Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Spätsommer

Eigentlich wäre Samstagabend Sommerverabschiedung Nacht der Urfeuer gewesen.

Dass wir da dieses Jahr nicht hingehen würden, war mir schon lange klar.

(Es wird wohl auch eine Adventszeit ohne öffentliches Weihnachtsliedersingen und ein Heiligabend ohne Weihnachtsfriedensverkündung werden dieses Jahr.)

Sehr komisch fand ich jedoch, dass sämtliche kleinen Veranstalter – hier oder hier – die Veranstaltung dieses Jahr wegen Corona abgesagt hatten, Städte wie Naantali die Urfeuernacht jedoch mit allem Pipapo – Livemusik, Dampferfahrten, gemeinsamer Gottesdienst – begingen, als wäre nichts.

Wir fuhren nochmal in unsere Samstagssauna – solange noch Sommer ist und die Sauna geöffnet! Und legten zur Feier des Tages Thüringer Rostbrätel auf den finnischen Grill.


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Finnische Coronanews

„Zwei Klassen einer Porvooer Schule in Quarantäne.“

„Sieben Coronafälle in einem Altersheim in Helsinki.“

„200 Leute in Rovaniemi in Quarantäne wegen eines Coronafalls in einem Indoorspielplatz.“

„Zwei Wochen Fernunterricht an einem Turkuer Gymnasium wegen eines Coronafalls in der zehnten Klasse.“

„39 Kinder und 10 Betreuungspersonen eines Jyväskyläer Kindergartens in Quarantäne.“

„Ein heute postitiv Getesteter war vor drei Tagen im Vergnügungspark Powerpark.“

„Coronafall in einem Kindergarten in Joensuu.“

„80 Schüler einer Tuusulaer Schule in Quarantäne wegen eines infizierten Lehrers.“

„Ein Infizierter im IC 185 von Helsinki nach Tampere.“

„26 Passagiere des Wizzair-Flugs Skopje-Turku positiv gestetet.“

„Eine Klasse und mehrere Lehrer einer Schule in Kemi in Quarantäne.“

„Acht Infizierte in einem Pub in Vaasa.“

„Ein Kindergartenkind in einem Turkuer Kindergarten an Covid-19 erkrankt.“

„…“

Seit die Infektionszahlen in Finnland wieder steigen, vergeht kein Tag ohne zwei, drei, vier solcher Meldungen.

Andererseits finde ich die Tatsache, dass es immer noch jeder einzelne Covid-19-Fall in einer Schule, einem Kindergarten, einem Altersheim oder einem Restaurant in die landesweiten Nachrichten schafft, durchaus beruhigend.


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Bleib noch, Sommer!

Auch dieses Wochenende begannen wir mit See und Sauna. Dann traf der Herbst die Kaltfront ein.

Das Wochenende verbrachten wir damit, den Sommer festzuhalten.
(Wurde auch Zeit. Aber bei schönem Wetter gibt es leider wichtigere Dinge.)

Lustig in dem Zusammenhang ist übrigens, dass man in Deutschland als Mieter regelmässig alle paar Jahre renovieren muss(te), in Finnland aber für jede Renovierung extra um Genehmigung bitten muss. Und letztendlich hier wie da den Vermieter doch nur interessiert, in welchem Zustand die Wohnung beim Auszug ist.


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Lecker Süppchen

Die finnische Mutter kocht nach der Arbeit Abendessen.
Ich koche Maskensüppchen.

Das Fräulein Maus trägt Maske im Bus. Die Herren Maus, die ja mit dem Rad zur Schule fahren, tragen Maske in der Schule – der kleine Herr Maus auf eigenen Wunsch sehr konsequent den ganzen Schultag über, mit Maskewechseln nach jeder Stunde, der grosse Herr Maus zumindest im Gedränge vor und nach den Hofpausen. Ich trage Maske auf Arbeit; nicht beim Kinderabholen oder auf dem Spielplatz, aber immer, wenn wir drin sind.

Während anderswo seit April Maskenpflicht herrscht, wird hier angesichts wieder steigender Infektionszahlen selbst über eine Maskenempfehlung wochenlang diskutiert.

Immerhin haben wir jetzt eine. Für den öffentlichen Nahverkehr. Es trägt auch immerhin knapp die Hälfte der Fahrgäste eine Maske. Und es besteht die Hoffnung, dass sich demnächst vielleicht auch wieder alle, die entsprechende Symptome haben, testen lassen können, nachdem das finnische Testsystem unter dem unerwartet frühen Auftreten der allherbstlichen Flunssa erstmal völlig zusammengebrochen ist. Und ab 31. August können wir uns ja dann nach vier Monaten Ankündigungsfrist auch endlich die finnische Corona-App aufs Handy laden.

Man kann nur froh sein, dass Finnland so ein dünn besiedeltes Land ist.


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Letzte Gelegenheit

Jeder Tag kann jetzt der letzte Sommertag gewesen sein.

Dass wir auch am Sonntag nochmal baden gehen würden, war deshalb selbstredend klar.

Ob wir vielleicht gleich nochmal an den schönen See mit der Sauna fahren könnten, fragte zaghaft der kleine Herr Maus, und der grosse Herr Maus und das Fräulein Maus stimmten – „Oh ja, bitte!“ – ein.

Es war nämlich die letzte Gelegenheit. Nach dem Wochenende würde die alte Sauna abgerissen und eine neue gebaut werden, hatten wir am Tag zuvor auf einem Schild gelesen.

Das ist schade, denn es ist vielleicht die schönste öffentliche Sauna, in der wir je waren. Sie hat nicht einmal Öffnungszeiten – wer hinkommt, holt sich Holz aus dem Schuppen und heizt sie an. Jeder, der schwimmen geht, nimmt einen Wassereimer mit zum Steg und trägt ihn gefüllt zurück in die Sauna.

Eine neue Sauna ist vielleicht modern. Aber sie hat keinen Charme. Das haben wir seinerzeit schon an unserer Eisbadesauna gemerkt.

Tschüss, Kivijärvi-Sauna! Danke, dass wir dich noch kennenlernen und einen letzten echt finnischen Sommertag am See verbringen durften!


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Seentour in Vakka-Suomi

Als wir neulich mal wieder nach einer Badestelle suchten, an der wir noch nicht waren, fiel uns auf, dass es ein Stückchen nordwestlich von Turku, in einer Gegend, in der wir eigentlich nie sind, jede Menge Seen gibt. Nicht so grosse Seen wie in Mittel- oder Ostfinnland, eher so Seechen, aber viele davon mit Badestrand.

Das schrie nach einer Seentour am nächsten Wochenendtag mit Badewetter! Am Samstag packten wir Badezeug und Mittagessen ein und machten uns auf den Weg.

Es fing nicht gut an, denn gleich am ersten See fanden wir den öffentlichen Strand nicht. Es endete fantastisch, denn der letzte See war nicht nur der schönste, sondern dort war sogar die Sauna angeheizt. Dazwischen fuhren wir sehr viele kleine, unbefestigte Achterbahnstrassen und schwammen zwischen Seerosen und vor uns davonhuschenden Wasserläufern. Die Herren Maus zogen sich irgendwann gar nicht mehr um, sondern stiegen gleich mit Badehose ins Auto, bevor wir weiterfuhren zum nächsten See.

Kaukjärvi

Taipaleenjärvi

Isosalmi

Ups, das ist gar kein See. Sondern die Ostsee.

Kivijärvi

Als wir den letzten See verliessen, stand die Sonne schon seeehr tief. Abendbrot bei Kerzenschein auf der Terrasse machte den Tag perfekt.

Die Kombination warm & dunkel gibt’s hier nämlich nur im August. Manchmal.


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Gelegenheiten beim Schopfe packen (2)

Dieser Sommer war der der beherzt ergriffenen Gelegenheiten. Auch von Gelegenheiten, die Corona erst möglich gemacht hat.

Die „Baltic Queen“ zum Beispiel, die sonst als Fährschiff von Tallinn nach Stockholm fährt, fuhr in diesen Sommerferien stattdessen zwischen Tallinn und Turku, ebenfalls komfortabel über Nacht.

Es ist ja nicht so, dass wir nicht schon genug Schiff gefahren wären in diesem Sommer. Aber manche Gelegenheiten kann man sich einfach nicht entgehen lassen.

Und so bestiegen wir vier Tage nachdem wir aus Island zurückgekommen waren, schon wieder ein Schiff und fuhren für vier Tage nach Tallinn.

Ich habe noch nie so ein leeres Tallinn erlebt. (Noch nicht mal im November.) Nicht einmal die Stricksachenverkäuferinnen an der Stadtmauer waren da. (Etwas, das ich ebenfalls noch nie erlebt habe.) Der kleine Herr Maus war traurig, denn er hatte sich in Island in einen Wollpulver mit Papageientauchern verliebt, der ihm leider schon mindestens eine Nummer zu klein war, und wir hatten ihm versprochen, dass er sich, wann immer wir das nächste Mal in Tallinn wären, er sich dort einen aussuchen dürfe.

Wir verbrachten unsere Zeit coronakonform mit ausgedehnten Spaziergängen ausserhalb des Stadtzentrums. Tallin hat auch ein Citymoor! Und das Tallinner Freilichtmuseum ist so weitläufig wie alles in Estland – wo sogar die Häuser von Plattenbausiedlungen so weit auseinanderstehen, dass anderswo noch zwei Blocks dazwischenpassten – dass wir uns hinterher fühlten wie nach einer langen Wanderung.

Wir stockten unsere Vorräte an Rhabarberlimonade, Britakuchen und preiswertem  Verbandsmaterial – der kleine Herr Maus, der Stuntman der Familie, hat da einen recht hohen Verbrauch – auf, und das Fräulein Maus verfiel in einen Schreibwarenkaufrausch, weil sie das ja nicht kennt, dass man Stifte und Hefte für die Schule selber kaufen muss und die dann kurz vor Schulbeginn in Hülle und Fülle im Supermarkt angeboten werden.

Wir waren eigentlich ein bisschen urlaubsmüde. Aber wir haben es so genossen!

Es war gut, auch diese Gelegenheit beim Schopfe gepackt zu haben. Denn wer weiss, ob wir in diesen Herbstferien nach Estland fahren können. Als wir zurückkamen, fingen die Infektionszahlen in Finnland gerade wieder an zu steigen.


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Reiserückblick: Blindheiten und schwarze Schafe

Obwohl diese merkwürdigen Sommerferien, die sich gleichzeitig unendlich lang und fürchterlich kurz angefühlt haben, seit gestern vorbei sind, hier noch ein allerletzter sehnsüchtiger Blick zurück nach Island.

Lustige Verkehrszeichen haben sie da nämlich auch.

Achtung, Vögel auf der Strasse! Sehr sympathisch.
(Die Vögel, die auf dem l, n und d sitzen…! ♥)

Strassenbelag endet. Juhuu!

Sichtbehinderung. Eine an der anderen, zumindest auf sämtlichen Nebenstrassen. Damit’s einem nicht langweilig wird beim Fahren.

Einspurige Brücke. Ebenfalls eine an der anderen, auch auf grossen und wichtigen Fernverkehrsstrassen. Macht aber nichts, ist ja sowieso nichts los auf den Strassen. Das Leben einer isländischen Brücke ist unter Umständen sehr kurz, da betreibt man bei ihrem Bau lieber nicht mehr Aufwand als unbedingt nötig.

Achtung, Schafe! Es fehlt allerdings ein Schaf, denn üblicherweise sind die isländischen Schafe in Dreiergrüppchen unterwegs: eine Mutter mit zwei Lämmern.

Richtgeschwindigkeit. Isländische Richtgeschwindigkeiten verdienen, obwohl sie kein anderes Schild haben als anderswo, eine eigene Erwähnung, weil sie so passend sind. Wenn 50 km/h dransteht, kann man auch wirklich mit 50 km/h durch die Kurve fahren, dann wird auch hinter der Bergkuppe nichts unerwartet Schlimmes auftauchen. Wenn 10 km/h dransteht, sollte man sich tunlichst dran halten.

Entfernungsangaben. Entfernungsangaben sind ja generell im Norden eine Klasse für sich. Wenn man die 270 km entfernte Stadt Seyðisfjörður mit dem Überseehafen erreicht hat, entpuppt sie sich als Ansammlung von fünfzehn Häusern. Die beiden Einbahnstrassen, die an verschiedenen Seiten um diese fünfzehn Häuser herumführen, dienen, wenn einmal in der Woche ein Passagierschiff anlegt, als Wartespuren vorm Check-in bzw. als Ausfahrt für die vom Schiff rollenden Fahrzeuge.

Ab hier nur mit Allradantrieb. Schade.


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Reiserückblick: Feuer und Eis

Wir dachten ja, wir hätten schon mal den einen oder anderen Gletscher gesehen.

Aber das war, bevor wir den Vatnajökull und seine zahlreichen Ausläufer zu Gesicht bekommen hatten.

Das Wetter war nicht das Beste. Die Berge hingen in den Wolken. Aber immer mal lichtete sich der Nebel und gab den Blick frei auf gewaltige Gletscherzungen, die fast bis zum Meer herunterreichten.

Wir lernten, wie verheerend – man hätte es sich natürlich denken können, aber wann denkt man schon über sowas nach?! – so ein Vulkanausbruch unter einem Gletscher ist. Welche gewaltigen Überschwemmungen das gibt, wenn das dabei geschmolzene Gletschereis zum Meer strömt und alles mitreisst, was ihm in den Weg kommt.

Wir lasen von einem Bauern, der nach einem Ausbruch des Katla sich und seinen Säugling dadurch rettete, dass er auf einen vorbeitreibenden Eisberg aufsprang. Und wir sahen die verbogenen Überreste einer Brücke, die erst 1996 durch einen einem Vulkanausbruch folgenden Gletscherlauf völlig zerstört wurde.

Wir fuhren mehr als hundert Kilometer lang durch eine flache, schwarze, von Wasserläufen durchzogene Sanderlandschaft, die sich bis zu 30 Kilometer breit zwischen Bergen und Küste erstreckt, und passierten dabei Brücken, an denen gerade gearbeitet wurde, oder Brücken, die hundert Meter neben mehr oder weniger sichtbar zerstörten Brücken ganz neu errichtet waren, und ja, es wird einem durchaus ein bisschen mulmig zumute, wenn man weiss, dass jeder Vulkan dort jederzeit wieder ausbrechen kann.

Wir lernten, dass vermutlich ein isländischer Vulkan die französische Revolution ausgelöst hat. Denn bei seinem letzten, ein halbes Jahr dauernden Ausbruch im Jahr 1783 wurden eine so große Aschewolke und soviel saurer Regen auf der ganzen Nordhalbkugel verteilt, dass es in vielen Ländern mehrere Jahre hintereinander Missernten gab, und der Rest ist, nun ja, Geschichte. Inzwischen ist auch die Lava dick bemoost.

Und dann dachten wir natürlich auch, wir hätten schon mal einen Gletschersee gesehen.

Aber das war, bevor wir die Gletscherseen des Vatnajökulls kennenlernten. Auf denen schaukeln ganze Eisberge, und die Luft riecht auch im Hochsommer nach Winter. Über den stilleren der beiden tuckerte gemächlich ein Schlauchboot, das neben Gletscher und Eisbergen nicht mal aussah wie eine Nussschale, sondern allenfalls wie ein Kirschkern. Die Kinder – zum Glück geht ein Finne nirgendwohin ohne seine Gummistiefel! – fischten sich Eisbrocken aus dem milchigen Wasser, die aussahen wie geschliffenes Kristall. Und nicht einmal der kleine Herr Maus fragte, ob er baden dürfe. ;-)

Aus dem anderen Gletschersee, dem mit dem Touristenrummel, treiben die Eisberge unter einer Brücke hindurch ins Meer. Ein paar von ihnen aber stranden malerisch auf schwarzem Sand.

Lange standen wir einfach nur da und konnten uns nicht sattsehen.

Island ist völlig masslos.