Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku

Schneechaos, südwestfinnisches

3 Kommentare

Schneechaos ist eigentlich ein Wort, das es in Finnland nicht gibt. Aber gestern waren wir nahe dran.

Der Ähämann und ich hatten uns am Wochenende noch ein bisschen über die Leute lustig gemacht, die angesichts des zu erwartenden Schneefalls ihre Sommerreifen wieder gegen Winterreifen zurückgetauscht haben. Aber nicht, weil wir Winterreifen für unnötig hielten, sondern weil wir der Meinung waren, dass man sein Auto an so einem Tag auch mal stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen könnte.

Öffentliche Verkehrsmittel schienen allerdings keine Option zu sein und die Leute, die nochmal Winterreifen auf ihre Autos gemacht hatten, noch die Vernünftigsten. Es gab nämlich tatsächlich eine Menge Leute, die bei 25 cm Neuschnee und ungeräumten Strassen – was schon mit Winterreifen eine Herausforderung ist, wenn man nicht oft bei solchen Strassenverhältnissen fährt – mit Sommerreifen (!) unterwegs waren. Woraufhin dann bald sämtliche Strassen verstopft waren und der öffentliche Nahverkehr in Turku zwischen 9 und 12 nahezu vollständig zum Erliegen kam.

Ich hatte meine vor zwei Wochen eigentlich schon eingemotteten Winterstiefel nochmal rausgeholt und mich schon drauf eingestellt, die fünfeinhalb Kilometer auf Arbeit zu laufen – da Radfahren bei dieser Schneetiefe selbst mit dem Winterfahrrad keine Option war, das Auto mit den Sommerreifen zu nehmen selbstverständlich erst recht nicht, und die Busse eben nicht fuhren – und ging extra eine Dreiviertelstunde eher los, denn die Hortkinder stehen um zwölf an der Schule und warten auf Abholung, und dann muss jemand da sein, egal ob die Busse fahren oder nicht. Aber ich hatte Glück, denn einer der zwei (!) Busse, die laut GPS-Tracking auf unserer Linie fuhren, kam gerade angefahren, als ich an der zweiten Haltestelle vorbeilief. „Schönen Frühling!“, wünschte der Busfahrer den zusteigenden Fahrgästen, „Ich kann nicht versprechen, bis zur anderen Endstelle zu kommen, aber ich tue mein Bestes.“ Er bekam später sehr viel „Danke!“ zugerufen von den am Markt aussteigenden Fahrgästen.

Ich war dann tatsächlich die Einzige, die rechtzeitig an der Schule war, denn die eine Kollegin und der Zivi standen ahnungslos an ihren Haltestellen und wunderten sich, dass kein Bus kommt. (Der Zivi versuchte es sogar mit einem Taxi, aber die waren natürlich auch alle ausgebucht.)

Ok, ich war vorgewarnt, denn der kleine Herr Maus hatte mich zwei Stunden vorher aus dem Bus angerufen und erzählt, dass zwei Busse ausgefallen wären und der dritte so überfüllt, dass gar nicht alle reingepasst hätten, und ich solle mich nicht wundern, wenn er einen Eintrag wegen Zuspätkommens ins Wilma bekäme; bekam er aber nicht, denn es kam niemand pünktlich. Das Fräulein Maus hatte ich gleich dazu überredet, zu Hause zu bleiben, nachdem die Nahverkehrsgesellschaft gegen halb zehn offiziell bekanntgegeben hatte, dass mindestens die nächsten zwei Stunden bis auf einzelne Ausnahmen überhaupt keine Busse fahren würden. Sie kümmerte sich dann liebevoll um die Fütterung der Rotkehlchen und anderer schon zurückgekehrter Zugvögel in unserem Garten, die mit dem hängenden Futterhaus und den aufgehängten Meisenknödeln nichts anfangen können. Und machte eine Stunde Fernunterricht, weil es die Deutschlehrerin auch nicht in die Schule geschafft hatte.

Die andere Kollegin, die auch immer Fahrrad fährt oder notfalls läuft, kam mir dann so schnell wie möglich zu Hilfe geeilt, denn 20 Kinder, die sich abwechselnd in Schneehaufen werfen, Schneebälle machen, Schnee essen und die 20 cm hohe Schneeschicht vom breiten Geländer der Bibliotheksbrücke in den Fluss befördern wollen, und zwar vollständig und vom rechten und linken Geländer, allein durch das ganz und gar nicht autofreie Stadtzentrum zu geleiten, ist nur so mittel.

Der Nachmittag aber war grandios: wir nahmen statt Springseil, Fussball und Sandspielzeug die Poporutscher mit raus und gingen auf den Rodelhang.

Aber jetzt reicht’s dann auch. Ende April, ey!

3 Kommentare zu “Schneechaos, südwestfinnisches

  1. Ja, herausfordernd. Am Ende aber auch mal wieder eine wunderschöne Anekdote aus deinem Leben. Mir haben deine Beschreibungen und dein Schreibstil auf jeden Fall den Morgen gerettet! :) Vielen Dank dafür – und für alle anderen Artikel auch ;)
    Markus

  2. … es ist, als würde ich in meiner warmen Stube, in meinem gemütlichen Sessel, in eine wunderbare Geschichte nach Finnland entführt… da hat eine „Fee“ ganz viel Energie und Wortgewandheit.

  3. Pingback: 24-04-25 Zwei Rasenmäherbreiten – iberty.de

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