Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


11 Kommentare

Eben noch im Suezkanal…

… jetzt im vereisten finnischen Schärenmeer.

Als wir am Donnerstagabend vom Skifahren zurückkamen, fuhren wir gleich noch am Hafen vorbei, um ein Fährticket umzubuchen.

(Das ist bei Viking-Line denkbar einfach: man behält das Geld einfach auf seinem Kundenkonto und kann es ohne Verlust für die nächste Reise einsetzen.)

Wir wunderten uns ein bisschen, dass wir noch 58 € draufzahlen mussten, obwohl es bis zur Reise noch acht Monate hin sind und Balthasar, anders als bei der ursprünglich gebuchten Überfahrt, nicht mitkommen wird. Aber klar, die Reisedaten, und dann das neue Schiff. Apropos. „Weiss man schon, wann es ankommt?“ „Am Sonntag.“ Oh!

(Nachdem es gefühlt ewig durchs Mittelmeer gebraucht hatte und drei Tage lang vor Gibraltar im Kreis gefahren war, bevor es kurz zum Tanken im Hafen anlegen durfte, ging der letzte Teil der Reise – durch den Ärmelkanal, um die Nordspitze Dänemarks herum, durch die Öresundbrücke und schliesslich an Gotland vorbei Richtung Finnland – überraschend schnell.)

Wir hatten also einen Plan für Sonntag.

Es sollte eine Zeremonie am Hafen geben und fürs Publikum eine Übertragung per Grossbildschirm am Strand neben der Fahrrinne. Aber wir ahnten vorher schon, dass diese Zeremonie eher albern sein wird, und ausserdem kennen wir den allerbesten Platz zum Schiffegucken, den, wo die Schiffe so nahe vorbeiziehen, dass man sie fast anfassen kann. Und wenn wir rechtzeitig da wären, könnten wir sogar auf die britische Art gucken.

(Als der Damals-noch-nicht-Ähämann und ich, als wir uns gerade mal ein halbes Jahr kannten, spontan ans Meer fahren wollten, uns Nord- oder Ostsee aber zu langweilig erschienen waren und wir kurzentschlossen das Zelt ins Auto geschmissen und eine FährLuftkissenbootüberfahrt gebucht hatten, sahen wir zuerst auf den Klippen von Dover und in den nächsten zehn Tagen an jedem hübschen Aussichtspunkt amüsiert dabei zu, wie die Briten mit dem Auto zu Aussichtspunkten gefahren kamen, ihr Auto so einparkten, dass sie beste Aussicht hatten, eine Thermosflasche mit Tee auspackten und die Aussicht, ohne ein einziges Mal auszusteigen, genossen.)

Wir stellten uns einen Wecker – nicht vor dem Aufstehen, aber doch zwei Stunden eher, als wir sonst oft erst aufstehen am Wochenende – fuhren direkt nach dem Frühstück los und erwischten den vorletzten Parkplatz mit Aussicht. Es schneeregnete heftig, und es war gut, dass wir die Stunde, bis sich das Schiff endlich die letzte Stunde durchs Schärenmeer geschoben hatte, warm und trocken im Auto absitzen konnten.

Was man so macht an einem Sonntagmorgen…

Bekanntermassen hatte ich lange Zeit wenig freundliche Gefühle für das Schiff aus China. Aber nachdem wir sie fünf Wochen lang virtuell auf ihrer Reise begleitet hatten, fand ich es wirklich bewegend, als sie am Sonntag ganz in echt hinter der letzten Inselspitze vor Turku auftauchte. Sie wird nun mal auch das Schiff werden, das uns fortan nach jeder Reise nach Hause bringen wird…

Sie tutete so tief und laut, dass es von allen Inseln widerhallte. Die ganze kleine Crew – also alle, die konnten – stand an Deck und winkte und hatte sicher gerade den Trip ihres Lebens erlebt.

.

Tervetuloa kotiin, Glory!

(Wir fuhren danach direkt weiter in die Eisbadesauna.)


2 Kommentare

Xiamen – Turku

Ich habe sehr zwiespältige Gefühle für die zukünftige Morgenfähre nach Stockholm.

Das liegt vor allem daran, dass ich sehr sentimentale Gefühle für ihre Vorgängerin hege.

Aber auch daran, dass ich es blöd finde, dass sie in China gebaut wurde. Als ob wir in Finnland keine Werften hätten…! (Wir haben sogar mehrere, die Fähren und Kreuzfahrtschiffe bauen!) Als ob wir nicht sogar eine Werft gleich um die Ecke hätten…! (Die hat seinerzeit auch die „Grace“ gebaut.) Offiziell hiess es, die Meyer-Werft hätte die Auftragsbücher voll bis 2023, und so lange könne man nicht warten. Inoffiziell aber wird wohl doch eher der Preis den Ausschlag gegeben haben.

Wie auch immer, ich find’s doof. Zumal sich die Auslieferung der neuen Fähre wegen wasweissich und Corona auch um zwei ganze Jahre verzögert hat und der Bau letztendlich auch 30 Millionen Euro mehr als veranschlagt gekostet hat. Da hätte man sie auch bei Meyers auf die Warteliste setzen können!

Aber jetzt ist sie auf dem Weg nach Turku. Seit 28. Dezember schon, und ich finde es total spannend, alle paar Tage zu gucken, wo sie sich gerade befindet: gerade eben ist sie in den Suezkanal eingefahren.

Wenn ich noch lange genug ihre Reise mitverfolge, freue ich mich am Ende vielleicht doch, wenn sie endlich hier angekommen ist. Obwohl wir nun nicht mal mehr dazu gekommen sind, ein allerletztes Mal mit der „Amorella“ zu fahren und uns von ihr zu verabschieden. Seufz.


3 Kommentare

Gefährliches Fahrwasser (2)

„Und gestern Abend haben wir sie noch fahren sehen…!“, sagte der kleine Herr Maus, als ich ihm die Nachricht vorlas.

.
Viking-Line hat wohl gerade eine Pechsträhne.

Im Grunde genommen ist natürlich der Klimawandel schuld. Diese blöden Stürme…!

(Wir haben uns den ganzen Tag gemütlich zu Hause eingeigelt, während der Sturm ums Haus heulte und dicke Regentropfen ans Fenster schmiss.)


5 Kommentare

Krankenbesuch

Es geht ihr den Umständen entsprechend gut: ein aufgeschürfter Bauch und ein paar Schäden in einem Schaltraum, in den Wasser eingedrungen ist. „Nichts, was wir hier noch nicht gesehen hätten“, so der Kommentar der Reparaturwerft.

Klein sah sie aus, im riesigen Trockendock. Am Kiel wurde geschweisst und gehämmert. Auf Höhe von Deck 6 hing eine Plattform von einem Kran herab, auf der zwei Werftarbeiter standen und Farbe abschliffen, denn die eigentlich für Januar geplanten Wartungsarbeiten werden jetzt auch gleich mit erledigt. Ein Gabelstaplerfahrer, der gigantische Stahlplatten balancierte, hupte und winkte uns fröhlich zu.


Ein Kommentar

Gefährliches Fahrwasser

Am Sonntag ist mein Lieblingsschiff in den Schären vor Åland auf Grund gelaufen.

Die „Amorella“, mit der der Damals-noch-nicht-Ähämann und ich vor 17 Jahren in Finnland ankamen, und die uns bis heute aus jedem Urlaub nach Hause bringt.

Wer einmal mit so einem Riesenpott durch die Inseln und Inselchen zwischen Stockholm und Turku gefahren ist, der wundert sich, dass sowas nicht öfter passiert. Und es passiert ja auch immer wieder. Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Mäusefangsommer, als der beste Bootfahrer und ich schon von weitem den grossen Frachter sahen, zweihundert Meter von der markierten Schifffahrtsroute entfernt und seltsam schief im Wasser hängend, der kurz vorher auf Grund gelaufen war und dessen Kapitän ihn kurzerhand auf die nächste flache Insel gesteuert hatte, um das Schiff vorm Untergehen zu bewahren und Mannschaft und Fracht zu retten. So hat es der Kapitän der „Amorella“ jetzt auch gemacht. Und vor sieben Jahren ist sie fast an der gleichen Stelle schon mal auf Grund gelaufen. Und wer weiss, was in der Zwischenzeit noch alles passiert ist, von dem ich nichts weiss, weil ich das örtliche Wurstblatt die Regionalzeitung nur selten lese.

Man weiss noch nicht, was zu dem Unglück geführt hat. Immerhin waren wegen Corona und den Reisebeschränkungen nur ein Zehntel der normalen Passagiermenge an Bord. Es ist kein Treibstoff ausgelaufen. Amorellas Schwester Gabriella ist noch Sonntagnacht aus Helsinki nach Turku geeilt und übernimmt die Fahrten nach Stockholm. Der Plan ist, heute die Fracht so umzulagern, dass die „Amorella“ wieder von der Insel heruntergezogen und auf die Werft nach Naantali geschleppt werden kann.

Ich habe ja ein bisschen Aila im Verdacht. Aila, die letzten Donnerstag durchs Land gefegt ist, drei Stunden lang in Turku an den Bäumen gerüttelt und etliche davon zu Fall gebracht hat, und die natürlich auch mit dem Meer ihren Spass hatte. Vielleicht hat sie so einen riesigen, aber beweglichen unterseeischen Felsbrocken – die haben sogar ihr eigenes Zeichen in den Seekarten! – Richtung Fahrrinne gewälzt. Es gibt nichts, was es hier in den Schären nicht gibt.

***


2 Kommentare

Industrietourismus

Grosse Schiffe gucken war irgendwie das Thema der Woche.

Das Wochenende war regnerisch und finster. Aber irgendwann muss man ja auch mal rausgehen – erst recht, wenn man Besuch hat – und so führten wir bei einbrechender Dämmerung und Nieselregen Oma und Opa auf den kleinen Rundweg mit den spektakulären Ausblicken zur Werft.

In einem Jahr passiert dort erstaunlich viel: es gibt jetzt schon das nächste so gut wie fertige und halbfertige Kreuzfahrtschiff zu bestaunen.

Ich könnte mir keinen unattraktiveren Urlaub vorstellen, als mit sechseinhalbtausend anderen Leuten übers Mittelmeer zu schippern. (Überhaupt mag ich Schifffahren nur als Mittel zum Zweck.)

Aber beeindruckend sind diese Riesenschiffe schon.

Am anderen Ende des Rundweges kann man übrigens Finnlands älteste Erdölraffinerie bestaunen.


Hinterlasse einen Kommentar

Ruissalo-Erlebnisausflug

Oder: ein herbstlicher Rundwanderweg, ein abenteuerlicher Vogelturm, ein entzückendes Café und ein Hochhaus, das durch den Wald fährt

Sonntags hat der kleine Herr Maus über Mittag Schwimmtraining und das Fräulein Maus abends Gymnastiktraining. Man kann dazwischen noch einen kleinen Ausflug quetschen, wenn man sich beeilt und sich ein Ausflugsziel in der Nähe sucht.

Ruissalo – die Insel mit diesen Eichen gleich vor den Toren der Stadt – die bietet sich dafür an. Allerdings sind wir ein bisschen demotiviert, seit das schönste Café der Insel, in dem wir früher nach der Eisbadesauna immer Erbsensuppe und Kuchen essen gingen, den Besitzer gewechselt hat und wir das jetzt leider boykottieren müssen, und wir ausserdem seit Jahren das Gefühl haben, schon jeden Flecken der Insel zu kennen.

Stimmt aber gar nicht. Als wir gestern schnell recherchierten, ob es nicht doch noch irgendwo auf Ruissalo ein Café gäbe, das auch Ende September noch aufhat, und zwar länger als bis 16 Uhr, da fanden wir eins, das auf der Halbinsel liegt, über die ich zwar schon mal mit dem Bus gefahren bin, weil im Sommer jeder vierte Ruissalo-Bus den Schlenker über die Halbinsel fährt, aber auf der ich sonst noch nie war.

Dabei gibt es da einen wunderbaren Rundwanderweg, dessen Länge vermutlich erklärt, warum wir den nie gegangen sind, als die Kinder noch kleiner waren. Er führt erst am Golfplatz vorbei, dann aber durch zotteligen Urwald, zu einem abenteuerlichen Vogelturm, durch Schafweiden und zu eben jenem Café, das sich in einer der Holzvillen, für die Ruissalo berühmt ist, befindet und in dessen Veranda mit den bunten Fenstern und dem Meerblick ich mich ein bisschen verliebt habe.

Das Fräulein Maus kam dann übrigens doch nicht mit uns mit, sondern blieb noch eine Stunde allein zu Hause und fuhr mit dem Bus zum Training, weil wir sonst nur mit Hin-und-her-fahren beschäftigt gewesen wären. Deshalb beschlossen wir, so viel Zeit auf Ruissalo rumzubringen, dass wir sie auf dem Heimweg gleich wieder einsammeln könnten.

Und so fuhren wir zum Schluss noch zum Badehäuschen, wo wir ewig schon nicht mehr zum Schwedenfährengucken gewesen waren, warteten ein bisschen und sahen dann die hochhaushohe „Grace“ zum Greifen nah an uns vorbeiziehen.

Das ist tatsächlich eine ganz wunderbare Insel, die wir da gleich vor der Haustür haben! ♥


Ein Kommentar

Jede Reise beginnt auf dem Meer

Der Ähämann hatte noch ein paar Urlaubstage für die Sommerferien übrig. Und so haben wir die letzten vier Tage verbracht, wie wir solche kurzen Urlaube immer verbringen: in Estland.

Wie jede unserer Reisen beginnt auch jede Reise nach Estland auf dem Meer. Aber nicht am Badehäuschen auf Ruissalo vorbei, sondern durch die „Königspforte“ zwischen Vallisaari und Suomenlinna, durch die diese Riesenschiffe wirklich nur gerade so durchpassen, und wo ich im Winter immer mit der liebsten Freundin spazierengehe.

Die zweieinhalb Stunden Überfahrt von Helsinki nach Tallinn sind natürlich, wenn es heiss ist und die Sonne scheint und man auf dem Sonnendeck liegen und lesen und den billigem Alkohol hinterherjagenden „Kreuzfahrt“passagieren aus dem Weg gehen kann, sehr viel angenehmer als in den Herbstferien