Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Coronaklausur, Tag 14

Finnland hat 1384 bestätigte Coronafälle.

Seit zwei Wochen machen wir Schule zu Hause gehen die Kinder zum Unterricht nicht mehr ausser Haus.

Es ist ein bisschen wie zu Ferienbeginn: da gibt es auch immer geschwisterliche Kämpfe und Verwerfungen, die es sonst nicht gibt, weil sie sich erst wieder daran gewöhnen müssen, so viel Zeit miteinander verbringen. Aber jetzt ist nach zwei Wochen ein gewisser Frieden unter den Geschwistern eingezogen. Nicht, dass es kein Gezänk mehr gäbe (haha, niemals!), aber wir sind alle entspannter miteinander als vor zwei Wochen.

Gut, dass es so ist, denn uns stehen, wie wir seit gestern Abend wissen, weitere vier Wochen Schulschliessung, also acht insgesamt, bis 13. Mai, bevor. (Und ich wette ja, dass für die letzten zweieinhalb Wochen die Schulen dann auch nicht mehr aufgemacht werden. Diese Möglichkeit wurde jedenfalls gestern abend auch schon mehr als angedeutet.)

Grosse Finnlandliebe bei mir ob der Tatsache, dass hier trotz Schulschliessung ganz bewusst nicht von kotiopetus, also Homeschooling, gesprochen wird, sondern von etäopetus, also Fernunterricht, und dass es auch tatsächlich so ist. Das letzte Mal mit dem Schulkram eines der Kinder habe ich mich am Freitag beschäftigt, als das Fräulein Maus Hilfe beim Umstellen von Gleichungen brauchte. (Die hätte sie sich aber vermutlich ganz genauso für die Hausaufgaben erbeten, wenn sie normal in die Schule gegangen wäre an dem Tag.)

Es ist jetzt schon klar und wird auch so eingeplant, dass es im nächsten Schuljahr mehr Ressourcen für den Förderunterricht geben muss, damit die Kinder, die mit dem Fernunterricht nicht so gut klarkommen, Lücken schnell schliessen können. Und ich bewundere wirklich die Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt neben der ganzen Organisation des Fernunterrichts fast täglich anbieten, zusätzlich zum täglichen Videounterricht bei Fragen und Problemen immer auch für den Einzelnen erreichbar zu sein. Die Klassenlehrerin des grossen Herrn Maus rief heute innerhalb von zwei Stunden alle ihre Schüler*innen reihum an, um mit jedem persönlich darüber zu sprechen, wie sich der Fernunterricht für sie anfühlt, was gut daran ist, wo sie mehr Unterstützung bräuchten.

Wenn mir eins wirklich überhaupt gar keine Sorgen macht derzeit, dann Schule.

Nachmittags auf Wunsch der Herren Maus fünf Bleche Griesskekse mit ihnen gebacken. Danach brachen sie beide vorm dienstäglichen Musikschulmarathon schnell noch gemeinsam zu einer kurzen doch recht langen Radtour auf. Die Strassen sind schon wieder schneefrei.

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Presseschau.

Heute entdeckt, dass es die Lieblingsheimatstadt bis in die finnischen Nachrichten – auf die Seite mit den weltweiten Coronanews – gebracht hat, dem dortigen Link gefolgt, zufällig ein dort verlinktes Video entdeckt und dann einen kurzen Heimwehanfall – die Müllabfuhr ist vor unserem Haus! gefilmt – erlitten.

Wenn ich einen grossen Wunsch freihätte, dann den, dass wir im Juni wie geplant hinfahren können.

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Ausserdem: Sanna Marin, unsere Premierministerin, in der Vogue.


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Coronaklausur, Tag 13

Finnland hat 1352 bestätigte Coronafälle.

Der Morgen begann mit einer Überraschung.

Unser Terrasseneisloch, jetzt stilecht.

Ganz überraschend kam es ja nicht, aber mit 10 cm Neuschnee hatte wirklich niemand gerechnet. Soviel Schnee hatten wir ja den ganzen Winter nicht! Zum Glück muss so ein finnisches Schulkind nicht lange auf die erste Hofpause warten. Sie zogen dann auch dreiviertel zehn gleich mit Schlitten und Rutschmatte los und wiederholten das jede Stunde.

Der kleine Herr Maus sollte heute für Sachkunde eine Tabelle anlegen, in die er das Fortschreiten des Frühlings eintragen soll: an welchem Tag er den ersten Huflattich, den ersten Singschwan, die erste Hummel, den ersten Zitronenfalter, das erste Leberblümchen, die erste Kreuzotter, die erste Lachmöwe, die erste Bachstelze… gesehen hat. Obwohl er sonst seine Schulaufgaben recht beflissen während der entsprechenden Unterrichtsstunde erledigt und zurückschickt, zog sich diese Aufgabe heute sehr in die Länge. (Vermutlich lag’s am Wetter. Aber immerhin konnte er Huflattich, Leberblümchen, Singschwan und Zitronenfalter schon von letzter Woche eintragen.)

Als er endlich fertig war, brachen wir zu einem Winterwaldspaziergang seiner heutigen Schulsportstunde sowie seinem heutigen Schwimmtraining ins Citymoor auf.

(Der Ähämann kam auch mit. Das Fräulein Maus blieb zu Hause, sie hatte noch Deutschunterricht.)

Man kann ja geteilter Meinung sein zu Schnee Ende März. Aber mich hat er überraschend glücklich gemacht.


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Coronaklausur, Tag 12

Finnland hat 1218 bestätigte Coronafälle.

Was mich gerade am meisten grämt in der derzeitigen Situation: dass die Eisbadesaison ein so jähes, anderthalb Monate zu frühes Ende genommen hat.

Zum Glück haben wir unsere eigene Sauna. Und eine Gartenbank. Und: „Mama, wir haben doch mal… weisst du noch?! Können wir das nicht jetzt auch machen?“


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Coronaklausur, Tag 11

Finnland hat 1163 bestätigte Coronafälle.

Als wir aufstanden, hatten wir jeder eine SMS von der finnischen Polizei erhalten, dass seit heute 0:00 Uhr die Ein- und Ausreise aus der Provinz Uusimaa verboten ist. Witzigerweise erhielten die Kinder und ich sie nur auf Finnisch, der Ähämann bekam zusätzlich noch eine zweite auf Englisch, und auf dem Horthandy kam die Nachricht dreisprachig an. Jedenfalls weiss der finnische Staat, wie er seine Bürger am besten erreicht.

(Das letzte Mal bekamen wir so eine offizielle SMS am 6. Dezember 2017. Mit Glückwünschen.)

„Wieso ist die Autobahn nach Helsinki denn dann noch auf?“, fragte der kleine Herr Maus, als wir zu unserem heutigen Waldausflug aufbrachen. Ich zeigte ihm, wie das 80 km weiter an der Provinzgrenze dann jetzt so aussieht. Schon ein bisschen gruslig.

Wir aber waren nach 5 km Autobahn und 20 km von zu Hause schon da, wo wir hinwollten.


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Coronaklausur, Tag 10

Finnland hat 1038 bestätigte Coronafälle.

Schule.

Früher sassen die Kinder, während ich Wäsche aufhängte, neben mir und sortierten Wäscheklammern räumten das Klammernkörbchen aus. Heute sitzen sie neben mir und haben Mathestunde.

(Dunkle Wäsche ist nicht nur auf Fotos unattraktiv, sondern auch die, die ich am wenigsten mag: da sind immer mindestens 30 Paar Socken aufzuhängen. Heute waren es 44.)

Arbeit.

Heute hatte ich frei keinen Bereitschaftsdienst im Hort. Weil ich gestern den ganzen Tag vor irgendwelchen Bildschirmen verbracht hatte, hatte ich mir für heute nicht nur grosse Wäsche, sondern auch Garten-frühlingsfein-machen verordnet. Ich hatte es gerade so geschafft, den Weihnachtsbaum (den, nicht den!) zu zerlegen und den Apfelbaum zu beschneiden, als die beste Chefin anrief und Neuigkeiten hatte und ich daraufhin beschloss, doch lieber gleich nochmal ins Auto zu springen und in den Hort zu fahren. Wir müssen wegen der Schimmelaffäre bis nächsten Donnerstag alle Gegenstände aus dem Hortraum verpackt haben, dann werden sie entweder gereinigt oder weggeschmissen. Deshalb habe ich heute einfach schon mal alle meine persönlichen Sachen da raus und nach Hause geholt, ehe noch irgendjemand auf die Idee kommt, dass die Sachen aus Sicherheitsgründen sofort verbrannt werden müssen (nachdem wir zwei Jahre lang jeden Tag mehrere Stunden in diesen Räumen geatmet haben; es ist ja nicht so, als ob es die Vermutungen über den Schimmelbefall nicht schon seit unserem Umzug dorthin gegeben hätte…!).

Als neuen Hortraum (haha!) haben wir übrigens eine Ecke in der Turnhalle der gegenüberliegenden Schule zugewiesen bekommen, die wir uns ausserdem noch mit der anderen Nachmittagsbetreuung, die bisher im gleichen Gebäude war wie wir, teilen müssen. Das Gute daran: wir haben jetzt eine Ausnahmegenehmigung von der Stadt, wirklich nur noch hinkommen zu müssen, wenn ein Kind vorangemeldet Betreuung braucht. Halleluja!!!

Zweite gute Nachricht: wir werden vor Ende Juni keinesfalls beurlaubt. Im Juli bin ich ja sowieso immer beurlaubt, und im August gehen wir hoffentlich wieder halbwegs normal unserer Arbeit nach. (Dann auch endlich wieder in unseren eigenen Räumen.)

Frühling.

Im Park neben dem Spielplatz, auf den wir immer mit den Hortkindern gehen, gab es sage und schreibe Mitte Januar (!) die ersten grünen Blattspitzen an den Büschen. Danach gab es dann diese eine kalte Woche, und ich hatte echt Angst, dass diese kleinen Blättchen alle einfach abfallen und dann erst sehr viel später als sonst nachwachsen würden, aber sie hielten einfach kurz inne und wuchsen dann langsam weiter.

Heute im Garten bin ich fast ein bisschen erschrocken, wie weit alles schon ist. Es blühen ja nicht nur die Krokusse, sondern der Klatschmohn hat schon zwanzig Zentimeter hohe behaarte Blattbüschel gebildet, die Forsythie hat gelbe Knospenspitzen, die Clematis hat schon richtige Blätter. Ich hoffe inständig, wenn es nächste Woche nochmal Nachtfrost gibt, geht das ähnlich gut aus wie mit den Januarblättchen.

Ansonsten ist hier, wie jedes Jahr, Bullerbü ausgebrochen. Die zehnköpfige Nachbarskinderschar, zwischen 5 und 15 Jahren alt, rennt juchzend den ganzen Nachmittag und abends bis kurz vorm Schlafengehen über den Hof. Ich sehe das derzeit mit ein bisschen Sorge, aber sie haben sich gleich am ersten Frühlingstag auf Spiele, die man ohne Berührung spielen kann, geeinigt, und wann immer ich zufällig gucke, sind sie recht gut in der Gegend verteilt, statt wie sonst oft die Köpfe zusammenzustecken.

Es hätte auch schlimmere Jahreszeiten für diesen Ausnahmezustand geben können.


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Coronaklausur, Tag 9

Finnland hat 958 bestätigte Coronafälle.

Ab morgen werden Helsinki und Umgebung, wo es die mit Abstand meisten – nämlich derzeit 617 – Coronafälle gibt, vom Rest Finnlands isoliert. Es wird Strassensperren geben und Kontrollen in den Zügen und Aus- und Einreise nur mit Passierschein. Für sehr wenige.

Aber heute schien die Sonne, in unserem Vorgarten blühen die gelben, weissen und lila Krokusse um die Wette, und der Ähämann erfuhr endlich, dass er das Geld für nicht genutzte Tage von seinem sauteuren Pendlerticket zurückerstattet bekommen kann.

Leider musste ich in den Hort um auf nicht erscheinende Kinder zu warten und hinterher einkaufen fahren.

Beides war keine Freude. Während ich im Hort herumsass, diskutierten die beste Chefin und ich telefonisch zum ungefähr hundertsten Mal die möglichen Schulschliessungsszenarien. Ich wette ja – und würde diese Lösung sowieso sehr begrüssen – auf „Schulen bleiben zu bis Sommerferienbeginn Ende Mai, dann sind Sommerferien, und im August ist dann das Schlimmste vorbei“. Eine Stunde später rief sie nochmal an, um mir mitzuteilen, der Rektor der Schule, die wir schon seit fast zwei Jahren als Ausweichquartier nutzen, solange die andere Schule renoviert wird, hätte eben angerufen und ihr mitgeteilt, dass wir ab sofort die Räume nicht mehr nutzen dürfen, weil es dort jetzt doch nachgewiesenermassen ein Schimmelproblem gibt. Hä? Jetzt? AUSGERECHNET JETZT?! Auch dafür wäre jetzt natürlich das Szenario „Schulen zu bis zu den Sommerferien“ die beste Lösung. Ich weigere mich jedenfalls, unter diesen Umständen für die letzten zwei Monate noch in irgendwelchen Übergangsumzugsaktionismus zu vefallen. Und können wir den Hort bitte endlich nur noch bei Bedarf aufmachen?!!!

Einkaufen war ebenfalls doof. „Voll“ hat ja hier durchaus eine andere Bedeutung als in Mitteleuropa, aber es war eben… voll. Das ganze riesige Prisma mitten am Nachmittag so voll, dass das mit dem Abstandhalten teilweise wirklich schwierig war. Und wie das mit dem Abstandhalten geht, wissen die Leute, denen man im Wald begegnet, alle ausnahmslos besser als die, die heute einkaufen waren. Entweder gehe ich in den nächsten Wochen nur noch abends um zehn einkaufen, oder nur noch in den Lidl. (Ausserdem war sämtliche Fazer-Schokolade ausverkauft, und andere esse ich ja seit 20 Jahren nicht mehr.) Grmpf.

Als ich heimkam, konnte ich noch ein bisschen beim Muttersprachunterricht der Herren Maus – sie sassen übrigens jeder in ihrem eigenen Zimmer vor ihrem eigenen Tablet statt gemeinsam vor einem – zuhören, in der es heute um Märchen und die Gebrüder Grimm ging. Schule ist täglich eine Freude. Echt jetzt.

Ich bin immer noch jeden Abend hundemüde, aber das Fräulein Maus berichtete mir beim Gute-Nacht-Sagen fröhlich, sie habe jetzt endlich Routine mit dem Fernunterricht und er stresse sie gar nicht mehr wie noch am Anfang. Und morgen hat sie erst um neun Schule und wir können alle zusammen bis kurz nach acht schlafen. Jeeee!


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Coronaklausur, Tag 8

Finnland hat 880 bestätigte Coronafälle.

Schule läuft. Fast so, als ob Schule wäre.

Früh punkt sieben treffen für die Kinder die Wilma-Nachrichten von ihren Lehrer*innen mit dem Tagesprogramm ein. Immer mit irgendeiner aufmunternden Nachricht: „Das kriegen wir gemeinsam schon hin!“ oder „Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du eine Frage zum Unterrichtstoff oder ein Problem mit einer Aufgabe hast!“ oder „Denk bei dem schönen Wetter dran, deine Pausen draussen zu verbringen!“

Um acht (die Oberstufenschülerin) bzw. um neun (die beiden Unterstufenschüler) verschwinden sie in ihren Zimmern, und ich sitze auf einmal wieder ganz allein am Esstisch, während ich am Nachmittagsprogramm für den Fernhort bastle. Ab und zu hört man sie durch geschlossene Türen in ihre iPads oder Telefone oder Laptops murmeln und ihre Lehrerinnen antworten, oder dass sie sich gerade ein Lernvideo angucken oder sich der kleine Herr Maus das nächste Englischkapitel von der Arttu-App vorlesen lässt, und in regelmässigen Abständen bimmelt mein Telefon und zeigt mir an, dass einer der Herren Maus wieder eine fertige Aufgabe bei SeeSaw hochgeladen hat oder seine Lehrerin das kommentiert hat.

Ich bin sehr dankbar für diese strukturierten Tage, dank denen ich kein Kind immer wieder dazu anhalten muss, jetzt vielleicht dann doch endlich mal mit seinen Aufgaben anzufangen oder sie in einer vernünftigen Zeit durchzuziehen. Dankbar dafür, dass niemand von uns Eltern erwartet, den eigentlichen Unterricht abzuhalten, sondern nur, dass wir unterstützend und motivierend zur Seite stehen. Und besonders dankbar bin ich dafür, dass in finnischen Schulen Lernen lernen von Anfang an das allerwichtigste Lernziel ist. Ich glaube, gerade das hilft jetzt ungemein.

Mittwochs hat das Fräulein Maus drei Stunden Hauswirtschaft. Genau wie in der Schule machten sie die erste Stunde Theorie – per Videokonferenz – und dann sollten sie ein Mittagessen ihrer Wahl kochen. Der Ähämann freute sich, dass er heute mal nicht in der Pflicht war, und das Fräulein Maus bereitete uns Ofenkartoffeln, Fischstäbchen und Salat. (Sie musste alle Schritte mit Fotos dokumentieren und hinterher einreichen.)

Der kleine Herr Maus bekommt auch jeden Tag drei kleine Haushaltsaufgaben von seiner Lehrerin, von denen er sich eine raussuchen und in der Mittagspause erledigen soll. Sowas wie „alle Türklinken abwischen“ oder „dein Zimmer aufräumen“ oder „den Geschirrspüler ausräumen“. Heute stand unter Anderem „bei der Wäsche helfen“ zur Auswahl, und wir haben kurzerhand, denn es war bestes Handtuchwetter, die Draussentrockensaison eröffnet. Ich habe ihm die Kinderleine gespannt, und er hat alle Stofftaschentücher und -servietten der letzten zwei Wochen ganz allein aufgehängt.

Für den Nachmittag hatte ich ihm versprochen, mit ihm mit dem Rad einmal rund um den See zu fahren. Um den See zu wandern ist deutlich schöner, weil die Radwege eher durch Industriegebiete führen als am See entlang, aber schön war’s trotzdem. Rast machten wir auf einem Vogelturm, auf den man mit dem Fahrrad hochfahren kann. Hihi.


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Coronaklausur, Tag 7

Finnland hat 792 bestätigte Coronafälle.

Dienstagabend klingt es neuerdings bei uns wie in der Musikschule.

Erst hat das Fräulein Maus Harfenstunde per Skype, dann der kleine Herr Maus per Zoom hintereinander erst Klavier-, dann Klarinettenstunde.

Ausserdem dürfen wir gerade der grossen Harfe aus dem Konservatorium ein lauschiges Quarantäneplätzchen bieten. Dort spielt sie ja zur Zeit niemand, und die Harfenlehrerin hat vorgeschlagen, dass es schön wäre, wenn sie in der Zeit jemand nach Hause bekäme, der sie gerade dringend braucht, und der Rektor des Konservatoriums hat netterweise zugestimmt.

Vor ein paar Wochen hatte die Harfenlehrerin uns eröffnet, dass das Fräulein Maus jetzt soweit sei, eine „richtige“ Harfe zu spielen, und wir sollten doch mal für das nächste Schuljahr über die Anschaffung einer solchen nachdenken. Puuuh! Wir wussten ja, dass der Tag kommen würde, aber eigentlich hatten wir nicht vor, jetzt, wo wir gerade den Löwen Balthasar abgezahlt haben, gleich noch einen Zweitwagen ein Instrument im Wert eines (neuen!) Kleinwagens anzuschaffen. Wir hoffen darauf, dass das mit dem Harfen-reihum-weiterverkaufen in der finnischen Harfengemeinschaft jetzt für uns nochmal so gut funktioniert wie mit der kleinen Harfe.

Jedenfalls hat das Fräulein Maus heute zum ersten Mal eine Pedalharfe gestimmt und gespielt – nach einem langen Telefonat gestern mit ihrer Harfenlehrerin und mit Anweisungen per Skype heute bei der Stunde. Geht alles.

Die Proportionen sind jetzt übrigens wieder genauso wie ganz am Anfang. ♥


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Coronaklausur, Tag 6

Finnland hat 700 bestätigte Coronafälle.

Heute war ein komischer Tag. Die Regierung hatte nämlich noch am Freitag verkündet, die Beschränkung, dass nur Erst- bis Drittklässler von – wie sagt man in Deutschland so schön? – Eltern mit systemrelevanten Berufen in die Schulen zum Unterricht kommen dürfen, ab heute wieder aufzuheben.

Es sei diskriminierend, diese Option nur für bestimmte Berufsgruppen anzubieten. Und es gäbe Kinder, die ohne Schulunterricht einfach zurückgelassen werden, weil ihre Eltern sie nicht beim Fernunterricht von zu Hause aus unterstützen können. Chancengleichheit für alle, das sei auch in dieser Situation wichtig.

(Ähnlich gelagert die Tatsache, dass sogar jede*r Schüler*in, sogar bei Fernunterricht von zu Hause aus, zum Mittagessen in die Schule kommen dürfte, weil das kostenlose Mittagessen eben zum finnischen Schultag dazugehört.)

Ich liebe Finnland für diese strikte Gleichbehandlung aller auf jeglichem Gebiet. Aber jetzt hoffe ich inständig, dass das gutgeht. Dass die meisten Eltern trotzdem gesunden Menschenverstand walten lassen – und zwar auch dann noch, wenn in ein, zwei Wochen alle Schulkinder zu Hause die Wände hochgehen. Die Kultusministerin hat am Wochenende auch nochmal sehr deutlich darauf hingewiesen, dass man trotz allem seine Kinder, wann immer irgendwie möglich, zu Hause lassen soll, und vom Rektor der Herren Maus kam auch prompt nochmal eine eindringliche Wilma-Nachricht.

Es ist mir übrigens täglich eine Freude, in den Nachrichten alle diese jungen Frauen zu sehen, die unsere derzeitige Regierung bilden.

Von vorn nach hinten:
Innenministerin Maria Ohisalo, Finanzministerin Katri Kulmuni, Premierministerin Sanna Marin, Kultusministerin Li Andersson, Justizministerin Anna-Maja Henriksson

Fast wie in Deutschland. ;-)

Jedenfalls sind wir im Hort jetzt in der schönen Situation, dass täglich mindestens einer von uns da sein muss, um auf nicht erscheinende Kinder zu warten für den Fall, dass doch ein Kind im Hort auftaucht. Am absurdesten ist, dass wir nicht einmal die Eltern zu einer Voranmeldung verpflichten können, sondern wirklich auf Verdacht da sein müssen.

Heute nahmen die beste Chefin und ich gleich mal das nächste Buch fürs Vorleseprojekt auf, und ab morgen wechseln wir uns dann ab. Und vielleicht kommt ja doch noch jemand zur Vernunft und einer gesetzeskonformen Lösung, die nicht völlig absurd ist.

Zu Hause liefen der Fernunterricht der Kinder und des Ähämanns Homeoffice derweil ziemlich gut. Lücken im Tagesprogramm der Kinder schliessen wir übrigens derzeit mit Naturdokumentationen. Wir werden alle unheimlich viel gelernt haben, wenn diese Zeit vorbei ist!

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Presseschau: Finnische Lösungen für notgedrungenes Homeoffice.


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Coronaklausur, Tag 5

Finnland hat 626 bestätigte Coronafälle.

„Können wir heute wieder da bei der Sprungschanze wandern gehen? Aber diesmal die lange Runde?“, fragte der kleine Herr Maus.

Ich war dafür. Aber der Rest der Familie hatte andere Pläne und keine Lust. Und so ging ich mit dem kleinen Herrn Maus alleine. Und obwohl wir sonst, wann immer es geht, Dinge mit der ganzen Familie unternehmen, hat mir das nach der letzten Woche echt gutgetan, mal nicht pausenlos reden zu müssen und kein aus den geringsten Anlässen aufflammendes geschwisterliches Gezeter hören zu müssen. Und das Wetter und der Wanderweg waren sowieso ausnehmend schön.

Hinterher erledigte ich noch unseren Wochengrosseinkauf im auf dem Rückweg gelegenen Lidl. Es fällt uns nicht schwer, die Zahl unserer Supermarktbesuche auf höchstens einen pro Woche zu verringern, weil wir das eigentlich schon immer so machen. Neu ist, dass wirklich nur noch einer von uns den Laden betritt. Der kleine Herr Maus blieb im Auto sitzen. Im Lidl war es gespenstisch still, obwohl durchaus ein paar Kunden da waren, aber ich hatte das Gefühl, dass auch andere nur allein einkaufen waren und deswegen keiner mit irgendjemandem geredet hat. Ansonsten ist von Hamsterkäufen eigentlich nichts mehr zu merken – okay, das Regal mit dem abgepackten Brot war leer, aber das ist es sonntags eigentlich immer – aber wir haben hier nicht nur Nudeln und Öl und Klopapier, sondern auch Mehl. In 2kg-Packungen.