Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Wollsocken im Klassenzimmer (6)

Weil mich von Zeit zu Zeit die immer gleichen Fragen per Mail erreichen – und der Dauerbrenner sind immer noch Fragen zum finnischen Schulsystem – möchte ich die nach und nach hier beantworten.
Natürlich völlig unobjektiv auf meiner Erfahrung mit drei Grundschulkindern, die derzeit die Klassen 2, 4 und 6 besuchen, basierend. Heute mit einer Frage, die mir besonders oft gestellt wird.

Wer ist Wilma?

Wilma lernten wir im Dezember 2012 kennen. Sie schickte dem Ähämann und mir jeweils einen Brief mit komplizierten Codes und versprach, sich fortan um die Angelegenheiten unseres angehenden Schulkindes zu kümmern. Und so sassen wir am Neujahrstag 2013 mit ihr auf dem Sofa und meldeten unser erstes Schulkind in der Schule an, und seither ist Wilma, die Beflissene, aus unserem Alltag überhaupt nicht mehr wegzudenken.

Nüchterner betrachtet könnte man auch sagen: Wilma ist ein elektronisches Klassenbuch. Ein digitales Muttiheft. Der Aktenordner mit Anträgen auf einen Hortplatz, auf Teilnahme am Muttersprachunterricht und auf Freistellung von der Schule.

Für jedes angehende Schulkind bekommen jeweils alle Sorgeberechtigten einen komplizierten Zugangscode mit der Post geschickt. Beim ersten Schulkind muss man sich erstmal selbst einen Wilma-Account anlegen und dann das angehende Schulkind hinzufügen, alle weiteren Schulkinder fügt man dann nur noch mit den zugeschickten Zugangscodes hinzu. Und das erste, was man mit Wilma macht, ist, sein Kind für die Schule anzumelden. Drei Klicks vom Sofa aus, zack, erledigt. Bei Bedarf auch gleich noch die Hortanmeldung und die Anmeldung für den Muttersprachunterricht.

Ab Mittsommer finden sich die Stundenpläne fürs kommende Schuljahr im Wilma. (Die sich, zumindest in unserer Schule, dann auch tatsächlich das ganze Schuljahr über nicht mehr ändern!)

Wenn das Schuljahr angefangen hat, manchmal auch schon ein paar Tage vorher, trudeln ab sofort jede Menge Nachrichten ein: von der Klassenlehrerin, vom Rektor, von der Schulschwester… wer eben den Eltern was mitzuteilen hat. Umgekehrt können auch die Eltern jedem Angestellten der Schule jederzeit eine Wilma-Nachricht schreiben, Dinge mitteilen, Fragen stellen.

Ist das Schulkind krank und muss zu Hause bleiben, teilt man das auch einfach über Wilma über ein spezielles Formular mit: bis 12 Uhr für den gleichen Tag, oder ab 12 Uhr für den Folgetag.

Steht übrigens ebenfalls im Wilma: wann das Kind gefehlt hat und warum. Ob es etwas besonders gut gemacht hat oder ob es die Hausaufgaben vergessen hat. (Und das ist dann sehr vom Lehrer abhängig, was er da einträgt: Fehlstunden immer, klar. Aber manche Lehrer tragen jedes Heft-zu-Hause-vergessen und jedes Du-hast-heute-gut-mitgearbeitet ein, andere nutzen die Zeit lieber, um die Dinge direkt mit den Schülern zu klären.)

Auch Klassenarbeitstermine und Noten kann man sich direkt im Wilma angucken. Bisher bringen unsere Kinder immer noch die Zettel mit ihren korrigierten Tests nach Hause zum Unterschreiben, aber wenn der Lehrer die Note ins Wilma einträgt, kann man auch einfach dort ein Häkchen setzen, dass man es zur Kenntnis genommen hat.

Wilma ist übrigens nicht nur für Lehrer und Eltern da, sondern auch für Schüler. Unsere Kinder haben jeweils in der dritten Klasse angefangen, Wilma selbst zu nutzen. (Sie bekommen dann am Anfang der dritten Klasse auch schon mal die Hausaufgabe, ihrem Lehrer eine Wilma-Nachricht zu schreiben.) Die Lehrer schreiben dann Nachrichten mit wichtigen Terminen oft nicht nur an die Eltern, sondern an Eltern und Schüler, so dass die Schüler selbst nachlesen können. Und auch die Hausaufgaben stehen fast alle – je nachdem, wie der jeweilige Fachlehrer das handhabt – im Wilma. Das hilft zum Beispiel sehr, wenn das Kind krank ist, aber wegen individualisierter Hausaufgaben nicht einfach ein Klassenkamerad die Hausaufgaben vorbeibringen kann.

Wilma gibt es übrigens als Browserversion und – ein wenig abgespeckt – als App. Die App ist super, weil man da verschiedene Wilmas – jede Stadt hat zum Beispiel ihr eigenes Wilma, und die Herren Maus haben ein Musikschulwilma und ich selbst habe als Schülerin in meiner Schule auch ein Wilma – in einer Anwendung vereinen kann, ohne sich dauernd bei einem Wilma ab- und bei einem anderen Wilma wieder anmelden zu müssen. Dafür spinnt die App gerne mal, und man kann da nicht alles machen, was in der Browserversion möglich ist.

Wilma hat uns übrigens sogar ein neues Wort beschert: es passiert öfter, dass der Ähämann oder ich abends vorm Schlafengehen oder vom Frühstückstisch plötzlich hektisch aufspringen und rufen: „Ich muss doch noch wilmaen!“. (Dann ist entweder ein Kind krank oder hat am nächsten Tag während der ersten Schulstunde einen Zahnarzttermin und muss deshalb noch aus der Schule abgemeldet werden, oder eine dringende Wilma-Nachricht bedarf einer Antwort bis zum nächsten Schultag.)

Ich wilmae übrigens gerne.

***

Wollsocken im Klassenzimmer (1): Hausaufgaben
Wollsocken im Klassenzimmer (2): Individuelles Lernen
Wollsocken im Klassenzimmer (3): Schulnoten
Wollsocken im Klassenzimmer (4): Schulkrankenschwester
Wollsocken im Klassenzimmer (5): Ferien


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Flieg, Korbinchen, flieg!

Drachensteigen ist ja nicht unbedingt ein Kinderspiel.

Suchbild. ;-)
(So eine 100-m-Drachenschnur ist ganz schön… lang.)

Die meisten Drachen nämlich sind leider völlig ungeeignet: drehen unkontrollierte Loopings in der Luft und stürzen gleich wieder ab. Ich habe in meinem ganzen Leben eigentlich nur zwei Drachen an der Leine gehabt, mit denen ich wirklich Spass hatte: den riesigen Lenkdrachen, den der ehemalige Mäusefängerfreund und Bürokollege, als wir gemeinsam auf Tagung nach Holland fuhren, dorthin mitgenommen hatte – und Korbinchen.

Korbinchen hat mein Vater aus einem Bastelbogen aus einer FRÖSI von 1968 (!) für mich gebaut, als ich ein Jahr alt war. Korbinchen bekam ein paar Jahre später einen noch längeren Schwanz verpasst sowie eine 100-m-Leine, die das einzig Brauchbare an einem gekauften Drachen, den ich mal geschenkt bekommen hatte, gewesen war, und stieg Herbst für Herbst wie ein Greifvogel in die Luft. Das letzte Mal war ich mit dem Damals-noch-nicht-Ähämann das Korbinchen auf den Hochebenen über Jena ausführen, da waren wir beide dem Drachenalter längst entwachsen, aber na und?! Vor ein paar Jahren brachten meine Eltern Korbinchen mit nach Turku, und ich hätte gern sofort ausprobiert, ob es immer noch so prima fliegt.

Aber. Drachensteigen ist hier auch deswegen schwierig, weil es keine geeigneten Plätze dafür gibt. Es gibt keine Stoppelfelder, weil die so spät erst abgeerntet und dann immer gleich umgepflügt werden. Und selbst wenn, befinden sich Felder und Wiesen immer irgendwo unten, im Windschatten von Wäldern, sind eher klein und zumeist von Stromleitungen überzogen.

Sonntagabend, als wir sowieso alle – bis auf den grossen Herrn Maus natürlich – ganz dringend nochmal frische Luft schnappen und Sonne tanken mussten, haben wir dann jetzt einfach mal beschlossen, dass die Kinder jetzt alt genug sind und schon oft genug da waren, um das Korbinchen vom einzigen geeigneten Platz weit und breit aus steigen zu lassen: einem ziemlich steilen Berg – naja, „Berg“; eher ein überdimensionierter Felsen – nämlich. Was auch deswegen kein Problem darstellte, weil das Korbinchen wirklich mit der ersten Windböe in die Luft steigt und dann da steht wie eine Eins, so dass man mit ihm auch nicht rennen muss, um es in die Luft zu bringen oder in der Luft zu halten. (Die Kinder rannten nur juchzend durch die Gegend, um geeignete trockene Grashalme zu sammeln, um dem Korbinchen Post nach oben zu schicken.)

Kinder glücklich.
Eltern glücklich.
Das Korbinchen nickte uns von weit oben auch irgendwie glücklich lächelnd zu. Mit Kranichen ist es noch nie geflogen!


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Finnsierung XLV

Es ist dann jetzt soweit: auch Mitglieder unserer Familie gehen in Gummistiefeln wandern…!

Der grosse Herr Maus hatte schon seit drei Jahren auf dieses Wochenende hingehibbelt: wenn die Pfadfinder in die nächste Altersstufe aufrücken, dann begehen sie das in seinem Stamm mit einer zweitägigen Wanderung. Die ganze Woche habe ich für ihn gebangt, weil ich mir von Arbeit eine echt fiese Erkältung mitgebracht hatte, die mich für zwei Tage völlig lahmgelegt hat und immer noch nicht ganz ausgestanden ist und die ich auch an den Ähämann und das Fräulein Maus weitergegeben habe, aber der grosse Herr Maus blieb zum Glück gesund, und so lieferten wir Freitagabend einen aufgeregten Wölfling am Busbahnhof ab und bekamen heute einen glücklichen Abenteurer zurück nach Hause geliefert, der begeistert von seinen Erlebnissen* berichtete.

Wie sie Freitagabend losgewandert seien, sich dann an einer Feuerstelle Würstchen zum Abendbrot gegrillt hätten und dann mit Stirnlampen noch zwei Stunden weitergewandert wären durch die zunehmende Dämmerung bis zu dem Platz, an dem sie ihre Unterstände für die Nacht aufgebaut hätten. Und dass das mit dem Sturm – es gab eine Sturmwarnung für die Nacht! – gar nicht schlimm gewesen sei. Und wie sie dann am nächsten Tag abseits jeglicher Wanderwege weitere acht Kilometer quer durchs Moor gewandert seien und dass er jetzt weiss, wo man gefahrlos hintreten kann und wo man versinkt. Und wie sie dann, an der Hütte ihres Pfadfinderstamms angekommen, wieder ihre Unterstände aufgebaut hätten und dann Holz in die Sauna getragen hätten. Wie sie sich ihre neuen orangen Halstuchknoten geflochten hätten. Und wie sie dann alle noch auf eine kleine Nachtwanderung mit Stirnlampen und Reflexband an Bäumen geschickt worden seien, an deren Ende eine Kiste mit verschiedenen Getränken gestanden hätte, von denen sie sich eins für die Sauna nehmen durften und dann direkt in die warme Sauna gegangen seien. Und wie sie Eierkuchen überm Lagerfeuer gebacken hätten. Und wie toll es gewesen sei. Und der seit Tagen wackelnde Milchzahn ist jetzt auch raus. Wie es sich für einen grossen Pfadfinder gehört.


* Wir Eltern durften netterweise von Ferne ein bisschen teilhaben.

[Finnisierung I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, VIIIa, IX, X, XI, XII, XIII, XIV, XV, XVI, XVII, XVIII, XIX, XX, XXI, XXII, XXIII, XXIV, XXV, XXVI, XXVII, XXVIII, XXIX, XXX, XXXI, XXXII, XXXIII, XXXIV, XXXV, XXXVI, XXXVII, XXXVIII, XXXIX, XL, XLI, XLII, offizielle, XLIII], XLIV]


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kolmesataayhdeksäntoista

Es war schwer vorstellbar, dass wir vor genau einer Woche erst noch am Strand gewesen sein sollten.

Wir waren auch diesmal ganz allein.

Wie vor einer Woche wälzte sich uns auf der Hinfahrt eine Blechlawine Richtung Stadt entgegen, und als wir heimfuhren, kamen die alle zurück. Der Ähämann hatte vor einer Woche sogar zweimal die gleiche 319 gesehen! (Ich nicht, ich hatte wie immer in der Gegend rumgeguckt.)

Wir mussten noch einen Schauer abwarten, der uns kurz vor der Fähre erwischt hatte, aber dann zog es auf und der Wald war wie frisch gewaschen und die Kinder freuten sich über die ersten Pfützen nach Monaten noch genauso wie als sie Kleinkinder waren und sowieso ist es ja schon sehr, sehr schön da auf dem „Zentimeterhochberg“.

(Und auf dem Rückweg sah dann sogar ich eine 319. Die war in den Strassengraben gerutscht.)

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123, 124-130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139-140, 141, 142, 143, 144, 145, 146-147, 148-149, 150, 151, 152, 153-155, 156, 157, 158, 159-160, 161, 162, 163-164, 165, 166-167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197-198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205-206, 207-208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215-216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224-225, 226, 227, 228, 229-230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245,246, 247, 248, 249-250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268-269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278-279, 280-281, 282, 283, 284-285, 286, 287, 288, 289-290, 291, 292, 293-294, 295, 296, 297-298, 299, 300, 301, 302-303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310-311, 312, 313, 314-315, 316, 317-318]


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Würdiger Abgang

Dieser Sommer schleicht sich nicht heimlich, still und leise davon.
Er geht, wie es ihm gebührt: mit Pauken und Trompeten.

Als gestern früh die Kaltfront heranzog, von der er sich wohl nicht mehr erholen wird, gab es ein dreistündiges, gewaltiges Naturschauspiel mit Blitz, Donner und wolkenbruchartigen Regengüssen.

Den Ähämann erwischte es früh halb sieben auf dem Weg zum Bahnhof, als er gerade losgeradelt war. Als die beiden Grossen kurz vor acht in die Schule mussten, blitzte und schüttete es derart, dass ich sie nicht einmal statt des Fahrrads den Bus nehmen liess, sondern sie lieber gleich mit dem Auto in die Schule fuhr. (Unterwegs sammelten wir noch eine Klassenkameradin des Fräulein Maus ein, die wegen Blitzschlaggefahr ohne Regenschirm, aber auch sonst ohne jeglichen Regenschutz auf dem Weg zur Bushaltestelle war… Und bewunderten die Blitze. Einer schöner als der andere!) Als der kleine Herr Maus kurz vor neun losmusste, hatte zwar der Regen fast aufgehört, aber in der Ferne grummelte es immer noch.

Als ich heute Abend auf meinem Lieblingsheimweg war, nachdem ich den ganzen Tag gefroren hatte, zum ersten Mal seit fast vier Monaten, gab der Himmel noch einmal ein Schauspiel: riesige, leuchtend weisse Zuckerwattegewitterwolken. Blaue Abendwölkchen mit Sonnenlöchern. Dunkelgraue Wolkenschlieren, durch die gelbe Blitze zuckten.

Und das, wo es in Finnland nie gewittert…!

Mach’s gut, Sommer! Du warst so, so grossartig! Bis zur letzten Minute!


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Allein am Strand

Noch nie waren wir so spät im Jahr noch am Strand.
Noch nie war es am Lieblingsstrand so schön wie heute.

Über dem blassblauen Wasser hing Dunst. Kleine Wellen schwappten ans Ufer. Hinter uns riefen die Kraniche, die wir gerade erst als kleines Grüppchen, sich Reiseproviant anfressend, auf einem Feld hatten zusammenstehen sehen. Die Kiefern und Erlen reckten ihre Äste dunkelgrün wie an jedem Sommertag in den Himmel, aber die grosse Birke neben dem Strand hatte sich schon breite, gelbe Strähnchen gefärbt, und der Vogelbeerstrauch leuchtete rot in der blassen Herbstsonne. Der Sand fühlte sich warm an unter den Füssen. Das Wasser liess uns kurz nach Luft schnappen, als wir uns hineinfallen liessen. (Dabei ist es immer noch – der Ähämann hat gemessen – 19 Grad warm.) Ein Haubentaucher schwamm ungerührt neben uns her, und ein grosses Frachtschiff zog in der Ferne vorbei.

Ausser uns war kein Mensch am Strand.


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kolmesataaseitsemäntoista, kolmesataakahdeksantoista

Dieser Sommer ist so unglaublich schön!

Wir haben immer noch fast jeden Tag 25 Grad und Sonne. Ich trage Sandalen und Sommerkleider, unter die ich nur als Zugeständnis an die kalten und nebligen Morgen Leggings ziehe, während um mich herum Leute in Herbstjacken und dunklen langen Hosen durch die Gegend laufen und jammern, dass es ihnen viel zu heiss sei und dass es ja nun wirklich langsam mal kalt werden könne!

Ich sauge jeden Sonnenstrahl auf und bin froh über jeden Tag, an dem ich nicht ein einziges Mal friere. Ich hänge immer noch die Wäsche zum Trocknen ins Freie, wir essen immer noch regelmässig draussen, und ich wünsche mir insgeheim, dieses wunderbare Wetter möge jetzt bis Ende September anhalten, dann in einen goldenen Oktober übergehen, und dann wünsche ich mir Kälte und einen Meter Schnee von November bis März.

Letztes Wochenende sah es fast schon mal so aus, als wäre der Sommer jetzt doch vorbei. Es war recht kühl und es gab immer wieder Schauer. Wir nutzten die Chance – denn das hatten wir in den letzten drei Monaten auch sträflichst vernachlässigt – um mal wieder ein bisschen gründlicher zu putzen und Dinge zu erledigen und Vorräte aufzustocken, und auf dem Supermarktparkplatz stand eine 317, und am Sonntag gingen wir alle gemeinsam, weil der kleine Herr Maus dieses Jahr schon während der regulären Schwimmhallenöffnungszeiten Schwimmtraining hat, schwimmen, und als der kleine Herr Maus fertig war mit Training, stieg er – das hatte er sich schon seit Wochen vorgenommen, weil es am Strand ja nur ein Fünfmeterbrett gibt – bis fast ganz hoch auf den Schwimmhallensprungturm und sprang vom Siebeneinhalbmeterbrett und nochmal und nochmal und nochmal, bis der Sprungturm geschlossen wurde, und am Sonntagabend war der Sommer wieder da, und heute setzte ich mich gleich nach der Arbeit mit ihm zum Eisessen in den sommerheissen Garten – das Fräulein Maus war bei einem Schulfreund auf dem Trampolin und der grosse Herr Maus mit drei Schulfreundinnen mit Steckenpferden unterwegs – und als ich ihn anschliessend zum Schwimmtraining fuhr, kam uns eine 318 entgegen, und dann fragte der kleine Herr Maus, warum wir, wenn es doch immer noch so warm sei, eigentlich gar nicht mehr an den Strand gehen würden, und ich fand das eine sehr berechtigte Frage, und, sagte ich, klar gehen wir an den Strand, gleich morgen!

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123, 124-130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139-140, 141, 142, 143, 144, 145, 146-147, 148-149, 150, 151, 152, 153-155, 156, 157, 158, 159-160, 161, 162, 163-164, 165, 166-167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197-198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205-206, 207-208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215-216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224-225, 226, 227, 228, 229-230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245,246, 247, 248, 249-250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268-269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278-279, 280-281, 282, 283, 284-285, 286, 287, 288, 289-290, 291, 292, 293-294, 295, 296, 297-298, 299, 300, 301, 302-303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310-311, 312, 313, 314-315, 316]


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kolmesataakuusitoista

Ich hinke hinterher mit der Kennzeichenprotokollierung.

Dabei hat das Schuljahr zwar nicht mit weniger Verpflichtungen als das letzte, aber insgesamt doch deutlich ruhiger angefangen: das Fräulein Maus fährt nachmittags allein zum Training und zur Harfenstunde, die Herren Maus fahren allein zum Deutschunterricht, und der Ähämann ist dank Pendelei mit dem Zug immer verlässlich zur gleichen Zeit zu Hause. Nur mein Arbeitsweg ist dank Schul- und Hortumzug ans entgegengesetzte Ende der Stadt jetzt knapp acht Kilomter lang und dauert doch deutliche zehn Minuten länger als sonst. (Dafür sind die letzten drei Kilometer, immer am Fluss entlang und an der Föri vorbei sehr, sehr schön. Und sie werden bestimmt noch schöner, wenn es kälter wird und ich nicht mehr um eiernde Spaziergänger und parkplatzsuchende Autos herumradeln muss.)

Gleich der erste Montag im neuen Schuljahr allerdings brach mit voller Wucht über uns herein: als ich heimkam, stand der grosse Herr Maus schon füssescharrend an der Haustür, er müsse doch zu den Pfadfindern (was ich völlig vergessen hatte), und der Ähämann, der fünf Minuten später heimkam, musste ganz dringend noch am selben Abend, weil er am nächsten Tag auf seiner neuen Arbeit einen Fototermin hatte, Bisnesmieskleidung besorgen, und das Fräulein Maus war beim Training und den kleinen Herrn Maus mussten wir mitnehmen ins Einkaufszentrum und während der Ähämann anprobierte, holte ich erst den grossen Herrn Maus wieder von den Pfadfindern ab und fuhr dann mit ihm zurück ins Einkaufszentrum und als der Ähämann endlich seinen Einkauf in Sack und Tüten hatte, hatte das Fräulein Maus schon längst Trainingsschluss, aber eine Turnkollegin leistete ihr netterweise auf dem Schulspielplatz beim Warten Gesellschaft, und dann war es schon halb neun, aber wir konnten immer noch nicht heimfahren, weil die Harfenstunde des Fräulein Maus am nächsten Tag kurzfristig an einen anderen Ort verlegt worden war und wir wenigstens mit ihr vorbeifahren mussten, um ihr zu zeigen, wo sie am nächsten Tag hinmusste und wo sie aus dem Bus aus- und später wieder einsteigen musste, und zu Hause gab es ein schnelles Abendbrot und dann fiel ich direkt mit den Kindern ins Bett und hoffte, dass es einen solchen Abend nicht so schnell wieder geben würde.

Ist bis jetzt auch noch nicht wieder vorgekommen. Und immerhin habe ich irgendwo bei der ganzen Hin-und-Her-Fahrerei die 316 gesehen.

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123, 124-130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139-140, 141, 142, 143, 144, 145, 146-147, 148-149, 150, 151, 152, 153-155, 156, 157, 158, 159-160, 161, 162, 163-164, 165, 166-167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197-198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205-206, 207-208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215-216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224-225, 226, 227, 228, 229-230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245,246, 247, 248, 249-250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268-269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278-279, 280-281, 282, 283, 284-285, 286, 287, 288, 289-290, 291, 292, 293-294, 295, 296, 297-298, 299, 300, 301, 302-303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310-311, 312, 313, 314-315]


14 Kommentare

15 Jahre

Heute vor 15 Jahren kamen der Damals-noch-nicht-Ähämann und ich mit Sack und Pack und den zwei Bielefelder Meerschweinchen Vatanen und Ronkainen mit der „Amorella“, die uns bis heute aus jedem Urlaub nach Hause bringt, in Turku an.

Weil ich gerade keine Zeit und Musse für einen ausführlichen Rückblick habe, verweise ich einfach mal auf die Rückblicke nach unseren ersten fünf und zehn Jahren in Finnland.

Und darauf, dass ich in 15 Jahren das Ganze noch keine einzige Minute bereut habe.

Im Gegenteil.