Ich hab‘ ja nicht geahnt, dass mich ein Garten so glücklich machen würde.
In meiner Kindheit gab’s keinen Garten, nicht mal einen Balkon. Und als wir dann vor sieben Jahren das erste Mal in ein Reihenhaus mit kleinem Garten zogen, war da irgendwie schon alles da. Wir assen die Erdbeeren direkt vom vom Vormieter geerbten Beet, wir gossen im Hochsommer ein bisschen seinen Rittersporn, wir retteten den wilden Wein, als unser Zaun erneuert wurde, wir setzten ein paar Krokuszwiebeln, und wir mähten ein, zwei Mal im Jahr Rasen.
Vielleicht war es gut, dass der Vormieter hier nichts weiter als eine kahle Rasenfläche sowie einen verkrüppelten und einen toten Baum zurückgelassen hat.
Zuerst zog ein Apfelbäumchen im Garten ein, und Johannisbeersträucher rund um die Terrasse. Dann zwei Himbeersträucher am Zaun, ein Fleckchen Walderdbeeren und ein halbes Erdbeerbeet. Ein Flieder. Eine Lupine und ein grosser Busch Margeriten (am Strassenrand ausgebuddelt). Ich legte einen Komposthaufen an, weil es hier keine Biotonne gibt und auch keinen gemeinschaftlichen Kompost. Und die Baumleiche, die wir eigentlich noch ganz absägen wollten, darf jetzt stehenbleiben, weil sich daran wunderbare Baumpilze gebildet haben.
Zu mehr war über dem Umzug keine Zeit. Es war auch irgendwie schon zu spät im Jahr. Aber im Herbst vergruben wir Tulpen- und Krokuszwiebeln. Und ich machte Pläne, was ich unbedingt noch alles im Garten haben wollte.
Einen Jasmin, der so schön duftet. Kresse und Zucchini auf dem Kompost. Noch einen Flieder. Laternchen rund um den toten Baum. Ein Kräuterbeet. Wicken und Sonnenblumen am Spielhäuschen. Noch mehr Lupinen. Eine Brombeere. Einen Blaubeerstrauch. Die zweite Hälfte vom Erdbeerbeet. Vergissmeinnicht unter der Vogelbeere. Die grossen Mäusekinder wünschten sich ein Gemüsebeet mit Möhren, Radieschen und Erbsen. Der tomatensüchtige Ähämann bekam zum Hochzeitstag zwei Tomatenpflanzen in Eimern Papierkörben von IKEA.
Und natürlich würde unser Garten nicht so ein scheintoter Garten werden, wie er allseits beliebt zu sein scheint: mit Golfrasen und Thujenhecke. Bei uns darf der Löwenzahn so lange wachsen, bis wir alle Spass mit den Pusteblumen hatten. Lieber schneide ich mit der Schere um Vergissmeinnicht, Kamille und wilde Stiefmütterchen herum, als sie einfach mit abzumähen. (Wir mähen überhaupt nur, wenn es zu gagelig aussieht. Bis dahin darf wachsen, was wachsen will. Ist schon mal jemandem aufgefallen, wie unvergleich schön Gräser mit Blütenständen aussehen?) Es macht mich glücklich, dass wir endlich (aus Deutschland mitgebrachte) Gänseblümchen auf der Wiese haben. (Gänseblümchen! Das Grauen verbitterter Gärtner schlechthin.) Am Zaun dürfen die Glockenblumen, Habichtskräuter, Hahnenfüsse und wilden Möhren so hoch wachsen, wie sie wollen. Und wir werden ein ein wenig chaotisches Sommerblumenbeet haben, weil die Mäusekinder beim Samenausstreuen nicht ganz gleichmässig gearbeitet haben.
Wir fühlen uns alle ganz furchtbar wohl in unserem wilden Garten.
(Einen Platz für Schaukel, Rutsche und Sandkasten brauchen wir übrigens nicht. Unser Garten geht nämlich direkt in den öffentlichen Spielplatz über. Die Mäusekinder – alle drei! – wandern den ganzen Tag da hin und her.)