Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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yhdeksänkymmentäneljä

Andere gehen sonntagnachmittags joggen. Wir fahren mit drei Kindern auf zwei Fahrräder verteilt zu IKEA.

(Mit dem Auto wären wir jedenfalls nicht am BILTEMA vorbeigekommen, auf dessen Parklplatz der Oldtimer mit der 94 stand.)

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Back to work: Die Kinderbetreuung

Hach.

Es scheint, die Mäusekinder haben mit ihrem neuen Kindergarten das grosse Los gezogen. Und wir mit. Das fing damit an, dass ich im Mai einen Anruf bekam, ob ich nicht schon mal für die Vorgespräche vorbeikommen wolle. Man könne das so organisieren, dass wir das gleich für alle drei Kinder bei einem Termin machen könnten, und den kleinen Herrn Maus, den könne ich selbstverständlich mitbringen, den werde man schon irgendwie beschäftigen. Eine Woche vorher, an einem unserer Frei-tage, waren wir schon mal gemeinsam hinspaziert, hatten des Fräulein Maus‘ Vorschulanmeldung abgegeben und dabei, noch ehe der offizielle Brief eintraf, erfahren, dass ab August nicht nur das Fräulein Maus, sondern auch die beiden Jungs dort anfangen würden. Nach siebzehn Monaten auf der Warteliste und fünfzehn Monaten (minus zwei mal zwei Monaten Sommerferien) Fahrerei mit Bus und Auto zwischen neuer Wohnung und altem Kindergarten sowie einer zunehmenden Abneigung gegen den neu organisierten Kindergarten eine riesige Erleichterung. An diesem Frei-tag hatten die Kinder auch schon mal gucken dürfen, wo sie ab nach den Sommerferien ihre Zeit verbringen würden, und mit drei Kindern, die am liebsten gleich zum Spielen geblieben wären, war ich froh wieder nach Hause gezogen. Dann ging ich also zum Vorgespräch, wir erledigten eine Menge Papierkram, sprachen über die Kinder, und der kleine Herr Maus schwelgte in Büchern und Spielzeug, das er von zu Hause nicht kannte. Wir besprachen, wie eine Eingewöhnung aussehen würde (was sehr viel mehr mit einer Eingewöhnung zu tun haben würde als das, was mit den grossen Mäusekindern im alten Kindergarten veranstaltet wurde), dass wir die ersten wären, die ihr Kind mit Stoffwindeln in diesen Kindergarten schicken würden (das war dann im Kindergarten im Studentendorf doch anders…), aber dass das ganz sicher kein Problem sei, wenn ich nur vorher mal eine kleine „Schulung“ abhielte, und dass doch das Fräulein Maus am Nachmittag gleich nochmal vorbeikommen solle, um schon mal seine künftige Vorschullehrerin kennenzulernen, damit sie wisse, was auf sie zukomme (während sich im alten Kindergarten die Kinder oft nach den Sommerferien plötzlich und unangekündigt in einer vollkommen neuen Gruppen mit anderen Betreuern wiederfanden).

Nach einer Woche Eingewöhnung und zwei Wochen „ernsthaftem“ Kindergarten hat sich der gute Eindruck eigentlich nur bestätigt.

Es macht überhaupt nichts, dass der Kindergarten ein bisschen eng ist, weil er vor drei Jahren im rasch wachsenden Stadtteil als Fertigkindergarten auf eine freie Wiese gestellt wurde. Im Gegenteil, es ist wunderbar gemütlich dort und geht so familiär zu, wie man es sich für so eine Einrichtung nur wünschen kann. Es gibt nur drei Gruppen dort, die mittlere und die grosse mit jeweils 21 Kindern, die kleine Gruppe nur mit zwölf (wovon im Moment erst 10 Plätze belegt sind und davon noch mindestens vier Kinder im Urlaub sind, während alle Betreuer schon da sind, also optimale Bedingungen für den kleinen Herrn Maus zum Eingewöhnen herrschen). Es gibt in jeder Gruppe drei Betreuer, so wie es der finnische Betreuungsschlüssel vorsieht, in der Gruppe des Fräulein Maus‘ noch zusätzlich eine „Hilfsbetreuerin“, damit die Vorschüler und die Fünfjährigen, in die diese Gruppe zu bestimmten Aktivitäten aufgeteilt wird, beide jeweils zwei Betreuer haben. Jeder kennt jedes Kind, und es macht gar nichts, wenn ich den kleinen Herrn Maus beim Abholen kurz mit dem grossen Herrn Maus in dessen Gruppenraum spielen lasse, um derweil das Fräulein Maus aus ihrem zu holen.
Leerlauf jeglicher Art – beim Warten aufs Essen oder beim Warten, bis alle auf dem Klo waren – wird fast immer mit Büchergucken überbrückt, auch bei den Kleinsten gibt es dafür in jedem Raum, auch in der Garderobe, eine Bücherkiste. Auch das etwas mir und den Mäusekindern völlig Neues – und neuerdings beobachte ich oft den kleinen und den grossen Herrn Maus dabei, wie sie sich zu Hause ein Buch aus dem Regal nehmen und anschauen. Alleine. Ohne, dass ich sofort vorlesen muss.
Der kleine Herr Maus hat schon seine ersten Kunstwerke produziert, die im Flur ausgestellt sind, und die Ausmalbilder, die der grosse Herr Maus stolz mit nach Hause bringt, zeigen Tiere und Blumen und Häuser – und keinen Disneymist.
Und nicht zuletzt haben wir schon nach einer Woche aus jeder Gruppe ein Willkommensbriefchen mit nach Hause bekommen, mit dem Versprechen weiterer monatlicher Elternbriefe über alles, was im Kindergarten so los war und los sein wird.

Sagte ich übrigens etwas von „In den Kindergarten laufen“? Wir laufen ja gar nicht. Wir fahren Fahrrad. Das Fräulein Maus allein, der grosse Herr Maus allein (der schiebt den allerersten Berg hinunter, weil er sich den noch nicht zutraut, aber dann strampelt er tapfer auf seinem 12-Zoll-Rad die Strasse entlang), und der kleine Herr Maus sitzt hinten bei mir im Fahrradsitz. Auch darauf haben wir siebzehn Monate lang gewartet.

Das Vorschulkind geht ganz in seiner neuen Rolle auf. Vom ersten Tag an wollte sie – statt mit mir und dem kleinen Herrn Maus nach dem Mittagessen wieder heimzugehen – zum Mittagsschlaf bleiben, und jeden Nachmittag wurde ich vorwurfsvoll gefragt, warum ich sie denn jetzt schon abholen würde. Sie hat eine wunderbare Vorschullehrerin, die mir schon nach der ersten Woche berichtete, die Sorgen um des Fräulein Maus‘ Finnischkenntnisse seien völlig unbegründet. Tatsächlich ist sie kein bisschen schüchtern mehr und spricht mit allen und über alles, und sie hat auch keine Scheu mehr, nachzufragen, wenn sie etwas nicht versteht. (Der unmöglichste Kommentar aus dem alten Kindergarten lautete: „Wie soll sie denn finnisch sprechen lernen, wenn sie nicht mit uns spricht?“ Hm, wäre das nicht Aufgabe der Betreuer gewesen, sie zum Sprechen zu motivieren?!) Jeden Dienstag gehen die Vorschulkinder, statt ihr tägliches Vorschulprogramm im eigenen Gruppenraum zu absolvieren, „in die Schule“, die gleich am anderen Ende des Kindergartengebäudes ist, und nach dem ersten Dienstag war das Fräulein Maus gefühlte 10 cm gewachsen. Kommende Woche machen die Vorschulkinder übrigens Schwimmkurs.

Dem grossen Herrn Maus tut der neue Kindergarten ausgesprochen gut. Er, der sich immer so schwer getan hat, wenn er die Gruppe wechseln musste, hat sich innerhalb von ein paar Tagen eingelebt. Schon am zweiten Tag wollte er dort mit Mittagsschlaf machen, und Freunde hat er auch schon gefunden, die allerdings noch keine Namen haben, sondern „Der, der mir das Auto klauen wollte, aber jetzt immer mit mir spielt“ oder „Die, der ich im Sandkasten Kuchen gebacken habe“ heissen. Und früh beim Bringen höre ich immer mal ein freudiges „Der grosse Herr Maus kommt!“ von dem einen oder anderen kleinen Kindergartenkollegen. Am meisten hat ihm aber wohl geholfen, dass er immer, wenn er kommt, sofort anfangen darf, die Holzeisenbahn aufzubauen. Nur das mit dem Mittagsschlaf, das gefällt ihm überhaupt nicht.

Dem kleinen Herrn Maus hat es auch gleich ganz wunderbar gefallen im Kindergarten – so lange ich dabei war. Sein erstes finnisches Wort hat er gleich am ersten Tag der Eingewöhnung gelernt. „Moikka! Moikka!“, begrüsste er fortan alle, die ihm dort über den Weg liefen. Er spielte begeistert mit all den neuen Spielsachen, ass prima und schlief sogar seinen Mittagsschlaf problemlos im Klappbettchen.
Letzten Dienstag, als er das allererste Mal allein dort bleiben musste, gab es viele Tränen. Zum Glück sind die grossen Geschwister gleich nebenan. Abwechselnd kamen sie auf dem Hof an den Zaun, mit dem der Spielplatz für die ganz Kleinen abgeteilt ist, und streichelten und trösteten ihn. Als er nach dem Mittagsschlaf wieder weinte, durfte er im Gruppenraum der Vorschulkinder spielen. Mit der grossen Schwester zusammen. Als ich ihn dann abholen kam, fiel er mir um die Beine, liess sich umziehen und… wollte dann keineswegs nach Hause. „Komm!“, rief er und marschierte zurück Richtung Gruppenraum. Am Mittwoch ging es schon viel besser. Als ich ihn abholte, spielte er gerade „Muh!“ Und „Mäh!“ rufend konzentriert mit den Bauernhoftieren. Und weinte überhaupt nicht. Am Donnerstag hatte er Fieber und war beim Abholen nahezu untröstlich, wie schon den ganzen Tag. Wir läuteten also notgedrungen das Wochenende ein. Die nächste Woche begann nicht besser. Der kleine Herr Maus fing schon beim Anziehen zu Hause „Nein! Nein!“ zu jammern an. Die Tage verbrachte er „Mama komm!“ wimmernd, ausser draussen auf dem Spielplatz, da fühlt er sich wohl. Und eines Vormittags, als ein Spaziergang durch den Wald gemacht wurde, verblüffte er alle, weil er nicht in den Kinderwagen wollte, sondern selber laufen, und zwar den ganzen Weg, und dann fröhlich neben einer der Betreuerinnen hertippelte. (Mich überraschte das gar nicht!) Gegen Ende der Woche schlugen seine Betreuerinnen vor, vielleicht sollten wir es mal mit einem Teddy probieren, den er von zu Hause mitbringen könnte. Ich war auch schon auf den Gedanken gekommen, hatte ihn aber wieder verworfen, weil der kleine Herr Maus nie ein Kuscheltier benutzt. Er schläft ohne Kuscheltier, und er spielt eher mit Puppen als mit Teddys. Trotzdem ging „Bää“ mit ihm am Freitag in den Kindergarten – und als ich nachmittags zum Abholen kam, sassen die beiden gemeinsam, fröhlich in der Gegend herumschauend, in der Schaukel. Das mit dem Teddy war ein voller Erfolg.

Kann ich am Montag wieder beruhigt auf Arbeit gehen, während das Fräulein Maus, der grosse Herr Maus, der kleine Herr Maus und Bää in einen wunderbaren Kindergarten gehen.


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Back to work: Wieder an der Uni

Ich hab’ erstmal nachrechnen müssen: reichlich vier Jahre ist es her, seit ich zum letzten Mal ernsthaft Wissenschaft betrieben habe. Mein Gehirn arbeitet demzufolge auch noch ein bisschen schwerfällig. Aber ich war dann nach ein paar Tagen erstaunt, wie wenig sich eigentlich in den vier Jahren an der üblichen Software, den gängigen Suchmaschinen und den gebräuchlichen Methoden geändert hat und wie automatisch mir vieles von der Hand geht. Und wie ungemein befreiend es ist, etwa in einer Stunde mal eben seinen Lebenslauf auf den neuesten Stand zu bringen und dabei noch die völlig durcheinandergeratene Formatierung wieder in Ordnung zu bringen – etwas, was ich in den letzten drei Jahren nicht geschafft habe.

Sehr zu meinem Erstaunen sind fast alle meiner ehemaligen Kollegen noch da, und ich fühle mich aufrichtig willkommen. Und meinen etwas … äh… schwierigen Doktorvater habe ich ja schon für das Fuchsprojekt gegen einen sehr viel netteren Chef eingetauscht.

Meine derzeitigen Hauptarbeitsaufgaben sind Anträge schreiben, Anträge schreiben und Anträge schreiben. Aber wenn ihr im Urheilupuisto oder in Sampalinna oder auch mal im Stadtzentrum eine Frau mit Antenne auf Eichhörnchenjagd seht – das bin dann ich.


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Lieber doch nicht.

Manchmal hätte ich auch gern so Kinder, die man nach dem abendlichen Vorlesen, Vorsingen und Gute-Nacht-Sagen allein in ihren Betten zum Einschlafen zurücklassen kann.

Andererseits… die kleine Hand in meiner, das Ärmchen um meinen Hals und die im Flüsterton vorgetragenen kleinen Ereignisse des Tages und grossen Fragen des Lebens, all die vergangenen Erlebnisse, wunderlichen Erkenntnisse und ernsten Zukunftspläne… die möchte ich nicht missen.

Kleines, grosses Glück.


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Letzter Sommertag

Früh leuchteten aus dem Nebel nur die roten Vogelbeeren. Auf den Wiesen lag Tau. Über die Wiesen waren Spinnenetze gespannt, mit winzigkleinen Tautropfen darauf. Es war kühl und feucht und roch nach nassen Blättern und Pilzen.

Nun ist er wohl da, der Herbst.

Aber dann wurde es doch noch warm. Ein allerletztes Mal vielleicht, denn morgen soll es den ganzen Tag regnen, und danach deutlich kühler werden.

Was macht man an einem allerletzten Sommertag, der erst ein vierter oder fünfter Sommertag überhaupt ist? Wenigstens ein einziges Mal dieses Jahr ins Freibad gehen. Für den Strand wäre es nicht warm genug gewesen, aber das Freibad hat ja geheiztes Wasser und eine Sauna.


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Öffentliche Wiedergutmachung

Ich habe ihr jahrelang Unrecht getan.

Ich hatte mehrmals gehört, dass die Mikaelinkirkko bei Brautpaaren sehr beliebt sei, weil sie so viel hübscher als der Dom sei. Und dann hatte ich noch im örtlichen kostenlosen Käseblättchen einen Artikel zum selben Thema gelesen, der mit Fotos von rosenbemalten Wänden und Decken illustriert war. „Die Kitschkirche“, nannte ich sie fortan.

Einmal wollte ich mir selbst ein Bild machen, als ich zufällig vorbeikam. Der Blick durchs Schlüsselloch allerdings bot auch nur einen recht eingeschränkten, verschwommenen Eindruck.

Gestern war Orgelvorführung in der Mikaelinkirkko.

Die Musikauswahl für das kurze Konzert am Anfang hätte nicht schöner sein können: etwas für die ganz grossen, dicken Orgelpfeifen und etwas für die ganz winzigen, etwas auch, wofür sogar die Glocken, und etwas, für das das Vogelgezwitscher gebraucht wurde, laute Töne und leise, vor allem moderne, Variationen über Kirchenlieder und auch ein Swing, zu dem die beiden Herren Maus spontan ein Tänzchen vor dem Altar aufführten.

Dann durften wir die Orgel anschauen, anfassen, ausprobieren und von innen begehen. Jedes der Mäusekinder drückte ein paar Mal auf das Pedal für das Vogelgezwitscher – und wir erfuhren, dass es genauso funktioniert, wie die Vogelpfeife, die wir dem Fräulein Maus auf dem Mittelaltermarkt gekauft haben, nämlich mit Wasser.

Und die Mikaelinkirkko? Die ist so prachtvoll und dabei so unkitschig, wie es nur geht.

Die Rosen, die befinden sich nämlich gar nicht in der Kirche, sondern im „Rosenzimmer“, einem kleinen Nebenraum.