Gewissermassen auch ein Zeichen von Finnisierung: auf kurzfristige Einladung von Freunden mal eben vier Stunden (einfache Fahrt, versteht sich) zu ihnen fahren.
Die 124 sahen wir auf dem Hinweg. Die 125 sahen wir dort. 126 bis 129 innerhalb einer Viertelstunde auf der Rückfahrt. Und die 130, die kam dann ein bisschen später auch noch.
Diesmal waren die Birken am Strassenrand gelb und grün gesprenkelt, die Roggenfelder gelb und voller Mähdrescher, die Seen spiegelglatt. 100 km vorm Ziel wurde es dunkel.
Jeden Herbst fühle ich mich halb blind, wenn ich nach Monaten zum ersten Mal im Dunkeln Auto fahren muss. Ich hatte mich auch gerade über das Elchwarnschild mit dem Zusatz „Lücken im Wildzaun“ direkt am Beginn der Überholspur mokiert. Denn: was soll man denn machen? Mit dreissig Stundenkilometern durchs Land fahren? Ich bin dankbar für die vielen, vielen Kilometer Elchzaun entlang finnischer Strassen, und auch für den „Elchstreifen“ am Strassenrand, auf dem man den Elch bestenfalls schon sieht, bevor er die Strasse betritt. Aber im Dunkeln? Wenn man bei Gegenverkehr nur mit Abblendlicht fahren kann? Sieht man da überhaupt irgendwas?
Und dann stand er da, der Elch, Finnlands gefährlichstes Tier – unverkennbar die Silhouette im Scheinwerferlicht des Gegenverkehrs. Noch weit genug entfernt, um zu bremsen, bevor er gemächlich vor unserem Auto über die Strasse stakste und im Wald verschwand.
Alle Mäusekinder waren von der Vollbremsung schlagartig wieder wach. Der grosse Herr Maus, der als einziger von ihnen den Elch gesehen hatte, erzählte wieder und wieder, wie er ausgesehen hatte und wie er die Strasse überquert hatte, das Fräulein Maus fachsimpelte mit ihm über die Fellfarbe von Elchen und ob es wohl eine Elchmutter gewesen sei, und der kleine Herr Maus, der murmelte noch, als er schon im Halbschlaf im Bett lag, um sich selbst zu beruhigen: „Der is‘ nich‘ böse, der Elch. Der is‘ bestimmt nett.“
[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106], 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123]
Montag, 9. September 2013 um 18:02
Das ist immer noch mein Horror in den skandinavischen Ländern, so ein Elch-Zusammenstoß. Bisher sind wir zum Glück immer nur im Sommer dort unterwegs gewesen, und die nächste Begegnung, die ich mit einem wildlebenden Exemplar hatte, war bei gezielter Elch-Safari mit Einheimischen ein Blick durchs Fernrohr auf einen sich zügig weg bewegenden Fell-Punkt. Wie oft passiert das denn, dass man tatsächlich scharf bremsen muss?
Dienstag, 10. September 2013 um 08:51
Das ist schwer zu sagen. Wir haben schon oft Elche gesehen, auch von ziemlich nah (hier z.B. https://myyratohtori.wordpress.com/2010/03/15/das-gefahrlichste-tier-finnlands/), aber das war jetzt das erste Mal in zehn Jahren, dass wir einem auf der Strasse begegnet sind. Andererseits berichtete mir die Freundin gleich, sie sei einmal abends von uns nach Lammi gefahren – das sind knapp 200 km – und hätte nacheinander drei (!) Elche getroffen…