Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Brüller des Tages

Nummer 1:
Während das Mäuseknäbchen und der Ähämann gemeinsam Mittagsschlaf machen (gestern war ich dran), gehe ich mit dem Mäusemädchen schlittschuhlaufen. Auf der Eisbahn sind grosse Jungs, die Eishockey spielen, grosse Mädchen, die richtig gut schlittschuhlaufen können, und etliche ganz kleine Mädchen und Jungs, denen man ansieht, dass sie heute erst das erste oder zweite oder dritte Mal auf Schlittschuhen stehen. Und dann ist da noch das eine Mädchen – wir kennen es vom Sehen, es ist ein klein wenig älter als das Mäusemädchen – das auf seinen winzigen Schlittschuhen nahezu perfekt hin und her rast.
Als das Mädchen und seine Mutter sich auf den Heimweg machen, wird das Mädchen – in den Kinderwagen verfrachtet und heimwärts geschoben!

(Kein Einzelfall. Ich sehe hier ständig drei- und vierjährige Kinder, die noch im Wagen gefahren werden. Und wundere mich nicht nur über die Eltern, sondern auch über die Kinder – unsere blieben nie so geduldig im Wagen sitzen. Schon das Mäuseknäbchen bevorzugt es, selbst zu laufen, und wehe, Mama oder Papa haben es eilig und heben ihn in den Wagen!)

Nummer 2:
Als wir dann auch nach Hause gehen, begucken wir einen Hund am Wegrand. Nur, weil sein Frauchen ihn zurückhält, fällt mein Blick auf den Haufen, den er gerade gemacht hat. Ah, denke ich, wenn sie ihn so zurückhält, wird sie wohl gleich eine Tüte rausholen und den Haufen einsammeln. Aber die Frau geht hin, und schiebt mit ihren Schuhen Schnee über den Kackhaufen. „Na das nützt ja viel!“, sage ich grimmig zu ihr. „Ich sammle das dann ein, wenn ich zurückkomme.“, sagt sie zu mir.
Klar. Glaub‘ ich sofort!

(Leider auch kein Einzelfall.)


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kuusikymmentäseitsemän, kuusikymmentäkahdeksan

Mein neuer Praktikumsplatz ist unter Anderem auch deswegen toll, weil er – obwohl am anderen Ende der Stadt gelegen – so gut mit dem Bus erreichbar ist. Ich steige an der einen Endhaltestelle ein, und eine Haltestelle vor der anderen Endhaltestelle wieder aus. Dazwischen habe ich 25 Minuten Zeit zum Lesen.

Als ich heute an der vorletzten Haltestelle meine Zeitung schon weggepackt hatte, fiel mein Blick auf so einen modernen, glänzenden Geländewagen – der bestimmt noch nie auf was Anderem als Asphalt gefahren ist – am Strassenrand. Mit der 67.

Und als ich die Mäusekinder aus dem Kindergarten geholt hatte und wir auf den Bus warteten, fuhr da gleich noch die 68 vorbei. Ein dunkelblauer Alfa Romeo.

Ist Busfahren toll, oder etwa nicht?!

(Gestern allerdings, als ich mit den Mäusekindern eine geschlagene halbe Stunde im eisigen Wind an der Haltestelle stand – weil uns der erste Bus gerade so weggefahren war, der zweite schon voller Kinderwagen, der dritte ausfiel und wir so erst mit dem vierten mitkamen – war ich eindeutig anderer Meinung!)

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66]


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Morgen.

Morgen werde ich mich ein letztes Mal zur AKK (= Aikuiskoulutuskeskus = Erwachsenenbildungszentrum) schleppen, einen Bleistift bereitlegen, mich auf einen langweiligen Vormittag gefasst machen, an dem ich vermutlich nichts anderes tun werde als finnische Lückentexte auszufüllen, und dem Lehrer einen erleichterten Seufzer entlocken, wenn ich ihm eventuell bei einer Aufgage sagen werde: „Das finde ich ein bisschen schwerer als die anderen Aufgaben.“

Ich werde mich nicht mehr darüber aufregen müssen, dass keiner der Lehrer und Kursleiter dort unserer Gruppe – lauter Leute mit Hochschulabschluss, die schon recht lange in Finnland leben und alle recht gut auf Finnisch kommunizieren können – und dem eigentlichen Kursziel gewachsen ist. Nicht über die russische Finnischlehrerin, die zwar grossartig Finnisch spricht, aber eben doch nicht so wie ein Finne, und die die erste Woche mit uns damit zubrachte, uns zu fragen, was sie uns denn eigentlich unterrichten solle. Nicht über den Kursleiter, der die ganze Zeit mit anderen Dingen beschäftigt ist als damit, uns bei der Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz – zu dem Kurs gehört ein fünfmonatiges Praktikum – behilflich zu sein. Nicht über die Computerlehrerin, die allen Ernstes sauer wurde, als wir ihr sagten, das, was sie uns da unterrichten wolle, könnten wir alle schon und hätten sogar das entsprechende Zertifikat in der Tasche, und ob wir nicht was Anspruchsvolleres machen könnten. Nicht darüber, dass wir die Computerstunden schliesslich gegen die Lektüre eines finnischen Romans eintauschen durften – der sich dann als eine von einer Deutschen auf Englisch veröffentlichte und ins Finnische übersetzte, im Dschungel Papua-Neuguineas handelnde Biographie entpuppte. Nicht darüber, dass wir Fernsehreportagen angucken, die 15 Jahre alt sind, und als Hausaufgabe Fragen zu einem Zeitungsartikel beantworten müssen, der vor fünf Jahren verfasst wurde. Nicht darüber, dass jegliche Diskussion und überhaupt aktive Kommunikation auf Finnisch sofort im Keim erstickt wird, weil das „jetzt nicht zum Thema gehört“.

Die AKK ist eine Institution, durch die täglich, jährlich hunderte Einwanderer geschleust werden. Einwanderer aus allen Teilen der Welt, mit unterschiedlichster Vorbildung und Motivation, meist ohne ein einziges Wort Finnisch zu können am Anfang. Ich möchte dort nicht Lehrer sein und tagaus, tagein wieder und wieder „Ich heisse Olga.“, „Ich komme aus Thailand.“ „Ich wohne seit einem Jahr in Finnland.“ unterrichten. Aber eins weiss ich – so würde ich es nicht machen. So unengagiert, dass alle ihre Motivation verlieren, Lehrer genauso wie Schüler.

Morgen. Morgen nochmal. Ab Montag mache ich Praktikum am Biologischen Museum. *aufatme*