Für alle, die sich gewundert haben, dass meine Verteidigung ”so feierlich” war und Opponent und Kustos so fein angezogen – das ist hier so, und es gibt ein ganzes Regelwerk dafür, wie z.B. so eine Verteidigung abzulaufen hat und wie die Beteiligten gekleidet zu sein haben. Für die (meist) am Abend danach stattfindende karonkka, die Doktorparty, die offiziell nicht etwa für den Doktoranden frischen Doktor stattfindet, sondern ”zu Ehren des Opponenten”, gibt es ein ähnliches Regelwerk mit Sitzordnung, Kleiderordnung und wer wann wie eine Rede zu halten hat.
Lustig sind aber eher die – wortwörtlich – ungeschriebenen Regeln.
Dass zum Beispiel Punkt 12 vor der Verteidigung (die immer 12:15 Uhr anfängt) Doktorand, Opponent und Kustos ein Glas Kognak zusammen trinken. Nachdem Erkki mich allen Ernstes gefragt hatte, ob ich ein Glas möchte und ich mit Hinweis auf meinen Reproduktionsstatus ;-) leider ablehnen musste, war er zunächst ein wenig verwirrt. Als ich ihm vorschlug, ich könne ja aus dem dritten Glas Wasser trinken, war er nur noch mehr verwirrt. (Auf solche Ideen können ja auch nur Nicht-Finnen kommen…!) Als ich ihm vorschlug, meinen Kognak könne gern auch jemand anders für mich trinken, war er sichtlich erleichtert. Den Kognak bekam dann der ”gesprächige Toni”, der sich sehr darüber freute, dann aber auch prompt während der Verteidigung einschlief. (Übelnehmen kann man es ihm eigentlich nicht, 2 ½ Stunden können für das Publikum doch ganz schön lang werden – und dabei war das noch eher ”kurz”!)
Oder dass der Doktorand, nachdem der Opponent alle seine Fragen gestellt und sein mündliches Statement abgegeben hat, das Publikum fragen muss, ob es auch noch eine Frage hat – aber bitte um Himmelswillen niemand eine Frage stellen darf! (Sollte jemand aus dem Publikum aus Unwissenheit oder Ignoranz tatsächlich den Faux pas begehen, sich zu Wort zu melden, dann gibt es eine Reihe von Folgeregeln: dass derjenige dann auch zur karonkka eingeladen werden, die Einladung aber bitte höflich ablehnen muss.)
Der Kustos ist übrigens nur dazu da, eventuellen Handgreiflichkeiten ;-) zwischen Doktorand und Opponent vorzubeugen, weswegen er die ganze Zeit da vorne in der Mitte sitzen muss, ohne eigentlich etwas zu tun zu haben (und einschlafen darf er bitte auch nicht!), und den Beginn und das Ende der Verteidigung zu verkünden.
So ist das hier.
Aber ich find’s schön, dass vier Jahre (oder wieviel auch immer) Arbeit nicht einfach so mit einer halben Stunde Befragung durch ein schlecht vorbereitetes und schlecht gekleidetes Prüfungskomitee und, wenn man Glück hat, mit einer anschliessenden Grillparty auf dem Institutshof, ihren Abschluss finden.