Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Coronaklausur, Tag 44

Finnland hat 4995 bestätigte Coronafälle.

Wie man nach allem, was die Bildungsministerin in den letzten Tagen hat durchblicken lassen, schon ahnen konnte, müssen die Schüler*innen und Lehrer*innen nun doch nochmal für elf Tage in die Schule zurück in diesem Schuljahr. Und war gestern noch die Rede von schrittweise zurück in die Schule, heisst es heute schon „Alle 1. bis 9. Klassen fangen am 14. Mai wieder mit Präsenzunterricht an“.

Gleichzeitig wird Druck auf die Eltern ausgeübt, ihre Kinder auch wirklich hinzuschicken – denn hierzulande bekommt man ja relativ leicht eine zeitlich begrenzte Freistellung von der Schule oder die Genehmigung zum Homeschooling, weil es eben keine Schulpflicht gibt – denn in verschiedenen Umfragen haben jeweils über 65% der finnischen Eltern angegeben, ihre Kinder dieses Schuljahr nicht mehr zurück in die Schule zu schicken, selbst wenn die Schulen offiziell wieder öffnen sollten.

Sowieso darf man noch gespannt sein auf die Hygienevorschriften, die sich bis jetzt eher unkonkret auf „verstärktes Händewaschen“, „Abstand halten“ und „ungenutzte Räume nutzen“ beschränken. Alles natürlich wunderbar machbar mit Unterstufenschüler*innen in sowieso aus allen Nähten platzenden Grundschulen und wenn alle Klassenstufen gleichzeitig in die Schule zurückkehren…!

Ist aber ja auch sowieso völlig egal, wenn es nach den zu Rate gezogenen Fachleuten der finnischen Gesundheitsbehörde geht. Die verbreiten ja ganz offiziell den Standpunkt, Kinder würden weder an COVID-19 erkranken noch es verbreiten.

Ich bin es ja von Berufs wegen gewöhnt, Statistiken interpretieren zu müssen – und abgesehen davon, dass in Finnland ja kaum gestestet wird und man schon allein deshalb keine allgemeingültigen Schlüsse aus den Daten ziehen kann, hat Herr Drosten im letzten Coronapodcast Worte gefunden für etwas, das mir auch schon durch den Kopf ging:

„Wenn wir in der Situation von Kontaktsperren sind, also die Schulen sind geschlossen und wir haben eigentlich keine Möglichkeit, uns in der freien Umgebung zu infizieren, sondern die Infektionen finden vor allem im Haushalt statt, dann ist die Frage: Wer schleppt jetzt die Infektion in den Haushalt rein? Ist es das Kind? Oder ist es der Vater oder die Mutter oder die Großeltern? Da ist die Antwort: Das ist wahrscheinlich die Altersgruppe in der Bevölkerung, die das Haus verlässt. Dann ist das auch gleichzeitig die Altersgruppe, in die in der Bevölkerung am meisten die Infektion eingetragen wurde[…] die Altersgruppe zwischen vielleicht 30 und 45.“

Im Übrigen gibt es auch in Finnland noch andere kompetente Stimmen als die offizielle der Gesundheitsbheörde, und die sind mehrheitlich gegen Lockerungen zum derzeitigen Zeitpunkt, gerade weil (und nicht: obwohl) die bisherigen Restriktionen so erfolgreich waren – wir haben derzeit im ganzen Land gerade mal 48 Menschen wegen COVID-19 in Intensivbehandlung! – dass man tatsächlich eine Chance haben könnte, das alles so weit runterzudrücken, dass man wirklich wieder Infektionsketten nachverfolgen könnte.

Wenn man aufmerksam Nachrichten gelesen hat in den letzten Tagen, dann wird man den Eindruck nicht los, Finnland hat sich immer noch nicht von Schweden emanzipiert. Dass man da jetzt guckt und sagt, die waren schlau, die haben ihre Schulen nie zugemacht, und jetzt sind sie schon fast über den Berg, vielleicht können wir das ja auch noch so hinkriegen, wenn wir jetzt einfach alles wieder aufmachen. Aber sind die Schweden wirklich über den Berg?! Und zu welchem Preis?!

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Erfreulicheres.

Morgen ist Vappu. Und am Tag davor gehen die Kinder traditionell eigentlich nur zum Feiern in die Schule. Vappu fällt nicht aus, nur weil die Schulen geschlossen sind.

Die Klasse des kleinen Herrn Maus durfte sich verkleiden, und jeder durfte im Videochat sein Kostüm vorstellen. Ausserdem spielten sie gemeinsam Spiele. Ihre Haushaltsaufgabe für diesen Tag war, die Wohnung für Vappu zu schmücken, und die Anleitung für ein Vappuhütchen war auch im heutigen Tagesplan enthalten. Ausserdem hatten sie abgestimmt über einen Film, den sie gemeinsam angucken wollten, und der Lehrerin sei Dank, dass diesmal nicht nur Disneyscheiss zur Auswahl stand, sondern ausschliesslich finnische Kinderfilme, mit echten Schauspielern! Das Schöne an diesem Unterricht zu Hause ist ja, dass jeder vom anderen das mitmachen kann, was er gern will und was der eigene Zeitplan erlaubt, und so fand sich die halbe Familie zur Mittagszeit vorm Fernseher ein.

Der grosse Herr Maus hatte früh noch einen Finnischtest, aber dann machten sie auch verschiedene Spiele, zum Beispiel spielten sie jeweils zu zweit „Alias“ per Videochat.

Die Klassenlehrerin des Fräulein Maus erschien heute mit Studentenmütze und lustigen Zöpfchen vorm Bildschirm, und die Hauswirtschaftsaufgabe der Siebtklässlerin für diese Woche war, eine Vappuspeise zuzubereiten.

Dem Anlass angemessenes Abendbrot.


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Coronaklausur, Tag 43

Finnland hat 4906 bestätigte Coronafälle.

Also Politiker*in möchte ich in diesen Zeiten nicht sein.

Gerade eben wird in Finnland über die Wiederöffnung der Schulen beraten.

Die Lehrergewerkschaft ist dagegen. Finnische Kinderärzte – interessant ist ja, dass es plötzlich Kinderärzte gibt in Finnland, wo doch sonst hierzulande Kinder grundsätzlich zu den gleichen Ärzten wie Erwachsene geschickt werden – sowie die Gesundheitsbehörde sind dafür.

Ich kann die Argumente beider Seiten nachvollziehen.

Nur wegen des Zeitpunkts, um den es geht, finde ich die ganze Diskussion völlig absurd.

Die Schulen werden, wie Ende März beschlossen, auf jeden Fall bis 13. Mai zu bleiben. Der letzte Schultag vor den Sommerferien ist am 30. Mai. Das macht genau elf Schultage – oder im Falle der Herren Maus, die den Freitag nach Himmelfahrt schon an einem Dezembersamstag rausgearbeitet haben, sogar nur zehn.

Elf Tage, in denen man ganz sicher nichts mehr wird aufholen können. (So denn überhaupt was aufgeholt werden muss.) Elf Tage, die den Kindern, die es jetzt zu Hause nicht so schön haben, auch nicht wirklich helfen werden, wenn hinterher direkt wieder elf Wochen Ferien sind. Elf Tage, in denen die Lehrer*innen sicher keine Probleme feststellen werden, die ihnen nicht auch schon bei der hiesigen Art des Fernunterrichts aufgefallen wären.

Elf Tage, in denen die Schüler*innen schrittweise in die Schule zurückkehren sollen – die letzten Klassenstufen dann für zwei Tage oder wie!?

Sommercamps und Ferienbetreuung im Juni sind übrigens weiterhin abgesagt. Die Kinder sollen also elf Tage in die Schule gehen und sich dann zurück in Isolation begeben?!

Wegen diesen elf Tagen werden ja nicht nur die Schüler*innen zurück in die Schule müssen, sondern logischerweise auch Kinder von Lehrer*innen, Horterzieher*innen, Schulschwestern, Putzfrauen und -männern, Köch*innen und Lebensmittelzulieferern in den Kindergarten. Und wenn erstmal so viele Menschen wieder draussen unterwegs sind, werden sich auch schnell alle anderen nicht mehr an irgendwelche Regeln halten.

Es wäre so leicht, die Schulen einfach bis zu den Ferien zuzulassen und erst im August weiterzumachen, statt ein elftägiges Experiment zu starten, um herauszufinden, ob Kinder das Coronavirus wirklich nicht weiterverbreiten. Im August könnten wir schon so viel weiter sein, mit allem.

Sollen sie halt statt der Schulen die Restaurants wieder aufmachen, deren Schliessung zu so grossem Unmut geführt hat. Da können dann die, die an Herdenimmunität glauben, ja gerne hingehen.


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Coronaklausur, Tag 42

Finnland hat 4740 bestätigte Coronafälle.

Noch vor dem Frühstück kam das Fotobuch für den grossen Herrn Maus an. Der Postmann reichte es mir mit ausgestrecktem Arm in den Windfang und ging wieder. Das finde ich gerade sehr angenehm, dass man nirgends mehr unterschreiben muss: nicht, wenn die Post was an die Haustür bringt, nicht, wenn UPS was an die Haustür bringt, nicht, wenn man ein Paket von der Post abholt, nicht, wenn man am Auto seine bei IKEA bestellten Sachen übernimmt.

Es war kalt, und es hagelte und nieselte abwechselnd. Da kam es gerade recht, dass der kleine Herr Maus für Musik den Mitschnitt einer Ballettaufführung von „Pippi Langstrumpf“ an der Nationaloper angucken sollte und die sowieso länger war als eine Musikstunde. Hatten wir einen gemütlichen Nachmittag auf dem Sofa. (Kann man auch im Ausland angucken. Und für Ballett muss man ja kein Finnisch können.)

Und darüber, dass vermutlich die Schulen hier jetzt doch nochmal vor den Sommerferien aufgemacht werden, für ganze elf (!) Schultage, an denen ausser Filmegucken, Lesepicknicks und Wandertagen sowieso nichts passiert, rege ich mich dann morgen auf.


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Coronaklausur, Tag 41

Finnland hat 4695 bestätigte Coronafälle.

In Woche 7 fühlt sich der Ausnahmezustand inzwischen ganz normal an.

Nur manchmal wird mir ein bisschen wehmütig flau im Magen, wenn ich daran denke, dass wir in fünf Wochen nicht nach der Zeugnisausgabe die letzten Sachen packen und abends die „Grace“ besteigen werden, auch nicht am nächsten Tag bei IKEA in Jönköping Brunch essen, mehrere Stunden auf dem neuen Lieblingsspielplatz in Malmö abhängen und spätabends die nächste Fähre besteigen, nicht früh halb sieben beim Bäcker in Laage einfallen, nicht auf dem Weg noch Halt in Ferropolis und am Völkerschlachtdenkmal machen werden. Wenn mir bewusst wird, dass wir dieses Jahr keine zwei Wochen in der liebsten Heimatstadt verbringen werden, dass alle unsere Pläne und Verabredungen dort noch ein ganzes Jahr warten werden müssen.

Aber die Kinder, die jetzt abends, wenn es erst um zehn dunkel wird und um neun noch die schönsten Spiele im Gange sind auf unserem Hof, nie reinkommen wollen, obwohl am nächsten Tag Schule ist, die jammern ja immer, dass sie mal einen ganzen Sommer lang nur zu Hause bleiben wollen statt immer verreisen zu müssen. Sie werden dann jetzt die Sommerferien ihres Lebens haben. Und sich nächstes Jahr sehr nach einer Reise sehnen.

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Antizyklische Ernte.

Wir haben heute die Rank-Kartoffel geerntet. Angesichts der erschwerten Wachstumsbedingungen war die Ausbeute unerwartet gross!


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Coronaklausur, Tag 40

Finnland hat 4576 bestätigte Coronafälle.

Der Tag begann mit Campingfeeling. Das gestrige Möbeltetris war zwar schon auf dem Level „Jeder hat wieder ein Bett zum Schlafen“ angekommen, aber der Esstisch stand an die Wand gerückt zwischen einem Schreibtisch, einem Regal und dem Klavier und war belegt mit Kisten und Kästen.

Also gab es Frühstück auf der Terrasse, bei Sonnenschein und Vogelgezwitscher. Und 7°C. Aber sowas sind wir ja gewöhnt.

Der Rest des Tages verlief eher unspektakulär mit weiterem Möbelrücken und Sachen-in-Schränke-räumen. Mittagessen gab’s erst um vier. Dafür am inzwischen wieder freigeräumten Esstisch. War auch besser so, denn draussen ging gerade wieder ein Hagelschauer nieder.


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Coronaklausur, Tag 39

Finnland hat 4475 bestätigte Coronafälle.

Heute haben wir den ganzen Tag Möbeltetris gespielt.

Das Schreibezimmer ist jetzt Schlafzimmer, und das Schlafzimmer ist jetzt Harfenzimmer. Also fast. Im Harfenzimmer muss noch ein neues Hochbett aufgebaut werden, und im Schlafzimmer zählten wir heute 30 Löcher an der Wand, die wir wohl bevorzugt unter schwedischem Tapetendesign verschwinden lassen werden. Demnächst dann.

Seit sechs Wochen habe ich zum ersten Mal fast überhaupt nicht an Corona gedacht. Keiner hatte Homeoffice oder Fernunterricht, zum Nachrichtenlesen hatte ich keine Zeit, und es kamen uns auch keine Leute, riesige Bögen um uns – und wir um sie – schlagend, irgendwo entgegen.

Die günstigste Zeit für so ein Projekt ist jetzt übrigens trotzdem nicht. Letzte Woche haben wir ganz viel aussortiert, aber sämtliche Stellen, an die ich die Dinge bringen wollte – der Wertstoffhof, das Second-Hand-Kaufhaus vom Roten Kreuz und die Kleidercontainer – sind alle wegen Corona geschlossen.

Ich hatte ja zumindest damit gerechnet, dass ich die Tüte mit aussortierten Klamotten loswerde, aber an jedem einzelnen Altkleidercontainer hing ein Zettel, dass sie derzeit die Sachen nur in den Müll schmeissen könnten und man sie lieber zu Hause lagern soll, bis das Sortieren und der Weiterverkauf wieder funktionieren. Klar. Der kleine Herr Maus läuft derzeit auch mit Hochwasserhosen durch die Gegend, weil ich jetzt eben auch nicht in den Laden gehe, wo es die noch guten Sachen aus den Kleidercontainern zu kaufen gibt. (Und woanders kaufe ich ganz sicher keine Kinderhosen mehr, seitdem ich gesehen habe, wie gut erhaltene, teilweise sogar neue, Sachen dort verkauft werden. Was natürlich auch eher ein trauriges Bild auf unsere Gesellschaft wirft…) Der kleine Herr Maus kann dann jetzt ja vielleicht bald erstmal auf kurze Hosen umsteigen. Hoffe ich. Heute Nacht gab’s erstmal wieder Frost und über den Tag verteilt mehrere Hagelschauer.


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Coronaklausur, Tag 38

Finnland hat 4395 bestätigte Coronafälle.

Heute gab die finnische Regierung eine vierzigminütige Pressekonferenz extra für Kinder. Ministerpräsidentin Sanna Marin, Bildungsministerin Li Andersson und Wissenschafts- und Kulturministerin Hanna Kosonen sprachen über die Coronasituation in Finnland und beantworteten Fragen von Kindern.

(Den Frage-Antwort-Teil gibt’s auch als Skript.)

Wir guckten uns das gemeinsam an, und man hätte in unserem Wohnzimmer eine Stecknadel zu Boden fallen hören können, während die Kinder den Reden der Ministerinnen zuhörten und mich ab und zu verstohlen anstupsten, wenn sie sich besonders angesprochen fühlten.

Eine Regierung, die sich extra Zeit nimmt für Kinder, ernsthaft auf ihre Fragen eingeht und ihnen dafür dankt, wie gut sie das alles meistern zur Zeit, ist aber auch wirklich sehr… hach. Und ganz eventuell habe ich neulich auch schon mal erwähnt, wie froh ich bin, unser Land derzeit von all diesen jungen Frauen regiert zu sehen?!


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Coronaklausur, Tag 37

Finnland hat 4282 bestätigte Coronafälle.

Ich hatte heute den ganzen Tag so ein Watte-im-Kopf- und Ich-möchte-einfach-nur-schlafen-Gefühl. Das war schade, denn draussen war schönstes Wetter. Die eine Birke, die immer als Erste grün wird, hat schon richtige kleine Blättchen! Die Gänseblümchen und der allererste Löwenzahn blühen! Die Vogelbeere rollt schon ihre Blütenknospen aus! (Alles mindestens drei Wochen zu früh, aber trotzdem schön.)

Nachmittags brach unter der Nachbarskinderschar Sommerferienstimmung aus: es wurde Skateboard gefahren, getrampolint, einem Hundewelpen Kunststückchen beigebracht und die erste Wasserschlacht des Jahres ausgetragen. Das Fräulein Maus half mir gleichzeitig bei der Vorbereitung einer der Fernhortaufgaben für die nächsten Tage:

Abends radelten das Fräulein Maus und ich zur befreundeten Deutschlehrerin, um Unterrichtslektüre („Tschick“) für das Fräulein Maus abzuholen. Statt wie geplant „nur kurz vorbeizufahren“ sassen wir zwei Stunden lang unter Einhaltung aller Abstandsregeln bei Saft und Kuchen mit ihr im Garten, und ja, es war schon sehr schön, nach fast sechs Wochen auch mal wieder mit jemandem anders und über andere Dinge zu reden als nur mit der eigenen Familie oder über Arbeitsangelegenheiten, und zwar ohne einen Computer dazwischen.


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Coronaklausur, Tag 36

Finnland hat 4129 bestätigte Coronafälle.

Das Gute daran, dass wir seit fünf Wochen nicht unter Leute gehen, ist, dass wir seitdem alle gesund sind. Auch das Fräulein Maus, das sonst jede Magen-Darm-Seuche, jede Angina und jede Flunssa mitnimmt – und die gibt es in Finnland allesamt reichlich zwischen März und Mai – ist schon seit sechs Wochen nicht mehr krank gewesen. Es gibt auch fast keine Grippefälle mehr in Finnland.

Daran sieht man, wie einfach es sein könnte. Wenn.

Die Erkenntnis des heutigen Tages, an dem ich seit langem mal wieder unter Menschen musste: im Wald und in den Vororten, durch die wir unsere Coronaradtouren machen, bekommt man ein völlig falsches Bild. Denn die Supermärkte sind voll, die Parks und Spielplätze sind voll, sogar die Strassen sind voll. Wo nochmal sind alle diese autofreien Strassen in Grossstäden, die man jetzt auf Fotos bewundern kann? In Finnland jedenfalls nicht.

Vielleicht lag’s am Wetter. Der kleine Herr Maus trug heute auch den Laptop in den Garten und absolvierte sein Schwimmtraining dort.


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Coronaklausur, Tag 35

Finnland hat 4014 bestätigte Coronafälle.

Der Ähämann war gestern Abend zum ersten Mal seit neun Tagen wieder Lebensmittel einkaufen. Er kam erst nach zehn wieder heim, danach verstaute er noch eine halbe Stunde die Einkäufe nach einem ausgeklügelten, mittlerweile ganz gut etablierten System. Wie ich mich freue auf die Zeit, wenn wir uns die ersten Tage nach einem Einkauf in unserer Küche endlich nicht mehr verhalten müssen wie damals im Labor beim Mikrobiologiegrundpraktikum…!

Wir gingen zu spät ins Bett. Zum Glück hatte das Fräulein Maus heute eine Stunde später Schule und auch wir Eltern konnten bis um acht schlafen!

Kurz nach neun fühlte ich mich wie im Grossraumbüro: vier Personen murmelten gleichzeitig in ihre digitalen Endgeräte.

Die beste Chefin rief mich erst mittags altmodisch auf dem Handy an. Bis dahin gab ich mein Bestes, den dieses Jahr ausfallenden Tag der offenen Tür in unserem Hort, den wir normalerweise Anfang Mai für die zukünftigen Erstklässler und ihre Eltern veranstalten, durch einen ansprechenden Flyer zu ersetzen. Und mir natürlich ein Wissenschaftsdienstagsexperiment aus den Fingern zu saugen. (Das Heureka hat da ein paar nette Sachen auf seiner Seite.)

Ansonsten brach heute der Sommer aus, und zumindest ein Teil der schulbildungspflichtigen Kinder zog zumindest für den analogen Teil des Schultags in den Garten um.

Auch Mittagessen gab es auf der Terrasse. Nach und nach entledigten wir uns eines Kleidungsstücks nach dem anderen. Früh waren die Autos auf dem Parkplatz vorm Haus noch bereift gewesen, nachmittags liefen wir barfuss durch den Garten.

Wir holten zum ersten Mal dieses Jahr die Sonnencreme raus, und wo ich vor ein paar Monaten noch gedacht hatte: vielleicht haben wir es ein bisschen übertrieben mit der Vorratshaltung, wo wir doch im Juni guten und preiswerten Nachschub kaufen können, bin ich jetzt froh, dass wir gleich mehrere Tuben im Schrank stehen haben. An Sonnencreme wird es uns nicht mangeln diesen Sommer. (An festem Shampoo, an Bierbrause, an Spee, Fit und vor allem an einem neuen Fahrrad für den grossen Herrn Maus dagegen schon.)

Um drei schnappte sich der grosse Herr Maus seine „1,2 oder 3“-Tasche und sprang zur Buswendeschleife. Seine Lehrerin brachte Schulmaterialien: Arbeitsblätter, grosses, dickes Papier für die nächsten Kunstarbeiten, bei Bedarf auch Bücher aus der Schulbibliothek und Hefte, Bleistifte oder Radiergummis. Dem kleinen Herrn Maus brachte sie auf unsere Bitte hin ein paar Hefte mit einer Speziallineatur mit, die es im Supermarkt nicht gibt. Und für jeden hatte sie eine persönliche Karte gebastelt.

Ich habe das dann jetzt jedenfalls endlich mal zum Anlass genommen, mich bei allen drei Klassenlehrerinnen ausführlich dafür zu bedanken, dass unsere Kinder in diesen Zeiten in Finnland zur Schule gehen Unterricht haben dürfen.