Heute vor einem Jahr sind wir umgezogen. Ich weiss noch genau, wie das war, die erste Nacht inmitten all des Krempels, nur das Bett war aufgebaut. Und dass ich gedacht habe, bestimmt werden wir hier eine schöne Zeit haben.
Ha, weil ich damals noch nichts wusste von den sieben Plagen, mit denen diese Wohnung geschlagen ist:
1) Wollmammuts
Wie ich vielleicht an anderer Stelle schon erwähnt habe, waren wir in unserer Jenaer Wohnung weitestgehend von Staub verschont. Das, was dann in unserer Wohnung im Studentendorf unter unseren Regalen hauste, konnte man dann auch schon nicht mehr guten Gewissens als Wollmäuse bezeichnen, das waren ausgewachsene Wollelefanten. Aber was jetzt mit uns die Wohnung teilt – und auch mit grösstem Aufwand nicht ausrottbar ist, sind die reinsten Wollmammuts.
(Ich hab’s ja auch immer schon gewusst – je weiter oben, desto besser. Das haben wir jetzt eben davon, zu ebener Erde zu wohnen.)
2) Ameisen
Als ich mit dem Mäusebabymädchen aus dem Krankenhaus kam, ging es los: da erwarteten uns beide zu Hause nicht nur unser Ähämann und Papa und das Meerschweinchen, sondern auch einige Ameisen. Innerhalb kürzester Zeit entstanden dicht belaufene Strassen durch unsere Küche und unser Bad, ganze Heerscharen von Ameisen taten sich an Brotkrümeln und Zuckerbröseln in unserer Küche gütlich. Nach einem Monat, in dem wir hofften, dass sich das Problem von allein lösen würde, wenn es draussen nur erst wärmer wäre, und wir uns weigerten, zu irgendeiner chemischen Keule zu greifen, war der Höhepunkt erreicht, als sich eine unvorsichtige Ameise im Lichtschalter der Arbeitslampe in der Küche zu Tode quetschen lassen hatte und daraufhin an der Stelle ca. 200 Artgenossen zur Beerdigung erschienen. Mit den daraufhin aufgestellten Ameisenfallen löste sich das Problem recht schnell.
3) Fruchtfliegen
Im Frühling Ameisen, im Herbst Fruchtfliegen. Diesmal warteten wir nicht mehr so lange, ehe wir Massnahmen ergriffen. Wir bringen ja nicht so gern Tiere um, selbst Spinnen und Tausendfüssler werden von uns lebend aus der Wohnung getragen, aber was zu viel ist, ist zu viel. Eigentlich wollte ich als Ökologin ja einer fleischfressenden Pflanze den blutigen Job überlassen, habe aber dann doch zur effektiveren Essig-Zucker-Spülmittel-Flasche gegriffen.
4) Die rasenmähende Nachbarschaft
Des Finnen Lieblingsbeschäftigung ist Rasenmähen. Ganz bestimmt. Im Sommer vergeht kein Tag, an dem nicht irgendeiner unserer Nachbarn Rasen mäht. Zwischendurch kommt noch einmal pro Woche das Talo-Team und mäht die öffentlichen Flächen. Besonders toll, wenn der Mäher vom Talo-Team das Gras in unserem Vorgarten für untragbar lang empfindet, es gleich mal mit mäht – und dabei auch die gerade aus dem Topf ins Freie gepflanzten Narzissen sowie die gerade ausgekeimten Sonnenblumen mit niedermetzelt. Auch schön: wenn im Grundstück über die Strasse jemand zum Sonntagnachmittag zwei Stunden lang mit der Motorsense seinen Rasen bearbeitet, weil es dort wohl keinen Gemeinschaftsrasenmäher gibt wie bei uns, während wir den Sonntagnachmittag auf unserem ungemähten Blumenrasen auf der Decke verbringen wollen. Noch schöner: wenn der Nachbar unbedingt meint, genau dann seinen 2 cm langen Rasen mähen zu müssen, wenn ich das Mäusebabymädchen gerade zum Schlafen in den Garten geschoben habe.
(Ja, doch manchmal bin ich froh, dass der Sommer vorbei ist.)
5) Mopos
Auch Zwiebacksägen genannt. Wären nicht so schlimm, wenn ihre Besitzer sie tatsächlich zur Fortbewegung benutzen würden. Aber nein, besser ist noch, den ganzen Nachmittag und Abend, am Wochenende gern auch schon vormittags, unsere Strasse auf und ab zu fahren. Besonders schön, wenn man ein schlafendes Kind im Garten hat. Spazierengehen mit dem schlafenden Kind half auch nicht – man kann sich drauf verlassen, dass spätestens nach einer halben Stunde ein Mopo neben dem Kinderwagen auftaucht, woraufhin das Kind die Augen aufreisst, jämmerlich zu brüllen anfängt und natürlich nicht wieder einschlafen kann.
Sehr oft habe ich mir in diesem Sommer eine Lärmglocke für den Kinderwagen gewünscht. (Und sagte ich schon, dass ich froh bin, dass der Sommer vorbei ist?)
6) Birkensamen
Kommen gleich nach den Wollmammuts. Ähnlich schwierig zu bekämpfen, dafür nicht nur unter den Regalen, sondern überall.
Auf die siebente Plage warten wir übrigens noch. Das ist bestimmt irgendwas, was im Winter auftritt. Aber vielleicht werden wir auch verschont.