Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Ein Julitag in Finnland

Der heutige Tag begann mit einer etwas groben geschwisterlichen Auseinandersetzung. Danach klagte das Fräulein Maus über anhaltende Schmerzen im Handgelenk, und weil sie sonst nicht zimperlich ist, mussten nach dem Frühstück alle ihre Buskarten und etwas zur Beschäftigung einpacken, und wir fuhren zunächst in die Notaufnahme. (Notaufnahme, weil: Juli. Und weil man uns aus der Poliklinik sowieso zum Röntgen dahin überwiesen hätte. Kann man sich die Zeit und Lauferei sparen.) Es war mittelvoll da, aber Kinder kommen quasi sofort dran, und die Krankenschwester, die sich den Fall zunächst anguckt und über Dringlichkeit und nötige Massnahmen entscheidet und die uns nach 15 min hereinrief, fragte und tastete und ruckelte ein bisschen und befand, da sei nichts verstaucht oder gar gebrochen, und wir müssten da nicht erst auf einen Arzt warten. 20 min nach Nummerziehen waren wir wieder draussen.

Hinterher fuhren wir in die Stadt und machten auf den Schreck, was wir schon lange machen wollten: wir gingen in die Lottosauna. Es ist nämlich so, dass wir sämtliche lustigen Saunas, die im Kulturhauptstadtjahr an verschiedenen Plätzen in der Stadt aufgestellt worden waren, verpasst haben. (Es war auch ein bisschen schwierig mit dem kleinen Herrn Maus, der damals noch ein Baby war. Den hätte man ja schlecht mit reinnehmen können. Und die Öffnungszeiten waren eher… nicht so flächendeckend.) Diesen Monat gab es wieder eine, gesponsert von der finnischen Lottogesellschaft. Eine Containersauna mitten in der Stadt am Flussufer. Mit Überraschung im Inneren, hatte es gehiessen.

In der Lottosauna muss man das Wasser nicht mit der Kelle auf den Ofen schmeissen , sondern an einer Lottokugel ziehen, und über dem Saunaofen ist ein grosser Bildschirm, auf dem ein Livebild vom Fluss zu sehen ist, und wenn man an der Kugel zieht, dann taucht aus der Tiefe eine tropische Insel auf. Oder kommt eine Luxusjacht auf dem Fluss vorbeigefahren. Lottowerbung eben, klar. Aber lustig. Unsere Kinder haben noch nie so begeistert (und oft) Aufguss gemacht.

Überhaupt ist in der Stadt gerade richtig viel los: es gibt eine Flussfähre – eine ehemalige Autofähre – die den Aurajoki auf und ab fährt, während man Bier (für 6 € den halben Liter) trinken kann, man kann sich Motorboote (46 € die Stunde) ausleihen, sämtliche Cafés haben ihre Tische auf die Strasse gestellt (und verkaufen Tortenstücke für 6 €), es gibt Kioske für Eis (3,50 € die Kugel) und Frozen Yoghurt (2,90 € / 100g, wovon 2,5 % dem WWF zur Rettung der Saimarobbe gespendet werden), und nebenher finden noch gleichzeitig eine Segelregatta, ein Trabrennen und ein Rockfestival statt. Überall Leute.
Ab überübermorgen versinkt die Stadt dann wieder in Winterschlaf Herbststarre.

Für uns gab es Eis aus dem Lidl (übrigens mein Kulturschock schlechthin, als es im Lidl in Deutschland nur Grosspackungen Eis gab und keine einzelnen Stiel- oder Waffeleise), wobei wir auf dem Weg dahin noch zufällig den Paten des grossen Herrn Maus sowie Zar Alexander I. über den Weg liefen, und als wir wieder zu Hause waren, verschwand das Fräulein Maus zur Freundin aus dem Nachbarhaus, der grosse Herr Maus fuhr mit dem Fahrrad zum zweitbesten Freund, nach dem er plötzlich grosse Sehnsucht hatte, und der kleine Herr Maus langweilte sich ein bisschen. Mit dem ging ich dann mal schnell in den Wald neben dem Haus, nachgucken, ob es schon Heidelbeeren gibt.

Mit zwei ratzfatz gefüllten grossen Tassen voller Heidelbeeren kamen wir wieder, deckten den Abendbrottisch auf der Terrasse, telefonierten den grossen Herrn Maus herbei, holten das Fräulein Maus aus einem Planschbecken voller Nachbarskinder und sassen halb neun endlich alle am Tisch, aber die Kinder kamen gar nicht zum Essen, weil sie alle durcheinander dem Ähämann berichten mussten, was wir heute alles Aufregendes erlebt haben.

Hach, Ferien…!


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Zeitreise

Letzte Woche schleppte der kleine Herr Maus eines seiner Fotobücher („Der kleine Herr Maus ist zwei!“) an, blätterte bis kurz vor Ostern und zeigte mir: „Da möchte ich mal wieder hingehen!“

Tatsächlich! Wir waren schon seit drei Jahren nicht mehr im Handwerkermuseum!

Dabei kann man da ruhig öfter hingehen, denn jedes Mal sind andere Häuser geöffnet und andere Handwerker da, denen man über die Schulter gucken kann.

Falls übrigens jemand „The Girl King“ sehen sollte – der in Deutschland gerade erst in die Kinos gekommen ist, den der Ähämann und ich hier aber schon im Dezember gesehen haben – der ist nicht nur in der Turkuer Burg und im Turkuer Dom, sondern auch im Handwerkerdorf gedreht worden, weil das der einzige Rest des historischen Turkus ist, der den Grossbrand von 1827 unbeschadet überstanden hat.

Historisch nicht ganz passend… aber gewisse Katastrophen müssen sich ja nicht unbedingt wiederholen.


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kaksisataakolmekymmentäyhdeksän

Bevor wir gestern zum Strand fuhren, mussten wir einen Maxibrief zur Post bringen – das Porto von 8,50 € überstieg bei Weitem den Wert des Inhalts, aber gut, wir haben auch schon deutlich mehr gezahlt – und deshalb einen Umweg fahren. Am Cholerafriedhof fiel mein Blick auf ein soeben fertiggestelltes und zumindest zur Strassenseite hin selten hässliches neues Kindergartengebäude, und die 239, die uns genau dort entgegenkam, habe ich vielleicht nur bemerkt, weil es ein riesiger, weisser LKW war.

Der Cholerafriedhof. Von dessen Existenz hatte ich zum ersten Mal letzten Sommer auf der Eichhörnchentagung – kein Zusammenhang, aber man redet ja nicht ausschliesslich über sein eigenes Forschungsgebiet – gehört. Jahrelang war ich da schon mit dem Auto und dem Fahrrad dran vorbeigefahren, und ja, die Mauer war mir aufgefallen und die riesigen Fliederbüsche, wenn sie im Juni blühen, auch, aber ich hielt es für den Garten einer alten Villa.

Als 1831 in Turku die Cholera ausbrach, konnte man nichts weiter tun, als den Befehl auszugeben, dass alle Toten noch am gleichen Tag zu bestatten seien, und zwar in eingezäunten, speziellen Cholerafriedhöfen ausserhalb der Stadt. Grabsteine erhielten nur die reichsten Leute – Ärzte, Fabrikbesitzer, Richter – die anderen bekamen Holzkreuze, die längst verwittert sind.

234 Menschen fielen damals in Turku der Cholera zum Opfer.

Ich finde es sehr schön, dass dort jetzt ausgerechnet ein Kindergarten gebaut wurde.

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Schattenseiten

Bis vor kurzem war der Sommer eine reine Freude. Jetzt fängt er langsam an, auch seine Schattenseiten zu zeigen: in Form von Wespen, Bremsen und Blaualgen.

Eigentlich hätte das jetzt ein neuer Beitrag zur Kategorie Strandtest werden sollen. Die Kinder forderten gestern nämlich einen „Strand zum Springen“, und laut Internet hätte es in Parainen einen solchen gegeben. Leider stellte sich vor Ort heraus, dass er wegen Blauaugen gesperrt ist. Ich bin da normalerweise nicht besonders panisch, aber das Wasser sah wirklich eklig kein bisschen einladend aus.

Fuhren wir eben weiter an den Lieblingsstrand, mal wieder. Aber auch da war das Wasser eher… nicht mehr so schön durchsichtig wie vor zwei Tagen noch.

Baden wir heute zur Abwechslung mal in Leitungswasser.

(Das Schlimmste aber sind die sich schon rot färbenden Vogelbeeren und die zwei Stunden, die es jede Nacht schon wieder dunkel wird.)


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kaksisataakolmekymmentäkahdeksan

Gestern konnte der Ähämann auch endlich mal mit an den Lieblingsstrand kommen.
(Und Fotos machen.)

Der Strand war übrigens, trotz Sommerwetter und Urlaubszeit und Wochenende, erstaunlich leer. Die Leute waren offensichtlich alle im Grillrestaurant auf der nächsten Insel. (Wo wir vorher auch essen waren, aber wo es so laut und voll war, dass ich mich tatsächlich kurzzeitig nach dem Herbst gesehnt habe.) Die 238 war da auch.

Heute dann Faultiertag. Den halben Tag mit Vorlesen in der Hängematte verbracht.

Sommer, hach!

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kaksisataakolmekymmentäseitsemän

Als wir heute zum Lieblingsstrand fuhren, kam uns die 237 entgegen. (Und ausserdem eierten sehr viele Autos sehr nervig auf den Strassen herum.)

Am Lieblingsstrand gebärdete sich die Ostsee heute ausnahmsweise wie ein echtes Meer statt wie ein finnischer See: mit richtigen Wellen und echtem Meeresrauschen. Das Fräulein Maus liess sich mit der Luftmatratze schaukeln, der grosse Herr Maus sprang wie ein Fohlen zwischen den Wellen am Strand herum, und der kleine Herr Maus liess sich von den Wellen bei seinen verbissenen Schwimmversuchen unterstützen.

„Ich schaukle immer noch!“, verkündete das Fräulein Maus vorhin im Bett. „Das war so toll mit den Wellen!“, seufzte der grosse Herr Maus. Der kleine Herr Maus kuschelte sich an mich und roch nach Meer. Haarewaschen haben sie alle drei vergessen vorhin in der Badewanne.

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