Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku

Turku-Warschau mit dem Zug: (4) Kaunas-Warschau

4 Kommentare

Samstag, 30. Dezember 2023

In Kaunas wäre ich gern noch ein bisschen länger geblieben.

Nicht nur, dass wir dort eine sehr gemütliche Wohnung in einem ganz normalen Wohnhaus hatten, ich hätte mir auch gern noch ein bisschen mehr von der Stadt angeguckt als das, was am Weg zwischen Wohnung und Weihnachtsmarkt bzw. Wohnung und Bahnhof lag.

Ich wäre gern noch ein bisschen an den Ufern von Nemunas (die die Deutschen Memel nennen) und Neris, die in Kaunas zusammenfliessen, spazierengegangen und über die eine oder andere Brücke. Und auf den hohen Hügel gestiegen, an dessen Fuss wir wohnten und der mich an die Sandhügel in Vilnius erinnerte.

Vielleicht auf einer anderen Durchreise. Vielleicht dann auch bei besserem Wetter.

Ferienwohnungsblick am letzten Samstagmorgen des Jahres:
Fussgängerzone und Radweg de luxe und Strasse mit O-Bus-Haltestelle.

Um aber nicht gleich wieder in den Bus zu steigen, liefen wir zunächst die Freiheitsallee entlang, die einen reichlichen Kilometer lang schnurgerade auf die Kirche des Erzengels Michael zuführt und auf der es mit der friedlichen Koexistenz von Fussgänger*innen und Radfahrer*innen vermutlich einfach schon deswegen klappt, weil für beide genug Platz vorgesehen ist.

Am Ende der Allee angekommen, stellten wir wieder einmal fest, dass es sich lohnt, in jede litauische Kirche reinzugehen: in der über 100 Jahre alten Kirche des Erzengels Michael gibt es zum Beispiel sehr berührende Kreuzweggemälde aus dem Jahr 2000.

Und weil es von da dann nur noch anderthalb Kilometer bis zum Bahnhof waren, liefen wir auch den Rest noch.

Die Koordinaten dieser Reise: die Entfernungen zu drei schon durchreisten Orten sowie den nächsten zwei Reisezielen.

Die litauische Bahn hatte ihren Fahrenden Ritter – diesmal die modernere Version – ein bisschen weihnachtlich dekoriert: altmodische Deckenlampen, Samtvorhänge, Tischlämpchen, Samtbezüge auf den Armlehnen, Orientteppiche, Holzimitatfolie an allen Wänden… kurz dachten wir, wir hätten uns in einen Museumszug verirrt.

Obwohl er als durchgehender Zug deklariert ist, brachte uns der Fahrende Ritter nur bis an die polnische Grenze.

Dass wir uns der Stelle näherten, wo (Eisenbahn-) Ost und West aufeinandertreffen, erkannten wir daran, dass plötzlich nicht nur viele, viele Güterwaggons im Nirgendwo herumstanden, sondern auch gigantische Krananlagen. Leider kein Foto; wir waren mit Gucken und gleichzeitig dem Zusammensuchen unseres Krempels beschäftigt.

Denn für Personenzüge erfolgt das Umspuren per pedes: am litauischen Grenzbahnhof Mockava wartet der polnische Zug am Gegengleis, dann gibt es fünf Minuten lang Gewusel – die Passagiere aus dem polnischen Zug steigen in den litauischen und die aus dem litauischen in den polnischen – und dann fahren beide Züge wieder dahin, wo sie hergekommen sind, zurück.

Wir tuckselten zunächst durch idyllische nordpolnische Landschaft und sahen vom Zug aus nicht nur von Bibern benagte Bäume, sondern auch einen Elch, der gemächlich durchs Unterholz stakste. Dann wurde es leider schon wieder dunkel, und wir fuhren mehrere Stunden durch pechschwarze Nacht auf Warschau zu. (Ich habe auf dieser Reise deutlich mehr gelesen als auf der letzten Zugreise.)

Kurz nach acht kamen wir in Warschau an, von wo unser Zug noch drei Stunden nach Kraków weiterfuhr, aber ohne uns.

Wir stellten fest, dass der Warschauer Hauptbahnhof wahrscheinlich der hässlichste Bahnhof ist, auf dem wir je waren. Aber als wir aus dem Bahnhof heraustraten, kriegten die Kinder grosse Augen: Wolkenkratzer! Jede Menge glänzende, blinkende, spiegelnde Wolkenkratzer!

Wir kauften für jede*n ein Drei-Tages-Nahverkehrsticket, fanden schon beim zweiten Anlauf den richtigen Ausgang aus der Unterführung, fuhren mit der Strassenbahn zu unserer Ferienwohnung, kauften ein kleines Abendbrot ein, stellten die Waschmaschine an (wobei wir leider erstmal das Bad fluteten) und fielen in unsere nach dem Tag im Zug mal wieder ziemlich schaukelnden Betten.

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(1) Turku-Rīga
(2) Rīga
(3) Rīga-Kaunas
(4) Kaunas-Warschau
(5) Warschau
(6) Berlin
(7) Berlin-Stockholm-Turku

4 Kommentare zu “Turku-Warschau mit dem Zug: (4) Kaunas-Warschau

  1. Ihr erlebt wieder tolle Dinge :)

    Für Kaunas sei noch darauf hingewiesen, dass da an einer anderen Seite des Sees das große litauische Freilichtmuseum ist. Ich fand das sehr lohnend :)

  2. Pingback: 24-01-23 Perleberg steht auf. Berlin sucht die Demo. – iberty.de

  3. Die weihnachtliche Zugdekoration ist wunderschön. Sie zeigt, dass man mit verhältnismäßig wenig Aufwand einen Ort viel schöner und gemütlicher machen kann. Ich fahre am Wochenende von Berlin nach Frankfurt und zurück. Zum Glück ist es eine der Haupt- und Schnellstrecken durch Deutschland, sodass sie zu den 20% der Strecken gehört, die befahren werden. Für mehr Nervenkitzel beim Bahnfahren!😉

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