Mittwochabend gehe ich jetzt immer zur Schule, damit ich für die Arbeit, die ich jetzt mache, auch die entsprechende Ausbildung bekomme.
Und jeden Mittwoch, wenn ich da ankomme, muss ich in mich hineinlächeln. Denn es ist die Berufsschule, in deren Schülerwohnheim damals alle unsere Hochzeitsgäste wohnten.
Das Allerallerschönste an unserer Hochzeit nämlich war, dass alle unsere Freunde dabei waren. Dass auch aus Deutschland alle gekommen waren – manche für drei Wochen, manche nur für drei Tage, aber alle waren da! – und dass sich auch die, die sich vorher noch gar nicht kannten, auf Anhieb gut verstanden. Ich war eine fürchterlich müde Braut, weil wir vor der Hochzeit jeden Abend bis Mitternacht gemeinsam in der Sauna sassen oder gemeinsam durch die Stadt zogen oder einfach nur zusammenhockten. Am Abend nach der standesamtlichen Trauung und dem Nachmittag auf dem Sonnendeck eines Restaurantschiffs am Flussufer, an dem wir alle einfach die Nasen in die Sonne gehalten hatten, als ich mir gerade die 136 Haarklemmen aus der Hochsteckfrisur gefriemelt und wir beschlossen hatten, heute aber mal wirklich zeitig schlafen zu gehen, denn schliesslich müssten wir am nächsten Morgen wegen erneutem Friseurbesuch und Fotografentermin noch zeitiger raus und wollten wir am nächsten Abend lange feiern, da klingelte mein Telefon, und die liebste Freundin teilte mit: „Wir fahren jetzt alle zum Badehäuschen, Fähren gucken, wollt ihr mitkommen?“ Und natürlich wollten wir, und als sich das Hochhaus von Fähre an uns vorbeigeschoben hatte, hörten wir den ersten Sprosser des Jahres singen, und dann hatten wir alle schon wieder Hunger und fielen in eine Pizzeria ein, und dort sassen wir dann, bis der letzte Bus ins Hostel fuhr, und der Seit-zwölf-Stunden-Ähämann und ich liefen nach Hause und schliefen wieder nur fünf Stunden. Immerhin durch, denn unsere Freunde im Hostel wurden früh halb vier vom Feueralarm geweckt: einen hatte mitten in der Nacht nochmal der Hunger gepackt, und er hatte sich im Herd der Gemeinschaftsküche ein überbackenes Käsebrot machen wollen, und dann war ein bisschen Käse runtergetropft und hatte angefangen zu qualmen, und wenn eins in Finnland ernstgenommen wird, dann ist es Brandschutz, und es fing nicht nur der Feuermelder an, ohrenbetäubend zu piepen, sondern es kam auch die Feuerwehr, und alle Hochzeitsgäste standen fröstelnd in der hellen Mainacht und lachten über die liebste Freundin, die von allen Sachen, die sie bei einem Brand hätte retten wollen, mit ihrem selbstgebastelten Hochzeitsgeschenk im Schlafanzug vorm Hostel stand, aber das Geschenk hat inzwischen zwei Umzüge mitgemacht und hängt immer noch bei uns in der Wohnung.
An all das muss ich denken, jeden Mittwoch.
Und jeden Mittwoch muss ich jetzt eine grössere Runde durch Turku fahren – von zu Hause auf Arbeit, von da zur Schule, von da wieder nach Hause. Oft mit dem Fahrrad. Manchmal mit dem Bus, und der Ähämann sammelt dann abends mit dem Auto erst alle Kinder wieder von ihren Hobbyterminen und anschliessend mich ein.
Gestern aber, da fuhr ich mit dem Bus auf Arbeit und mit dem Bus in die Schule, aber – auf altvertrauten Wegen – mit Skiern nach Hause. Nur keinen Schneetag ungenutzt lassen!
