Als ich gestern Abend auf meinem Heimweg die 283 an der Ampel vorbeilassen musste, dachte ich noch, die bisher anstrengendste Woche dieses Schuljahrs sei jetzt endlich vorbei.
Früh um acht hatte ich den letzten von vielen ausserplannmässigen Terminen in dieser Woche hinter mich gebracht: ich ging mit dem kleinen Herrn Maus – das erste Mal seit dem Ende seiner Kindergartenzeit, dass wir diesen Weg wieder gemeinsam gingen – zum Elterngespräch Schüler-Eltern-Lehrer-Gespräch. Als hier vor zwei Jahren eingeführt wurde, dass die Schüler mitkommen zum Elterngespräch, fand ich das ein bisschen albern. Inzwischen finde ich es sehr schön. Der kleine Herr Maus nämlich, der durfte als erster von uns dreien sagen, wie es ihm so in der Schule gefällt, was er gern macht und was nicht so sehr, ob er Freunde hat und was er sich wünschen würde, und seine Aussagen wurden genauso ins Protokoll geschrieben wie meine und die seiner Lehrerin. Und er bekam sehr viel Lob. Er wand sich ein bisschen verlegen auf seinem Stuhl, aber ich sah, wie er strahlte und wie glücklich er war. „Du liest und rechnest und arbeitest wie ein Drittklässler“, sagte seine Lehrerin. „Und weisst du, was ich besonders toll finde? Dass du trotzdem wie ein Erstklässler mit deinen Freunden spielst und rennst und springst in der Pause.“ Und ich bin so dankbar für dieses Schulsystem, das solche Kinder nicht mit fünf einschult oder Klassen überspringen lässt. Gegen das einzige Schulproblem des kleinen Herrn Maus – ihm ist langweilig – bekommt er ab sofort noch mehr und schwierigere Extraaufgaben.
Im Hort sind freitags alle Kinder immer schrecklich müde und erschöpft von der Woche. Das äusserst sich darin, dass entweder alle kollektiv am Durchdrehen sind, oder alle still irgendeiner selbstgewählten, nicht sonderlich fordernden Aufgabe nachgehen. Es war ein Freitag der letzteren Sorte. Ich musste nur dreimal einen Häkelanfang knoten, einmal Wasser zum Malen reichen und hatte vor lauter Nichts-tun-Müssen Zeit, das Bücherregal aufzuräumen. Halb vier waren bis auf drei Kinder alle gegangen, und ich wurde ins Wochenende geschickt.
Zu Hause war nur der kleine Herr Maus. Er rannte und sprang mit dem Freund aus dem Nachbarhaus auf dem Hof herum. Sie haben in der Schule ein Heftchen mit kleinen Sportübungen bekommen – insgesamt hundert verschiedene – und wer jede Übung zehn Mal gemacht hat, darf eine finnische Flagge ausmalen. Das Ziel ist, bis zum hundertsten Geburtstag Finnlands am 6. Dezember alle hundert Flaggen ausgemalt zu haben. Mit Heftchen, Bleistift zum Ankreuzen, blauem Buntstift zum Ausmalen und verschwitzten Haaren und hochroten Köpfen gingen sie ernsthaft ihrer Aufgabe nach. Nur einmal kam der kleine Herr Maus rein und bat um einen Ball.
Der grosse Herr Maus war gleich nach der Schule mit seinem Steckenpferd – dieser finnische Trend war ja bisher komplett an mir vorbeigegangen – losgezogen, um sich mit drei Schulfreundinnen zu treffen. Alle zwei Stunden rief er an, ob er noch ein bisschen bleiben dürfe, sie hätten gerade so viel Spass. Erst gegen sieben kam er heimgeritten.
Das Fräulein Maus war mit dem Rad zum Training, das dieses Jahr freitags zufällig in ihrer eigenen Schule stattfindet, gefahren und musste weder gebracht noch abgeholt werden.
Ich atmete sehr tief durch. Endlich vorbei die stressige Woche!
Bis der Ähämann mit dem Herrn Picasso, den er nach der Arbeit von der Durchsicht geholt hatte, nach Hause kam und verkündete: „Ich weiss nicht, was die da in der Werkstatt gemacht haben, aber das Auto ist jetzt jedenfalls kaputt.“
Dann also auch noch ein stressiges Wochenende. Seufz.
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