Unser Klassentreffen war übrigens sehr schön. Keiner von uns hatte sich wesentlich verändert, weder im Charakter noch im Aussehen, und wir waren uns von Anfang an kein bisschen fremd, obwohl sich die meisten von uns seit sieben Jahren nicht mehr gesehen hatten. Es war, als würden wir nach den langen Sommerferien zusammensitzen und uns erzählen, was wir in den freien Wochen so erlebt haben. Es war das gleiche Zusammengehörigkeitsgefühl, das die vier Jahre auf der Spezialschule so besonders schön gemacht hat. Ja, meine Studienzeit war schön – mehr Freiheiten, mehr Unabhängigkeit, klar – aber die vier Jahre auf der Spezialschule, die waren doch was ganz Besonderes. Vielleicht sogar noch schöner. Aber das sagt man ja hinterher immer. ;-) Dabei war ich in Naturwissenschaften gar nicht so gut: Chemie habe ich einfach nicht begriffen, und als ich die letzten zwei Jahre in einen neuen Mathekurs kam, hatte ich total den Anschluss verpasst. Wenn mir nicht die andere Karen (wir machten uns einen Spass daraus, in allen Kursen, die wir gemeinsam hatten, nebeneinander zu sitzen) stets bereitwillig ihre Lösungen überlassen hätte, dann wäre ich wohl nicht sehr weit gekommen. (Aber Physik fand ich toll. Und Bio auch.) Wahrscheinlich lag es daran, dass es bei uns schon gar nicht mehr so richtig wie in der Schule zuging. Wir hatten prima Lehrer, nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern überall. Deutsch machte auf einmal unheimlich Spass. Und Sport auch. In der 9. Klasse fuhren wir mit unserem jungen Physiklehrer auf Klassenfahrt, der liess uns einfach machen, Tag und Nacht, wenn wir wollten, statt den Wachhund zu spielen. Meistens machte er mit. Wir hatten einen Geschichtslehrer, der musste sich während Klassenarbeiten immer plötzlich ganz intensiv mit der Pflege seiner Blumen beschäftigen, besonders der Blumen draussen im Vorbereitungszimmer. Wahrscheinlich hat er sich gesagt, was soll ich diese Naturwissenschaftler mit Geschichte triezen, ein bisschen was wird schon auch so hängenbleiben. Und das tat es auch.
Und ich hatte prima Mitschüler. Die ersten beiden Schuljahre war ich in einer Klasse mit zwei Mädchen und 18 Jungs. Wir waren überhaupt nur 10 Mädchen unter den insgesamt 60 Spezis unseres Jahrgangs. Das übliche Teeniegezicke fiel also schon mal aus. Und ich habe mich mit „meinen Jungs“ immer wohl gefühlt. (Das war echt eine Umstellung, als im Studium das Geschlechterverhältnis genau umgekehrt war…!)
Tja, nun sind wir also alle mehr oder weniger das geworden, was wir damals werden wollten. Die meisten von uns sind vor nicht allzulanger Zeit erst mit ihrem Studium fertiggeworden oder arbeiten an ihrer Doktorarbeit. Keine umwerfenden Neuigkeiten. Die Sensationen waren anderer Art:
Spezimädchen 1 steht mit dickem Bauch herum. „Ist das dein erstes?“ „Ja, also, das erste UND das zweite.“ Wow, Zwillinge!
„Was machst du denn jetzt so?“, frage ich Spezimädchen 2, von der ich weiss, dass sie Forstwissenschaft studiert hat. „Ich bin im Erziehungsurlaub.“ „Mit dem ersten?“ „Naja, mit dem ersten auch… und auch dem zweiten… und auch dem dritten.“ Na gut, wir haben uns sieben Jahre nicht gesehen, da kann man schon inzwischen drei Kinder bekommen haben. „Wie alt sind die denn?“ „Och, die hatten vorige Woche Geburtstag und sind alle zwei geworden!“ Alle, die’s noch nicht wussten, waren erstmal platt. Drillinge!
Gut, ich bin Biologe, ich weiss also sehr wohl, dass sowas weder ansteckend noch umweltbedingt ist. Aber unter 10 Frauen eine mit Zwillingen und eine mit Drillingen? Ein bisschen anders wurde mir schon. Aber seit Montag wissen wir, dass Spezimädchen 3 „nur“ einen Einling erwartet:

Und glaubt mir, es ist mir wirklich schwer gefallen, es nicht eher zu erzählen! Ich musste euch verschweigen, was für eine dumme Idee es ist, in Finnland ausgerechnet im Juli schwanger zu werden. Was man in der Schwangerenberatung für eine tolle Ernährungsberatung bekommt (”Iss kotimainen, dann ist alles bestens!”) Und was man alles so erleben kann, wenn man denn dann plötzlich auf Suche nach einer grösseren Wohnung gehen muss. Das ist mir Lästermaul wirklich nicht leicht gefallen.
Aber das kann ich ja jetzt so nach und nach nachholen.