War gestern in Helsinki, auf dem BIREME Meeting einen Vortrag über unser Forschungsprojekt halten.
Um fünf aufgestanden, mit dem Rad durch reifentiefen, mehr wässrigen als schneeigen Schneematsch zum Bahnhof nach Kupittaa gequält. Die Finnen müssen ein Volk von gut gelaunten Frühaufstehern sein: dreiviertel sechs mein Ticket von einem sehr ausgeschlafen wirkenden Fahrkartenverkäufer gekauft, im Zug von einem fröhlich Guten Morgen wünschenden und gute Laune verbreitenden Schaffner begrüsst worden. Aus den Zeitungen der Mitreisenden die Nachricht des Tages erfahren, zuerst auf Schwedisch: “Princ Charles gifter sig“, danach auf finnisch: “Charles ja Camilla menevät naimisiin.“ Na, soll’n se mal. Strickende Frauen bewundert. Dreiviertel acht von einer unhektischen und unmürrischen Menschenmenge durch die Bahnhofshalle, in der schon zwei erste Musikanten ihr Bestes gaben und darauf hofften, dass ab und zu mal einer eine Münze in ihren Geigenkasten fallen lässt, zur Metro gespült worden. Handy rausgekramt. „A 641“ gesendet. *piep-piep* Aha, Ticket da. Rauf auf die Rolltreppe und runter in das weltkleinste und gleichzeitig -teuerste Metrosystem. An der Bahnhofsstation haben sie ein Stück des Granits, in den die 1 ½ Metrolinien Helsinkis gebohrt werden mussten, unverputzt gelassen, so dass man eine Vorstellung davon bekommt, was das gekostet haben muss und wie lange gedauert.

*wuuuuuuuuuuuusch* Und schon war sie da. Warum habe ich mir eigentlich immer eingebildet, die Helsinkier Metro wäre blau?!

Schulkinder, Frauen mit Kinderwagen, Leute Zeitung lesend, Leute Bücher lesend. Eine ältere Frau, aufwändig geschminkt – Lippenstift und Rouge und Lidschatten und alles – und dazu eine rote Regenjacke und eine rote Fleecemütze mit Toyota-Werbung drauf – das ist Finnland.
Nach ein paar Stationen kommt die Metro auch schon wieder ans Tageslicht. Einen Blick auf die Eisbrecher am Kohlenhafen erhascht – wer braucht die diesen Winter?
In Rastila ausgestiegen, meine ausgedruckte Karte rausgekramt, als mich plötzlich jemand beim Namen rief. Veijo war mit dem gleichen Zug aus Turku gekommen, aber hatte mich dort erst entdeckt. Gemeinsam den letzten Kilometer durch 20cm frischen Schnee gestapft, besser gesagt gerannt, denn mit einem Finnen ist es unmöglich, sich in unsportlicher Gehgeschwindigkeit fortzubewegen. Ich aus dem Staunen nicht rausgekommen: “Wo haben die denn all den Schnee her?“ „Helsinki hat immer mehr Schnee als Turku.“ „Aber es liegt doch auch am Meer!“ „Ja, aber trotzdem.“ Wie’s aussieht, haben wir tatsächlich die hinterletzte Stadt Finnlands erwischt, zumindest im Winter… :-(
Das Meeting war nett, aber noch ehe ich richtig da angekommen war, war es schon wieder zu Ende. Es hatte ja schon am Mittwoch angefangen und war Freitagmittag zu Ende.
Die kaputten Gummistiefel zurückgegeben, neue Gummistiefel gekauft, Postkarten geschrieben, ein unverschämt riesiges Stück Himbeertorte im Café Strindberg gegessen, mir einen Pendolino für die Rückfahrt raugesucht. Wenn mir die Uni schon den Ausflug nach Helsinki bezahlt… normalerweise fahren wir nämlich immer Bus, weil der sowieso billiger ist und wir dort den Studentenrabatt auch auf ISIC bekommen, während die Bahn nur finnische Studentenausweise anerkennt. Mich am Bahnhof einmal mehr über das Nummernziehsystem gefreut. Kein Gedrängel, kein nervöses Schlangenaufrücken und Kofferweiterschieben, stattdessen sitzen alle auf Bänken und lassen die Nummernanzeigetafel nicht aus den Augen. Und, Respekt: ich hätte nicht gedacht, dass man die Nummern 108 bis 165 in nur 10 Minuten abarbeiten kann! Nur war ausgerechnet mein Pendolino kaputt und ist durch einen normalen Schnellzug ersetzt worden. Ooooch! :-( Ich hab’ auch immer ein Glück! Trotzdem mit nur 10 Minuten Verspätung in Turku angekommen, wo der Schneematsch inzwischen zu knochenharten Rinnen zusammengefroren war, nur geschneit hatte’s nicht. Ach, Turku… *seufz*