Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Der Flughafen wird gesprengt

Gestern abend, die Mäusekinder waren gerade eingeschlafen, war ungefähr vom Flughafen her so ein Grummeln zu hören.

„Was’n das?“, fragt der Ähämann lauschend. „Ach, da wird die Armee wohl wieder Lande-und-Durchstart-Übungen abhalten“, sage ich, aber gleichzeitig wird mir bewusst, dass das Grummeln dafür zu kurz ist. Und jetzt hört es sich auch eher ein bisschen an wie… „Vielleicht sprengen die auch wieder was“, sage ich zum Ähämann, denn in Finnland ist quasi jede Art von Bautätigkeit mit Sprengarbeiten verbunden, „aber um die Zeit?!“ „Oder es ist ein Feuerwerk“, sagt der Ähämann, denn jetzt klingt es doch eher wie Böller. Nun ist es zwar ausnahmsweise schon ziemlich finster, aber ernsthaft wird in Finnland wohl niemand auf die Idee kommen, im August gegen halb neun ein Feuerwerk zu veranstalten. „Nee, nich’ um die Zeit. Und ausserdem würde es dann die ganze Zeit böllern.“, sage ich. „Na dann weiss ich auch nich’“, sagt der Ähämann, „vielleicht schiesst ja jemand.“ Ja, is’ klar…

(Darauf, dass es sich um ein ganz normales Sommergewitter handelte, kamen wir erst zuletzt. Es gewittert halt so selten in Finnland.)


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Fahrradfahren im Hause F.

„Ich will ein richtiges Fahrrad“, sprach das Mäusemädchen letzte Woche auf dem Laufrad sitzend, „eins mit Steigbügeln, nein, Tretbügeln.“ :-) Soll sie haben. Bald.

„Ich will auch Fahrradfahren!“, sprach ich zum Ähämann. „Und zwar jeden Tag. Und zwar so, dass du die Kinder in den Kindergarten bringen kannst und ich sie abholen kann. Dieses Busgefahre hängt mir nämlich zum Hals raus.“ Also gibt es im Hause F. seit neuestem einen Fahrradanhänger, obwohl ich nie, nie, nie einen haben wollte. Und obwohl es sich so anfühlt, als führe man die ganze Zeit mit angezogener Bremse, bin ich sehr glücklich. Dieses Busgefahre hing mir nämlich wirklich sehr zum Hals raus.
(Fragt bitte nicht, wie man in Finnland so einen Fahrradanhänger erwirbt. Oh, wollt ihr doch wissen? Naja, dann… Also, im ersten Fahrradgeschäft wurde uns ein Modell – nicht schlecht, aber definitiv nicht in Frage kommend – vorgeführt, während ein zweites unerwähnt daneben stand. „Das?“, sagte der Fahrradhändler auf Nachfrage. „Das ist Mist.“ Ahja! Im zweiten Fahrradladen gab es genau ein Modell mit der sagenhaften Gewichtsbegrenzung von 20 kg. (Wir sprechen von einem Anhänger für zwei (!) Kinder!) „Habt ihr auch noch ein anderes Modell?“ „Nein. Letztes Jahr hatten wir ein anderes.“ Daraufhin beschlossen wir, den Anhänger dann auch von einem Onlinehändler zu beziehen.)

„Jetzt braucht mein Fahrrad aber wirklich endlich mal eine Generalüberholung!“, sprach der Ähämann, der mit seiner kaputten Schaltung und dem schweren Anhänger dran jetzt öfter mal am Berg steckenbleibt, zu mir. Meins auch, aber ich warte erstmal ab, wie des Ähämanns Fahrrad nach der Reparatur heute aussieht. Vielleicht lohnt es sich ja doch, die Fahrräder aufs Auto zu laden und zum Lieblingsfahrradhändler nach Jena zu bringen… *seufz*


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Spätsommerwochenende

Früh ist es kalt. Früh gibt es Nebel. Aber dann kommt die Sonne raus. Und immerhin war’s am Wochenende nochmal warm.

Wir haben im Garten gegessen, wir waren stundenlang auf dem Spielplatz, wir sind mit dem Fahrrad am Fluss entlang in die Kirche gefahren. Wir waren den ganzen Tag in T-Shirt und Sandalen draussen, und ich habe mir sogar nochmal einen klitzekleinen Sonnenbrand geholt.

Auf den Überlandleitungen sammelten sich die Dohlen und vollführten mit rauschenden Flügeln Synchronflugübungen direkt über uns. Und den ersten Schwarm Gänse haben wir nach Süden ziehen sehen.


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Vom Kurs

  • Seit ich von früh bis nachmittags Finnisch rede, ist mein Finnisch zwar noch nicht wesentlich besser geworden, aber die Hemmschwelle gesunken, es zu benutzen. Seit letzter Woche benutze ich überall, wirklich überall Finnisch, auch da, wo ich vorher dann doch lieber auf Englisch ausgewischen bin. (Ja, auch bei KELA. Ja, auch auf der Bank. Ja, auch am Telefon. Sogar in emails an die ehemaligen Kollegen, mit denen ich ausschliesslich Englisch gesprochen habe.)
  • Dafür fehlen mir, wenn ich doch mal Englisch rede, immer öfter Worte.
  • Am meisten Finnisch lerne ich in den Pausen, in denen wir entweder untereinander über allerlei auf Finnisch diskutieren, oder in denen ich mich mit dem Ähämann zum Mittagessen treffe und mit ihm und seinem finnischen Kollegen Finnisch rede.
  • Donnerstags haben wir das schöne Fach „Gemeinschaftskunde“. Letzten Donnerstag durften wir uns zwei Stunden lang in Gruppenarbeit über die verschiedenen Leistungen der finnischen Sozialversicherungsgesellschaft informieren. *gähn* Diese Woche durften wir dann in Gruppenarbeit dazu Infoblätter in A1 entwerfen. Die Lehrerin versorgte uns dazu mit Scheren, Filzstiften, Klebstoff und alten Zeitschriften zum Ausschneiden. *nochmehrgähn* Ich würde ja lieber Finnisch lernen. Oder wie man Bewerbungen schreibt.
  • Montags üben wir jetzt seit drei Wochen die Benutzung von Excel. Zum Glück gibt es genügend andere Dinge, die man in so einer Computerstunde tun kann.
  • Am Freitag gab es fünfzehn Paar leuchtende Augen bei der Lösung der Aufgabe „Erzähle uns, wie deine Familie ihren Urlaub verbracht hat, als du klein warst!“
  • Wenn keiner mehr weiter weiss, Finnisch zum erklären nicht ausreicht und die englischen Worte nicht einfallen, dann erklärt es irgendjemand mal eben auf Russisch. Mindestens die Hälfte der Kursteilnehmer ist dieser Sprache mächtig. Drei davon kommen aus St. Petersburg. Und zwei heissen Olga.
  • Freitags haben wir 13:00 Uhr Schluss, damit der Ägypter rechtzeitig in die Moschee kommt.
  • Der Ägypter missioniert gern. Er hat sehr strikte Ansichten darüber, wie ein Moslem zu leben hat, aber der Iraner – nach eigenen Aussagen nicht gläubig – kennt sich im Koran besser aus. Wenn in der Pause ein Europäer dem Ägypter eine Frage stellt und der anfängt zu dozieren, wirft der Iraner ein bedächtiges „Aber steht nicht im Koran, dass…?“ ein und sieht dann augenzwinkernd und lächelnd dabei zu, wie sich der Ägypter immer mehr in Fahrt redet.
  • Mittags kann ich jetzt immer mit dem Ähämann essen gehen.:-)
  • Schule ist anstrengend. So nach sechs intensiven Schulstunden bin ich immer ganz fertig.
  • Ich habe schon ziemlich lange nicht mehr so viele sympathische und interessante Menschen auf einem Haufen erlebt und so viel Spass gehabt!


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Gemeinsam gegen die Schweinegrippe

Wenn man den Finnen sagt: „Esst weniger Salz!“, dann essen sie fortan ungesalzenes Essen.
Wenn man den Finnen sagt: „Sport ist gesund!“, dann sieht man fortan überall und zu jeder Tageszeit joggende Menschen jeden Alters.
Wenn man den Finnen sagt: „Xylitol ist gut für die Zähne!“, dann kauen fortan alle nach dem Essen Xylitolkaugummi.

Und wenn die Finnen diesmal genauso brav sind, dann hat auch die Schweinegrippe keine Chance in Finnland. ;-)
Derzeit gibt es nämlich wenig Werbung an den Bushaltestellen, sondern Verhaltensmassregeln:

„Huste ins Taschentuch oder in den Ärmel!“
„Wasch dir die Hände!“
„Sei zu Hause krank!“

(Letzteres allerdings sollte man zuallererst den finnischen Ärzten nahebringen, die einen selbst mit einer eitrigen Angina für nicht mehr als drei Tage krankschreiben.)


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1 ¼

Gerade noch war das Mäuseknäbchen ein kleines Baby. Jetzt ist er ein Kleinkind, das auf zwei Beinen durch die Gegend tapert, deutlich seinen Willen zeigt und versucht zu sprechen.

„Wawa“ zum Beispiel ist Wasser. „Nah“ sagt er, wenn er jemandem an die Nase fasst. Ein Hund war schon eine Weile lang ein „Huh“ – bis wir ihm gesagt haben, dass der Hund „Wauwau!“ macht; seitdem heissen alle Hunde „Bawa!“

Wenn er etwas will, dann macht er das sehr deutlich. Sehr laut, und mit sehr weit ausgestrecktem Zeigefinger. Wenn er etwas nicht will, dann schüttelt er sehr energisch und sehr süss den Kopf. Manchmal tut er das auch auf Fragen.

Er ist ein sehr soziales Kind – jedem Vorbeikommenden wird gewinkt. Und wenn sich jemand verabschiedet, natürlich. Im Kindergarten stürzt er sich beim Abholen immer erleichtert in meine Arme und vergräbt sein Gesicht solange an meinem Hals, bis ich mit den Kindergartentanten seinen Tag genügend besprochen haben. Wenn ich dann sage „Na komm, jetzt gehen wir noch das Mäusemädchen abholen, und dann gehen wir nach Hause!“, fängt er sofort an zu winken. Neuerdings fängt er auch schon mal gleich von selbst an zu winken, wenn es ihm nicht schnell genug geht. „Los Mama, nach Hause jetzt!“, heisst das.

Ach ja, der Kindergarten. So ganz geheuer ist der ihm noch nicht. Jeden Morgen, wenn Papa ihn bringt, weint er herzzereissend, und wenn ich ihn nachmittags abhole, muss er vor Erleichterung auch immer noch ein bisschen weinen. Dabei sehe ich immer, wie er ganz vertieft in sein Spielzeug oder sein Buch ist, bevor er mich entdeckt, und wie immer jemand ganz nahe bei ihm sitzt und mit ihm redet, und dass er eigentlich nicht sehr unglücklich aussieht.

Eine grosse Veränderung hat der Kindergarten allerdings schon bewirkt – aus dem Mamasöhnchen ist schon ein klein bisschen weniger Mamasöhnchen geworden. Er weint mir früh nicht mehr hinterher, wenn ich losmuss, sondern winkt allerliebst. Wenn Papa von Arbeit kommt, wird sofort zu ihm hingerannt. Und von einem Tag auf den anderen durfte sogar Papa ihn zu Bett bringen. Das ist alles ganz wunderbar!

Mittags schläft er eine bis anderthalb Stunden. Abends geht er viertel neun mit seiner Schwester zusammen schlafen, schläft ohne Protest ein – nur seine Hand streckt er fordernd zwischen den Gittern seines Bettchens durch, damit sie ihm jemand hält, bis er eingeschlafen ist – und schläft dann bis gegen *flüster* viertel acht. Ich habe jetzt tatsächlich schon zweimal meinen Wecker gebraucht! :-)

Er will alles machen, was die grosse Schwester macht. Und am liebsten spielt er draussen. Er bäckt Sandkuchen und rutscht allein von der Rutsche (jetzt sogar im Sitzen, nicht mehr auf dem Bauch), er fährt auf seinem vierrädrigen Laufrad und schiebt das Sandwägelchen. Am liebsten, wenn das Mäusemädchen drin sitzt. Dann giggeln beide um die Wette.

Es ist so wunderbar, das Mäuseknäbchen bei uns zu haben und zu sehen, wie er jeden Tag was Neues lernt.

Wir haben ihn dolle, dolle lieb!