Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


Hinterlasse einen Kommentar

neljäsataakaksikymmentäseitsemän

Dass es von der 426 bis zur 427 einen ganzen Monat gedauert hat, lag vielleicht vor allem daran, dass wir zur Zeit hauptsächlich Bus fahren.

Auf den Radwegen liegen immer noch dezimeterdicke Eisschichten mit tiefen, tageweise abwechselnd matschigen und gefrorenen Spurrillen, die das Radfahren auf Arbeit und zur Schule unmöglich machen. Und am Wochenende versuchen wir, so oft es geht, den Bus statt des Autos zu nehmen. (Gerade jetzt, wo wir alle Monatskarten haben und der Liter Benzin knapp zwei Euro kostet, lohnt sich das sogar finanziell. Nicht nur aus Klimaschutzgründen.)

Letzten Samstag fuhren wir mit dem Bus zum Skifahren. Das Fräulein Maus verbrachte das Wochenende bei einer Freundin. Wir brachten sie hin, stiegen an der benachbarten Loipe auf unsere Skier, fuhren 10 km von einem Turkuer Vorort zum nächsten und stiegen am Ende in einen anderen Bus ein, der uns wieder nach Hause brachte. (Sowas geht ja mit dem Auto auch nicht.)

Vorgestern besuchten wir nach über zwei Jahren zum ersten Mal alle gemeinsam wieder eine Schwimmhalle. Der angekündigte Schnee fiel den ganzen Tag als Schneeregen vom Himmel, und als ich beim Frühstück mit einem Blick auf das Elend seufzend sagte: „Das wäre so ein Tag, an dem man normalerweise in ein Museum oder die Schwimmhalle gehen würde“, da riefen die Herren Maus mit leuchtenden Augen: „Schwimmhalle! Lass uns bitte in die Schwimmhalle gehen!“. Und naja, manchmal kann mich Corona auch mal.

Wir waren schon – alte Gewohnheit – halb auf dem Weg zum Auto, als uns einfiel, dass wir genausogut mit dem Bus hinfahren könnten. Die Herren Maus schafften es trotzdem noch locker bis zur Öffnung des Sprungturms und hüpften dann eine halbe Stunde lang unerschrocken vom Siebeneinhalb- und Zehnmeter-Turm. Dann wechselten sie in das Schwimmbecken mit dem Wasserspielzeug, und der Ähämann und ich schwammen ein bisschen. Zwischendurch gingen wir so drei oder viermal in die Sauna zum Wiederaufwärmen. Die Schwimmhalle war vergleichsweise leer, dafür konnten wir der finnischen Unterwasser-Rugby-Nationalmannschaft beim Trainieren im Sprungbecken zugucken. Was es nicht alles gibt!

Gestern war der Schneeregen endlich in Schnee übergegangen. Zum Skifahren war es aber noch zu matschig, so dass wir taten, was wir immer im Winter tun, wenn nichts anderes möglich ist: wir gingen Eisbaden. Obwohl der Bus auf die Hausinsel nur einmal in der Stunde fährt – was uns bisher davon abgehalten hatte, den Bus zu nehmen – sind sowohl Umsteigezeit als auch die Zeit, die einem zum Saunieren und Schwimmen und Wiederanziehen bleibt, ziemlich optimal. (Und man kann ja nicht immer das Fahrrad nehmen.) Das grosse, gelbe Auto zu nehmen war auch deshalb praktisch, weil wir einfach einsteigen konnten, statt Balthasar erstmal ausgraben zu müssen, nachdem Valtteri durchgezogen war.

Allüberall waren Schneepflüge unterwegs – bis in unseren Vorort hat es allerdings bis jetzt noch keiner geschafft – und hinter den drei LKWs mit den Schneeschaufeln vorne dran und den riesigen Salztanks (ja, diese Unsitte hat leider auch in Turku Einzug gehalten) hintendrauf, die immer im Verbund über die Hauptverkehrsstrassen ziehen, musste nicht nur unser Bus langsam herfahren, sondern auch eine 427.

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123, 124-130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139-140, 141, 142, 143, 144, 145, 146-147, 148-149, 150, 151, 152, 153-155, 156, 157, 158, 159-160, 161, 162, 163-164, 165, 166-167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197-198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205-206, 207-208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215-216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224-225, 226, 227, 228, 229-230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245,246, 247, 248, 249-250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268-269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278-279, 280-281, 282, 283, 284-285, 286, 287, 288, 289-290, 291, 292, 293-294, 295, 296, 297-298, 299, 300, 301, 302-303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310-311, 312, 313, 314-315, 316, 317-318, 319, 320, 321-322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330, 331-332, 333, 334, 335, 336-337, 338, 339, 340, 341, 342, 343-344, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 351, 352, 353-355, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 362, 363, 364, 365, 366-367, 368, 369, 370, 371, 372, 373, 374-375, 376, 377-378, 379, 380-381, 382, 383, 384, 385, 386-387, 388-389, 390, 391-393, 394, 395, 396-397, 398-399, 400, 401, 402-403, 404, 405, 406-408, 409, 410-411, 412, 413, 414, 415, 416, 417, 418, 419, 420, 421, 422, 423-424, 425, 426]


2 Kommentare

Xiamen – Turku

Ich habe sehr zwiespältige Gefühle für die zukünftige Morgenfähre nach Stockholm.

Das liegt vor allem daran, dass ich sehr sentimentale Gefühle für ihre Vorgängerin hege.

Aber auch daran, dass ich es blöd finde, dass sie in China gebaut wurde. Als ob wir in Finnland keine Werften hätten…! (Wir haben sogar mehrere, die Fähren und Kreuzfahrtschiffe bauen!) Als ob wir nicht sogar eine Werft gleich um die Ecke hätten…! (Die hat seinerzeit auch die „Grace“ gebaut.) Offiziell hiess es, die Meyer-Werft hätte die Auftragsbücher voll bis 2023, und so lange könne man nicht warten. Inoffiziell aber wird wohl doch eher der Preis den Ausschlag gegeben haben.

Wie auch immer, ich find’s doof. Zumal sich die Auslieferung der neuen Fähre wegen wasweissich und Corona auch um zwei ganze Jahre verzögert hat und der Bau letztendlich auch 30 Millionen Euro mehr als veranschlagt gekostet hat. Da hätte man sie auch bei Meyers auf die Warteliste setzen können!

Aber jetzt ist sie auf dem Weg nach Turku. Seit 28. Dezember schon, und ich finde es total spannend, alle paar Tage zu gucken, wo sie sich gerade befindet: gerade eben ist sie in den Suezkanal eingefahren.

Wenn ich noch lange genug ihre Reise mitverfolge, freue ich mich am Ende vielleicht doch, wenn sie endlich hier angekommen ist. Obwohl wir nun nicht mal mehr dazu gekommen sind, ein allerletztes Mal mit der „Amorella“ zu fahren und uns von ihr zu verabschieden. Seufz.


3 Kommentare

Spass mit Eisschollen

Und in Turku so?

In Turku ist der typischste Turkuer Winter seit ichweissnichtwann: es schneit, es taut, es regnet, es gibt Frost, so dass der ganze Kladderadatsch gefriert, es schneit auf die dezimeterdicke Eisschicht, es taut, es regnet… und wieder von vorn.

Ich beschwere mich nicht. Immerhin liegt in regelmässigen Abständen Schnee, und das ist mehr, als man in diesen Zeiten in unserem südwestfinnischen Zipfel erwarten kann. (Ich bin immer noch traumatisiert von dem komplett schneefreien Winter vor zwei Jahren.)

Die letzten beiden Regentage, die Stadt und Feld und Wald in eine graubraune Rutschbahn verwandelten, fielen ausgerechnet auf das letzte Wochenende. Am Samstag setzten wir keinen Fuss vor die Tür; ausser um die Kisten mit den weggepackten Weihnachtssachen in die Kammer zu tragen. Am Sonntag aber waren wir froh, dass die Eisbadesauna nach zwei Wochen coronabedingter Schliessung wieder aufhatte: die einzige Winteraktivität, die immer geht, egal, wie das Wetter ist.

Der Südwindsturm hatte die Eisschollen in die Badebucht getrieben, in kleine Teile zerbrochen und schaukelte sie dort auf und ab. Vom Steg aus konnte man deshalb keinen einzigen Zug schwimmen, sich dafür aber inmitten von Eisschollen abkühlen. Am Strand herrschte Sommerstimmung: in Zweier- oder Dreiergrüppchen liefen die Saunagänger*innen über den Sand ins Wasser. Die Herren Maus schoben die an den Strand angespülten Eisschollen wie Luftmatratzen vor sich her ins Tiefere, kletterten drauf, schaukelten ein bisschen auf den Wellen und sprangen dann zurück ins Wasser.

Das war sehr toll. Trotz Regen.


16 Kommentare

Bei der Schneekönigin

Als wir in Lappland ankamen, schien die Sonne kroch die Sonne genau zwei Stunden am Tag am Horizont entlang: von 11:15 Uhr bis 13:15 Uhr.

Wir wussten, worauf wir uns eingelassen hatten. Im Januar 2000 waren der Ähämann und ich extra nach Inari gefahren, um zu erleben, wie das ist, wenn die Sonne den ganzen Tag nicht aufgeht. Ich weiss gar nicht mehr so recht, was wir erwartet hatten. Stockdunkle Nacht, vermutlich. Stattdessen erlebten wir, dass es unerwartet hell wird, wenn die Sonne zwar nicht aufgeht, aber knapp unterm Horizont entlangkriecht. Dass es unerwartet lange vor Sonnenauf- und lange nach Sonnenuntergang noch hell ist. Keine graue Dämmerung, sondern leuchtendes Zwielicht, das die weisse Schneelandschaft in ein rosa Zuckerwatteland unter einem babyblauen Himmel verwandelt.

Ich hatte schon ganz vergessen, wie schön dieses blaurosa Licht ist…!

Zum ersten Mal, nach all den Jahren, in denen wir mit Babys und Kleinkindern im blauen roten Mökki Winterurlaub gemacht hatten, konnten wir diesmal das wunderbare Loipennetz in der Umgebung wirklich nutzen, weil die Kinder endlich mehr als drei Kilometer schaffen. Wir glitten bei -15°C acht oder vierzehn oder achtzehn Kilometer auf perfekt gespurten Loipen durch dieses Zuckerwatteland, fernab der motorschlittenfahrenden oder schneeschuhschlurfenden Touristenhorden. (Ja, die gibt es leider auch schon wieder.) Ich konnte mich nicht entscheiden, ob das Licht zur Mittagszeit oder kurz nach Sonnenuntergang am schönsten war, und selbst die Loipenbeleuchtung, für die wir am Ende der Skitouren immer recht dankbar waren, hatte ihren ganz eigenen Zauber.

Neben den Loipen standen die Fichten in ihren Eispanzern – an einer Fichte können bis zu drei Tonnen Schnee kleben, las ich gerade – wie Stalagmiten. Oder wie verwunschene Fabelwesen: schlanke Prinzessinnen, Königinnen mit Krone auf dem Kopf, Zauberer im langen Umhang. Zu ihren Füssen spielten grossköpfige Fabeltierchen im Schnee, stand ein Weiblein mit verschränkten Armen und Hut auf dem Kopf, schlief ein Kind auf weichen Kissen.

Schon als wir vor ein paar Jahren die „Schneekönigin“ vom ZDF sahen, die ja zum Teil im finnischen Lappland gedreht ist, habe ich mich gefragt, warum in aller Welt sie das im März machen mussten, im gleissenden Sonnenlicht. Klar, vermutlich will niemand bei -20°C einen Film drehen, aber nichts hätte besser das Reich der Schneekönigin darstellen können als dieser Märchenwald in diesem blaurosa Zwielicht im Januar.

11:58 Uhr. Mittagssonne.

Nach drei Tagen wusste ich, dass ich diesen Märchenwald und dieses Licht den Rest des Winters schmerzlich vermissen würde. Den Rest diesen Winters und alle kommenden. Und so kam es, dass wir noch im blauen roten Mökki unseren nächsten Urlaub im blauen roten Mökki buchten.


5 Kommentare

Im Schlaf reisen

Neulich sah ich irgendwo ein Werbevideo, ich glaube, von der EU, für Nachtzüge und dafür, wie praktisch das Reisen im Schlaf ist und wieviel Zeit das spart.

Und da ging mir auf, dass das für uns überhaupt nichts Exotisches (mehr) ist, sondern, seit wir in Finnland wohnen, ein ziemlich normaler Urlaubsanfang. Wenn wir nach Europa fahren, beginnen wir die Reise auf einer Fähre nach Stockholm, über Nacht.

Den Nachtzug nach Rovaniemi, der auch Autos transportiert, haben wir gleich in unserem ersten Winter in Turku für uns entdeckt. Bis die Kinder in die Schule kamen, sind wir jedes Jahr damit in den Winterurlaub nach Lappland gefahren, mit den ganz kleinen Kindern noch in den alten Schlafwagen und später mit den grösseren Kindern in den wunderbaren neuen Schlafwagen.

In Turku lädt man sein mit Skiern und Gepäck beladenes Auto in den Zug, lässt sich im Schlaf knapp 1000 km nach Norden schaukeln, kommt ausgeruht in Rovaniemi an, holt sein Auto aus dem Autowaggon und fährt entspannt die letzten 100 km bis an seinen Urlaubsort. (Das einzig Unentspannte ist, dass man im Winter sehr genau planen muss, was man im Auto lässt, weil nach der Nacht im unbeheizten Autowaggon alles, wirklich alles tiefgefroren ist. Wir lösen das Dilemma üblicherweise mit einem Lebensmittelgrosseinkauf in Rovaniemi direkt nach Ankunft.) Und am Ende kann man seinen Urlaub bis zur letzten Minute geniessen und am Montagmorgen direkt vom Bahnhof aus auf Arbeit und in die Schule gehen.

Teuer ist es auch nicht. Wenn man nicht gerade zur allerbeliebtesten Ferienzeit fährt und lange im Voraus bucht, können – ich habe das gerade eben nochmal gecheckt – vier Personen (in zwei Kabinen) und ein Auto für gerade mal 157 € von Turku nach Rovaniemi reisen. Okay, das hat diesmal bei uns *hüstel* nicht so ganz geklappt, aber die nächste Reise können wir dann hoffentlich auch wieder länger als die coronabedingten gerade mal drei Monate im Voraus buchen.

Jedenfalls waren wir alle sehr vorfreudig, nach sechs (!) Jahren – wie haben wir das nur ausgehalten?! – endlich wieder einen „Schlafzug“ zu besteigen und nach Lappland – in den Winter! – zu reisen.

Zuerst durfte Balthasar einsteigen. Ich hatte beim Ticketbuchen gesagt, dass wir keine Dachbox auf dem Dach haben werden, sehr wohl aber Skier, aber da die Frau ja noch nicht mal wusste, dass die Kabinen im Ober- und Untergeschoss der Schlafwagen unterschiedlich ausgestattet sind, hätten wir uns auch gleich denken können, dass der Autoplatz, den sie uns – „Ja, das passt!“ – buchte, eher nicht der richtige wäre. Der Verladetyp jedenfalls guckte kritisch auf die Skier auf dem Dach und schickte Balthasar nach oben – „Wird sich schon noch ein niedrigeres Auto finden, das mit euch tauschen kann!“ – obwohl für ihn unten ein Platz reserviert war.

Weil zwischen Autoaufladung und Zugabfahrt noch anderthalb Stunden Zeit waren, beschlossen wir, Turkus teuerstem und misslungenstem Bauwerk einen Antrittsbesuch abzustatten und von oben ein bisschen den Rangierarbeiten – Schlafwagen aus dem Depot auf Gleis 7, Autowaggons von Gleis 1 auf Gleis 7, Rangierlok ab, Meerschweinchen dran – zuzugucken.

Als die Rangierlok Richtung Autowaggons rollte, klingelte mein Handy: ob wir bitte doch nochmal zurückkommen und unser Auto nach unten fahren könnten, es wäre doch kein niedrigeres Auto mehr gekommen, zur Not müssten wir eben die Skier abnehmen. Es passte aber zum Glück. Gerade so. Mit Skispitzen nach unten.

Für die verliebene Dreiviertelstunde bis zur Abfahrt verzichteten wir auf weitere Ausflüge und guckten den Rangierarbeiten vom Bahnsteig aus zu.

Es ging dann auch holprig weiter.

Der Schaffner eröffnete uns direkt nach dem Einsteigen, dass die Toiletten in unserem Waggon nicht funktionieren würden und auch bis zum Ende der Reise nicht repariert werden könnten.

Wir hatten ja zugunsten zweier verbindbarer Kabinen sowohl auf das Reisen im Obergeschoss als auch auf Kabinen mit eigener Dusche und Toilette verzichtet – Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie das gegangen sein soll, die letzten beiden Male mit fünf Personen in einer Zwei-Bett-Kabine…! – und waren entsprechend wenig begeistert.

Andererseits, da ja eben die Kabinen im Obergeschoss eigene Toiletten haben und sich unten zwei Toiletten befinden, müssen sich maximal acht Leute eine Toilette teilen, und so musste man weder anstehen, noch waren die Klos schon nach einer Stunde total eingesaut.

Du weisst, dass du in Finnland bist, wenn sich ein Töpfchen neben der Erwachsenentoilette befindet.

Ausserdem hatten wir einen Besuch im Speisewagen geplant.

Die finnische Bahn hat nämlich ein eigenes Bier mit dem hübschen Namen „Schienen-Bier“ in einer noch hübscheren Dose. (Es wird übrigens in der nahegelegenen kleinen Limonadenfabrik Brauerei produziert). Der Ähämann wollte mir schon zum Abschluss unserer Herbstferienreise eins kaufen, aber ich wollte lieber auf die nächste Reise warten, denn wann wäre der geeignetere Zeitpunkt, es auszuprobieren, als abends vor dem Schlafengehen im Nachtzug?

Andererseits: sich angesichts der aktuellen Coronasituation in einen Speisewagen setzen?! Wir beschlossen, mit Maske auf mal vorsichtig gucken zu gehen, und waren sehr verblüfft, denn im Speisewagen befand sich ausser dem Kellner kein einziger Mensch. Wir mussten  als erstes unsere Coronapässe vorzeigen, um als zweites gesagt zu bekommen, wir dürften aber gar nicht im Speisewagen essen, sondern nur was zum Mitnehmen kaufen. Und nein, Bier dürfte er uns nicht verkaufen. Es brauchte auch nur drei Minuten und mehrere verwirrte Nachfragen, bis er endlich zur Erklärung das Wort „Restaurantbeschränkungen“ benutzte und ich mir vor den Kopf schlug: stimmt ja, ab 17 Uhr kein Alkoholverkauf mehr und ab 20 Uhr alle Restaurants geschlossen. (Ich komme mittlerweile auch nicht mehr hinterher mit den aktuellen Bestimmungen, und Restaurantbeschränkungen sind das, was mich von allen am wenigsten interessiert.)

Dann eben auch auf dieser Reise kein Bahnbier und stattdessen mitgebrachtes Abendbrot in der Kabine.

Und dann war es auch schon Zeit, sich bettfertig zu machen und in die Eulenbettwäsche zu kriechen.

Generell hat’s die finnische Bahn drauf mit der Lackierung ihrer Waggons, aber dann noch Bettwäsche, passend zur Lackierung der Schlafwagen…! Weil noch Weihnachtszeit war, waren ausserdem überall in der Kabine kleine Aufkleber mit Wichteln versteckt. Man muss sie einfach lieben, die finnische Bahn!

(Ausser für ihr Buchungssystem und ihren telefonischen Kundendienst und dafür, dass sie alle Fahrkarten- und Auskunftsschalter an fast allen ihren Bahnhöfen dichtgemacht haben.)

Als wir aufwachten, waren wir schon in Oulu. Unter normalen Umständen wären wir zum Frühstücken in den Speisewagen gegangen, aber so hatten wir heisses Wasser in der Thermosflasche und Kaffeepulver, Teebeutel und „Zeltkakao“ dabei.

Neuer Autowaggon trifft alten Autowaggon.

Dann holten wir Balthasar aus dem Autowaggon ab, und der zweitschönste Teil des Urlaubs konnte beginnen.

Auf der Rückfahrt funktionierten die Toiletten, dafür war offensichtlich sämtliche Eulenbettwäsche in der Wäsche. Ausserdem hatten wir eine Kabine direkt über den Rädern, speziell über einem Rad mit einer kleinen Unwucht (oder was auch immer), das bei jeder Umdrehung klackerte und die Geschwindigkeit des Zuges anzeigte, und, ich sag‘ mal so, ich habe auch schon besser geschlafen im Zug.

Gute-Nacht-Geschichte wird auch im Zug vorgelesen.

Immerhin wissen wir jetzt, welche Kabinennummer wir das nächste Mal buchen müssen.

(Und wie wir auf die dritte Kabine, weil mittlerweile jedes Kind offiziell ein Bett oder einen Sitzplatz braucht, es aber von Turku nach Rovaniemi laut telefonischem Kundendienst keine Sitzplätze gibt, verzichten können, weiss ich jetzt auch: es gibt natürlich keine durchgehenden Sitzplätze, weil der Zug in Tampere komplett auseinandergenommen und mit einem Zug aus Helsinki zusammengeführt wird, aber man kann durchaus ein Ticket von Turku nach Tampere und ein zweites von Tampere nach Rovaniemi kaufen. Mit vier Betten kommen wir schliesslich auch (noch) auf jeder Fähre hin.)

Es wird nämlich auf jeden Fall ein nächstes Mal geben. Und zwar nicht erst in sechs Jahren.