Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Drei Wochen bis Sommerferien

Letzte Woche, als wir noch Daunenjacken, Mützen und Handschuhe trugen, war es schwer vorstellbar, dass in vier Wochen schon die Sommerferien anfangen sollten. Diese Woche ist es endlich warm geworden, und man kann dem Grün beim Explodieren zusehen.

Schule ist nur noch die lästige Beschäftigung, wegen der man sich früh aus dem Bett quälen muss, obwohl man abends erst halb elf ins Bett gegangen ist, weil man eher auch wirklich nicht ins Bett gehen kann, wenn die Sonne bis um zehn scheint und das Licht mit jeder Minute schöner wird.

Der Maiwahnsinn hat wieder präpandemische Ausmasse angenommen. (Mit dem Unterschied, dass die Kinder inzwischen weder überall hingebracht noch alle drei immer mitgeschleppt werden müssen.)

Zusätzlich hatten wir diese Woche eine Gastschülerin aus Deutschland. (Nicht die, bei der das Fräulein Maus vor drei Wochen war. Die kommt erst im August. Jetzt kam eine Musikklasse aus Freiburg zu Besuch.) Das war sehr nett – aber die Tage waren auch sehr voll, die Abende lang, und die Wecker klingelten ungewohnt zeitig, da die Gastschülerin offiziell mit der achten Klasse zur Schule ging, deren Unterricht um acht beginnt, während man als Gymnasiast*in in Turku eine halbe Stunde länger schlafen darf.

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Am Freitag feierten wir einen 15. Geburtstag. (Gerade erst wurde er drei!) Den Geburtstagsblumenstrauss konnten wir im Garten pflücken.

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Freitagabend um acht wurde auf unserer Strasse der letzte Schlusspunkt hinter den Winter gesetzt.

Erst kam der Wasserwerfer, dann die Riesenbürste, die die Splittschichten der vergangenen sieben Monate in die Mitte der Strasse bürstete, und dann der Splittsauger, der wie ein Staubsauger in grossen Schwüngen auf der Strasse hin und zurück ruckelte und zwischendurch dreimal zum auf der nächsten Strasse bereitstehenden LKW fuhr, um den eingesaugten Splitt auszukippen.

Dann kehrte wieder Ruhe ein, die Vögel sangen, die Abendsonne liess die hellgrünen Birkenblättchen leuchten, und der Sommer war da.

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Während sich gestern der Rest der Familie mit den Freiburger Gastschüler*innen und deren Turkuer Gastfamilien auf der Hausinsel zum Grillen, Schwimmen, Saunieren und gemeinsamen Abhängen traf, lief der grosse Herr Maus mit seinen Pfadfinderkumpels mit acht Kilo auf dem Rücken vierzig Kilometer vom Pfadfinderheim zu ihrem Mökki im nordwestlich von Turku gelegenen Nirgendwo – es ist so abgelegen dort, dass sie auf ihrem Marsch einem Wolf begegneten – um sich ein spezielles Pfadfinderabzeichen zu verdienen.

Nachdem wir auf dem Rückweg von der Hausinsel das Fräulein Maus und die Gastschülerin im Stadtzentrum, wo sie am Fluss zusammen mit den anderen ihren letzten gemeinsamen Abend verbringen wollten, aus dem Auto geworfen hatten, besorgten der Ähämann, der kleine Herr Maus und ich uns das obligatorische Sommerausflugseis und verspeisten es am neulich entdeckten Strand mit Aussicht. Dort wird gerade schon wieder das grösste Kreuzfahrtschiff der Welt gebaut.

(Es wird ein schwimmender Vergnügungspark für 8000 Leute, und man weiss nicht, ob man lachen oder weinen soll.)


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Sonntagsausflug

Herbst und Holzhäuser.

Wenn die Herbstblätter am schönsten leuchten, machen wir gern einen Ausflug nach Rauma. Am Samstag aber hing eine dicke Regenwolke über Rauma, und am Sonntag reichte die Zeit nicht, um in die immerhin doch 90 km entfernte Stadt und zurück zu fahren.

Aber Naantali hat ja auch eine kleine Altstadt. (Und ist dann jetzt auch wieder touristenfrei.)

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Strand mit Aussicht.

Auf dem Rückweg hielten wir am Bootshafen gegenüber der Werft nochmal an, denn bei Meyers stehen schon wieder zwei riesige, fast fertige Kreuzfahrtschiffe herum.

Seit diesem Jahr gibt es dort nicht nur einen Rundweg mit Werftblick, sondern auch einen Strand mit Werftblick. Leider hat er keine Sauna, so dass die Saison für dieses Jahr vorbei ist, aber nächsten Sommer will ich da unbedingt hin!

Bei den Preisen würde ich auch lieber vom Motorboot aufs Fahrrad umsteigen…

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Gleis 17.

Zuletzt holten wir noch das Fräulein Maus vom Bahnhof ab. Sie hatte das Wochenende bei der mittelfinnischen Freundin verbracht und kam auf Gleis 17 an.

Gleis 17 zeichnet sich dadurch aus, dass es sich einen halben Kilometer vom Bahnhofsgebäude entfernt auf der anderen Seite der Gleisanlagen befindet, zugänglich nur über eine überteuerte, fehlgeplante Brücke – was besonders schön ist, wenn man zum Beispiel wie der Ähämann früh von Gleis 7 abfährt und abends auf Gleis 17 ankommt und dann erstmal fünf Minuten zu seinem Fahrrad latschen muss. Die autofahrende Bevölkerung hat es allerdings auch nicht leichter: jeder Quadratmeter Strasse Privatgelände in der Nähe von Gleis 17 ist 24/7 kostenpflichtig, es gibt keinen einzigen kostenlosen Kurzzeitparkplatz, und die Ladestation für Elektroautos ist auch keine Lösung, denn zu den völlig absurden Ladepreisen dort soll man zusätzlich (!) auch noch Parkgebühren bezahlen. (Wir haben dankend verzichtet und abwechselnd das Auto nicht verlassen.)

Gibt es in Anlehnung an Kuoppatori und Jumikulaari eigentlich schon eine treffende Umschreibung für diese neueste Turkuer Errungenschaft?!


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Krankenbesuch

Es geht ihr den Umständen entsprechend gut: ein aufgeschürfter Bauch und ein paar Schäden in einem Schaltraum, in den Wasser eingedrungen ist. „Nichts, was wir hier noch nicht gesehen hätten“, so der Kommentar der Reparaturwerft.

Klein sah sie aus, im riesigen Trockendock. Am Kiel wurde geschweisst und gehämmert. Auf Höhe von Deck 6 hing eine Plattform von einem Kran herab, auf der zwei Werftarbeiter standen und Farbe abschliffen, denn die eigentlich für Januar geplanten Wartungsarbeiten werden jetzt auch gleich mit erledigt. Ein Gabelstaplerfahrer, der gigantische Stahlplatten balancierte, hupte und winkte uns fröhlich zu.


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Industrietourismus

Grosse Schiffe gucken war irgendwie das Thema der Woche.

Das Wochenende war regnerisch und finster. Aber irgendwann muss man ja auch mal rausgehen – erst recht, wenn man Besuch hat – und so führten wir bei einbrechender Dämmerung und Nieselregen Oma und Opa auf den kleinen Rundweg mit den spektakulären Ausblicken zur Werft.

In einem Jahr passiert dort erstaunlich viel: es gibt jetzt schon das nächste so gut wie fertige und halbfertige Kreuzfahrtschiff zu bestaunen.

Ich könnte mir keinen unattraktiveren Urlaub vorstellen, als mit sechseinhalbtausend anderen Leuten übers Mittelmeer zu schippern. (Überhaupt mag ich Schifffahren nur als Mittel zum Zweck.)

Aber beeindruckend sind diese Riesenschiffe schon.

Am anderen Ende des Rundweges kann man übrigens Finnlands älteste Erdölraffinerie bestaunen.


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Halbfertige Schiffe gucken

Im November ist keine Zeit für lange Ausflüge und ausgedehnte Wanderungen: zu schnell verschwindet die Sonne, wenn sie denn überhaupt mal zu sehen ist, wieder.

Und so begaben wir uns heute auf einen klitzekleinen Rundweg, der landschaftlich nicht viel zu bieten hat – aber immerhin beste Ausblicke auf die Turkuer Werft.

Die Werft hält Turku am Leben: sind ihre Auftragsbücher voll, geht es den Turkuern gut. Die Werft schafft Arbeitsplätze – sogar meiner ist ein Stückchen durch die Werft gesichert, hihi! – und da ist es dann auch schon egal, dass sich die derzeit im Bau befindlichen Schiffe der „Mein Schiff“-Serie nach dem grössten und zweitgrössten Kreuzfahrtschiff der Welt sowie der wunderbaren „Grace“ ein bisschen langweilig und altmodisch ausnehmen.

Von Zeit zu Zeit werden auf der Werft Besichtigungstouren angeboten – der Ähämann war schon mal da, ich leider immer noch nicht – aber Kinder unter 15 sind nicht zugelassen. Da ist es schön, wenn sie wenigstens von ziemlich aus der Nähe mal gucken können. 

Wie sich herausstellte, waren wir übrigens gerade noch rechtzeitig da: heute Abend bricht die „Mein Schiff 2“ – die eigentlich „Mein Schiff 8“ heissen müsste, aber TUI ist in seiner Namenskreativität tatsächlich noch steigerungsfähig und für mich heissen die sowieso seit Jahren alle „Mein Schiff 28“ – nämlich zu einer ersten einwöchigen Probefahrt auf. Da wäre dann nicht mehr viel zu sehen gewesen, obwohl an den nächsten zwei Schiffen auch schon gebaut wird.