Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Doppelfeiertag

„Wenn ich auf die Musikklasse komme, dann essen wir Torte zum Abendbrot. Und wenn nicht, dann gibt es eben nur Stulle“, erklärte der sehr hibbelige kleine Herr Maus letzte Woche.

Es gab dann vorgestern doch Torte.

Und zwar nicht nur die Frauentagstorte, die der Ähämann dem Fräulein Maus und mir samt zwei Blumensträussen früh hingestellt hatte, bevor er zur Arbeit gefahren war.


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Lustigstes Lehrbuch

Das Fräulein Maus „lernt“ jetzt am Gymnasium Deutsch.

Ich fand die Idee erst ein bisschen seltsam, aber zwei ihrer Karriereberatungslehrerinnen hatten ihr zugeredet: sie würde ja in keinem Anfängerkurs sitzen, sondern gemeinsam mit Schüler*innen, die schon seit der ersten oder spätestens der dritten Klasse Deutsch gelernt haben. Ausserdem hat sie bei theoretischem Wissen über zum Beispiel deutsche Grammatik durchaus noch Bildungslücken, und ganz ehrlich: wer sich seit sechzehn Jahren tapfer und klaglos zweisprachig durchs Leben schlägt, darf es sich in einem einzigen Schulfach auch mal leicht machen.

Fun fact: Sie hat an ihrem eigenen Lehrbuch mitgearbeitet. :D

(Ihre Lehrbücher sind jetzt am Gymnasium alle digital, weswegen sie sich früh mit nichts als einem Stoffbeutel mit ihrem von der Schule gestellten Laptop drin auf den Schulweg macht.)


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Neues Schuljahr

In der Ukraine hat diese Woche, am 1. September wie in allen ehemaligen Ostblockstaaten, die Schule wieder angefangen. Wenn, so las ich neulich, die Schule einen Luftschutzraum hat und ein Konzept, wie, in welcher Reihenfolge und mit wem im Falle des Falles die Kinder dahin gelangen.

Kann man sich nicht ausdenken.

Wenn die Schule keinen Luftschutzraum hat, wird es weiterhin Fernunterricht geben. Wenn der Schutzraum nicht für alle Schüler*innen reicht, muss entweder in Schichten unterrichtet oder priorisiert werden: dann dürfen nur die Kleinsten in die Schule kommen und die Grösseren machen Fernunterricht. Und dann gibt es natürlich noch die Eltern, die ihre Kinder unter diesen Umständen sowieso lieber nicht in die Schule schicken möchten.

(Kommt einem ja alles irgendwie bekannt vor.)

Auch für die ins Ausland geflüchteten Schüler*innen gibt es weiterhin Fernunterricht, als Ersatz oder zusätzlich zur dortigen Schule, und ich finde es wirklich bemerkenswert, dass in einem Land, das wir Deutschen bis vor Kurzem eher von oben herab betrachtet haben, in einem Land, in dem Krieg herrscht, der Fernunterricht scheinbar besser organisiert ist und besser funktioniert als es in vielen Schulen Deutschlands während Corona der Fall war.

***

Wir sind schon dreieinhalb Wochen drin im neuen Schuljahr.

Am Freitag kam das Fräulein Maus mit lauter bunten Aufklebern im Gesicht aus der Schule. Die Abiturient*innen hatten den Tag, von dem an sie nur noch 100 Tage Schule haben, mit der ganzen Schule gefeiert. Die Zahl der wunderlichen finnischen Traditionen ist schier unendlich.


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Und zack…

… zehn Wochen Sommerferien um!

Überraschenderweise hat sich der Sommer, der ja dieses Jahr eher eher kühl war, in der ersten Schulwoche nochmal berappelt. Ich finde das super, denn ich gehöre nicht zu denen, die sich so dringend nach dem vielgepriesenen Alltag sehnen, und ich erinnere mich mit Grausen an letztes Jahr, als pünktlich zu Schulbeginn der Herbst anfing und der Alltag wie eine schwere Keule auf uns zukam. Aber bei diesem Wetter fühlt sich der Alltag für den Ähämann, der sein Homeoffice auf der Terrasse hat, für mich, die ich auf Arbeit sowieso sehr viel draussen bin, für die Kinder, die mit dem Rad zur Schule fahren, jede Pause draussen verbringen und die Nachmittage noch relativ frei haben, weil es noch keine Hausaufgaben gibt und die Hobbys auch erst nach und nach in den nächsten Wochen anfangen, tatsächlich immer noch ein bisschen nach Ferien an.

Und so taten wir auch nach den ersten drei Tagen Schule einfach so, als wären noch Sommerferien: wir verbrachten das ganze Wochenende von Freitagabend bis Sonntag an verschiedenen Gewässern. Inklusive Abendbrot am Strand, weil immer noch die Zeit im Jahr ist, wo es abends erst richtig schön wird.

Hach, Sommer…! Bleib noch bisschen, ja?!


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Reiserückblick (7): Gestellte Weichen (2)

Unser erster Urlaubstag in den Bergen begann mit der freudigen Nachricht, dass das Fräulein Maus einen Platz an ihrem Wunschgymnasium bekommen hat.

(Sie macht quasi in der Musikklasse weiter.)

Wir hatten damit nicht mehr viel zu tun. Sie hatte im Fach Karriereberatung mit ihrer Lehrerin besprochen, was sie sich vorstellt für nach der 9. Klasse, für welche Gymnasien ihr Durchschnitt reichen würde und welche Fächer sie am Gymnasium belegen sollte. Die ganze Klasse hatte auch mit der Lehrerin geübt, wie die Online-Bewerbung – die nicht nur fürs Gymnasium, sondern auch für eine mögliche Berufs- oder duale Ausbildung gemacht werden muss – korrekt auszufüllen ist, und das hatte sie dann eines Abends im Frühling gemacht. Wir Eltern bekamen nur noch eine Email, dass von unserem Kind überhaupt eine Bewerbung eingegangen ist, denn sie ist ja bis 18 bildungspflichtig.

(Das Fräulein Maus musste für den Musikzweig noch einen extra Motivationsbrief schreiben und alle Zeugnisse über ihre bisherige Musikausbildung hinschicken sowie einen Aufnahmetest absolvieren; das fällt für Standard-Gymnasien aber weg.)

Den Bescheid bekam (nur) das Fräulein Maus als Email, gleich früh um neun finnischer Zeit. Vom Berg aus nahm sie den Platz an.

Das war noch besser als Schulanmeldung vom Sofa aus.


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„Samstag, 10:30 Uhr: Sommerferienbeginn“

So schrieb die Lehrerin des kleinen Herrn Maus neulich, als sie uns das Programm für die letzten beiden Schulwochen mitteilte.

Leider konnten wir uns auch heute nicht dreiteilen, und so mussten zwei von drei Kindern ohne ihre Eltern zu ihrer Zeugnisausgabe gehen. Denn das Fräulein Maus, das heute den Abschluss ihrer neunjährigen Schulzeit feiern durfte, hatte Vorrang.

(Ich weiss übrigens überhaupt nicht, wo die neun Jahre, und vor allem die drei letzten, hin sein sollen…!)

Jedenfalls: seit 10:30 Uhr Sommerferien!
Wir sind dann jetzt mal bis zum Musiklager weg.

(Der Hashtag klingt ein bisschen nach überambitioniertem Sightseeing, ist aber nur der abseitigen Lage unseres selbstgewählten Heimatlandes und unserer Vorliebe für Reisen ohne Fliegen geschuldet.)


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Eismeer statt Mittelmeer

Das Fräulein Maus ist diese Woche auf Klassenfahrt in Lappland.

Auch wenn die Kinder hier vergleichsweise leicht durch die letzten zwei Jahre gekommen sind, haben sie doch alle auf etliches verzichten müssen. Der grosse Herr Maus auf eine feierliche Verabschiedung aus der Grundschule. Der kleine Herr Maus auf eine Reise nach München zu „1, 2 oder 3“. Am schlimmsten hat es vielleicht das Fräulein Maus getroffen, die ja auf eine Musikklasse in einer wirklich engagierten Schule geht: Der Ausflug in die Oper nach Helsinki im letzten Jahr – wegen Corona gestrichen. Der Schüleraustausch in der 8. Klasse mit der Partnerschule in Celle – wegen Corona gestrichen. Die Chorreise nach Italien in der 9. Klasse – wegen Corona gestrichen.

Damit die Chorreise nicht ganz ausfallen musste, fuhr man statt nach Süden nach Norden. So weit weg, wie man von Turku im Inland nur fahren kann, und das sind immerhin über 1000 km. Luftlinie.

Italien wäre sicher ein tolleres Reiseziel gewesen. Und für Lappland hätte es sicher bessere Zeitpunkte gegeben: während es in Turku diese Woche endlich warm ein bisschen wärmer und grün geworden ist, sind in Lappland 3°C und die Seen noch zugefroren, im Wald liegen letzte Schneereste, die Tunturis haben noch weisse Decken umgehängt und auf dem Teno treiben gewaltige Eisschollen. Aber Abenteuer ist Abenteuer.

Sie fuhren mit dem Nachtzug. Sie schliefen bei Gastfamilien in Oulu und in dem Hotel in Inari. Sie sangen auf einem grossen Konzert in Oulu, in Schulen in Ivalo und Inari, und vielleicht am allerschönsten nur für sich neben einer gewaltigen, rauschenden Stromschnelle. (Die Chorleiterin schickt regelmässig Videos.) Gestern sangen sie live bei Yle Sámi (ab ca. 1:38:05), dem samischsprachigen öffentlich-rechtlichen Radio Finnlands, das sein Studio in Inari hat.

Und für ein paar Stunden kamen sie doch noch ins Ausland: sie fuhren nach Norwegen und gingen am Eismeer Muscheln sammeln.


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neljäsataaneljäkymmentäkuusi, neljäsataaneljäkymmentäseitsemän

Der grosse Herr Maus hatte es gut. Während wir anderen uns am Dienstag nach sechseinhalb Stunden Schlaf aus den Betten quälen mussten, konnte er ausschlafen.

Er hatte schulfrei, weil er den Tag schon an einem Samstag im Dezember rausgearbeitet hatte. Ob und wann und für welchen Tag ein Samstagsschultag abgehalten wird, darf jede Schule selbst entscheiden. Ich finde es prinzipiell eine gute Sache, würde mir allerdings als Mutter mehrerer Kinder, die alle auf verschiedene Schulen gehen, wünschen, dass diese Tage, wie die Ferien auch, von der Kommune festgelegt würden: denn was nützt es uns, wenn der grosse Herr Maus den Dienstag nach Ostern frei hat, der kleine Herr Maus den Freitag nach Himmelfahrt und das Fräulein Maus und ich jeden Tag des Schuljahres anwesend sein müssen?!

Immerhin hatte sich über Ostern das Wetter berappelt. Ich tauschte das Winter- gegen das Sommerfahrrad und wechselte von Winterstiefeln direkt zu Halbschuhen ohne Socken. Früh reichte eine dickere, winddichte Jacke, nachmittags war T-Shirt-Wetter. Zwei Kilometer meines Radwegs waren gerade frisch gewaschen worden.

Dennoch halten sich an schattigen Stellen noch immer hartnäckig die Schneereste.

Ich sah eine 446, als ich zur Arbeit fuhr, und eine 447, als ich wieder heimfuhr.

Ich hörte die ersten Lerchen und sah die erste Bachstelze. Wir werden dieses Jahr wieder einen finnischen Speedfrühling erleben.

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Streik, der drölfzigste

Ich glaube, wir haben uns noch nie so sehr über einen Streik gefreut.

Diesmal streiken – Tarifverhandlungen verschiedener Gewerkschaften finden oft zur gleichen Zeit statt – die Krankenschwestern, sämtliche Angestellte der Stadt Turku sowie in mehreren finnischen Städten auch die Lehrer*innen.

Deshalb sind heute und morgen alle Schulen geschlossen. Die beste Chefin und ich sind zwar nicht bei der Stadt angestellt und in der Gewerkschaft sind wir auch nicht, aber Hortbetreuung findet laut Gesetz nur an Schultagen statt – was auch erklärt, warum es hier keinen Ferienhort gibt – und so haben wir ganz unverdient auch zwei Tage frei.

Ein paar wenige Lehreri*innen, die nicht in der Gewerkschaft sind und deshalb nicht streiken, machen Distanzunterricht. Zum Glück beschränkt sich dieser im Falle unserer Kinder auf genau eine Stunde pro Kind während der beiden Streiktage, und zum Glück findet keine davon vor um zehn statt. Mitten in der Woche zwei Tage lang ausschlafen zu können, ist nämlich das Beste an diesem Streik. Gerade jetzt fängt nämlich das Schuljahr allmählich an, sich zu ziehen. (Und nein, wir werden keine Ferien mehr haben vor den Sommerferien.) Und vor allem das Fräulein Maus hat jetzt dauernd zusätzlich eine Chorprobe hier und ein Konzert da, weil sich das Schuljahr eben doch schon langsam, aber sicher dem Ende nähert und es ganz so aussieht, als fände der mehrwöchige Schuljahresendfeiermarathon in diesem Jahr wieder in gewohnter Form statt.

Gestern bekamen die Schulkinder übrigens das ihnen zustehende Schulessen – plus eine Tomate und eine halbe Gurke – für die zwei Streiktage ausgeteilt.

Börks.

Der kleine Herr Maus nutzte den freien Tag heute übrigens, um gleich nach einem späten Frühstück mehrere Stunden mit seinen Schulfreunden rodeln zu gehen.

[Ritterstreik]
[Busfahrerstreik]
[Krankenschwesternstreik]
[Lebensmittelverkäuferstreik]
[Flugcateringzulieferstreik]
[Grossküchenstreik]
[Grossküchenstreik 2.0]
[Poststreik]