Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Turku-Warschau mit dem Zug: (7) Berlin-Stockholm-Turku

Freitag, 5. Januar – Sonntag, 7. Januar 2024

Die Heimreise brachten wir wie immer im Schlaf hinter uns: eine Nacht im Zug, eine auf der Fähre.

Der Nachtzug nach Stockholm fuhr diesmal nicht vom Hauptbahnhof, sondern von Gesundbrunnen. Wir hatten bis zur Abfahrt fast noch eine Stunde zu warten, es war kalt und zugig, und als ich bei der S-Bahn-Aufsicht fragen ging, ob es denn irgendwo auf dem Bahnhof einen Warteraum gäbe, entspann sich folgender Dialog: „Auf den Bahnsteigen gibt es Warteräume.“ „Sind die warm?“ „Nö.“ Der Abschied aus Deutschland fiel diesmal nicht schwer.

Wir fuhren zum ersten Mal nicht Snälltåget, sondern mit der Schwedischen Bahn; was aber fast keinen Unterschied macht, da beide mit alten Liegewagen der Deutschen Bahn fahren. Wir schliefen kurz vor Hamburg in einer mit ein paar Zentimetern Matschschnee belegten Landschaft ein und wachten kurz hinter Linköping in einem Winterwunderland wieder auf.

(Ich wurde ausserdem pünktlich bei der Auffahrt auf die Rendsburger Hochbrücke kurz wach – wahrscheinlich, weil sich die Rollgeräusche auf dem Metallgestell plötzlich anders anhörten – und guckte auch beim fünften Mal noch fasziniert dabei zu, wie wir durch die Schleife langsam nach Rendsburg hinunterfuhren.)

Der Zug hatte zwei Stunden Verspätung, was super war – so konnten wir zwei Stunden länger schlafen und hatten ausserdem zwei Stunden weniger in Stockholm rumzubringen.

(Theoretisch ist so ein Tag Aufenthalt in Stockholm ja ganz nett, aber praktisch ist es nach dem fünften Mal – Stockholm ist für uns ja immer Durchgangsstation, sogar wenn wir fliegen – nur noch nervig.)

Wir zogen die ganz warmen Sachen an, die wir teilweise seit zehn Tagen nur dafür spazierengetragen hatten, und fuhren als erstes mit dem Bus zum Fährterminal, wo wir unsere Rucksäcke einschliessen wollten. Leider standen wir dort vor verschlossenen Türen: das Terminal ist nur kurz vor Abfahrt und kurz nach Ankunft einer Fähre, also nur früh und abends für jeweils zwei Stunden, geöffnet. Also nahmen wir den nächsten Bus zurück und schlossen die Rucksäcke mal wieder zu horrenden Preisen am Bahnhof an.

Eigentlich hatte ich zu dem Zeitpunkt schon die Nase voll, aber dann wurde der Tag doch noch schön: wir spazierten nach Södermalm, einen Stadtteil von Stockholm, in dem wir vorher noch nie gewesen waren. (Also noch nicht in seinem westlichen Teil. Der östliche liegt ja – wenn man Zeit und Muse hat, hinaufzusteigen statt unten am Meer entlangzulaufen – auf dem Weg zum Hafen.) Dort war es bei -10 Grad und mit Schnee und im Spätnachmittags- und Abendlicht und vor allem ohne die Touristenmassen, die sich alle durch die Altstadt wälzen, ganz unerwartet schön.

Die Fähre polterte dann die ganze Nacht durch dicke Eisschollen – das hatten wir schon viele Jahre nicht mehr – und als wir früh halb acht in Turku ankamen, waren -23 Grad.

Wir begannen die Wiedereingewöhnung zu Hause mit einem Experiment mit heissem Wasser sowie nachmittäglichem Paarlauf auf einem zugefrorenen See und einem anschliessenden Bad im Meer, während andere Leute auf dem Meer herumliefen.

Das war alles sehr, sehr schön.

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Turku-Warschau mit dem Zug: (6) Berlin

Dienstag, 2. Januar – Freitag, 5. Januar 2024

Das war so ursprünglich nicht geplant.

Aber tatsächlich ist es einfacher, von Warschau einmal um die halbe Ostsee herumzufahren, als durchs Baltikum wieder zurück nach Finnland. Und so reisten wir mit einem Zug nach Berlin aus Warschau ab.

Sechs Stunden später kamen wir in Berlin an. Auf dem Dachboden, nicht im Keller. Je öfter wir da sind, desto faszinierender finde ich den Berliner Hauptbahnhof.

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Berlin im Januar.

Während zu Hause schönstes Winterwetter – mit Frost, Sonne und Schnee – herrschte, war in Berlin graues Mistwetter.

Egal. Die Teenager verbrachten viel Zeit in Einkaufszentren, ausserdem erledigten wir die obligatorischen Einkäufe bei DM, im Niveahaus und im Ampelmännchenladen. Der Ähämann hatte eine riesige Ferienwohnung gebucht; die Grosseltern kamen mit dem Deutschlandticket gefahren und verbrachten drei Tage mit uns. Wir waren viel mit gelben Fahrzeugen unter der Erde unterwegs. (Ich mag die altmodischen Berliner U-Bahnstationen. Ich mag nicht das dauernde „Bitte einsteigen!“- und „Zurückbleiben, bitte!“-Gestresse, wenn die eingefahrene U-Bahn noch nicht mal richtig angehalten hat.) Wir gingen nochmal auf die Reichstagskuppel und machten uns verdächtig, weil wir in einem Rucksack sogar zwei Taschenmesser dabei hatten. Wir gingen ein allerletztes Mal für diese Saison auf einen Weihnachtsmarkt, weil ich gern die Pyramide vor dem Roten Rathaus sehen wollte, und wir tranken den ersten Glühwein und kauften die zweite Tüte Krapfen der Saison und fuhren eine Runde Riesenrad, und über den Herrnhuter Stern im Turm der Marienkirche habe ich mich noch viel mehr gefreut als über die Pyramide, die vor dem Fernsehturm doch irgendwie ein bisschen verloren aussah.

Am ersten Tag schwitzten wir die ganze Zeit, am zweiten Tag wurde es ungemütlich, am dritten Tag war der Schneeregen so unangenehm, dass wir, nachdem wir die Grosseltern zum Bahnhof gebracht hatten, beschlossen, den Rest des Tages bis zur Abfahrt unseres Zuges in einem Museum zu verbringen. Wir stiegen an Berlins neuester und hübschester U-Bahn-Station aus und wollten eigentlich ins Pergamonmuseum gehen – das geht ja nicht, als DDR-Kind noch nie dagewesen zu sein; ausserdem hat der grosse Herr Maus vor Jahren ein Buch geschenkt bekommen, das wir alle gelesen haben und das im Pergamonmuseum spielt – aber tja nun.

Wir gingen stattdessen ins Neue Museum mit der Antikensammlung, dem Museum für Ur- und Frühgeschichte und dem Ägyptischen Museum. Man könnte sich da vermutlich mehrere Tage aufhalten, aber irgendwie wurde uns bald langweilig: es gibt viel zu viele Exponate und viel zu wenige Erklärtafeln. Nicht nur zu wenige Erklärungen zu den einzelnen Exponaten, sondern auch keine zum grossen Ganzen: ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, als ob ich meine Hausaufgaben nicht gemacht hätte, bevor ich ins Museum gegangen bin.

Aber die Fussböden sind grossartig!

Ob Google Translate helfen kann?

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Turku-Warschau mit dem Zug: (5) Warschau

Samstag, 30. Dezember 2023 – Dienstag, 2. Januar 2024

Als wir am Silvestermorgen aufwachten, schien die Sonne zum Fenster herein. Was für eine Wohltat nach den finsteren Tagen der letzten Woche!

Der Ähämann ging zum Bäcker, um ein Brot zu kaufen, und kam… mit Birnen wieder. :D

Dann lockten uns die Sonne und die Wolkenkratzer in der Nachbarschaft hinaus. Die Teenager, die mit uns sonst „immer nur durch kleine Gassen laufen müssen“, waren begeistert.

Ich fand es nicht minder faszinierend, denn als ich das letzte Mal in Warschau war – 1988 mit dem Ferienlager – war das kleine, immerhin 44-stöckige Zuckerbäckertürmchen das höchste Gebäude Warschaus.

Da wir ja bekanntlich auf jeden Turm hoch müssen, stellten wir uns eine halbe Stunde an dessen Fahrstuhlschlange an, denn man kann immer noch auf die Aussichtsplattform im 30. Stockwerk fahren – nur die Aussicht hat sich ein bisschen verändert.

Nach einem späten und sehr leckeren Mittagessen in einem ukrainischen Restaurant fuhren wir mit Strassenbahn und Metro in die sehr kleine Warschauer Altstadt.

Dem armen Motorman klingeln seit Silvester 2023 vermutlich ununterbrochen die Ohren…

Dort stand auf dem Schlossplatz ein sehr bunter, blinkender, seine Farbe wechselnder und zu allem Überfluss noch nicht einmal echter Weihnachtsbaum. „Der ist nur zu ertragen, weil heute Silvester ist“, kommentierte das Fräulein Maus.

Ausserdem stapelten sich auf dem Platz schon am frühen Silvesterabend die Touristen, so dass wir sehr (sehr, sehr!) schnell den Rückzug antraten.

Wir hatten uns für Mitternacht eine Brücke über die Wisła mit Blick auf Stadtzentrum und Altstadt ausgesucht. Die Kinder fürchteten kurzzeitig, es werde gar kein Feuerwerk geben, weil bis halb zwölf eigentlich gar nichts zu sehen oder zu hören war. Um Mitternacht wurde dann doch einiges Feuerwerk abgefeuert; es sah sehr schön aus, war aber insgesamt recht moderat und kurz.

(Die einzigen, die Knaller schmissen und sich danebenbenahmen, war eine Gruppe Deutsche…)

Viertel eins brachen wir Richtung Metrostation auf, weil um 0:24 Uhr die (vermeintlich) letzte Metro in unsere Richtung fuhr. Es stellte sich dann aber heraus, dass die Metro wegen Silvester extralange fährt. ♥

(Ich erinnere mich an ein Jahr, das mit einem Marsch durch die ganze Prager Kleinseite sowie die halbe Altstadt zur Nachtbushaltestelle, einer eher unangenehmen Fahrt in einem völlig überfüllten Nachtbus und einem anschliessenden weiteren anderthalb Kilometer langen Marsch zu unserer Unterkunft anfing.)

Als wir am Neujahrsmorgen aufwachten, regnete es in Strömen, und die Hochhäuser waren zu echten Wolkenkratzern mutiert.

Leider waren nicht nur sämtliche Läden und Einkaufszentren, sondern auch ausnahmslos alle Warschauer Museen und Schwimmhallen geschlossen. Immerhin hatten wir ein Drei-Tages-Nahverkehrsticket und befanden uns in einer Stadt mit Metro.

Neujahrsspaziergang 2024.

Wir gingen nochmal in das selbe ukrainische Restaurant, weil es am Vortag so lecker gewesen war und uns sehr viele Sachen auf der Speisekarte angelacht hatten. Hinterher sassen wir lange in einem Café im ersten Stock und guckten auf die sich auf den nassen Strassen spiegelnden Lichter der Stadt.

Endlich mal ein realistisches Piktogramm…!

Und dann fiel uns ein, dass der kleine Herr Maus ja noch eine polnische Flagge braucht, und eine kurze Recherche ergab, dass es in der Altstadt ein geöffnetes Souveniergeschäft gibt, und fuhren mit dem Bus hin. Im Gegensatz zum Vortag war es in der Altstadt fast leer und wir liefen noch ein bisschen durch die Gassen und zwischen den verschiedenen Leuchtobjekten herum.

Danach fielen wir müde und durchweicht in eine Strassenbahn, in eine Metro der M1 und eine der M2 und waren eine Viertelstunde später in der Nähe einer warmen Badewanne und unserer Betten.

Das war ein sehr schöner Jahresbeginn. Und Warschau eine überraschend tolle Stadt.

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Turku-Warschau mit dem Zug: (4) Kaunas-Warschau

Samstag, 30. Dezember 2023

In Kaunas wäre ich gern noch ein bisschen länger geblieben.

Nicht nur, dass wir dort eine sehr gemütliche Wohnung in einem ganz normalen Wohnhaus hatten, ich hätte mir auch gern noch ein bisschen mehr von der Stadt angeguckt als das, was am Weg zwischen Wohnung und Weihnachtsmarkt bzw. Wohnung und Bahnhof lag.

Ich wäre gern noch ein bisschen an den Ufern von Nemunas (die die Deutschen Memel nennen) und Neris, die in Kaunas zusammenfliessen, spazierengegangen und über die eine oder andere Brücke. Und auf den hohen Hügel gestiegen, an dessen Fuss wir wohnten und der mich an die Sandhügel in Vilnius erinnerte.

Vielleicht auf einer anderen Durchreise. Vielleicht dann auch bei besserem Wetter.

Ferienwohnungsblick am letzten Samstagmorgen des Jahres:
Fussgängerzone und Radweg de luxe und Strasse mit O-Bus-Haltestelle.

Um aber nicht gleich wieder in den Bus zu steigen, liefen wir zunächst die Freiheitsallee entlang, die einen reichlichen Kilometer lang schnurgerade auf die Kirche des Erzengels Michael zuführt und auf der es mit der friedlichen Koexistenz von Fussgänger*innen und Radfahrer*innen vermutlich einfach schon deswegen klappt, weil für beide genug Platz vorgesehen ist.

Am Ende der Allee angekommen, stellten wir wieder einmal fest, dass es sich lohnt, in jede litauische Kirche reinzugehen: in der über 100 Jahre alten Kirche des Erzengels Michael gibt es zum Beispiel sehr berührende Kreuzweggemälde aus dem Jahr 2000.

Und weil es von da dann nur noch anderthalb Kilometer bis zum Bahnhof waren, liefen wir auch den Rest noch.

Die Koordinaten dieser Reise: die Entfernungen zu drei schon durchreisten Orten sowie den nächsten zwei Reisezielen.

Die litauische Bahn hatte ihren Fahrenden Ritter – diesmal die modernere Version – ein bisschen weihnachtlich dekoriert: altmodische Deckenlampen, Samtvorhänge, Tischlämpchen, Samtbezüge auf den Armlehnen, Orientteppiche, Holzimitatfolie an allen Wänden… kurz dachten wir, wir hätten uns in einen Museumszug verirrt.

Obwohl er als durchgehender Zug deklariert ist, brachte uns der Fahrende Ritter nur bis an die polnische Grenze.

Dass wir uns der Stelle näherten, wo (Eisenbahn-) Ost und West aufeinandertreffen, erkannten wir daran, dass plötzlich nicht nur viele, viele Güterwaggons im Nirgendwo herumstanden, sondern auch gigantische Krananlagen. Leider kein Foto; wir waren mit Gucken und gleichzeitig dem Zusammensuchen unseres Krempels beschäftigt.

Denn für Personenzüge erfolgt das Umspuren per pedes: am litauischen Grenzbahnhof Mockava wartet der polnische Zug am Gegengleis, dann gibt es fünf Minuten lang Gewusel – die Passagiere aus dem polnischen Zug steigen in den litauischen und die aus dem litauischen in den polnischen – und dann fahren beide Züge wieder dahin, wo sie hergekommen sind, zurück.

Wir tuckselten zunächst durch idyllische nordpolnische Landschaft und sahen vom Zug aus nicht nur von Bibern benagte Bäume, sondern auch einen Elch, der gemächlich durchs Unterholz stakste. Dann wurde es leider schon wieder dunkel, und wir fuhren mehrere Stunden durch pechschwarze Nacht auf Warschau zu. (Ich habe auf dieser Reise deutlich mehr gelesen als auf der letzten Zugreise.)

Kurz nach acht kamen wir in Warschau an, von wo unser Zug noch drei Stunden nach Kraków weiterfuhr, aber ohne uns.

Wir stellten fest, dass der Warschauer Hauptbahnhof wahrscheinlich der hässlichste Bahnhof ist, auf dem wir je waren. Aber als wir aus dem Bahnhof heraustraten, kriegten die Kinder grosse Augen: Wolkenkratzer! Jede Menge glänzende, blinkende, spiegelnde Wolkenkratzer!

Wir kauften für jede*n ein Drei-Tages-Nahverkehrsticket, fanden schon beim zweiten Anlauf den richtigen Ausgang aus der Unterführung, fuhren mit der Strassenbahn zu unserer Ferienwohnung, kauften ein kleines Abendbrot ein, stellten die Waschmaschine an (wobei wir leider erstmal das Bad fluteten) und fielen in unsere nach dem Tag im Zug mal wieder ziemlich schaukelnden Betten.

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Turku-Warschau mit dem Zug: (3) Rīga-Kaunas

Freitag, 29. Dezember 2023

Der Wecker klingelte um acht, denn wir hatten wieder mal einen dieser absurden Reisetage vor uns, die man nur erlebt, wenn man das Baltikum auf Schienen durchqueren möchte. Oder zumindest, wo immer es geht, den Zug benutzen möchte.

Ausserdem regnete es in Strömen. Zum Glück war es bis zum Bahnhof nicht weit.

Von Finnland aus wirkt das Rail Baltica – Projekt immer so ein bisschen utopisch und als ob es noch mindestens 20 Jahre dauern würde, bevor sich da überhaupt etwas tun wird – was auch daran liegen mag, dass man in Finnland Rosinen im Kopf hat von einem Tunnel zwischen Helsinki und Tallinn fantasiert, was ja dann doch nochmal eine ganz andere Hausnummer ist, als „nur“ eine Bahntrasse zu bauen.

In Rīga jedoch geht es sichtbar voran, und überhaupt sahen wir auf unserer Reise allerorten Fortschritte jeglichen Stadiums an der Trasse. Meine Güte, wird das toll werden, wenn das erstmal alles fertig ist!

Wir aber bestiegen zunächst erstmal einen lila-gelben Rumpelzug aus sowjetischer Produktion – vielleicht auch das zum letzten Mal, denn die lettische Bahn hat seit Mitte Dezember auch moderne Škoda-Triebwagen im Einsatz, wie wir am Tag zuvor schon gesehen hatten – ins südlettische Jelgava.

Lustigster Haltepunkt zwischen Rīga und Jelgava.

Auf halber Strecke mussten wir den Fahrenden Ritter – die litauischen Loks und Züge sind ja alle mit dem Vytis geschmückt – aus Vilnius durchlassen. Seit dem Winterfahrplanwechsel gibt es nämlich erstmals seit vier Jahren – seit die ukrainische Bahn erst wegen der Pandemie und dann wegen des Krieges die Strecke Kiew-Minsk-Vilnius-Rīga nicht mehr operieren konnte – wieder eine Direktverbindung zwischen Rīga und Vilnius. Allerdings war der Ritter verspätet, und so kamen wir mit 20 Minuten Verspätung in Jelgava an, wo der Flixbus, der uns über die Grenze ins nordlitauische Šiauliai bringen sollte, seinerseits 15 Minunten eher eintraf, so dass wir direkt vom Zug in den Bus fielen und fünf Minuten nach Ankunft schon wieder unterwegs waren.

Man hätte es freilich auch einfacher haben können… ;-)

Immerhin mussten wir diesmal  in Šiauliai keine Zwischenübernachtung einschieben, sondern gingen – mit einem kurzen Abstecher in den Supermarkt zwecks Reiseproviantbeschaffung – ohne Umschweife zum Bahnhof.

Obwohl der Güterverkehr von und nach Klaipeda seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine abgenommen hat – das konnten wir vorletzten Sommer deutlich merken, als wir zum zweiten Mal auf der Durchreise in der selben Wohnung in Šiauliai übernachteten, aber anders als beim ersten Mal nicht die ganze Nacht Güterzüge vorbeirumpelten – werden in Šiauliai immer noch beeindruckend lange Güterwaggonketten rangiert und setzen sich unter Gepolter, das träge von einem Waggon zum anderen weiterläuft, langsam in Bewegung.

Wir aber bestiegen nach kurzer Wartezeit einen sehr kleinen und engen Fahrenden Ritter, der am ehesten die Bezeichnung „Schienenbus“ verdient gehabt hätte, und hoppelten mit dem zwei Stunden durch regnerisches Wintergrau nach Kaunas.

Weil der Bahnhof von Kaunas ein bisschen ausserhalb liegt – der Routenplaner sagte, es seien drei Kilometer mit dem Bus vom Bahnhof zu unserer Wohnung; allerdings nur deshalb, weil der Bus einen ziemlich grossen Bogen fährt – nahmen wir den Bus statt zu laufen. Wir fuhren seit ewig mal wieder O-Bus (die Kinder überhaupt zum ersten Mal) – Kaunas hat supermoderne O-Busse, und ich möchte der doch recht arrogant anmutenden westlichen Kritik an O-Bussen, gerade auch angesichts steigender Dieselpreise und zunehmenden Klimabewusstseins, nur entgegensetzen: Totgesagte leben länger!

Dann machten wir noch einen kleinen Abendspaziergang durch das weihnachtlich beleuchtete Kaunas.

Ein Wollpulligulli…!

Die Federn bestehen aus hunderten weissen Kabelbindern!

Abendbrot in einem georgischen Restaurant, Nachtisch aus dem Supermarkt, Bettenverteilung, Duschen, Gute Nacht!

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Turku-Warschau mit dem Zug: (2) Rīga

Mittwoch, 27. Dezember – Freitag, 29. Dezember 2023

Wir reisen gern immer wieder an Orte, an denen wir schon waren.

Man entdeckt ja doch jedes Mal noch etwas Neues, und vor allem hat man nicht das Gefühl, in kurzer Zeit dies und jenes unbedingt noch sehen zu müssen. Und so begannen wir auch den Tag in Rīga erst einmal mit gemütlichem Ausschlafen bis kurz vor Mittag, ausführlichem Frühstück und längerer Herumgammelei in der Ferienwohnung, bevor wir uns zu Fuss in die Stadt aufmachten.

Wir hatten kurz erwogen, auch angesichts des Wetters, ein Museum aufzusuchen, aber da uns die Auswahl erschlug und fünf Familienmitglieder fünf verschiedene Vorstellungen und Abneigungen hatten und das Museum, auf das wir uns hätten einigen können, zwischen den Jahren geschlossen war, liessen wir uns mal wieder einfach durch die Strassen treiben.

Wir statteten der Daugava einen Besuch ab, die diesmal kein bisschen nach Moor roch, sondern nur bedrohlich kalt aussehend an die Ufermauer schwappte. Wir gingen in die Markthallen zum Mittagessen (und um ein kleines, rucksackreisetaugliches Glas Honig zu kaufen). Wir erfreuten uns an der lettischen Sprache, die – laienhaft ausgedrückt – ein sehr lustiges Gemisch aus finnischen/estnischen und slawischen Wörtern ist, und in der sogar Namen übersetzt werden. (In meinem nächsten Leben werde ich Sprachwissenschaftlerin.)  In einem kleinen Café, in dem wir uns aufwärmten, lernten wir, dass Kalter Hund in Lettland Leningrader Torte heisst (und auch viel leckerer ist). Wir sahen lilagelbe Rumpelzüge über die grosse Eisenbahnbrücke fahren, aber auch brandneue Škoda-Doppelstockzüge, und in den Strassen O-Busse jedweder Generation und die lustigen Rīgaer Tatra-Bahnen mit den O-Bus-Stromabnehmern.

Es war nicht die beste Reisezeit. Es war kalt, nass und finster, so finster. Aber es war egal. Wir haben Rīga in der Sommersonne und den hellen Sommernächten leuchten sehen, und diesmal funkelten die Weihnachtsbeleuchtungen, die über die Strassen gespannt, in Parkbäume gehängt und um Kirchtürme gewunden waren, umso mehr.

Rīga, die Stadt der hübschen Fassaden und allgegenwärtigen Oberleitungen. ♥

Strasse zu Ehren eines berühmten Deutschen. :D

Leningrader Torte.

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Turku-Warschau mit dem Zug: (1) Turku-Rīga

Mit dem Zugreisen ist es ja irgendwie so, dass man, wenn man einmal damit angefangen hat, nicht wieder aufhören kann. Also wir zumindest nicht. Und so hatten wir schon während der letzten, ganz grossen Zugreise (die wohl so bald nicht zu toppen sein wird), die nächsten zwei Ziele für etwas kürzere Ferien – die diesjährigen Weihnachtsferien und die kommenden Herbstferien – ins Auge gefasst.

Diesmal also mal wieder durchs Baltikum.

Mittwoch, 27. Dezember 2023

Jede unserer Reisen beginnt auf dem Meer. Aber diese erst später. Diese begann mit einer Zugfahrt nach Helsinki; zwei Stunden durch verschneite Landschaft in blau-rosa Winterlicht.

In Helsinki fuhren wir mit der Strassenbahn zum Hafen und bestiegen ein Schiff.

Seit längerer Zeit hatten wir mal wieder Buffet gebucht, weshalb nicht nur die Frage, wo und wann wir mittagessen würden, von vornherein geklärt war, sondern wir auch bis zur Ankunft in Tallinn einfach im Buffetrestaurant abhängen – und das dritte Schüsselchen Kirschkompott essen und die vierte Kugel Eis holen und ein weiteres Tellerchen mit Vorspeisen beladen – konnten.

Dann schulterten wir die Rucksäcke und stapften zwei Kilometer durch matschigen Schnee zum… nein, nicht Bahnhof, sondern in die genau entgegengesetzte Richtung zum… Tallinner Busbahnhof.

Die Zugverbindungen im Baltikum sind nämlich leider so, dass man entweder sofort in Tallinn eine Übernachtung einschieben oder eben den Bus nehmen muss, wenn man am gleichen Tag noch in Rīga ankommen möchte.

Aber immer noch besser, als die Via Baltica mit dem eigenen Auto abzufahren!

Es gab einen planmässigen Halt in Pärnu sowie einen ausserplanmässigen an einer Tankstelle bei Saulkrasti, wo ein Passagier von der lettischen Polizei in Gewahrsam genommen wurde; ansonsten passierte nicht viel, ausser dass der Schnee am Strassenrand immer weniger wurde.

Als wir nach fünf Stunden Fahrt durch die Finsternis um 22 Uhr in Rīga aus dem Bus wankten, stolperten wir als erstes über den Silberstreif am Horizont. Jeeee!!!

Wir gingen noch schnell im Supermarkt neben dem Bahnhof etwas für ein kleines Nachtmahl einkaufen, wobei wir die Flasche lettisches Bier, auf die wir uns so gefreut hatten, nur in alkoholfrei mitnehmen durften, weil auch in Lettland offenbar ab 9 oder 10 Uhr abends kein Alkohol mehr verkauft werden darf. (Das alkoholfreie lettische Bier schmeckt allerdings immer noch dreimal so gut wie alkoholhaltiges finnisches.)

Kurze Wanderung durch weihnachtlich beleuchtete, aber völlig schneefreie Strassen zu unserer Ferienwohnung.

Betten verteilen, essen, duschen, Gute Nacht!

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