Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Ein Maimittwochabend

„Ihr kommt da dann aber nicht hin!“, sagte der kleine Herr Maus, als die Wilma-Nachricht mit der Einladung zu einer kleinen Fotoausstellung sowie gemeinsamem Grillen, Sauna und Schwimmen an einem Abend der geplanten dreitägigen Klassenfahrt ins Haus auf unsere Handys flatterte.

„Na gut, ihr könnt ruhig hinkommen. Aber ihr geht nicht in die Sauna!“, sagte der kleine Herr Maus eine Woche später, als er gehört hatte, dass die anderen Eltern auch hinkommen würden.

„Kommt ihr auch wirklich?! Ihr müsst unbedingt kommen!“, sagte der kleine Herr Maus gestern am Telefon, als er dem Ähämann mitteilte, dass die Speicherkarte seiner Kamera voll sei und dringend überspielt werden müsse, damit er weiter Fotos machen könne. („Ja, ihr könnt meinetwegen auch in die Sauna gehen. Aber seid nicht so peinlich!“)

Es war ein sehr netter Abend, und als der Ähämann und ich beim Rückweg über das weitläufige Lagergelände noch schnell einen Aussichtsturm bestiegen und vor uns die Abendsonne über dem Schärenmeer hing, rechts die Vögel ihren Abendchoral anstimmten, links die fröhlichen Stimmen der 6B aus dem Wald schallten und über allem der Duft von Maiglöckchen schwebte, da dachte ich wie so oft schon: man müsste nochmal Kind sein in Finnland…!

Kurz vor zehn waren wir wieder zu Hause, wo das Fräulein Maus und der grosse Herr Maus noch mit der Nachbarskinderschar draussen rumsprangen und sich folgender Dialog entspann:

Ich: „Fräulein Maus, du weisst, dass du Klausurenwoche hast, ja?!“
Fräulein Maus: „Ja natürlich! Ich hab‘ schon gelernt!“
Ich: „Aber du müsstest ins Bett! Es ist gleich um zehn!“
Fräulein Maus: „Waaaaas?! Ich dachte, es wäre um acht!“

Es gibt nichts Wunderbareres als diese Maiabende kurz vor den Sommerferien.


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„Wenn Sauna, Teer und Schnaps nicht helfen…

… dann ist die Krankheit tödlich“, sagt man auf Finnisch.

Und so sind wir am Samstag, die oberste deutsche Saunaregel „Nur hundertprozentig gesund in die Sauna!“ ignorierend, mit meiner Maiflunssa in die Lieblingssauna am See gefahren, denn ich hatte schon in aller Herrgottsfrühe ein Dampfbad machen müssen, um noch ein paar Stunden weiterschlafen zu können, und Sauna ist noch dreimal besser und angenehmer als Dampfbad.

Ich bin noch nicht komplett über den Berg, aber die abwechselnd laufende und verstopfte Nase und vor allem das matschige Gefühl im Kopf waren sofort weg.

(Noch zwei Wochen bis Sommerferien.)


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Zwei Feiertage

Zum Muttertag gab es eine aufgetaute – am Ostermontag in Tallinn gekaufte – estnische Torte, vom Ähämann ein T-Shirt für die für die Wissenschaftsdonnerstage verantwortliche Horttante und eine selbstgemalte Karte, auf der „ein Klo mit Kacke drin, aber die Kacke hat ein Lachgesicht, und ganz viel Musik und Herzen und die Musik ist ganz bunt und die Karte extra für dich gelb“ zu sehen sind. (Nein, das Kind ist nicht fünf. Aber es weiss sehr gut, dass ich es genau so liebe, wie es ist.)

Ausserdem einen Ausflug an die Lieblingssauna am See, wo wir lange Zeit ganz allein waren.
(Erst abends wurde es voll. Als alle ihr Pflichtprogramm absolviert hatten.)

Ich liebe meine Muttertage sehr.

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Aus Anlass des heutigen Feiertags gab es gestern in Turku eine Museumsnacht. Mit freiem Eintritt von 18 bis 24 Uhr; wobei wir erst ab um acht konnten, nachdem wir ein Kind um 19 Uhr von den Pfadfindern und eins um 19:30 Uhr von der Orchesterprobe eingesammelt hatten.

Da keine*r Lust auf irgendein Kunstmuseum hatte, Picknick im Handwerkerdorf aufgrund der genau gestern und vorgestern durchziehenden Kaltfront eher keine so gute Idee war, wir schon ewig nicht mehr im Forum Marinum waren und es dort ausserdem zur Zeit eine viel beworbene Sonderausstellung über die Finn*innen auf der Titanic gibt, war das Ziel klar.

Es war ganz schön, aber die Sonderausstellung eher dürftig. Offensichtlich sind wir mittlerweile von den estnischen Museen völlig verwöhnt.

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Für den heutigen Feiertag hatten wir keinerlei Pläne ausser Ausschlafen. Logischerweise lag ich dann ab um vier mit Kopfschmerzen wach, und nachmittags durfte ich feststellen, dass ich auch dieses Jahr nicht um die alljährlich kurz vor den Sommerferien grassierende Maiflunssa herumkommen werde. Wie gut, dass noch gar nicht Wochenende ist!


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Drei Wochen bis Sommerferien

Letzte Woche, als wir noch Daunenjacken, Mützen und Handschuhe trugen, war es schwer vorstellbar, dass in vier Wochen schon die Sommerferien anfangen sollten. Diese Woche ist es endlich warm geworden, und man kann dem Grün beim Explodieren zusehen.

Schule ist nur noch die lästige Beschäftigung, wegen der man sich früh aus dem Bett quälen muss, obwohl man abends erst halb elf ins Bett gegangen ist, weil man eher auch wirklich nicht ins Bett gehen kann, wenn die Sonne bis um zehn scheint und das Licht mit jeder Minute schöner wird.

Der Maiwahnsinn hat wieder präpandemische Ausmasse angenommen. (Mit dem Unterschied, dass die Kinder inzwischen weder überall hingebracht noch alle drei immer mitgeschleppt werden müssen.)

Zusätzlich hatten wir diese Woche eine Gastschülerin aus Deutschland. (Nicht die, bei der das Fräulein Maus vor drei Wochen war. Die kommt erst im August. Jetzt kam eine Musikklasse aus Freiburg zu Besuch.) Das war sehr nett – aber die Tage waren auch sehr voll, die Abende lang, und die Wecker klingelten ungewohnt zeitig, da die Gastschülerin offiziell mit der achten Klasse zur Schule ging, deren Unterricht um acht beginnt, während man als Gymnasiast*in in Turku eine halbe Stunde länger schlafen darf.

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Am Freitag feierten wir einen 15. Geburtstag. (Gerade erst wurde er drei!) Den Geburtstagsblumenstrauss konnten wir im Garten pflücken.

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Freitagabend um acht wurde auf unserer Strasse der letzte Schlusspunkt hinter den Winter gesetzt.

Erst kam der Wasserwerfer, dann die Riesenbürste, die die Splittschichten der vergangenen sieben Monate in die Mitte der Strasse bürstete, und dann der Splittsauger, der wie ein Staubsauger in grossen Schwüngen auf der Strasse hin und zurück ruckelte und zwischendurch dreimal zum auf der nächsten Strasse bereitstehenden LKW fuhr, um den eingesaugten Splitt auszukippen.

Dann kehrte wieder Ruhe ein, die Vögel sangen, die Abendsonne liess die hellgrünen Birkenblättchen leuchten, und der Sommer war da.

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Während sich gestern der Rest der Familie mit den Freiburger Gastschüler*innen und deren Turkuer Gastfamilien auf der Hausinsel zum Grillen, Schwimmen, Saunieren und gemeinsamen Abhängen traf, lief der grosse Herr Maus mit seinen Pfadfinderkumpels mit acht Kilo auf dem Rücken vierzig Kilometer vom Pfadfinderheim zu ihrem Mökki im nordwestlich von Turku gelegenen Nirgendwo – es ist so abgelegen dort, dass sie auf ihrem Marsch einem Wolf begegneten – um sich ein spezielles Pfadfinderabzeichen zu verdienen.

Nachdem wir auf dem Rückweg von der Hausinsel das Fräulein Maus und die Gastschülerin im Stadtzentrum, wo sie am Fluss zusammen mit den anderen ihren letzten gemeinsamen Abend verbringen wollten, aus dem Auto geworfen hatten, besorgten der Ähämann, der kleine Herr Maus und ich uns das obligatorische Sommerausflugseis und verspeisten es am neulich entdeckten Strand mit Aussicht. Dort wird gerade schon wieder das grösste Kreuzfahrtschiff der Welt gebaut.

(Es wird ein schwimmender Vergnügungspark für 8000 Leute, und man weiss nicht, ob man lachen oder weinen soll.)


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Picknick beim Bischof und ein Luxuswaldklo

Vappupicknick 2023.

Es herrscht immer noch eher Beschisswetter, aber für ein Picknick an einer sonnigen und windgeschützten Stelle war es gerade so warm genug. Wir entschieden uns für unseren ältesten Lieblingspicknickplatz, die Ruinen einer mittelalterlichen Bischofsburg.

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Waldklo deluxe.

Neben der Burgruine befindet sich eine Feuerstelle. Neuerdings befindet sich dort nicht nur ein Holzschuppen zur Selbstbedienung, sondern das luxuriöseste Waldklo, das wir jemals gesehen haben: es gibt zwei Toiletten – eine normale und eine rollstuhlgerechte – mit Wasserspülung, fliessendes Wasser und Seife zum Händewaschen, Klopapier im Riesenspender, Stoffhandtücher und einen Wickeltisch.


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Ein Märzwochenende

Seit mittlerweile zehn Jahren fahren die liebste Freundin und ich einmal im Jahr gemeinsam übers Wochenende nach Helsinki. Und vielleicht ist März tatsächlich der allerbeste Zeitpunkt dafür.

Am Samstag fegte ein Schneesturm über Südfinnland. Es machte uns nichts aus: wir hätten auch einfach den ganzen Tag in Cafés und in der Sauna gesessen. Aber wenigstens einen kleinen Spaziergang über Suomenlinna wollten wir machen, und obwohl es uns von den äusseren Wällen der Festungsinsel fast herunterpustete, war es so toll, dass aus dem kleinen Spaziergang dann doch ein recht ausgedehnter wurde.

Nur zu unserer im letzten Jahr entdeckten neuen Lieblingssauna nahmen wir angesichts des Wetters doch lieber die Metro, statt kreuz und quer durch die Stadt hinzulaufen. Während wir zwischen den Saunagängen auf der Strasse sassen, flogen die Schneeflocken nicht mehr waagerecht, sondern schaukelten sachte vom Himmel. Die Stadt wurde immer weisser und leiser, und ich wunderte mich ein bisschen über mich selbst, wieso mich Schnee Mitte März immer noch so glücklich machen kann.

Am Sonntag war Märzwetter. Davon krieg‘ ich nie genug.


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Skiferien, perfekte

Fünf Tage Sommer – dazu mehr, wenn ich die 1382 Fotos, die der Ähämann gemacht hat, sortiert habe – und zwei Tage Winter, wie er am schönsten ist.

„Zutritt strengstens verboten!“ Es sei denn, es ist Skisaison und die Loipe führt ganz offiziell durchs Flughafengelände.
36 Stunden vorher sind wir drübergeflogen.

Wir Glückspilze.


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Gelber Sonntag, elektrisch

Es war mal wieder Zeit für einen gelben Sonntag.

Elektroauto auf Elektrofähre. ♥

Und nicht nur, dass die Elektra im Herbst eine Schwester bekommen hat – auch am Fährhafen zur überübernächsten Insel stand ganz unerwartet eine funkelnagelneue Elektrofähre; noch ohne Name und erst vor drei Tagen aus der polnischen Werft angekommen.

Und alle so schön gelb! 💛

Für insgesamt 500 Meter Autospur lohnt sich schon ein fähreneigenes Schneeräumfahrzeug. (Ausser im Januar 2023 in Südwestfinnland.)