Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Bunter Protest

Manchmal verstehe ich die Finnen nicht.

Wir leben in einem Land, in dem Kinder generell ausnehmend freundlich und respektvoll behandelt werden, in dem ich noch nie von Anwohnerprotesten gegen einen geplanten Spielplatz oder Kindergarten gehört habe. Und ausgerechnet hier verwandeln sich immer wieder Nachbarn in bornierte Kleingeister, denen die Einhaltung – oft selbsterdachter – Regeln näher liegt als auch nur das mindeste Verständnis für die nebenan wohnenden Kinder.

Spielzeug im Sand liegen lassen. Sich im Müllunterstand verstecken. Steinchen gegen das Teppichklopfgestell kicken. Alles ganz schreckliche Verbrechen!

Oder noch schlimmer: mit Kreide malen!

Der Verursacher der Kreidemalereien im Hof möge diese bitte unverzüglich entfernen; sonst werde man die Hausmeisterfirma mit der Reinigung beauftragen und dem Verursacher die Rechnung schicken.

Solch einen Aushang hat es letzte Woche in einem Haus in Jyväskylä gegeben.

Einzelfälle, ja. Und doch keine Einzelfälle. Als ich mir mal aus ähnlichem Anlass meinen Frust unter finnischen Kollegen von der Seele redete, winkten alle ab und teilten mir mit, dass es vermutlich in jeder Hausgemeinschaft genau einen solchen Nachbarn gäbe. Oft, so habe ich das Gefühl, geht es gar nicht mal darum, dass sich Nachbarn von lärmenden, spielenden Kindern gestört fühlen. Oft geht es vor allem darum, sich musterschülerhaft an die Anweisungen der Hausverwalter zu halten, dafür zu sorgen, dass nur ja die Immobilie recht makellos bleibt.

Man kann sich ein dickes Fell wachsen lassen. Man kann sich drüber lustig machen. Der Aushang in Jyväskylä machte schliesslich die Runde durch die sozialen Netzwerke. Dass so viele Leute es weiterverbreiteten, zeigt meiner Meinung nach auch nur, wie hoch der Frust über solche Nachbarn ist, wie viele Leute schon ähnliches erlebt haben.

Und dann rief plötzlich auf Facebook jemand den „Nationalen Strassenkreidetag“ aus. 20 000 Leute meldeten sich an, in sämtlichen Medien wurde berichtet, in manchen Städten gab es gemeinsame Malaktionen.

Wenn das kein ganz wunderbarer, vorgezogener Kindertag war…!


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kaksisataakolme

Ein wichtiger Bestandteil der Garderobe unserer Kinder sind seit Jahren die winddichten Fleecejacken aus dem Laden, der mal mein Lieblingskinderklamottenladen war.

Zu dem Laden habe ich aus verschiedenen Gründen ein gespaltenes Verhältnis:

Als wir die erste finnische Filiale entdeckten – ausgerechnet im fernen Rovaniemi – da hat er mich mit seinen farbenfrohen Sachen, die sich so wohltuend vom sonst üblichen Rosa-Dunkelblau unterschieden, sofort für mich eingenommen. Ein paar Jahre lang machte er sogar Werbung damit, dass die Sachen immer weitergegeben werden können – von der grossen Schwester an den kleinen Bruder und an weitere drei bis vier Mädchen oder Jungen. Nun sind wir aber – wenn ich mir die finnischen Kinder so angucke – anscheinend die einzige Familie, in der Jungs Rot tragen und das Mädchen auch mal Blau. So gesehen kann ich mich dem allgemeinen Geschimpfe auf die Profitgier der Bekleidungsunternehmen nur schwerlich anschliessen – dass es in dem ehemals sehr, sehr bunten Laden nun auch vorwiegend rosa bzw. dunkelblau-dunkelgrün-schwarze Sachen gibt, scheint mir schon eher der Verknüpfung von Nachfrage und Angebot geschuldet. Trotzdem trauere ich den bunten Zeiten hinterher, denn ich habe die bunten Sachen schliesslich gern gekauft, und unsere Kinder haben sie gern getragen.

Zudem sind die Sachen eigentlich unverschämt teuer. Wenn sie wirklich von fünf Kindern getragen werden könnten, dann wären die Preise vielleicht gerechtfertigt, aber so überragend ist die Qualität leider nicht. Und wenn man dann eine nach ein paar Wochen an der Innennaht aufgescheuerte Schneehose reklamieren will – die in einer der billigeren schwedischen Klamottenketten nebenan ohne mit der Wimper zu zucken zurückgenommen worden wäre – und erst zehn Minuten darüber diskutieren muss, ob das jetzt nicht doch eigenes Verschulden wäre, und man schliesslich am nächsten Tag nochmal hinkommen muss, damit die Chefin persönlich einen Blick auf das fehlerhafte Teil werfen und die Reklamation absegnen kann, dann habe ich eigentlich wenig Lust, dort nochmal was zu kaufen.

Nun sind diese winddichten Fleecejacken aber echt praktisch: gegen den allgegenwärtigen Wind in Turku, gegen Fahrradfahrtwind, gegen drohende Erkältung, wenn man in den Bergen nach einem Aufstieg verschwitzt Rast macht. Sie sind kuschelig genug, dass man sie einfach übers T-Shirt ziehen kann, wir kaufen sie gross genug, dass man auch einen dicken Pullover drunter ziehen kann, sie sind leicht genug, um sie auf Wanderungen einfach im Rucksack dabeizuhaben, sie sind wasserdicht genug, um ein paar leichte Regentropfen abzuhalten und kapuzenlos genug, um bei stärkerem Regen einfach eine Regenjacke drüberzuziehen.

Und so kaufen wir sie weiterhin. Immerhin gibt es vom ehemaligen Lieblingskinderklamottenladen mittlerweile in Turku auch ein Outlet, wo man sie zwar immer noch nicht preiswert, aber zu annehmbaren Preisen erstehen kann, und in dem es noch genauso schöne bunte Sachen gibt wie früher. (Wir haben das Outlet eigentlich nur zufällig entdeckt, als das Fräulein Maus beim Vorbeilaufen sagte: „Hier ist es aber schön bunt!“)

Schneller aber als uns lieb war, fanden wir uns dort wieder. Der Reissverschluss von des grossen Herrn Maus derzeitiger Jacke hatte schon nach ein paar Wochen geklemmt. (Reklamieren ging nicht, da wir sie im Vorjahr im Sommerschlussverkauf – die Preise! – gekauft hatten. Vor mehr als sechs Monaten.) Als sich am Wochenende nicht mal mehr der Reissverschluss in das Schloss reinfriemeln liess, ärgerte ich mich fürchterlich: über die miese Qualität, darüber, dass Reissverschlussauswechseln so teuer ist, über den doofen Zeitpunkt. Und fuhr trotzdem gestern, während das Fräulein Maus zur Belohnung für die erfolgreiche Wettkampfsaison mit ihrer Turnmannschaft in der Schwimmhalle war, mit dem grossen Herrn Maus ins Outlet. Nützt ja nichts.

Und während wir uns so mit Hilfe einer Verkäuferin durch Stapel grasgrüner, roter, oranger, gelber, kornblumenblauer und türkiser Jacken wühlten, um eine Grösse zu finden, die nicht schon viel zu klein für den grossen Herrn Maus ist, in der er aber auch nicht die Ärmel viermal umkrempeln muss, erwähnte ich, dass wir ja eigentlich eine prima Jacke hätten, nur eben der Reissverschluss… „Ach, zeig mal, da kann man bestimmt was machen“, streckte die Verkäuferin die Hand nach der Jacke aus, begutachtete sie gemeinsam mit einer anderen Verkäuferin, operierte ein Mega-Sandkorn aus dem Schloss und gab uns den Rat, den Reissverschluss ausserdem noch mit Silikonspray zu behandeln. (Das hatte ich mich ja schon lange gefragt, was man mit klemmenden Plastereissverschlüssen macht – welche aus Metall kann man ja prima mit Kerzenwachs einreiben. Silikonspray also.) „Und wo krieg ich den her?“ „Na, zum Beispiel aus dem BILTEMA.“

Fuhr ich mit dem grossen Herrn Maus gleich hin, parkte neben der 203, erstand eine Dose Silikonspray, sprühte ein bisschen am grossen Herrn Maus rum, und mit einer fast neuen Jacke kamen wir heim.

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Drei Mark zehn

Unser Autoradio, an das man am besten gar nicht rührt und das am zuverlässigsten funktioniert, wenn es einfach unsere recht umfangreiche Musiksammlung in alphabetischer Reihenfolge abspielen darf – was immerhin einer Zufallswiedergabe recht nahe kommt – beweist manchmal durchaus Sinn für Situationskomik.

Letzte Woche erst wieder.

“Und kost‘ das Benzin auch drei Mark zehn, scheissegal, es wird schon geh’n. Ich will Spass, ich geb Gas!“ dudelte es mir fröhlich vor.

Während ich gerade an einer Tankstelle vorbeifuhr.

Drei Mark zehn.


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Dann eben Löwenzahn

Gestern stand uns der Sinn nach einem Museum.

Möglichst eins, wo wir noch nicht waren. Möglichst eins, wo man auch ein bisschen draussen sein kann. Nicht, dass es zu wenige davon gäbe – aber 90% der vielen, vielen Museen in der näheren Umgebung haben nur Juni bis August geöffnet. Wer kommt denn auch auf die Idee, im Mai ein Museum zu besuchen?!

„Ach, Finnland…!“ haben wir zum wiederholten Male geseufzt.

Und sind dann mal wieder zu Mannerheims in den Park gefahren.


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Zukünftige Kuchenzutaten

Wenn da jetzt aus jeder Blüte eine Pflaume wird, dann können wir ein paar sehr feine Kuchen backen diesen Herbst!

(Ich habe lange gedacht, in Finnland gedeiht einfach nicht viel. Oder wie sonst soll man sich erklären, dass in finnischen Gärten die immer gleichen drei Blumenarten, zwei Beerensorten und genau eine Sorte Obstbaum wachsen?! Dabei stimmt das gar nicht. Unser Garten ist mittlerweile ziemlich bunt. Und nachdem mir eine alte Bekannte letztes Jahr begeistert von ihren eigenen Pflaumenbäumen (!) in Tampere (!) – das immerhin noch 100 km nördlicher liegt als Turku – berichtet hatte, mussten wir ganz schnell noch ein Pflaumenbäumchen neben das Apfelbäumchen pflanzen.)


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Schulanfänger 2.0

Gestern Abend gab es ein rauschendes Abschiedsfest im Kindergarten.

(Liebe Pinni, bei uns waren es dieses Jahr 13 Mädchen und 5 Hähne im Korb Jungs. Achtzehn fröhliche, zahnlückige Kinder, die im letzten Jahr so deutlich gross geworden sind: die sich nachmittags verabreden, allein um die Häuser ziehen, schon lesen können und voller Vorfreude auf August sind.)

Und heute wurden die Schulanfänger für die Schule gesegnet.

Diesmal war ich besser vorbereitet: ich hatte den Text vom Suvivirsi und Taschentücher dabei. (Und ich konzentrierte mich auf die Schuhe des jungen Pfarrers.)

Aber diesmal musste ich schon ganz furchtbar blinzeln, als alle Kindergartenkinder – auch der kleine Herr Maus war mit seiner Kindergartengruppe da – zu Beginn ausgerechnet das Lied piepsten, das das Fräulein Maus und die Pfarrerin bei der Taufe des grossen Herrn Maus gemeinsam für ihn gesungen hatten.


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kaksisataakaksi

Diesmal gingen wir in Rauma rullern. Nicht der nächste Weg… aber wo es dort so schön ist…!

Demnächst, also so in fünf bis zehn Jahren, brauchen wir vielleicht auch eine Viertelstunde weniger nach Rauma. Die Strasse wird nämlich gerade vierspurig (oder vielleicht auch nur dreispurig; noch kann man das nicht so genau erkennen) ausgebaut. Strassenbau in Finnland ist eine langwierige Angelegenheit. Da kann man nicht mal eben mit einem Bagger ein bisschen die Landschaft glätten. Da muss für fast jeden Kilomter gesprengt werden. Dafür wird dann auch an allen Ecken und Enden gleichzeitig gebaut. Und während wir uns so zwischen Steinhaufen, Behelfsstrassen, Schildern mit der Aufschrift „Achtung, Sprengarbeiten!“, Brücken ohne Anschluss mitten auf Feldern, halbfertigen Kreisverkehren und riesigen Holzgerüsten, die demnächst mittels Beton zu Brücken verarbeitet werden, hindurchschlängelten, kam uns auch eine 202 entgegen.

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