Die Finnen haben es gut. Die feiern zweimal im Jahr Weihnachten.
Für mich zumindest fühlt sich Mittsommer mit seinen drei freien Tagen, mit den vollen Supermärkten vorher und den stillen Städten am Juhannustag selbst, mit all den Vorbereitungen, der Vorfreude und den Hyvää juhannusta!-Wünschen von allen Seiten so an.
Aber für mich ist Juhannus immer noch kein Fest, das einen besonderen Platz in meinem Herzen hätte. Als wir letztes Jahr zu Juhannus in Deutschland waren, habe ich nicht mal dran gedacht. Zu neu ist mir das Fest, zuwenig Erinnerungen sind für mich damit verbunden.
Deswegen bin ich so ein bisschen hilflos, wenn es ans Plänemachen für Juhannus geht. (Und das Wetter für eine kleine Reise zu schlecht ist.) „Was möchtet ihr denn gerne machen zu Juhannus?“, fragte ich deshalb dieses Jahr die Kinder. „Was macht man denn so zu Juhannus?“, fragte das Fräulein Maus zurück.
Da war ich also so schlau wie vorher. „Naja, da schmückt man das ganze Haus mit Blumen, und isst leckere Sachen, und geht in die Sauna, und die Fahne darf die ganze Nacht wehen, und natürlich gehört ein Juhannusfeuer dazu…“ zählte ich die Sachen auf, die mir bei meinem allerersten Juhannus mit meiner finnischen „Familie“ im Sommerhaus am mittelfinnischen See besonders gefallen hatten. „Ja! Ja! Ein Feuer!“, riefen die Kinder begeistert. „Können wir ein Feuer machen?!“
Zuerst ordnete ich jedoch einen Juhannusputz an. Aufräumen! Alle Zimmer! Als ich die Kinder Donnerstagnachmittag aus dem Kindergarten und der Ferienbetreuung geholt hatte – nicht ohne mich dort mit einem „Hyvää juhannusta!“ verabschiedet zu haben – machten sie sich eifrig ans Werk. „Juhuu! Juhannusputz!“ (Wir könnten noch mehr Feste gebrauchen…!) Am Freitag gingen wir – als es mal kurz nicht regnete – Blumen pflücken. Viele Blumen! Für jeden eine eigene Vase voll. Dann assen wir leckere Sachen. Dann guckten wir einen Märchenfilm, weil es hagelte. Dann assen wir einen Berg warmer Waffeln, damit uns warm wurde. Und alle halbe Stunde fragten die Kinder: „Können wir zum Juhannusfeuer gehen?“ und „Wann gehen wir endlich los zum Juhannusfeuer?“
So ein Juhannusfeuer, das muss nämlich gross sein. Und am Wasser stattfinden. Das können wir nicht im eigenen Garten machen.
Und als wir halb neun losfuhren, kam die Sonne heraus. (Wie an fast jedem verregneten finnischen Sommertag.) Wir gingen mit langen Unterhosen (!) und mit Mützen (!) zum Mittsommer(!)feuer, aber die Sonne schien, und nur ein ganz leichter Wind kräuselte das Wasser, und die Schwedenfähren zogen im Abendlicht vorbei, und ein Gänseelternpaar schwamm mit seinen zwei Küken spazieren, und es war genau so, wie Juhannus sein muss.

Und als wir nach Hause kamen, flatterte die blauweisse Flagge träge gegen den mittsommerhellen Himmel, und es war genau so, wie Juhannus sein muss.
Und als die Kinder halb zwölf ins Bett gingen, fiel dem Fräulein Maus ein, dass wir ja gar nicht in der Sauna – die sowieso voll Wäsche hing – gewesen waren, und dass das ja wohl gar kein richtiges Juhannus gewesen sei, und also versprach ich ihr, dass wir das am nächsten Tag nachholen würden, denn so wie Weihnachten nicht am Heiligabend vorbei sei, so sei das ja auch mit Juhannus. „Aber mit Birkenquasten!“, forderte sie noch vor dem Einschlafen.
Am nächsten Tag schliefen wir alle bis um zehn, dann guckten wir die „Maus“ und Löwenzahn“, weil es schon wieder regnete, dann assen wir Milchreis, weil wir Appetit drauf hatten und weil ja nicht gesagt ist, dass man das nur zu Weihnachten darf, dann gingen wir – als es mal kurz nicht regnete – Birkenzweige holen, dann heizten schalteten wir die Sauna an, und als wir zum Abkühlen in den Garten gingen, kam gerade die Sonne raus. „Und wir haben ja auch noch gar keine Würstchen gegrillt!“, stellten die Kinder fest. „Können wir ein Würstchenfeuer machen?!“ Also machten wir ein Würstchenfeuer, grillten Wurst und Brot und Mäusespeck, und zwischendurch rannten die Kinder zu ihren Freunden auf den Spielplatz, und die Fahne wehte neben dem Garten und die Sonne schien und ich brauchte nicht mal einen Wollpullover unter der winddichten Fleecejacke, sondern nur einen mitteldicken, und die Kinder holten wir erst zum Schlafengehen rein, als auch die Fahne runtergeholt worden war, nämlich um neun, und die Sonne schien noch zwei Stunden weiter, und es war genau so, wie Juhannus sein muss.
Genau so.