Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Schlagzeilen

„Mutter und Kind auf Fussgängerüberweg angefahren“, titelte der Turun Sanomat letzte Woche. Was gab das für einen Aufschrei – Stoppschilder sollte man anbringen vor den Überwegen, erhöhen sollte man alle Überwege, und überhaupt die Autofahrer viel härter bestrafen – und nun ratet mal, wie viele Autos seitdem mit unverminderter Geschwindigkeit an uns vorbeigebraust sind, wenn wir am Fussgängerüberweg stehen: der kleine Herr Maus im Kinderwagen, der grosse Herr Maus links am Kinderwagen, das Fräulein Maus rechts am Kinderwagen, und ich dahinter. Genau! Genauso viele wie immer.

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„Zunehmende Jugendfeindlichkeit in Deutschland“, hörte ich vor einigen Tagen im deutschen Radio. Nach dem zweiwöchigen Besuch in meiner Geburtsstadt, von mir hassliebevoll Rentnerhauptstadt genannt, erschien mir das vollkommen einleuchtend. Es stellte sich dann aber schnell heraus, dass, natürlich, von Judenfeindlichkeit die Rede war.


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Winterwunderland

Hier. Seit einer Woche. 15 cm Schnee und so.

Wir haben jetzt übrigens einen grossen, beleuchteten (prima, wenn man auch nach 16:00 Uhr noch rausgehen will) sowie planierten (prima, wenn noch nicht so viel Schnee liegt) und ringsherum mit aufgeschütteten Erdwällen gesicherten (prima, wenn man kleine Kinder hat, die gern mal allein auf dem Schlitten sitzen wollen) offiziellen Rodelhang in Laufentfernung.
Und rund um unser Haus haben zwei Nachbarn alle Arten von Rutsch- und Rodelbahnen angelegt sowie Schneewälle aufgeschüttet, damit keins der Kinder aus Versehen auf die Strasse oder gegen einen Baum rutscht.

Vielleicht werde ich ja doch noch warm mit dem neuen Stadtteil und den neuen Nachbarn.


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Auf Kufen

Das Beste am neuen Kindergartengebäude ist mit Abstand der grosse Sportplatz gleich daneben, der im Winter zur Eisbahn umfunktioniert wird. Bestenfalls sind die Mäusekinder zweimal am Tag dort: früh mit der Kindergartengruppe, und nachmittags bringe ich meine Schlittschuhe mit, und wir fahren alle gemeinsam ein paar Runden, ehe wir uns auf den Heimweg machen.

Sehr bezeichnend für das Land, in dem die Kinder vermutlich schon mit kleinen Schlittschuhen an den Füssen auf die Welt kommen, ist übrigens, dass wir beim Abholen aus dem Kindergarten mitgeteilt bekommen: „Morgen gehen wir Schlittschuhlaufen, bringt bitte Schlittschuhe und Helm mit!“, und nicht etwa vorsichtig gefragt werden: „Ist das Fräulein Maus schon mal schlittschuhgefahren? Hat der grosse Herr Maus schon Schlittschuhe?“


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Typsache

Ich muss hier oft an meinen Ökologie-Professor denken.

Gestern zum Beispiel. Der Ähämann kam extra eher von Arbeit, damit wir mit den Mäusekindern vor dem Abendbrot nochmal auf den Schlittenberg fahren konnten. Hui, war der glattgefahren! Wir sausten abwechselnd auf meinem 30 Jahre alten Hörnerschlitten mit den fast 100 Jahre alten Kufen und unserem neufinnischen roten Plastedingens den wohlpräparierten Hang hinunter. Die Mäusekinder jauchzten vor Begeisterung – auch der kleine Herr Maus, der bei Papa auf dem Rücken mitfahren durfte. Manchmal wollte das Fräulein Maus alleine fahren, dann blieb ich oben stehen, schaute auf die von Schnee und Laternenlicht orange Stadt, beobachtete den Bagger, der den Kunstschnee aus den beiden Schneekanonen für die Loipe und den Rodelberg auf einen grossen Haufen türmte, sah den rodelnden Kindern hinterher, schaute nach den angekündigten Schneewolken… und war sehr froh.

Und dann dachte ich an meinen Ökologie-Professor. Das war der erste Professor, den ich in meinem Studium erlebte, der uns nicht nur Fachwissen vermittelte, sondern uns auch eine Art Berufsausbildung angedeihen liess: er brachte uns bei, wie man ein Experiment plant, wie – und wozu überhaupt – man ein Paper schreibt, was ein Impact Factor ist, wie man eine Präsentation gestaltet.

Einmal mussten die liebste Freundin und ich unsere Vorträge vom alljährlichen Institutssymposium in seinem Seminar nochmal halten, um sie als Beispiele von allen kritisch diskutieren zu lassen. Zum Schluss wies er uns noch darauf hin, wie wichtig auch die Farbwahl einer Powerpoint-Präsentation sei, dass sie auch mit dem Vortragenden harmonieren müsse, und lobte, wie gut wir beide das gemacht hätten, denn „Die Pinni ist ja eher so der Herbsttyp, und die Karen eher so der Wintertyp.“ Wir fanden das damals natürlich sehr erheiternd. Und zitieren diesen Satz kichernd bis heute.

Aber dann. Wenn ich in das Schneegestöber vor dem Fenster schaue. Wenn ich in der Stille Lapplands die Schneeflocken fallen hören. Wenn mir nach der Sauna die Haarspitzen gefrieren. Wenn wir Eislichter bauen. Wenn ich mit dem Auto um die Kurven rutschen kann. Wenn ich meine Skier durch frischen Schnee zischen höre. Wenn ich in einem tiefverschneiten Wald stehe.

Dann denke ich oft: Wie recht er hatte!
(Und dass es vielleicht kein Zufall war, dass ich meine Diplomarbeit im finnischen Winter gemacht habe.)


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Vorfreude

Jetzt freue ich mich ganz besonders auf unseren Lapplandurlaub. Denn es sieht so aus, als ob es nach Jahren des Schlittenziehens und Kinderherumtragens mal wieder ein Urlaub mit wenigstens ein ganz klein wenig Skifahren werden würde.

Dauert aber noch drei Wochen.

(Halb Turku war heute auf den bisher einzigen 1,7 km präparierter Loipe. Die Kinderloipe war auch noch nicht fertig, und das Fahren auf Kunstschnee ist… gewöhnungsbedürftig – ebenso wie die Tatsache, dass das Kind im schwarzen Schneeanzug und der weissen Mütze und mit den roten Skiern jetzt nicht mehr das Fräulein Maus ist. Wir waren – nach dem Mittagsschlaf des kleinen Herrn Maus – so spät dran, dass wir der Stadt Turku einmal mehr für die Beleuchtung der Loipen dankbar waren. Es war eisig kalt, und am kältesten war es vermutlich dem kleinen Herrn Maus in der Kraxe, und am wärmsten dem Ähämann, der den kleinen Herrn Maus tragen und den grossen Herrn Maus ab und zu aufheben und schieben musste. Aber hey, wir waren skifahren! So richtig!)