Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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So wie als ob

Gestern haben wir unsere ehemaligen Nachbarn besucht.

„Fahren wir mit dem Auto?“, war die erste Frage der Mäusekinder. Dann jubelten sie los: „Juhuu, wir fahren mit dem blauen Bus! Mit dem blauen Bus! Zur alten Wohnung!“

An der Haltestelle beim Kindergarten stiegen wir vom gelben in den blauen Bus um, ganz so, wie die letzten fünf Monate nach dem Kindergartenumzug und vor unserem eigenen Umzug. Der Bus war leer, denn wir fuhren – es war Vormittag – ja in die falsche Richtung. Die Kinder jubelten: „Gleich fahr’n wir am alten Kindergarten vorbei!“ „Guck mal, der S-Market!“ „Da! Da! Da sind schon die Häuser, wo’s zu unserer alten Wohnung geht!“

An der Endstelle hielt der Bus auf der „richtigen“ Seite. „Juhuu! Komm, grosser Herr Maus! Wir gehen unseren eigenen Weg!“ Der grosse Herr Maus und das Fräulein Maus nahmen sich an der Hand und stiefelten los, die Abkürzung von der Haltestelle am Parkplatz vorbei, und warteten brav und wie gewohnt an der Strasse auf mich, um selbige zu überqueren. Dann rasten sie los, die alten Freunde zu begrüssen. Und den Spielplatz. Und den Wald.

„In der alten Wohnung war es viel schöner!“, sagt der grosse Herr Maus immer noch. (Dabei stimmt das gar nicht.)

Weil den ganzen Tag kein Wölkchen am Himmel zu sehen war und es sogar halbwegs warm war – das muss ja auch mal gesagt werden – verbrachten wir den ganzen Tag draussen. Die Mäusekinder fanden den Papptorwart wieder, den alten Holzklotz, den Felsen zum Runterspringen. Ich beförderte eine Stinkewindel in den gleichen Container, in dem ich schon unzählige andere Stinkewindeln versenkt habe. Die Büsche waren alle gewachsen. Auf unserem Parkplatz stand das falsche Auto. Es gab ein kleines Schwätzchen mit ehemaligen Nachbarn hier und ein fröhliches Hallo dort.

Ich wusste gar nicht, dass wir alle immer noch ein bisschen an Heimweh leiden.


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Nass

Für die diesjährige Sommerferiengestaltung ist es echt von Vorteil, dass auch das kleinste Familienmitglied sich mittlerweile auf zwei (gummibestiefelten) Beinen fortbewegen kann.

So bleibt uns an Beschäftigungsmöglichkeiten ausser ganztägigem Aufenthalt drinnen, drinnen oder drinnen auch noch Matschepampenanrühren, Kanälegraben, Blätterabschütteln, Wasserwerfen, Regentonnenfüllen und Pfützenfussball in Ganzkörpermatschmontur.

Inzwischen, so hört man, sind dann auch die Preise für Last-Minute-Flüge stark gestiegen.


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Wald vor Bäumen

undsoweiter. Ihr wisst schon. Dabei war das ja wohl die allerbeste und -einfachste Idee, die Mäusekinder mit tollen T-Shirts auszustatten.

(Ich habe gestern Abend beim Aufnähen – in Ermangelung einer Nähmaschine und entsprechender Fertigkeiten: von Hand! – auch nur ganz kurz geschimpft, dass ich mich für die „Feuerwehr XL“ entschieden hatte.)

((Und jetzt bitte alle so: „Ah! Oh! Wo kann ich das kaufen?!“))


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Mittsommer 2012

Wir hatten einen ganz wunderbaren Juhannus”vorabend” (sprich: der Freitag vor Juhannus, der zwar kein Feiertag ist, aber an dem alle Finnen frei bekommen, der Freitag, an dem ab 12 alle Geschäfte geschlossen sind und ab 14 Uhr keine Busse und Züge mehr fahren, der Freitag, dessen Abend man traditionell im Mökki bei Sauna, Sauferei und grossem Juhannusfeuer verbringt), also einen ganz wunderbaren Juhannus”vorabend” mit Spaziergang in Sommerkleidchen am Fluss entlang und Eisessen und Förifahren und Grillen im Garten und – ich gestehe es ungern, weil ich weiss, wie viele uns um unsere eigene Sauna beneiden – der Einweihung unserer Sauna, die bisher nur als Wäschetrockenraum (nein, nicht mit angeschaltetem Saunaofen!) und Ungelegte-Wäsche-Aufbewahrungsraum fungierte, und, als die Kinder im Bett waren, mit Wein auf der Terrasse und nochmal Sauna und nochmal Terrasse, nur bis zum Sonnenaufgang haben wir müden Dreifacheltern nicht ausgehalten.

Am Juhannustag hat es von früh bis abends in Strömen geregnet.
Wie eigentlich jedes Jahr.


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Hand an Kapuzinerkresse

Meine, wohlgemerkt, keine Kinderhand!

Hier wächst nicht nur alles sehr schnell, sondern auch riesig: handtellergrosse Birkenblätter, salatblattgrosse Löwenzahnblätter, übermannshohe Gräser… manchmal scheint mir, dass ohne die manische Rasenmäherei, Büscheschneiderei und Bäumefällerei Finnland sich innerhalb eines Sommers in einen wilden Dschungel verwandeln würde.

Eigentlich wollten wir in unserem Garten auch noch Rhabarber anbauen. Allein die Frage nach dem geeignetsten Anbauplatz blieb bisher ungeklärt. Vielleicht gleich neben der Terrasse – dann können wir auf die Sonnenschirme verzichten.


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Auf gut Deutsch

Ich weiss gar nicht, was die Globalisierungsgegner immer haben. Wird ja sowieso nichts draus. Spätestens an deutschen Post-, Bank- und Versicherungsbeamten wird die Sache scheitern.

Neulich wollten wir der Papaoma ein Päckchen schicken.

Das erste Mal fiel ich fast in Ohnmacht, als ich es letzten Dienstag auf die Post trug und mir die Postfrau ohne mit der Wimper zu zucken „Zwanzig Euro fünfundsiebzig, bitte!“ abverlangte.

Die Post ist teuer in Finnland. Und das Päckchen war eben schwerer als 2 kg. Dafür war es auch nach vier Tagen schon da. Umgekehrt dauert das zweieinhalbmal so lang.

Das zweite Mal fiel ich fast in Ohnmacht, als uns die Papaoma letzten Samstag anrief, von uns sei ein Päckchen gekommen, aber der Postbote hätte es wieder mitgenommen, denn es würde zwanzig Euro fünfundsiebzig Nachnahme kosten, und die hätte sie bar nicht zu Hause gehabt.

Es stimmt, irgendwo auf dem Paketschein steht 20,75. Von Nachnahme steht da allerdings nichts, sondern von Porto. Denn auf finnische Pakete werden keine Brief- oder Paketmarken geklebt. Die werden gewogen, der Preis wird auf dem Paketschein notiert, abgestempelt, fertig.

Spontan fallen mir da jetzt ja nur zwei Erklärungen ein:

Entweder wollte der Postbote die Gelegenheit beim Schopfe packen und sich ein kleines Zubrot verdienen. Liebe deutsche Post, verdienen Briefträger in Deutschland so schlecht? Welch ein Glück, dass die Papaoma weder genug Bargeld bei sich hatte noch mobile Kartenzahlung in Deutschland möglich ist!

Oder, der Postbote ist einer von der Sorte, der sich mit seinem vernagelten Gehirn einfach nicht vorstellen kann, dass ausserhalb seines Heimatlandes am Nabel der Welt manche Dinge vielleicht ein bisschen anders gehandhabt werden. Wenn da eine Zahl steht, die nur annähernd an einen Preis erinnert, muss das ja wohl ein Nachnahmebetrag sein.

Komisch nur, dass die daraufhin in der Postfiliale vorgelegte Kopie des Kassenzettels – der einem deutschen Kassenzettel sehr ähnelt – nicht als Beweis galt, dass das Päckchen längst bezahlt sei. Da könne ja jeder kommen! Das Paket werde gegen die Zahlung von zwanzig Euro fünfundsiebzig ausgehändigt, sonst nicht, basta.

Die daraufhin bemühte Servicehotline der Deutschen Post war wiederum sehr erstaunt, dass der finnische Sendungsverfolgungscode im deutschen Sendungsverfolgungssystem nicht funktioniert. „Wenn wir das Paket nicht rückverfolgen können, dann können wir es auch nicht herausgeben!“ Welch Überraschung aber auch, dass es ausserhalb des Heimatlandes am Nabel der Welt nicht nur keine Sparkassen und andere Gehaltsklassenbezeichnungen gibt, sondern auch andersartige Sendungsverfolgungcodes!

Und nun? Bemüht sich die finnische Post. Natürlich. Telefoniert rum, klärt das mit dem Code, wird notfalls die deutsche Post kontaktieren und die Herausgabe des bezahlten Paketes an den Empfänger forden.

Solange jedoch in den Augen der deutschen Post die Sache nicht geklärt ist, wird das Päckchen auf der Postfiliale liegenbleiben.

Ich wünschte, es wäre eine Durian drin.