Wir dachten ja, wir hätten schon mal den einen oder anderen Gletscher gesehen.
Aber das war, bevor wir den Vatnajökull und seine zahlreichen Ausläufer zu Gesicht bekommen hatten.

Das Wetter war nicht das Beste. Die Berge hingen in den Wolken. Aber immer mal lichtete sich der Nebel und gab den Blick frei auf gewaltige Gletscherzungen, die fast bis zum Meer herunterreichten.


Wir lernten, wie verheerend – man hätte es sich natürlich denken können, aber wann denkt man schon über sowas nach?! – so ein Vulkanausbruch unter einem Gletscher ist. Welche gewaltigen Überschwemmungen das gibt, wenn das dabei geschmolzene Gletschereis zum Meer strömt und alles mitreisst, was ihm in den Weg kommt.

Wir lasen von einem Bauern, der nach einem Ausbruch des Katla sich und seinen Säugling dadurch rettete, dass er auf einen vorbeitreibenden Eisberg aufsprang. Und wir sahen die verbogenen Überreste einer Brücke, die erst 1996 durch einen einem Vulkanausbruch folgenden Gletscherlauf völlig zerstört wurde.
Wir fuhren mehr als hundert Kilometer lang durch eine flache, schwarze, von Wasserläufen durchzogene Sanderlandschaft, die sich bis zu 30 Kilometer breit zwischen Bergen und Küste erstreckt, und passierten dabei Brücken, an denen gerade gearbeitet wurde, oder Brücken, die hundert Meter neben mehr oder weniger sichtbar zerstörten Brücken ganz neu errichtet waren, und ja, es wird einem durchaus ein bisschen mulmig zumute, wenn man weiss, dass jeder Vulkan dort jederzeit wieder ausbrechen kann.

Wir lernten, dass vermutlich ein isländischer Vulkan die französische Revolution ausgelöst hat. Denn bei seinem letzten, ein halbes Jahr dauernden Ausbruch im Jahr 1783 wurden eine so große Aschewolke und soviel saurer Regen auf der ganzen Nordhalbkugel verteilt, dass es in vielen Ländern mehrere Jahre hintereinander Missernten gab, und der Rest ist, nun ja, Geschichte. Inzwischen ist auch die Lava dick bemoost.


Und dann dachten wir natürlich auch, wir hätten schon mal einen Gletschersee gesehen.
Aber das war, bevor wir die Gletscherseen des Vatnajökulls kennenlernten. Auf denen schaukeln ganze Eisberge, und die Luft riecht auch im Hochsommer nach Winter. Über den stilleren der beiden tuckerte gemächlich ein Schlauchboot, das neben Gletscher und Eisbergen nicht mal aussah wie eine Nussschale, sondern allenfalls wie ein Kirschkern. Die Kinder – zum Glück geht ein Finne nirgendwohin ohne seine Gummistiefel! – fischten sich Eisbrocken aus dem milchigen Wasser, die aussahen wie geschliffenes Kristall. Und nicht einmal der kleine Herr Maus fragte, ob er baden dürfe. ;-)








Aus dem anderen Gletschersee, dem mit dem Touristenrummel, treiben die Eisberge unter einer Brücke hindurch ins Meer. Ein paar von ihnen aber stranden malerisch auf schwarzem Sand.



Lange standen wir einfach nur da und konnten uns nicht sattsehen.
Island ist völlig masslos.