Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku

Paar mehr Tasten

9 Kommentare

Neulich, ich glaube, nach dem Weihnachtsgottesdienst, fragte der kleine Herr Maus: „Kann ich eigentlich auch mal Orgel spielen?“

Vor zehn Jahren waren wir mal zu einer Orgelvorführung in Turkus zweitgrösster Kirche, bei der man nach einem kurzen Konzert nicht nur erklärt bekam, wie eine Orgel funktioniert, sondern die Orgel auch von innen angucken und sie sogar ausprobieren durfte.

„Da könnten wir mal wieder hingehen“, antwortete ich dem kleinen Herrn Maus.

Und als ich letztes Wochenende am Samstag in den Veranstaltungskalender der Stadt Turku guckte, um den letzten Ferientag eventuell mit etwas anderem als „Wir gucken uns das Mistwetter von drinnen aus an“ zu füllen, fand passenderweise gleich am Sonntag so eine Orgelvorführung statt.

Ich weiss auch nicht, warum wir so lange nicht mehr da waren, denn allein für das kleine Konzert am Anfang lohnt es sich.

Der Kantor sucht dafür immer drei, vier eher moderne, eher wohlklingende kurze Stücke aus, die die vielfältigen Möglichkeiten, die so eine grosse Orgel bietet, tatsächlich auch hören lassen. (Hier kann man einen Eindruck davon bekommen, was er so spielt. Und ja, da sind Eisenbahnvideos zwischendrin, denn, wir wussten das schon, er ist Finnlands einziger Kantor, der sowohl Orgel spielen als auch Dampflok fahren kann.) Diesmal hat mir eine moderne Version von Freude schöner Götterfunken am besten gefallen.

Und wann hat man schon mal die Gelegenheit, in eine Orgel reinzugehen und sich auch die allerkleinsten Pfeifen – die kleinste gerade mal einen Zentimeter lang – und die allergrössten – nicht etwa die, die vorne zu sehen sind, sondern die, die hinter der Orgel an der Wand befestigt sind wie zu einer Tuba gewickelte Regenrohre – anzugucken?

Ausserdem gefällt mir die Mikaelinkirkko von Mal zu Mal – seit das Fräulein Maus auf die Musikklasse geht, finden dort zum Beispiel auch die Weihnachtskonzerte ihrer Schule statt – besser: Diese gemalten, geschnitzten und in Stein gehauenen Ornamente überall! Diese aussergewöhnlichen Lampen! Und natürlich, ein Votivschiff hängt da auch!

Als dann am Ende der Orgelvorführung die Hälfte der Besucher*innen mal zum Probieren ein paar Tasten gedrückt hatte, sah der kleine Herr Maus seine Gelegenheit gekommen.

(Dass der Kantor kurz vorher auf die Frage eines Besuchers, ob man denn auch dies oder jenes auf der Orgel spielen könne, geantwortet hatte: „Das hängt einzig und allein vom Können des Organisten ab. Man kann sogar Rockmusik auf der Orgel spielen“, hat sicher nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass der kleine Herr Maus, der sich nicht sicher war, ob er sich wirklich trauen würde und was er eigentlich spielen solle, sich dazu ermutigt fühlte.)

Er lehnte sich über die Orgelbank und begann sein derzeitiges Lieblingsstück zu spielen, der Kantor zog ihm ein paar passende Register, dann noch ein paar andere, und als der kleine Herr Maus das Stück zu Ende gespielt hatte, zog er seine dicken Winterstiefel aus, kletterte auf die Orgelbank und spielte beim nächsten Stück die linke Hand – wenn schon Orgel spielen, dann richtig! – mit den Füssen. („Das ist doch nicht schwierig, Mama! Das ist doch eine ganz normale Klaviertastatur!“)

Das war dann wohl sein schönstes Ferienerlebnis.
(Meins vielleicht auch.)

9 Kommentare zu “Paar mehr Tasten

  1. So schön! In der Frauenkirche in Dresden haben wir mal ein Konzert für Kinder auf der Orgel gehört. Da war zwischendurch der Organist in der Orgel unterwegs und hat immer mit einem Kopfkissenbezug gewunken, wo er gerade ist.

  2. Das klingt auch sehr nett. :-)

  3. Das hört sich nach einem wunderschönen Erlebnis an. Ich wusste gar nicht, dass manchmal hinter der Orgel noch die ganz großen Rohre sind. Und die Kirche ist auch ein echtes Schmuckstück. Danke für’s Mitnehmen :)

  4. Erstens: weitermachen! Dieser Kantor wird sicher auch ein aufgeschlossener Lehrer sein.
    Zweitens: Es gibt ganz tolle Einspielungen z.B. von „Pirat der Karaiben“ und anderer Filmmusik. Ich habe auch schon über Kinderlieder oder Schlager improvisiert (wegen Eisenbahn: auch „et j’entends siffler le train“ samt Lokpfiff, ein etwas sentimentales Lied darüber, daß alles Schöne mal zuendegeht – wunderbar als abschließende Zugabe), und da geht noch viel, viel mehr.

    Ganz genial übrigens Anna Lapwood, Organistin an der Royal Albert Hall. Sie hat einen Youtube-Kanal, der die gängigen Ansichten über die Orgel kräftig entstaubt.

  5. Was ein schönes Erlebnis.
    Mich begeistern gerade die Malereien in dieser Kirche. So einfach und doch so ausdrucksstark.

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