierten wir einen 15. Geburtstag. (Gerade erst wurde er drei!) Den Geburtstagsblumenstrauss konnten wir im Garten pflücken.

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Freitagabend um acht wurde auf unserer Strasse der letzte Schlusspunkt hinter den Winter gesetzt.

Erst kam der Wasserwerfer, dann die Riesenbürste, die die Splittschichten der vergangenen sieben Monate in die Mitte der Strasse bürstete, und dann der Splittsauger, der wie ein Staubsauger in grossen Schwüngen auf der Strasse hin und zurück ruckelte und zwischendurch dreimal zum auf der nächsten Strasse bereitstehenden LKW fuhr, um den eingesaugten Splitt auszukippen.

Dann kehrte wieder Ruhe ein, die Vögel sangen, die Abendsonne liess die hellgrünen Birkenblättchen leuchten, und der Sommer war da.

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Während sich gestern der Rest der Familie mit den Freiburger Gastschüler*innen und deren Turkuer Gastfamilien auf der Hausinsel zum Grillen, Schwimmen, Saunieren und gemeinsamen Abhängen traf, lief der grosse Herr Maus mit seinen Pfadfinderkumpels mit acht Kilo auf dem Rücken vierzig Kilometer vom Pfadfinderheim zu ihrem Mökki im nordwestlich von Turku gelegenen Nirgendwo – es ist so abgelegen dort, dass sie auf ihrem Marsch einem Wolf begegneten – um sich ein spezielles Pfadfinderabzeichen zu verdienen.

Nachdem wir auf dem Rückweg von der Hausinsel das Fräulein Maus und die Gastschülerin im Stadtzentrum, wo sie am Fluss zusammen mit den anderen ihren letzten gemeinsamen Abend verbringen wollten, aus dem Auto geworfen hatten, besorgten der Ähämann, der kleine Herr Maus und ich uns das obligatorische Sommerausflugseis und verspeisten es am neulich entdeckten Strand mit Aussicht. Dort wird gerade schon wieder das grösste Kreuzfahrtschiff der Welt gebaut.

(Es wird ein schwimmender Vergnügungspark für 8000 Leute, und man weiss nicht, ob man lachen oder weinen soll.)


Ein Kommentar

neljäsataaseitsemänkymmentäseitsemän, neljäsataaseitsemänkymmentäkahdeksan

Die 477 – ein Firmenpakettiauto – steht in der grünen Plattenbausiedlung, durch die ich täglich zweimal mit dem Fahrrad fahre. Die 478 steht am darauffolgenden Berg, den ich früh bibbernd runter- und abends schwitzend wieder hochfahre.

Das war leicht.

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Apropos Autos.

In der Turkuer Stadtbibliothek kann man zur Zeit ein Elektroauto ausleihen.

Das klingt sehr… äh… abgefahren, aber schon immer kann man hier in der Bibliothek nicht nur Bücher, sondern zum Beispiel auch Fahrräder, Nähmaschinen oder 3D-Drucker ausleihen.

Ausserdem sehen sich die Bibliotheken in Finnland als Hüterinnen der technologischen Gleichberechtigung – die Bibliotheken waren zum Beispiel die ersten Plätze, die allen Bürger*innen kostenlosen Internetzugang ermöglichten – und mit dem Elektroauto möchte man auch das Verständnis für neue Technologien fördern.

Letzteres kann ich nur allerdringendst befürworten.

Hierzulande herrscht nämlich zum Beispiel die öffentliche Meinung, dass Elektroautos das grösste Brandrisiko überhaupt darstellen. Oder dass sich jetzt, wo man fast nirgends mehr kostenlos laden kann, ein Elektroauto finanziell ja überhaupt nicht mehr lohnt. Oder dass ein Elektroauto zu haben nicht möglich ist, wenn man nicht entweder zu Hause oder am Arbeitsplatz eine Ladestation hat. Oder dass das Laden eines Elektroautos an einer mit 10 Ampere abgesicherten Aussensteckdose eine sehr grosse Gefahr darstellt, während eine mit 8 Ampere abgesicherte, notdürftig umgebaute ehemalige Motorvorheizungssteckdose als offizielle, sichere Lademöglichkeit verkauft wird.

Wir müssen seit sieben Monaten abwechselnd hysterisch lachen oder heftigst mit den Augen rollen.

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Picknick beim Bischof und ein Luxuswaldklo

Vappupicknick 2023.

Es herrscht immer noch eher Beschisswetter, aber für ein Picknick an einer sonnigen und windgeschützten Stelle war es gerade so warm genug. Wir entschieden uns für unseren ältesten Lieblingspicknickplatz, die Ruinen einer mittelalterlichen Bischofsburg.

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Waldklo deluxe.

Neben der Burgruine befindet sich eine Feuerstelle. Neuerdings befindet sich dort nicht nur ein Holzschuppen zur Selbstbedienung, sondern das luxuriöseste Waldklo, das wir jemals gesehen haben: es gibt zwei Toiletten – eine normale und eine rollstuhlgerechte – mit Wasserspülung, fliessendes Wasser und Seife zum Händewaschen, Klopapier im Riesenspender, Stoffhandtücher und einen Wickeltisch.


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Wozu ein langes Wochenende auch gut ist

Gestern war solches Wetter, dass man keinen Fuss vor die Tür setzen wollte. Zum Glück.

Nächsten Sonntag ist nämlich zum ersten Mal seit vor der Pandemie wieder Pfadfinderparade, und erstens ist der grosse Herr Maus aus dem Pfadfinderhemd, dass er vor ca. dreieinhalb Jahren das letzte Mal gebraucht hat, längst rausgewachsen, und zweitens habe ich in den letzten drei Jahren aus Gründen dann auch einfach keine Aufnäher mehr angenäht, so dass ich gestern mehrere Stunden damit beschäftigt war, Aufnäher vom alten ans neue Hemd und ein Säckchen in den letzten Jahren verdiente neue Aufnäher überhaupt erstmal an das neue Hemd zu nähen.

Danke an dieser Stelle nochmal an alle Adventskalenderbesteller*innen; und das meine ich ganz unironisch, obwohl ich beim Annähen der letzten sechs Goldenen Wichtelabzeichen – zwei befinden sich auf dem Wölflingpullover in des grossen Herrn Maus‘ Erinnerungskiste – schon das eine oder andere Mal innerlich geflucht habe. Oben in der Mitte ist übrigens mein persönlicher Lieblingsaufnäher – den gab es für das selbstständige Abarbeiten einer ganzen Reihe von Fernpfadfinderaufgaben während des ersten Coronafrühlings.

Ausserdem mussten dringend zwei Maschinen Wäsche gewaschen werden. Erstens, weil der Dreckwäscheschrank wegen der aufgrund des Ausfalls zweier schwedischer Kernkraftwerke recht hohen Strompreise letzte Woche wirklich fast überquoll, und zweitens, weil man das natürlich nutzen muss, wenn man für den verbrauchten Strom auch noch bezahlt wird.

(Läuft ganz gut mit dem Börsenstrom.)

Den Rest des Tages habe ich mich einem Fotobuchprojekt gewidmet, das eigentlich schon längst überfällig ist. Andererseits ist keine Eile: Reisefotobücher bestelle ich irgendwann entweder mit einem der Geburtstagsfotobücher für die Kinder mit, um Versandkosten zu sparen, oder dann, wenn es ein überzeugendes Sonderangebot gibt. Die Kür unter den Fotobuchprojekten, sozusagen.