Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Reiserückblick (2): Eine bewohnbare Modellbahnanlage

Als wir 2014 auf dem Weg in die Schweiz Freunde in Eckernförde besuchten, sahen wir auf der Weiterfahrt von der Autobahn aus eine gewaltige Eisenbahnbrücke. Als wir zurück in Finnland waren, recherchierte ich ein bisschen und fand heraus, dass es sich um die Rendsburger Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal gehandelt hatte.

Und dann kriegte ich grosse Augen, als ich las, dass unter der Brücke eine Schwebefähre hängt, die nicht nur Fussgänger und Radfahrer, sondern auch Autos transportiert. Es war sofort klar, dass wir das nächste Mal, wenn wir in der Gegend wären, damit fahren würden!

Die gewaltige Brücke und die aussergewöhnliche Fähre sind übrigens nicht das einzige Bemerkenswerte: um die über 40 Meter Höhenunterschied auf den nur 600 Metern zwischen dem Rendsburger Bahnhof und der Brücke (die so hoch sein muss, damit auch grosse Schiffe unter ihr durchpassen) für Züge überwindbar zu machen, wurde eine viereinhalb Kilometer lange kreisförmige Auffahrtrampe angelegt, mitten in einem Rendsburger Wohngebiet.

Da unsere inneren Uhren noch nach finnischer Zeit gingen und wir zeitig aus Flensburg losgekommen waren, fuhren wir, bevor wir die Fähre ansteuerten, in den Rendsburger Ortsteil Schleife und guckten uns mal aus nächster Nähe an, wie das so sein muss, in einer lebensgrossen Modellbahnanlage zu wohnen. Beindruckend!

Gern wären wir spontan drüber gefahren, es scheiterte allerdings am ausreichend zügigen Ticketkauf. (Fahrkartenschalter gibt es ja schon lange keine mehr, der Automat war kaputt, und die Bahn-App verkauft am liebsten nur Tickets für Einzelpersonen, nicht für ganze Rudel von Menschen. Tja.)

Dann eben in den nächsten Ferien, wobei wir da vermutlich schlafend und im Dunklen drüberfahren werden.

Und eigentlich und sowieso wollten wir ja Schwebefähre fahren, und das taten wir dann auch. Wir hatten übrigens Glück: nach einem Zusammenstoss mit einem Frachtschiff im Jahr 2016 (!) ist die Fähre überhaupt erst seit März diesen Jahres wieder in Betrieb.

Die Fähre fährt alle Viertelstunde und ist, für Deutschland ja eher ungewöhnlich, komplett kostenlos. Ausserdem ist sie im Vergleich zu schwimmenden Fähren extrem schnell. Ich konnte gar nicht so schnell gucken und fotografieren, wie wir schon am anderen Ufer waren.

Am Ende fehlte nur noch ein richtig grosses Schiff auf dem Nord-Ostsee-Kanal, aber es war weit und breit keins zu erwarten, nur „Freya“ fuhr ohrenbetäubend hupend unter der Brücke durch.


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Reiserückblick (1): Willkommen in Deutschland!

Unsere Reise begann wie nahezu alle unsere Reisen „nach Europa“ mit einer nächtlichen Fährüberfahrt von Turku nach Stockholm und dem zügigen Durchqueren Schwedens und Dänemarks.

Das heisst, normalerweise nehmen wir ja noch eine zweite Nachtfähre von Trelleborg nach Rostock, aber da wir diesmal zunächst ein Ziel weiter westlich in Deutschland hatten, bot es sich an, einfach durchzufahren und erst in Deutschland zu übernachten.

Erster Zwischenstopp ebenfalls wie immer bei IKEA in Jönköping, wo wir üblicherweise genau zur Brunchzeit ankommen. Brunch bei IKEA ist um Welten besser als alles, was man sonst an schwedischen Raststätten bekommen kann, und zumindest auf der Hinfahrt ein echtes kulinarisches Highlight für uns. Leider hat IKEA den Brunch abgeschafft, so dass wir gefühlt 25 einzelne Tellerchen mit Brötchen, Ei, Käse, Eierkuchen bestellen mussten. Immerhin war der Kaffee vor um zehn umsonst.

Dann stockten wir im benachbarten Supermarkt nicht nur unseren Reiseproviant, sondern nach zweieinhalb Jahren auch endlich unseren Vorrat an den besten Streichhölzern, die es gibt, auf. (Die zweitbesten – ebenfalls ein schwedisches Produkt – kann man in Estland kaufen. Allerdings nur im R-Kioski.)

Dann zuckelten wir weitere mehrere hundert Kilometer mit 105 km/h – angesichts der Benzinpreise und der drei Fahrradträger (zu dem Zeitpunkt immerhin noch ohne Fahrräder!) auf dem Dach die höchste vernünftige Geschwindigkeit – über leere schwedische Autobahnen und fassten spontan den Beschluss, diesmal nicht die Brücke, sondern die Fähre über den Öresund zu nehmen. Spart 5 € und 40 km Umweg und macht eigentlich auch mehr Spass, obwohl wir natürlich schon alle die grosse Brücke toll finden.

Kurz vor der deutschen Grenze fiel uns glücklicherweise noch ein, dass am nächsten Tag Sonntag ist und in Deutschland alle Läden geschlossen wären, und so suchten wir noch einen dänischen Supermarkt auf, um wenigstens Milch, Saft, Butter und Marmelade fürs Frühstück zu kaufen. Die Kinder gingen derweil auf einen Spielplatz und freundeten sich mit dänischen Jugendlichen an. (Sie haben es so gut – ich hätte mich, bis ich für meine Diplomarbeit nach Finnland ging, mit niemandem einfach so auf Englisch unterhalten können!)

Dann erreichten wir die deutsche Grenze, wo uns, nachdem wir sechs Breitengrade nach Süden gefahren waren, ein Schild im „Echten Norden“ willkommen hiess. Tjanun.

Und spätestens im Parkhaus wussten wir, dass wir wirklich in Deutschland angekommen waren.

(Sehr schön auch, dass wir nach drei Jahren zum ersten Mal wieder einen Geldautomaten aufsuchen mussten, um in einem Lokal etwas zu essen erstehen zu können. Und die eiskalte Ferienwohnung, in der auch nach Hochdrehen der Heizung nichts trocknete, nicht einmal die nach dem Essen feucht abgewischte Tischplatte.)

Als preiswerte Zwischenstation war Flensburg jedoch voll okay.

Und richtig gut gefallen haben mir die engen Durchgänge zwischen den Häusern, die man auch wirklich alle benutzen durfte.


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4563 km später

Seit vorgestern 0:30 Uhr sind wir wieder zurück.

Die beiden Musizierenden der Familie sind schon den zweiten Tag beim Musiklager, der grosse Herr Maus arbeitet am von der Thüringer Verwandtschaft geschenkten 1000-Teile-Puzzle, und der Ähämann und ich versuchen, der Wäsche- und Einkaufsberge Herr zu werden. Wenn wir nicht zum Abkühlen – wir haben 31°C! – an einen nahegelegenen Strand radeln müssen.

Demnächst hier dann Reisebericht und viele Fotos.


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„Samstag, 10:30 Uhr: Sommerferienbeginn“

So schrieb die Lehrerin des kleinen Herrn Maus neulich, als sie uns das Programm für die letzten beiden Schulwochen mitteilte.

Leider konnten wir uns auch heute nicht dreiteilen, und so mussten zwei von drei Kindern ohne ihre Eltern zu ihrer Zeugnisausgabe gehen. Denn das Fräulein Maus, das heute den Abschluss ihrer neunjährigen Schulzeit feiern durfte, hatte Vorrang.

(Ich weiss übrigens überhaupt nicht, wo die neun Jahre, und vor allem die drei letzten, hin sein sollen…!)

Jedenfalls: seit 10:30 Uhr Sommerferien!
Wir sind dann jetzt mal bis zum Musiklager weg.

(Der Hashtag klingt ein bisschen nach überambitioniertem Sightseeing, ist aber nur der abseitigen Lage unseres selbstgewählten Heimatlandes und unserer Vorliebe für Reisen ohne Fliegen geschuldet.)


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neljäsataaviisikymmentäviisi, neljäsataaviisikymmentäkuusi

Die 455 stand dann am Montagvormittag, als ich auf Arbeit fuhr, wieder auf ihrem Platz, und am Mittwoch, als wir mit den Hortkindern auf dem Weg von der Schule zum Hort an der Ampel an der Bibliothek standen, fuhr eine 456 vorbei.

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Auch in der letzten Schulwoche vor den Sommerferien ist es in diesem Jahr noch kein bisschen sommerlich. Am Mittwoch brauchte ich Handschuhe zum Radfahren! Das Schlimmste aber ist der Wind. Seit drei Monaten stürmt es in dieser Stadt. Selbst wenn die Sonne scheint und die Lufttemperatur ok ist, ist es deshalb kalt. Und mindestens einmal am Tag muss man auf dem Fahrrad gegen den Wind ankämpfen. Ich will keinen Wind mehr! Und keinen Klimawandel!

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Apropos Dinge, die in Turku undenkbar wären: alle Strassenbahnen in Tampere fahren seit März oder April mit einer Friedenstaube in ukrainischen Farben. Mal ganz davon abgesehen, dass Turku eine Tiefgarage bauen liess, während Tampere in eine Strassenbahn investierte, hat sich Turku in den ersten Kriegswochen vor allem im Umgang mit friedlichen Protesten vor dem russischen Konsulat nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Schön: Der finnische Verlag Tammi hat die ersten drei Bände von Timo Parvelas „Ella“-Büchern kostenlos als Sammelband auf Ukrainisch drucken lassen und verschenkt ihn an alle ukrainischen Flüchtlingskinder im Schulalter.

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Ausflug auf Schienen

Vorletztes Wochenende war ein bisschen verrückt.

Der grosse Herr Maus war von Freitag bis Sonntag auf einem Pfadfinderlager.

Das Fräulein Maus kam Samstagfrüh aus Lappland zurück. Der Ähämann holte sie vom Nachtzug ab und fuhr mit ihr und ihrer Harfe direkt weiter nach Helsinki, wo sie am Samstag eine Generalprobe vor kleinem Publikum und am Sonntag ein Konzert vor grossem Publikum hatte. Die beiden blieben über Nacht in Helsinki, um das Hin-und-Hergefahre zu sparen (und damit das Fräulein Maus nach über einer Woche mal wieder ausreichend lange schlafen konnte).

Der kleine Herr Maus und ich verbrachten einen gemütlichen Samstag zusammen und freuten uns auf unseren Sonntagsausflug vor. Weil zusätzlich zur Harfe nur drei Leute ins Auto passen, hatten wir schon vor Wochen entschieden, dass der kleine Herr Maus und ich mit dem Zug nach Helsinki fahren würden. Ausserdem böte sich vier Jahre nach Fertigstellung endlich die Gelegenheit, die neue Metrostrecke nach Espoo auszuprobieren.

Am Sonntag fuhren der kleine Herr Maus und ich in aller Herrgottsfrühe mit dem Fahrrad zum Bahnhof. Frühstück gab es wie immer bei derlei Gelegenheiten erst im Zug.

(Fürs Protokoll: der halbe Waggon hustete. Die einzigen beiden Masken trugen der kleine Herr Maus und ich. Und ich hatte gedacht gehofft, dass wir wenigstens das in der Coronazeit gelernt hätten: dass man eine Maske aufsetzt, wenn man krank unter Leute geht.)

Die Zugtoiletten haben jetzt übrigens eine neue Inneneinrichtung mit Herzchenaugeneffekt:

Die Steinmänner vom Helsinkier Hauptbahnhof hatten sich dem Anlass entsprechend gekleidet:

Ausserdem gibt es in Helsinki Dinge, die in Turku völlig undenkbar wären. Auf dem Hauptbahnhof weht eine ukrainische Fahne:

Das Zweitbeste nach Zugfahren ist Metrofahren.

(Der kleine Herr Maus zog sich auf der Rolltreppe kurz die Maske von der Nase mit den Worten: „Ich muss doch den guten Metrogeruch riechen!“)

Der Helsinkier Liniennetzplan ist ja recht… äh… überschaubar, aber immerhin gibt es neuerdings acht weitere Stationen Richtung Westen.

Ich habe mich ja erstmal über die lustig illustrierten Verhaltensregeln in den Waggons gefreut:

Vor allem über die drei mittleren, die sind so schön finnisch:

Die neuen Stationen sind schlicht und ein bisschen langweilig, weil sie alle in rot-weiss gehalten sind – Begeisterungsrufe wie in Prag: „Oh, eine ganz grüne Station!“ und „Oh, guck mal, die ist ganz gelb!“ fallen daher leider aus; und wie gern wäre ich mal in Moskau Metro gefahren – aber doch ganz schön und immerhin tief genug unter der Erde – und das ist tatsächlich bemerkenswert, da die Helsinkier Metro nach Osten weitestgehend oberirdisch fährt – dass sogar der kleine Herr Maus mit der Länge der Rolltreppen zufrieden war.

Nach dem Konzert fuhren der kleine Herr Maus und ich noch die restlichen zwei Stationen Richtung Westen und dann von da zurück ins Stadtzentrum; wir stiegen aber nicht am Bahnhof aus, sondern fuhren bis zum Dom, und sieh mal an – das Helsinkier Höhlensystem schliesst auch Metrostationen ein! Hier der Eingang zur Metrostation „Universität“:

Naja, und kurz auf die Domstufen klettern mussten wir natürlich auch noch, bevor uns der Zug zurück nach Turku schaukelte.

Abends freudiges Wiederzusammentreffen aller fünf Familienmitglieder.