Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Der gestrige Tag begann mit einer Überraschung: 15 cm Neuschnee.

Ich weiss nicht, ob die Ostereier am Osterbäumchen schon jemals nicht eingeschneit waren. Das muss wohl so. Ohne ordentlichen Takatalvi kann der Sommer nicht kommen.

Dann schickten wir das jüngste Kind in die Schule und gingen mit den anderen beiden zur Bushaltestelle, um ins Impfzentrum zu fahren. Wir hatten diesmal auf eine Terminreservierung verzichtet; zu Recht, denn nach einer halben Minute Wartezeit wurden das Fräulein Maus und der grosse Herr Maus gleichzeitig in zwei verschiedene Impfkabinen gebeten. Eine weitere Minute später hatten wir für beide erfolgreich eine dritte Coronaimpfung erdiskutiert.

Es ist nämlich so, dass in Finnland Boosterimpfungen für Jugendliche – zumindest, wenn sie keiner Risikogruppe angehören und nicht unter Immundefizienz leiden – nicht vorgesehen sind. Man kann sie aber in Ausnahmefällen bekommen, wenn man sie z.B. für den Coronapass braucht (und seit der zweiten Impfung mindestens sechs Monate vergangen sind, womit sich bei den Inzidenzen der letzten Monate für die meisten Jugendlichen die Sache wohl von selbst erledigt haben dürfte). Wir haben dann mal die „Wir sind Deutsche“-Karte gezogen – nicht ohne zu erwähnen, dass in Deutschland die Boosterimfpung für Jugendliche schon seit letztem Herbst empfohlen wird.

Mit einer halben Dosis Spikevax (das Fräulein Maus) und einer Dosis Comirnaty (der grosse Herr Maus) im Arm wurden wir unter „Gute Reise!“-Wünschen in den Wartebereich entlassen.

Dann gingen wir zurück zur Bushaltestelle – sowohl auf dem Weg ins Impfzentrum als auch auf dem Rückweg sahen wir jeweils eine 442 – bestiegen den nächsten Bus, der nach zwei Minuten Wartezeit kam und gleich der richtige für uns alle war; das Fräulein Maus stieg an ihrer Schule aus, der Ähäman und ich fuhren bis ins Stadtzentrum und der grosse Herr Maus noch ein paar Haltestellen weiter zu seiner Schule.

Der Ähämann und ich gingen zu mir auf Arbeit, weil es sich für mich nicht gelohnt hätte, nochmal heimzufahren, und weil der Ähämann versprochen hatte, dort noch ein letztes Regal sicher an die Wand zu schrauben. Zum Glück hatten wir es nicht eilig, denn als wir über die Brücke liefen, mussten wir erstmal fünf Minuten stehenbleiben und staunen: auf dem Fluss trieb etwas, das aussah wie riesige Plastikfetzen, sich aber als frischgefallener Schnee auf Wasser nahe dem Gefrierpunkt herausstellte. Kleinste Schneebälle, ohne Schwung von der Brücke geworfen, plumpsten einfach so durch die Schneeschichten hindurch, aber wenn zwei solcher Schichten von der Strömung zusammengetrieben wurden, dann falteten sie sich kunstvoll auf.

Bevor ich die ersten Schulkinder abholen musste, schafften es der Ähämann und ich noch, gemeinsam mittagessen zu gehen. Das georgische Restaurant hatte ein Mittagsangebot, und es fühlte sich sehr dekadent an, mitten am Arbeitstag dort zu zweit zu sitzen und in aller Ruhe sehr leckere Sachen zu essen.

Dann fuhr der Ähämann heim ins Homeoffice, und ich ging meiner Arbeit nach. Später fuhr der Ähämann den kleinen Herrn Maus ausnahmsweise mit dem Auto zum Theorieunterricht ins Konservatorium, denn der Tank war fast komplett leer und es war Dienstagabend (2,07 € der Liter 95er Benzin). Zwischendurch holte er mich von Arbeit ab, und am Flussufer parkte die 443.

Der Tag endete damit, dass der kleine Herr Maus zwanzig Minuten lang vor der Haustür Schnee schippte, der grosse Herr Maus mit einer Paracetamol-Tablette zeitig ins Bett ging und der Ähämann sämtliche Wecker im Haus für die nächsten zwei Tage ausstellte, weil in Finnland mal wieder gestreikt wird.

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neljäsataakaksikymmentäkuusi

Seit heute sind endlich 5/5 geimpft!

Am 22.12. wurde in Finnland beschlossen, die Impfung für alle Fünf- bis Elfjährigen freizugeben – bisher wurden nur Risikogruppen geimpft – und in Turku ging es direkt am Montag los mit den Kinderimpfungen. Nicht im Impfzentrum, sondern in der Studentenpoliklinik, wo diese und nächste Woche ausschliesslich Kinder geimpft werden.

Man bekam dann auch nicht nur zwei Wartestühle pro Impfling zugewiesen, sondern jedes Kind wurde einzeln während der – gewohnt kurzen – Wartezeit befragt: „Bist du aufgeregt?“ und bei Bedarf beruhigt: „Das ist wirklich nur ein ganz kleiner Pieks, da musst du gar keine Angst haben! Und du hast doch auch schon jede Menge andere Impfungen bekommen!“

Weil es letzte Woche einen Zwischenfall im Impfzentrum gegeben hatte – jemand hatte eine Impfschwester bedroht, damit sie ihm die Impfung in die digitale Patientenakte einträgt, ohne ihn oder sie zu impfen; sowas gibt es hier also leider auch – war dann heute auch ein Wachmann anwesend, ausserdem durfte man seine Jacken nicht mit in die Impfzimmer nehmen, sondern musste sie draussen an die Garderobe hängen.

Fünf- bis Elfjährige brauchen theoretisch die Unterschriften beider Sorgeberechtigter auf der Einverständniserklärung; praktisch hatte der kleine Herr Maus die Spritze schon im Arm, ehe ich überhaupt das Papier aus der Handtasche gekramt hatte.

Dann setzten wir uns brav fünfzehn Minuten in den Hinterher-Warteraum, wo wiederum jedes Kind einzeln befragt wurde: „Fühlst du dich gut?“, „Wie war die Impfung?“, „War doch nicht schlimm, oder?“.

Dann fuhren der kleine Herr Maus und ich mit dem Bus wieder heim.

***

Zur Feier des Quarantäneendes fuhren wir später noch kurz – der kleine Herr Maus fühlte sich fit bis auf einen ein bisschen schmerzenden Arm – in die Eisbadesauna. Auf dem Rückweg holten wir noch zwei späte Weihnachtspakete von der Post aus dem Supermarkt ab. Und als wir dann heimfuhren, stand an der letzten Ampel eine 426 vor uns.

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Einen Tag vor Weihnachten

Die Ergebnisse vom PCR-Test gestern Abend sind da: der Ähämann ist wie erwartet positiv, das Fräulein Maus und überraschenderweise sogar ich – denn ich habe mir die ganze Nacht von Montag auf Dienstag noch ins Gesicht husten lassen – negativ. Die Herren Maus sind weiterhin symptomfrei. Dem Ähämann, der sowieso nur ein bisschen Fieber, Husten und Halsschmerzen hatte, geht’s heute auch schon wieder besser. Alles in allem tun die Impfungen offensichtlich, was sie sollen.

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Andererseits ist diese Konstellation jetzt für die nächsten Tage ein bisschen schwieriger als wenn wir uns alle angesteckt hätten, denn sie heisst, dass wir weiterhin zu Hause FFP2-Masken tragen, getrennt schlafen, andauernd lüften und die Belüftungsanlage, mit der glücklicherweise jede finnische Wohnung ausgestattet ist, weiterhin Tag und Nacht volle Pulle laufen lassen werden müssen. Die Kinder sind zum Glück sehr einsichtig, auch wenn die Aussicht auf Geschenkeauspacken mit Maske sie nicht gerade vor Freude hüpfen lässt.

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Fünf weitere Gäste der Doktorfeier haben sich ebenfalls infiziert. Alle Anwesenden waren geimpft oder genesen. Eine der Infizierten – und das ist jetzt besonders interessant , weil hier ja immer behauptet wird, Restaurantbesuche seien total sicher vor 17 Uhr solange nicht getanzt oder Karaoke gesungen und noch niemand betrunken ist – ist übrigens direkt nach dem Essen nach Hause gegangen, noch bevor die eigentliche Party angefangen hatte.

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Wir wissen übrigens noch nicht, ob es Omikron ist. Steht weder in der digitalen Patientenakte noch in der SMS. Der Ähämann wartet auf den Anruf vom Gesundheitsamt.

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2G+ mit Schnelltests kann übrigens auch nicht die Lösung sein: des Ähämanns erster Schnelltest war noch negativ, als er schon seit mehreren Stunden hustete.

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Offiziell sind dann jetzt ja nur noch der Ähämann und der kleine Herr Maus in Quarantäne. Wir werden das nicht überstrapazieren, da uns klar ist, dass so ein Test auch nur eine Momentaufnahme ist, dass wir uns immer noch jederzeit beim Ähämann anstecken können. Aber ich werde ohne schlechtes Gewissen Take-away aus dem Restaurant oder Pakete von der Post abholen oder zielgerichtet in einen Laden springen, wenn es nötig ist.

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Quarantäne wird hier übrigens nicht überprüft und ihr Ende auch nicht von einem Testergebnis abhängig gemacht. Quarantäne dauert 10 Tage ab Symptombeginn, Punkt. In der Hauptstadtregion ist inzwischen die Obergrenze der Testkapazität erreicht, weswegen jetzt die Leute im ganzen Land aufgefordert werden, nach einem positiven Schnelltest gar nicht erst zu einem PCR-Test zu gehen, sondern einfach 7 bis 10 Tage zu Hause zu bleiben, bis die Symptome abgeklungen sind. (Vernünftige Sache, wenn sich alle dran halten. Und wo bekommt man dann seine Bescheinigung für den Coronapass und für die Beantragung des Quarantänegelds her?!)

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Wir haben heute auch die Herren Maus testen lassen. Der grosse Herr Maus hat vorgestern ein- oder zweimal geniest, der kleine Herr Maus klagte vorgestern über diffuse Halsschmerzen. Damit hatten sie sich für einen PCR-Test im Krankenhausparkhaus qualifiziert; der erste freie Termin war aber erst heute Mittag. (Wie sehr wir finnisiert sind, sieht man daran, dass wir gar nicht auf die Idee kamen, gleich am Anfang zu sagen, wir alle fünf hätten Symptome, um PCR-Tests für die ganze Familie zu bekommen.) „Wer will anfangen?“, fragte der Tester. „Du bist der kleine Herr Maus?“, lehnte er sich, nachdem er das Teststäbchen aus dem Container geholt hatte, mit seinem Weltraumhelm ins Autofenster wie zu einem netten Plausch. „Ich bin Antti. Ihr wisst, dass das nicht die angenehmste Sache der Welt ist, aber auch nicht schlimm? Ach, ihr habt das schon ganz oft gemacht? Na dann seid ihr ja schon richtige Profis. Dann fangen wir mal an…“ Man fährt jetzt übrigens vom ältesten Krankenhausteil aus ins Parkhaus rein, aber beim neuesten wieder raus. Sehr spannend.

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Gestern haben wir den Drive-in vom Supermarkt ausprobiert. Die 6 € Servicegebühr lohnen sich für Grosseinkäufe, besonders auch an solchen Tagen wie jetzt, an denen die Läden sowieso gerammelt voll sind, auch ohne Quarantäneauflagen. Wenn sie es jetzt noch hinkriegen würden, die Einkäufe in Pfandkisten statt in Plastetüten oder Wegwerfkartons zu packen, würden wir das garantiert regelmässig machen.

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Als ich vorhin den Weihnachtsbaumständer und die Kiste mit dem Weihnachtsbaumschmuck aus unserem Käfig holen war, traf ich eine Nachbarin, die mich darauf aufmerksam machte, dass gerade neue Zeiten für Dritt- und Kinderimpfungen buchbar seien. Ich bedankte mich, klemmte die zwei Kisten unter den Arm und raste – „Ich glaube, ich habe was ganz Dringendes zu tun!“ – ohne weiteren Smalltalk zurück in die Wohnung. Wenn wir uns jetzt nicht noch anstecken, dann kriegt der kleine Herr Maus nächste Woche seine erste und ich in drei Wochen meine dritte Impfung. Jippiii!


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Dreimal drei Kreuze

Innerhalb von nicht mal vierundzwanzig Stunden haben sich seit gestern Abend drei Dinge geklärt, die uns zunehmend unter den Nägeln gebrannt hatten.

1) Die Wahlunterlagen für die Bundestagswahl sind eingetroffen.

Wir waren diesmal ein bisschen… äh… lahmarschig und haben erst vor reichlich zwei Wochen unsere Briefwahlanträge weggeschickt. Da die finnische Post Briefe schon länger nicht mehr innnerhalb von zwei Tagen, sondern eher innerhalb von zwei Wochen nach Deutschland befördert, fing ich dann doch schon an, ein bisschen um unsere Wahlteilnahme zu bibbern. Gestern lagen die Wahlunterlagen im Briefkasten, heute früh füllten der Ähämann und ich sie symbolträchtig zur Feier unseres 18-Jahre-in-Finnland-Jahrestages aus. Drei Wochen sind hoffentlich selbst für die finnische Schneckenpost machbar!

Weil die Frage aufkam, ob es gerechtfertigt ist, dass man für ein Land wählt, in dem man gar nicht lebt: Man bekommt ja auch die Staatsbürgerschaft nicht aberkannt. Vielleicht will man, wenn man in Rente ist, doch wieder zurückgehen in sein Geburtsland. Vielleicht möchten die Kinder in Deutschland studieren. Vielleicht wird es andere Dinge geben, wegen denen man dann doch in sein Geburtsland zurückzieht, und wenn es nach 50 Jahren ist. Da ist einem doch nicht egal, was bis dahin dort passiert?! Im Übrigen finde ich, dass einem jeden Land die Meinung und die Stimme von Menschen, die schon mal über den Tellerrand geguckt haben, nur guttun kann.

2) Wir haben Autozugtickets gebucht.

In den letzten Weihnachtsferien, als wir durch den dunklen und nassen südwestfinnischen Wald stapften und die Sehnsucht nach Schnee, von der wir noch nicht wussten, dass sie in diesem Winter sogar in Turku gestillt werden würde, übermächtig wurde, buchten wir kurzentschlossen für die nächsten Weihnachtsferien das Blaue Rote Mökki, in dem wir vor sechs (!) Jahren das letzte Mal waren. Die nächsten Weihnachtsferien bieten nämlich die einmalige Gelegenheit, während der Ferien, aber doch ausserhalb der Saison und somit zu gerade noch aufbringbaren Preisen, nach Lappland zu reisen: die Schule beginnt erst am 10. Januar wieder!

Kein Lappland-Winterurlaub aber ohne An- und Abreise mit dem Nachtzug. Je eher man bucht, desto preiswerter. Je eher man bucht, desto besser die Chancen, überhaupt mitzukommen. Ende Dezember aber konnte man noch nicht buchen. Anfang Januar auch nicht. Auch im März noch nicht und nicht im August. Am 1. September habe ich die Ticketverkaufsseite bestimmt zwanzigmal aktualisiert, umsonst. Gestern Abend wollte ich eigentlich nur gucken, ob neue Zweitimpfungstermine für 12- bis 15-Jährige verfügbar sind, und habe nur aus Gewohnheit nochmal auf die Bahnseite geguckt, und dann fingen mir die Finger zu zittern an, denn man konnte endlich Nachtzugtickets für Januar 2022 buchen!

(Ich rege mich jetzt nicht darüber auf, dass es in einer Stadt wie Turku schon seit zwei Jahren keinen einzigen Fahrkartenschalter mehr gibt, dass man online aber für die Autozugpakete nicht alle Optionen selbst buchen kann, dass die Frau an der Hotline überhaupt keine Ahnung hatte – „Ich rufe an, weil ich zwei Kabinen buchen möchte, die man verbinden kann.“ „Im Ober- oder Untergeschoss?“ „Verbindbare gibt es nur unten.“ – und auch nicht darüber, dass man es bei der finnischen Bahn offenbar für völlig normal hält, telefonisch die Kreditkartendaten seiner Kund*innen abzufragen. Nein, ich rege mich nicht auf.)

Ich bin jedenfalls froh, dass wir bei erster Gelegenheit gebucht haben, denn heute früh war der uns gestern Abend schon horrend erschienene Preis für die Hinfahrt (die Rückfahrt geht) um weitere 250 € gestiegen. Es kann sich vermutlich nur noch um Stunden handeln, bis es keine Autoplätze mehr gibt.

3) Die 12- bis 15-Jährigen der Familie haben einen Zweitimpftermin.

Nicht nur angesichts der Kindercoronawelle, die hier aus offensichtlichen Gründen gerade anrollt, sondern auch wegen unseres Plans für die Herbstferien, der die Nutzung vieler öffentlicher Verkehrsmittel und das Überqueren von drei Landesgrenzen beinhaltet, waren wir nicht sehr angetan von der Aussicht, dass die Zweitimpfung des grossen Herrn Maus und des Fräulein Maus erst nach 12 Wochen, also Ende Oktober, erfolgen würde. Seit diesem Montag durfte man den Zweittermin auf acht Wochen nach Erstimpfung vorziehen, aber leider war bisher weder online noch telefonisch ein Termin in unserem engen Zeitfenster von gerade mal vier Tagen – mindestens acht Wochen nach Erstimpfung, aber noch vor den Herbstferien – zu bekommen gewesen. An Terminen in naher Zukunft mangelte es nicht, also waren wir optimistisch, dass wir dann, wenn unser Zeitfenster näherrücken würde, schon einen Termin ergattern würden, aber so richtig Spass macht das ja nun auch nicht, sich bis dahin nicht wirklich auf die bisher nur unter Vorbehalt geplante Reise vorfreuen zu können. Als ich heute Mittag die neuesten Turkuer Coronazahlen anguckte, sah ich zufällig, dass man, ziemlich überraschend, ab heute die Impfabstände sogar auf sechs Wochen verkürzen darf, und als man mich von der sofort angerufenen städtischen Impfhotline zurückrief, war sogar für beide Impflinge ein Termin gleich am ersten möglichen Tag, also genau sechs Wochen nach Erstimpfung, frei. Ich bedankte mich ungefähr zehnmal überschwänglich bei der Telefonkrankenschwester und führte dann im Park ein kleines Freudentänzchen auf. Nicht nur, dass wir uns nun schon anderthalb Monate eher nicht mehr wegen jedem Coronafall in der Schule sorgen müssen. Vor allem werden das Fräulein Maus und der grosse Herr Maus noch rechtzeitig vor den Herbstferien geimpft werden – so rechtzeitig, dass zwischen Impfung und Reiseantritt sogar die offiziell nötigen zwei Wochen liegen werden, so rechtzeitig, dass nicht zwei am ersten Reisetag mit eventuellen Impfnebenwirkungen werden kämpfen müssen. Juhuu! Grosse Herbstferienvorfreude!


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Endlich!

Doppelt geimpft!

Theoretisch hätte ich mich über den Arbeitsarzt schon vor zwei Wochen impfen lassen können. Praktisch weigerten sie sich, mir die zweite Impfung zu geben, weil ich die erste nicht vom Arbeitsarzt, sondern von der Stadt Turku bekommen hatte. Ich erwähne das nur, weil sich hartnäckig das Gerücht hält, bei Privatärzten – ob nun selbst oder vom Arbeitgeber bezahlt – wäre man besser dran als bei den öffentlich-rechtlichen. Von wegen!

Wir waren übrigens die ersten, die im neuen Turkuer Impfzentrum geimpft wurden, und anders als ins Messezentrum kommt man da prima mit dem Bus hin; wir konnten mit unserer Linie sogar durchfahren, und weil sich der Ähämann den Impftermin per Fahrrad nicht zutraute, fuhren wir diesmal Bus. Dass es vor dem neuen Impfzentrum zu wenig Parkplätze gibt und es deshalb schon am Montagnachmittag zu chaotischen Zuständen kam, hat es dann auch gleich bis in die Nachrichten geschafft. Wahrscheinlich lassen die Leute ihre Autos erst stehen, wenn sie in diesen Breiten in ein paar Jahrzehnten vor Kälte nicht mehr anspringen.


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Pünktlich zu Schulbeginn

Sofort, nachdem die ersten beiden Impfstoffe für 12- bis 15-Jährige zugelassen waren, hat die finnische Gesundheitsbehörde auch für diese Altersgruppe eine Impfempfehlung ausgesprochen. Aber dann gab es ja den ganzen Juli über in Finnland sowieso zu wenig Impfstoff und die Regierung befand sich geschlossen im Sommerurlaub, so dass erst letzte Woche beschlossen wurde, jetzt wirklich mit den Impfungen für Jugendliche anzufangen.

Ab nächster Woche soll in den Schulen geimpft werden.

Gestern war die erste und offensichtlich seltene Gelegenheit, 12- bis 15-Jährige in Turku ohne Termin impfen zu lassen. Der Ähämann fuhr mit dem Fräulein Maus und dem grossen Herrn Maus in die dafür vorgesehene Schule am anderen Ende der Stadt, stellte sich eine Dreiviertelstunde mit ihnen an, zack, erledigt.

Die Kinder mussten ihre Impfentscheidung übrigens nicht begründen – ich finde ja auch schon immer, dass hinzukommen Entscheidung und Einverständnis genug ist – dafür gab es für sie, anders als für uns Erwachsene, wenigstens einen Stempel in den Impfpass.

Zweitimpfung leider – Finnland kann sich noch immer nicht zu einer Verkürzung der Impfabstände entschliessen, obwohl inzwischen eigentlich alle, die es wollen, die erste Impfung bekommen haben und mit den Hufen scharren, dass sie endlich die zweite bekommen – erst in zwölf Wochen. Das ist zwei Wochen nach den Herbstferien und somit blöd.

Aber: geimpft! Endlich!

Etwas spezieller Schultütcheninhalt für zwei von drei Kindern heute.


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kolmesataayhdeksänkymmentäkahdeksan, kolmesataayhdeksänkymmentäyhdeksän

Als ich nach der Impfung dann gestern mit dem Fahrrad auf Arbeit fuhr – Pfingstmontag ist kein Feiertag in Finnland – kam mir genau an der Stelle, an der ich Anfang März das Plakat mit der Aufforderung, sich impfen zu lassen, fotografiert habe, eine 398 entgegen. Zum Glück hat es ja dann doch keine zehn Monate, sondern nur noch zehn Wochen gedauert.

Und auf dem Heimweg kam mir dann auch gleich noch die 399 entgegen.

Heute Impfkater. Der Impfstoff und mein Immunsystem tun offensichtlich, was sie sollen.

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123, 124-130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139-140, 141, 142, 143, 144, 145, 146-147, 148-149, 150, 151, 152, 153-155, 156, 157, 158, 159-160, 161, 162, 163-164, 165, 166-167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197-198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205-206, 207-208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215-216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224-225, 226, 227, 228, 229-230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245,246, 247, 248, 249-250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268-269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278-279, 280-281, 282, 283, 284-285, 286, 287, 288, 289-290, 291, 292, 293-294, 295, 296, 297-298, 299, 300, 301, 302-303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310-311, 312, 313, 314-315, 316, 317-318, 319, 320, 321-322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330, 331-332, 333, 334, 335, 336-337, 338, 339, 340, 341, 342, 343-344, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 351, 352, 353-355, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 362, 363, 364, 365, 366-367, 368, 369, 370, 371, 372, 373, 374-375, 376, 377-378, 379, 380-381, 382, 383, 384, 385, 386-387, 388-389, 390, 391-393, 394, 395, 396-397]


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2x Moderna im Arm

Der Ähämann und ich haben heute einen Ausflug ins Messezentrum gemacht. Die Austellung war, um es mit den Worten des Ähämanns zu sagen, eher öde, dafür war der Eintritt frei.

Es ging dann doch überraschend schnell.

In Finnland wird – abgesehen von ein paar wirklich drastischen Risikogruppen wie Organtransplantations- oder Krebspatienten sowie Menschen mit Down-Syndrom, Diabetes oder chronischen Herzkrankheiten – strikt in absteigender Altersreihenfolge gegen Covid-19 geimpft.

(Das scheint dem norwegischen Impfsystem sehr zu ähneln, und dazu hat Frau Rabe schon alles gesagt, was ich dazu gern sagen möchte.)

Von Hundertnochwas bis 56 bekamen in Turku alle automatisch eine Einladung per SMS. Weil aber offensichtlich dann doch recht viele Leute ihren Impftermin gar nicht wahrgenommen haben, wurde Anfang Mai ein Link freigeschaltet, unter dem sich 18- bis 55-Jährige, die die Impfung wirklich wollen, registrieren konnten. Den Registrierten wird dann nach und nach – nicht in Anmeldereihenfolge, sondern ebenfalls in absteigender Altersreihenfolge – automatisch per SMS ein Termin zugewiesen. Der Ähämann, der zwei Jahre älter ist als ich, bekam seine Einladung letzten Dienstag für heute, ich am Freitag für Donnerstag.

Geimpft wird in Turku am Arsch der Welt im Messezentrum anderen Ende der Stadt. Es gibt dort 25 Impfstationen – es können also jeweils 25 Leute gleichzeitig geimpft werden – und sehr wenig Bürokratie (Name aufrufen, KELA-Karte kontrollieren, Spritze in den Arm, Zettel mit Folgetermin in die Hand drücken, bitte da entlang und dort noch 15 min warten, auf Wiedersehen!) und sicher geht es auch deswegen so schnell voran mit den Impfungen hier.

Apropos schnell. Finnland hat von Anfang an die Impfintervalle auf 12 Wochen hochgesetzt, damit möglichst schnell möglichst viele Leute überhaupt erstmal eine Impfung bekommen. Finde ich gut – macht sich nur blöd für den EU-Impfpass, weil mit dem ja nur vollgeimpfte Leute reisen dürfen, unsere Zweitimpfung aber erst eine Woche nach Ende der Sommerferien stattfinden wird. (Nein, Herbstferien sind kein Trost. Okay, eine Woche im Advent im Erzgebirge schon. Ein bisschen.)

Weil der Ähämann auch schon mal umkippt nach einer Impfung, fuhren wir gemeinsam hin, damit ich ihn wieder nach Hause fahren konnte. Eingedenk meiner Erfahrungen bei der Schweinegrippenimpfung hatte ich vorsorglich meinen Impfpass heute schon mal dabei und durfte mir tatsächlich die Impfung heute schon verpassen lassen und meinen Donnerstagstermin canceln einem anderen dringend auf die Impfung Wartenden überlassen.

Naja, Impfpass. Dieses Konzept ist hier ja eher unbekannt – Impfungen stehen wie alles andere in der digitalen Patientenakte – und ich habe schon mehrere Neuvolatanten und Schulschwestern in Erstaunen versetzt, als ich ihnen gesagt habe, dass man den Aufkleber von der Ampulle mit dem Impfstoff abmachen und in den gelben Pass kleben kann. („Das ist ja praktisch!“ Ja.) Heute gab es keine Aufkleber, weil schlicht keine dran sind an den Einzeldosen, und noch nicht mal einen Stempel, weil, nun ja, Stempel hierzulande nicht so einen Stellenwert besitzen wie in Deutschland. (Vor Jahren besuchte das Fräulein Maus mit mir die ehemaligen Kolleg*innen auf dem Jenaer Umweltamt, entdeckte den Stempelhalter auf dem Schreibtisch des einen – „Mama, was ist das denn?!“ – bekam dann ein Blatt Papier gereicht und war für die nächste Stunde beschäftigt.)

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Freude und Erleichterung weitergeben.

Weil die Impfung für uns kostenlos war, haben wir beide den Preis für unsere Impfdosen dafür gespendet, dass auch Menschen in ärmeren Ländern gegen Covid-19 geimpft werden können.


Ein Kommentar

kolmesataayksi

Oder: Was sonst noch so los war in den letzten zwei Wochen:

Vorletzten Donnerstag fuhr ich mit dem Auto auf Arbeit. Ich versuche das normalerweise zu vermeiden, schon deswegen, weil es nahezu unmöglich ist, im Umkreis von einem Kilometer einen Parkplatz zu ergattern. Ich fand dann einen. Dass der nicht die beste Wahl war, stellte ich fest, als ich das Auto noch ein bisschen gerader ausrichten wollte und die Räder auf dem fünf Zentimeter dicken, spiegelblanken Eis auf der ziemlich steilen Strasse einfach nur durchdrehten. (Ich sah innerhalb der letzten beiden Wochen übrigens sehr viele Autofahrer, denen es genauso erging.) Ich liess den Herrn Picasso also schief eingeparkt zurück und hoffte, dass die Sonne während des Tages ihren Dienst tun würde: wenn schon nicht das Eis wegzutauen, es zumindest so weich zu schmelzen, dass ich abends wieder wegkommen würde. Auf den restlichen 800 Metern zur Arbeit zog es dann auch noch mir selbst die Füsse unter den Beinen weg. Der Splitt,der unter meinen Füssen gefehlt hatte, lag da, wo meine – ob der Aufregung und der doch schon recht kräftigen Sonne unbehandschuhte – Hand aufkam. Mit schmerzendem Rücken und einer bluttropfenden Hand kam ich auf Arbeit an und liess mir von der Kollegin erstmal einen Verband anlegen. Die hatte sich ihrerseits meine Ankunft auch anders vorgestellt, denn sie hatte Kerzen angezündet, Kaffee gekocht, Pulla mitgebracht und mir Blumen gekauft – zu Ehren meines ersten offiziellen Arbeitstages mit ordentlichem Arbeitsvertrag. Wenn an der Uni jemand im Lotto gewonnen irgendwelche Fördergelder ergattert hatte, dann war es üblich, dass derjenige für die Kollegen Torte ausgab. Ich habe das nie in Frage gestellt, aber ich sag‘ mal so: es gibt vielerlei Gründe, warum ich mich mit Freuden in die Reihe meiner ehemaligen Mitdoktorandinnen, die inzwischen Kindergärtnerin, Köchin, Krankenschwester… geworden sind und einhellig beteuern, ihre alte Arbeit noch keine Minute vermisst zu haben, einreihe.

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Ich schaffte es am Abend tatsächlich, den Herrn Picasso wieder mit heimzunehmen, ohne warten zu müssen, bis sich in ein paar Wochen das Problem von selbst gelöst hätte. Einmal mehr habe ich dankbar geseufzt über mein Winterfahrtraining.

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Letzten Donnerstag begleitete ich den grossen Herrn Maus – mal wieder, und ein Ende ist auch erst in mehreren Jahren abzusehen – zum Zahnarzt. Während wir an der Ampel neben der Haltestelle warteten, zeigte der grosse Herr Maus hoch zur Uni und sagte bedauernd: „Da gehst du jetzt nie mehr hin!“, woraufhin ich ihm zu seinem Erstaunen entgegnete: „Und das ist auch gut so!“. Ich erklärte ihm ein bisschen meine Beweggründe und war froh, dass er die Sache angesprochen hatte, denn zur Uni schicke ich üblicherweise keine sentimentalen Blicke wie zum Krankenhaus, aber am Fuss der langen Treppe zum Unihügel parkte eine 301, und für die wurde es ja auch wirklich langsam Zeit!

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Am Freitag hatten alle drei Kinder einen Termin bei der Schulschwester zur FSME-Impfung. Ich fuhr mit dem kleinen Herrn Maus gemeinsam zur grossen Schule, Impfstoff im Wert von insgesamt 120 € vorsichtig im Kühltäschchen mit mir führend, und als wir von der Haltestelle zur Schule liefen, hupte es plötzlich hinter uns und die Vorschullehrerin aller unserer Kinder, die wir seit einem Dreivierteljahr nicht gesehen hatten, beugte sich zum Autofenster raus und wollte ein kleines Schwätzchen mit uns halten. „Und grüsst auch den grossen Herrn Maus und das Fräulein Maus von mir, und natürlich auch den Papa!“, sagte sie, als wir weitermussten, und dieser Kindergarten war wirklich unser Dorf und ich werde ihn noch lange vermissen. Sehr lange.

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Meistens lerne ich hier ja bei jeder Gelegenheit noch was Neues – neulich von der Schulschwester zum Beispiel, dass man Warzen auch einfach mit Jeesusteippi behandeln kann – aber am Freitag hat die Schulschwester, die diesen Job bestimmt seit 35 Jahren macht, auch was Neues gelernt – nämlich dass die Etiketten auf den Impfstoffampullen Aufkleber sind, die man abziehen und in den Impfausweis einkleben kann. Bitte, danke, gern geschehen, hat mir meine Jenaer Hausärztin schon vor 20 Jahren gezeigt, den Trick, und unsere Neuvolatante kennt den jetzt auch schon seit ein paar Jahren.

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Hinterher gingen der grosse Herr Maus und das Fräulein Maus in ihre Klassenzimmer zurück, der kleine Herr Maus marschierte zur Haltestelle und fuhr in seine Schule, und ich fuhr weiter ins Stadtzentrum. Dort stellte ich fest, dass nicht nur schon die ersten Kehrmaschinen dagewesen waren, sondern dass auch schon die Theaterbrücke mit Narzissen geschmückt ist. Letzteres finde ich recht gewagt – ich weiss zwar aus eigener Erfahrung, dass diese Narzissensorte gut und gern 10 Grad minus aushält, aber die Nächte werden derzeit durchaus auch manchmal noch kälter. Aber gut, Frühling ist Frühling!

***

Die Skier sind trotzdem noch nicht weggeräumt. Wenigstens einen der vorhergesagten sonnigen Ostertage möchte ich nämlich nochmal auf Skiern verbringen, und es sieht durchaus so aus, als ob das – zwar nicht in Turku, aber im nahe- und höhergelegenen Lieblingsskigebiet – was werden könnte. Zu Ostern noch skifahren und zu Vappu dann Picknick im T-shirt, das wäre so meine Idealvorstellung vom finnischen Frühling. (Und gar nicht so selten klappt das auch.)

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