Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Farewell

Wir haben heute zum ersten Mal seit neun Monaten gegen unsere selbstauferlegten Coronaregeln – keine Menschen in Innenräumen treffen – verstossen. Weil.

Geoffrey war das Herz und die Seele unserer kleinen Internationalen Gemeinde. Niemand den ich kenne, war so gläubig wie er, und niemand hat Kirche lockerer genommen als er. Er war Taufpate von zwei Männern, einem ganz grossen und einem kleinen, unserer Familie. Niemand hatte so viele Geschichten zu erzählen wie er, und niemand war ein besserer Zuhörer. Niemand konnte so wunderbar über sich selbst lachen.

Er wird so fehlen.

Godfather und Godson (2008)

Welch ein Glück, dass die Coronabeschränkungen hier derzeit nicht so streng sind – Beerdigungen sind erlaubt, nur keine Trauerfeiern hinterher – und wir alle fünf hingehen konnten.

Gemeinsam mit all den anderen wunderbaren Menschen, mit denen wir auch schon Geburtstage, Babyshower, Taufen, Hochzeiten und Priesterweihen gefeiert haben. Der gemeinsame Freund, der auf unserer Hochzeitsfeier spontan in die Rolle des Simultanübersetzers geschlüpft war und sechs Jahre später den kleinen Herrn Maus getauft hat, hielt den Trauergottesdienst auf Englisch und Schwedisch. Wir sangen „Be still my soul“, was besser nicht hätte passen können zu einem in Südafrika geborenen Briten, der schliesslich seine Heimat in Finnland gefunden hat. Durch die riesigen Glasfenster der wunderbaren Turkuer Friedhofskapelle fielen orange Novembernachmittagssonnenstrahlen, und zwischen den Kiefern, die fast in die Kapelle hineinwachsen, turnten Eichhörnchen.

Es war die tröstlichste Beerdigung, auf der ich je war.


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Bleibt alles anders

Ich dachte – nachdem ich jahrelang geklebt und geklebt und geklebt habe – gewisse Mutterfreuden endlich glücklich hinter mir gelassen zu haben.

Aber nein.

Fast in Ohnmacht bin ich gefallen, als mir die Verkäuferin nach dem Bezahlen der eine Dreiviertelstunde lang ausgesuchten sauteuren Schuhe die Anleitung, wie man dann noch die Bänder an diese zu nähen hat, über den Tresen schob…!


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Gefährliches Fahrwasser (2)

„Und gestern Abend haben wir sie noch fahren sehen…!“, sagte der kleine Herr Maus, als ich ihm die Nachricht vorlas.

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Viking-Line hat wohl gerade eine Pechsträhne.

Im Grunde genommen ist natürlich der Klimawandel schuld. Diese blöden Stürme…!

(Wir haben uns den ganzen Tag gemütlich zu Hause eingeigelt, während der Sturm ums Haus heulte und dicke Regentropfen ans Fenster schmiss.)


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Novembergeburtstag, coronakonform

Wie er denn seinen Geburtstag feiern wolle, fragte ich vor etlichen Wochen den kleinen Herrn Maus.

Nur mit seinem besten ehemaligen Schulfreund, und ob wir vielleicht mal wieder im Dunklen in den Wald gehen könnten.

Und so fuhren wir heute Abend mit Würstchen und Grillkäse und Mäusespeck und Geburtstagstorte zu Turkus schönster Feuerstelle. Sogar ein bisschen geschneit hatte es zur Feier des Tages!

Novembergeburtstage sind toll!

Am allerallerschönsten aber war, dass wir hinterher noch genau zum richtigen Zeitpunkt auf den Aussichtsturm geklettert waren, um das Rotorsegel der „Grace“ über die Baumwipfel der nächsten Insel hinwegziehen zu sehen.


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kolmesataaseitsemänkymmentäyhdeksän

Gestern Abend, während der Klarinettenstunde des kleinen Herrn Maus, machte das Fräulein Maus ihre letzten Hausaufgaben, und ich tütete die letzten sechs von 286 (!) Adventskalendern ein.

Die letzten vier haben mir gestern zwei meiner Hortkindern verkauft, denn nachdem der grosse Herr Maus am Montag den letzten Schwung fein säuberlich abgezählter Kalender von den Pfadfindern mitgebracht hatte, gingen spätabends noch zwei Bestellungen ein. (Merke: nächstes Jahr den letzten Bestelltermin auf Freitag vorverlegen.) Da fiel mir wieder ein, dass mich gleich Mitte Oktober eins meiner Hortkinder gefragt hatte, ob ich ihm denn einen Kalender abkaufen würde, und ich mir da schon ein bisschen schlecht vorgekommen war, dass der grosse Herr Maus dank euch immer Rekordmengen verkaufen kann, aber andere Kinder ihre obligatorischen zehn kaum loswerden. Deshalb fragte ich ihn am Mittwoch, ob er mir denn noch vier mitbringen könne, und das hörte ein anderes Pfadfinderhortkind und sagte sofort: „Ich verkaufe auch welche. Wir können es ja so machen, dass L. dir zwei mitbringt und ich auch zwei!“ So machten wir es. (Merke: nächstes Jahr jedem Pfadfinderhortkind mindestens einen Kalender zum Weiterschicken abkaufen.)

Nach der Klarinettenstunde fuhren wir das Fräulein Maus zum Ballett, und von da wollten der kleine Herr Maus und ich zum Supermarkt, um die letzten Dinge für seine wegen Halsweh schon zweimal verschobene, aber heute Abend nun hoffentlich endlich stattfindende Geburtstagsnachfeier mit seinem besten ehemaligen Schulfreund einzukaufen, und als wir auf dem Weg an der Hauptpost, die tatsächlich bis 20 Uhr geöffnet hat, vorbeikamen und auch noch ein Parkplatz frei war, schnappte ich mir kurzentschlossen die letzten drei Briefumschläge, die ich ja nun sowieso schon dabeihatte, liess den kleinen Herrn Maus im Auto sitzen und sprang in die Post. Ich war die einzige Kundin. Zwei Schalter waren offen. Ich zog brav mein Nümmerchen und kam bei einer jungen Frau dran, die ich noch nie auf der Post gesehen hatte. „Kannst du die bitte abstempeln?“, brachte ich meine nahezu tägliche Bitte der letzten vier Wochen vor. Sie sah erst mich und dann ihre ältere Kollegin ein bisschen hilflos an. Die Kollegin warf einen Blick auf meine mit Tatu und Patu verzierten Briefe, lächelte und sagte zu ihrer jungen Kollegin: „Kannst du mir geben. Davon habe ich schon viele gestempelt!“ „Sind die letzten für dieses Jahr“, sagte ich, und dann unterhielten wir uns noch ein bisschen, und dann bedankte ich mich nochmal und verabschiedete mich mit „Nächstes Jahr wieder!“.

Und beim Weiterfahren fuhr dann ein sehr schönes Kennzeichen vor uns her: unser Nachname und die 379.

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123, 124-130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139-140, 141, 142, 143, 144, 145, 146-147, 148-149, 150, 151, 152, 153-155, 156, 157, 158, 159-160, 161, 162, 163-164, 165, 166-167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197-198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205-206, 207-208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215-216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224-225, 226, 227, 228, 229-230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245,246, 247, 248, 249-250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268-269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278-279, 280-281, 282, 283, 284-285, 286, 287, 288, 289-290, 291, 292, 293-294, 295, 296, 297-298, 299, 300, 301, 302-303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310-311, 312, 313, 314-315, 316, 317-318, 319, 320, 321-322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330, 331-332, 333, 334, 335, 336-337, 338, 339, 340, 341, 342, 343-344, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 351, 352, 353-355, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 362, 363, 364, 365, 366-367, 368, 369, 370, 371, 372, 373, 374-375, 376, 377-378]


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Unkomplizierte Ausflüge ins Parkhaus für alle

Seit letzter Woche ist der grosse Herr Maus das einzige Familienmitglied, das noch nicht in den Genuss eines Coronatests gekommen ist.

Mittlerweile ist auch das schon Routine. Seit ein paar Wochen gibt es in Turku ein eigenes Coronatelefon für Schulkinder; wenn man da gleich früh um acht anruft, wird man nach ein paar Minuten zurückgerufen und bekommt einen Testtermin noch am gleichen Tag. Getestet wird hier derzeit auch wieder bei den kleinsten Symptomen, denn Turku war zwei Wochen lang einer der Coronahotspots Finnlands, und vor allem auch Kinder, denn viele Fälle waren vor allem in Schulen aufgetreten. Nur wenn schon ein Familienmitglied beim Test war und die anderen die gleichen Symptome haben, müssen sie nicht zum Test, und so ging vor zwei Wochen nur das Fräulein Maus zum Test (schon zum zweiten Mal), während die Herren Maus, die erst am nächsten Tag Halsweh bekamen, zu Hause auf dem Sofa blieben und gemeinsam mit der grossen Schwester aufs Testergebnis warteten. Letzten Donnerstag gewann dann der kleine Herr Maus mit einer sehr rauen und tiefen Stimme seinen ersten Coronatest.

„Ja, wir wissen, in welchem Parkhaus getestet wird, wir waren da schon öfter“, erklärte ich donnerstagfrüh der Frau am Coronatelefon, und „Nein, danke, wir wissen inzwischen auswendig, was auf dem Infozettel steht“, lehnte der Coronatestchauffeur Ähämann sechs Stunden später den dreiseitigen Papierstapel ab.

Das Testergebnis kommt mittlerweile recht zuverlässig ca. 25 Stunden nach Testnahme per SMS. Und inzwischen muss da auch keine arme Krankenschwester mehr sitzen und den ganzen Tag SMSe tippen, sondern es kommt – im Falle eines negativen Testergebnisses; bei einem positiven würde man umgehend angerufen – eine automatisch erstellte SMS; so eine, wie auch 24 Stunden vor einem Arzt- oder Zahnarzttermin als Erinnerung geschickt wird oder als Benachrichtigung, dass ein e-Rezept ausgestellt wurde und eingelöst werden kann. Apropos. Dafür muss man neuerdings nicht mal mehr in der Poliklinik anrufen, sondern kann sich einfach in seine digitale Patientenakte einloggen, bei dem Medikament, das man gern neu verschrieben hätte, ein Häkchen setzen und damit ein neues Rezept dafür beantragen. Das letzte Mal hat es keine Stunde gedauert, bis das e-Rezept fertig war und ich in die Apotheke gehen konnte.

Die Erinnerung an die Tage – ach was, Wochen! – die ich in meinem Leben schon in deutschen Wartezimmern abgesessen habe, erscheint mir mittlerweile wie ein schlechter Traum.


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St. Martin 2020

St. Martin spielte in der Gegend, in der ich aufgewachsen bin, keine Rolle.
(Laternenumzüge fanden, wenn, dann an Sommerabenden statt.)

In Finnland auch nicht. Aber in Turku organisiert die Deutsche Gemeinde jedes Jahr einen Martinslauf. Wir waren genau ein Mal da, denn mir war die ganze Sache zu… äh… deutsch. Aber mit den Hortkindern ist Laternenbasteln und Martinslaufen toll.

Gebastelt haben wir dieses Jahr auch.

Wer will, kann seine eigene Laterne dazubringen. Oder sich mit seiner Laterne vor dem Laternenfenster fotografieren lassen.

Und statt Martinstag machen wir Martinswoche.

Es kann gar nicht genug – behagliches (!) – Licht geben hier im Norden in dieser Jahreszeit.


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Novembersonn(en)tag

Seit Tagen ist es hier kein bisschen novembergrau. Die Sonnen scheint von einem tiefblauen Himmel, und nur die langen, tiefen Schatten erinnern daran, dass November ist.

Deswegen hatte sich der Ähämann heute einen Ausflug zum „Zentimeterhochberg“ – diesen Namen hatte der kleine Herr Maus dem Berg einst verpasst, weil ihm kein Name, sondern nur unsere Spöttelei über den 64 Meter hohen „Berg“ in Erinnerung geblieben war – gewünscht.

Zum Glück kennen wir den Weg dahin – weil es einer unserer Zu-jeder-Jahreszeit-Lieblingswanderwege ist – in- und auswendig. Denn nicht nur war der Parkplatz mit einem Schlagbaum gesperrt, auch alle Markierungspflöcke und Infotafeln waren verschwunden. Was bitte soll das denn nun wieder?!