Seit vorletzter Woche ist zu den Schweinegrippenvorsichtsmassnahmens-plakaten noch eins dazugekommen:
“Schütze dich und deine Angehörigen durch Impfung.”
Ganz unabhängig von dieser öffentlichen Aufforderung haben die Mäusekinder schon vor drei Wochen die Impfung bekommen.
(Ausschlaggebend für uns war, dass die Schweinegrippe zwar nicht unbedingt gefährlicher als eine normale Grippe ist, aber ansteckender, und die Mäusekinder die ersten wären, die die Schweinegrippe nach Hause schleppen würden. Erstens sind wir alle – genau aus dem Grund – schon oft genug krank, zweitens möchte ich demnächst wieder schwanger werden, und wenn möglich, würde ich gerne zumindest im ersten Drittel sowohl auf eine Impfung als auch auf eine Erkrankung verzichten wollen. ;-) )
Geimpft wird in Finnland ausschliesslich mit Pandemrix, und zwar genau nach Plan. Zuerst Schwangere (ähm, naja…), dann Risikogruppen, dann kleine Kinder, dann… Zuerst war der Plan in Turku so, dass, wenn die gesunden Kleinkinder dran sind, nicht nur die, sondern alle Kindergartenkinder geimpft werden, und zwar im Kindergarten selbst. Mal davon abgesehen, dass ich es ein bisschen befremdlich (aber sehr typisch finnisch) fand, dass wir freitags einen Zettel in die Hand gedrückt bekamen, am Mittwoch würden alle Kinder geimpft, Punkt (Selbstverständlich, stand in einem Nebensatz, nur wenn die Eltern das wollen, aber ich hätte mir mehr Informationen über Nutzen und Risiken der Impfung gewünscht, oder wenigstens einen Hinweis auf eine Informationsquelle.), fand ich das eigentlich eine sehr gute Idee, die Ausbreitung der Grippe einigermassen wirkungsvoll zu verhindern. Am Montag hiess es dann, das finnische Gesundheitsamt hätte angeordnet, dass sich auch Turku an die übliche Priorisierung nach Risikogruppen zu halten habe; in dieser Woche würden also nur unter Dreijährige geimpft, und auch nicht im Kindergarten, sondern in der eigenen neuvola. Hm. *grmpf*
Dort war es wie zu erwarten zu den Impfzeiten seeeehr voll, aber sehr wohlorganisiert. Gleich am Eingang bekam man ein Zettelchen mit einer Nummer zugeteilt, und bis zum Aufrufen drängten sich Eltern und Kinder spielend, bauend, bilderbücheranguckend und erzählend auf Stühlen, Wickeltischen und dem Fussboden. Niemand erzählte Schauergeschichten oder verbreitete Panik. :-) Als wir nach 40 min dran waren, hatten wir eine um Welten bessere neuvolatäti als unsere eigene erwischt. Sie fragte zuerst, wie alt die beiden seien, und ich antwortete wahrheitsgemäss, dass das Mäusemädchen schon über drei sei. „Hm,“ sagte sie, „wieviel älter als drei ist sie denn?“ „Naja, schon eine ganze Menge… Ich hätte es ja auch ganz gut gefunden, wenn beide wie geplant gleichzeitig im Kindergarten geimpft worden wären…“ „Ach, die gehen in den Kindergarten? Arbeitest du?“ „Ja.“ „Ja, also dann, dann wäre es ja wirklich Quatsch, wenn du nochmal kommen müsstest. Wenn die Kinder von der Impfung Fieber bekommen, dann musst du zwei Mal zu Hause bleiben…“ „… und mich nochmal anstellen…“ „Ja, genau. Nur… also eigentlich darf ich das Mäusemädchen nicht impfen, weil… aber ach. Ach, weisste, du brauchst nicht nochmal zu kommen. Aber erzähl’s nicht im Wartezimmer rum!“ :-)
(Das Mäuseknäbchen brüllte schon beim Anblick der Spritze wie am Spiess. Das Mäusemädchen sagte: „Ich weine nicht!“, und hat dann auch nur interessiert zugesehen.)
Nebenwirkungen haben wir keine bemerkt. Das Mäuseknäbchen hatte vier Tage später ein bisschen Fieber und Husten und Schnupfen, was wir möglicherweise für späte Nebenwirkungen der Impfung hielten – aber nur solange, bis wir erfuhren, dass unser Besuch – ungeimpft – die gleichen Symptome hatte. Da wird es wohl doch eine normale flunssa gewesen sein, die wir dem Besuch dann auch noch als Andenken mitgegeben haben.
Es ist wahr, dass hier recht selten kritisch hinterfragt wird, was von oben angeordnet wird. Aber ich finde es wunderbar, dass andererseits Dinge einfach nüchtern und realistisch betrachtet werden und niemand Panik schürt oder weiterverbreitet – weder vor der Schweinegrippe an sich („Und wenn das Virus dann mutiert, dann werden wir alle daran sterben!“), noch vor der Impfung („Ich lass’ mir doch kein Quecksilber ins Blut spritzen!“).
Und der Ähämann und ich, so ungeimpft, waschen uns weiterhin fein die Hände, husten in den Ärmel und bleiben zu Hause, wenn wir krank sind. ;-)