Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Septembersamstagabend

Während die Finnen jetzt alle ihre Gasgrills winterfest machen oder höchstens noch die Familienväter auf der Terrasse stehen, um ihren Familien das fertig gegrillte Essen an den warmen Küchentisch zu servieren, finde ich, dass Grillen bei 10 Grad erst wieder richtig Spass macht.

In der Glasflasche ist kein Essig und auch kein billiger Wein, sondern die leckerste Limo der Welt, die es endlich wieder in Glasflaschen gibt.

Nur Kerzen lohnen sich immer noch nicht so richtig wieder, denn es ist immer noch bis um neun hell.


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Und sollte morgen die Welt untergehen…

Wir haben endlich getan, was seit elf Jahren überfällig war: den hässlichen Plastikbaum die Thuja, die die Vormieter in den Vorgarten gepflanzt hatten, abgesägt und durch etwas von ökologischem Nutzen ersetzt.

Apropos. Es ist kein bisschen einfach, in den Gartenmärkten hierzulande etwas zu finden, das eine heimische Art ist, nicht verzärtelt in einer holländischen Baumschule aufgewachsen ist und keine für Insekten völlig ungeeigneten überzüchteten Blüten hat.

(Zur Illustration: Neulich suchten wir eine Kätzchenweide zum Pflanzen. Was es in den Gartenmärkten gibt: Korkenzieherweiden. Nicht-winterfeste Hochstämmchen. Holländische Minihängeweiden mit rosa Kätzchen. Kätzchenzweige zur Dekoration. Thujen.)


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neljäsataaneljäkymmentäviisi

Gestern und heute sah ich – fast an der gleichen Stelle, in der Nähe der Schule natürlich – jeweils eine 445.

Die Sonne scheint und wärmt schon spürbar, der Wind aber ist kühl und treibt Sandschwaden die Strassen entlang vor sich her. Es wird noch dauern, bis das elende Aprilgrau endlich ein klitzekleines bisschen grün werden wird.

Aber manchmal tut es auch vorgezogenes Grün und Bunt im Topf. Für die Seele und für die Weltrettung.

(Leider habe ich dieses Jahr wieder vergessen, Ostergras für die Hasen vorzuziehen und rauszustellen, damit sie nicht fein säuberlich alle Krokusse auf unserer Wiese und in unseren Beeten abknispeln müssen.)

[1-3, 4, 5, 6, 7, 8, 9-10, 11, 12, 13, 14, 15, 16-17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32-35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59-61, 62, 63, 64, 65, 66, 67-68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107-108, 109, 110, 111, 112-113, 114, 115, 116-117, 118, 119, 120, 121, 122-123, 124-130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139-140, 141, 142, 143, 144, 145, 146-147, 148-149, 150, 151, 152, 153-155, 156, 157, 158, 159-160, 161, 162, 163-164, 165, 166-167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197-198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205-206, 207-208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215-216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224-225, 226, 227, 228, 229-230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245,246, 247, 248, 249-250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268-269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278-279, 280-281, 282, 283, 284-285, 286, 287, 288, 289-290, 291, 292, 293-294, 295, 296, 297-298, 299, 300, 301, 302-303, 304, 305, 306, 307, 308, 309, 310-311, 312, 313, 314-315, 316, 317-318, 319, 320, 321-322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330, 331-332, 333, 334, 335, 336-337, 338, 339, 340, 341, 342, 343-344, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 351, 352, 353-355, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 362, 363, 364, 365, 366-367, 368, 369, 370, 371, 372, 373, 374-375, 376, 377-378, 379, 380-381, 382, 383, 384, 385, 386-387, 388-389, 390, 391-393, 394, 395, 396-397, 398-399, 400, 401, 402-403, 404, 405, 406-408, 409, 410-411, 412, 413, 414, 415, 416, 417, 418, 419, 420, 421, 422, 423-424, 425, 426, 427, 428, 429, 430, 431, 432-434, 435-436, 437-440, 441, 442-443, 444]


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60 m2 Mai

Als wir vor zehn Jahren hier einzogen, befanden sich im Garten hinterm Haus eine halbtote Eberesche, ein mannshohes Weihnachtsbäumchen und eine kahle Rasenfläche voller Zigarettenkippen.

Es ist erstaunlich, wie einfach man so einen toten Garten zum Leben erwecken kann, wenn man ein paar dem hiesigen Klima angepasste Bäume, Büsche, Nutzpflanzen und Blumen pflanzt, den Rasen länger als 3 cm hoch wachsen lässt und nicht jedes wilde Pflänzchen, das sich von allein in den Garten verirrt hat, auf der Stelle niedermetzelt.

Ich könnte von früh bis abends wie so eine dicke Hummel von Blüte zu Blüte ziehen und vor Glück brummen.


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Urlaub!

Mit einer Woche Verspätung habe ich jetzt auch Sommerferien.

Die vergangene Arbeitswoche war allerdings sehr befriedigend: wir haben tonnenweise Bücher ausgemistet, Bürosedimente von Jahrzehnten geordnet und alte, abgeschrabbelte Kindergartengarderoben in hübsche, weisse Garderobenfächer für die neuen Hortkinder verwandelt.

Am Ende der Ferien müssen wir nur noch unsere Schränke wieder einräumen und darauf warten, dass die Hortkinder die Räume mit neuem Leben erfüllen. Ich freu‘ mich jetzt schon auf Mitte August. (Aber erstmal sehr viel mehr auf die nächsten acht Wochen, die ich gemeinsam mit den Kindern komplett freihabe.)

Diese Sommerabende mit dem wunderbaren Licht, wegen denen ich immer ein bisschen wehmütig bin, wenn wir im Sommer „nach Europa“ fahren – weil man eigentlich keinen einzigen davon verpassen möchte – versöhnen mich übrigens gerade sehr damit, dass wir dieses Jahr hierbleiben werden.


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Sommerferien minus 6

Finnland hat 6579 bestätigte Coronafälle.

Wir sind jetzt wieder bei den „Egal wie das Wetter ist, abends kommt noch für ein paar Stunden die Sonne raus“-Sommerabenden angekommen.

Weil es den ganzen Tag geregnet hatte, beschlossen wir, abends die Sauna anzumachen, und dann war das so ein Abend, an dem die Kinder in Badehose von der Sauna in die Hängematte und auf die Schaukeln auf dem Spielplatz rennen und an dem es auf der Gartenbank so warm ist, dass man erst nach einer halben Stunde wieder in die Sauna reingeht.

Wir haben wieder Saunabier.
(Die 10% sind nicht der Alkoholgehalt!)

***

Presseschau.

Die erste Strassenbahn wurde gestern vom Werk in Kajaani knapp 600 km über Landstrassen nach Tampere gefahren.


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Coronaklausur, Tag 35

Finnland hat 4014 bestätigte Coronafälle.

Der Ähämann war gestern Abend zum ersten Mal seit neun Tagen wieder Lebensmittel einkaufen. Er kam erst nach zehn wieder heim, danach verstaute er noch eine halbe Stunde die Einkäufe nach einem ausgeklügelten, mittlerweile ganz gut etablierten System. Wie ich mich freue auf die Zeit, wenn wir uns die ersten Tage nach einem Einkauf in unserer Küche endlich nicht mehr verhalten müssen wie damals im Labor beim Mikrobiologiegrundpraktikum…!

Wir gingen zu spät ins Bett. Zum Glück hatte das Fräulein Maus heute eine Stunde später Schule und auch wir Eltern konnten bis um acht schlafen!

Kurz nach neun fühlte ich mich wie im Grossraumbüro: vier Personen murmelten gleichzeitig in ihre digitalen Endgeräte.

Die beste Chefin rief mich erst mittags altmodisch auf dem Handy an. Bis dahin gab ich mein Bestes, den dieses Jahr ausfallenden Tag der offenen Tür in unserem Hort, den wir normalerweise Anfang Mai für die zukünftigen Erstklässler und ihre Eltern veranstalten, durch einen ansprechenden Flyer zu ersetzen. Und mir natürlich ein Wissenschaftsdienstagsexperiment aus den Fingern zu saugen. (Das Heureka hat da ein paar nette Sachen auf seiner Seite.)

Ansonsten brach heute der Sommer aus, und zumindest ein Teil der schulbildungspflichtigen Kinder zog zumindest für den analogen Teil des Schultags in den Garten um.

Auch Mittagessen gab es auf der Terrasse. Nach und nach entledigten wir uns eines Kleidungsstücks nach dem anderen. Früh waren die Autos auf dem Parkplatz vorm Haus noch bereift gewesen, nachmittags liefen wir barfuss durch den Garten.

Wir holten zum ersten Mal dieses Jahr die Sonnencreme raus, und wo ich vor ein paar Monaten noch gedacht hatte: vielleicht haben wir es ein bisschen übertrieben mit der Vorratshaltung, wo wir doch im Juni guten und preiswerten Nachschub kaufen können, bin ich jetzt froh, dass wir gleich mehrere Tuben im Schrank stehen haben. An Sonnencreme wird es uns nicht mangeln diesen Sommer. (An festem Shampoo, an Bierbrause, an Spee, Fit und vor allem an einem neuen Fahrrad für den grossen Herrn Maus dagegen schon.)

Um drei schnappte sich der grosse Herr Maus seine „1,2 oder 3“-Tasche und sprang zur Buswendeschleife. Seine Lehrerin brachte Schulmaterialien: Arbeitsblätter, grosses, dickes Papier für die nächsten Kunstarbeiten, bei Bedarf auch Bücher aus der Schulbibliothek und Hefte, Bleistifte oder Radiergummis. Dem kleinen Herrn Maus brachte sie auf unsere Bitte hin ein paar Hefte mit einer Speziallineatur mit, die es im Supermarkt nicht gibt. Und für jeden hatte sie eine persönliche Karte gebastelt.

Ich habe das dann jetzt jedenfalls endlich mal zum Anlass genommen, mich bei allen drei Klassenlehrerinnen ausführlich dafür zu bedanken, dass unsere Kinder in diesen Zeiten in Finnland zur Schule gehen Unterricht haben dürfen.


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Coronaklausur, Tag 30

Finnland hat 3369 bestätigte Coronafälle.

Der Schultag begann mit einem Geschichtstest für den grossen Herrn Maus und einem Mathetest für den kleinen Herrn Maus. Das Fräulein Maus zeigte dem kleinen Herrn Maus, der das noch nie gemacht hatte, wie er seinen fertigen Test im Teams hochladen kann. Den grossen Herrn Maus interviewte ich nochmal dazu, wie denn die Ehrlichkeit der Prüflinge gewährleistet wird, und er berichtete, wenn man nicht weiterkäme, dürfe man auch das Buch zu Hilfe nehmen, aber wenn man gar nichts gelernt hätte, dann wisse man ja auch gar nicht, wo man nach passenden Informationen suchen müsse. Die Kinder werden am Ende dieser Zeit so viel gelernt haben! Weit über den Lehrplan hinaus.

Nachmittags fanden in zwei Kinderzimmern längere Facetime-Sesssions mit den jeweiligen besten Freund*innen statt. Es war sehr lustig, aus dem einen Zimmer Finnisch und aus dem anderen Deutsch zu hören. Die beiden telefonierenden Mädchen räumten gemeinsam ihre Zimmer auf, die beiden telefonierenden Jungs stellten unter Anderem fest, dass sie beide das gleiche Kunstprojekt in der Schule im Fernunterricht gemacht hatten.

Ich räumte derweil die Ostersachen weg.

Irgendwie stelle ich von Jahr zu Jahr mehr fest, dass mir Ostern nicht so… äh… liegt. Das mag hauptsächlich an den finnischen Rahmenbedingungen liegen – die umgekehrt vermutlich auch erklären, warum Weihnachten hier fast genauso schön ist wie da, wo ich herkomme. Dass den Kindern Weihnachten auch wichtiger ist als Ostern, merkten wir übrigens neulich, als eins der Kinder etwas über unser – auch aus dem Erzgebirge stammendes – Hasenpaar sagen wollte und von „Engel und Bergmann“ sprach.

Aber jetzt: sommerwärts!

Hinten: zukünftige Möhren, Radieschen und Salat.
Vorne: Stachelbeeren in Startlöchern.

Ansonsten bin ich inzwischen ein bisschen müde, Leuten immer wieder… äh… grundlegende Dinge über das Wesen der Coronapandemie zu erklären. (Nein, man braucht kein Biologiestudium, um die zu verstehen. Dachte ich zumindest bisher.) Vor allem werden wir ganz sicher nicht, was immer die finnische Boulevardpresse dazu zu sagen hat, in absehbarer Zeit einfach da weitermachen, wo wir Mitte März aufgehört haben. Ich bin da ganz bei meinem Lieblingsministerpräsidenten.


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Coronaklausur, Tag 29

Finnland hat 3237 bestätigte Coronafälle.

Ich begann meinen Morgen damit, 140 Liter Regenwasser geschmolzenen Schnee von der Regentonne hinterm Haus in die Regentonne vorm Haus zu tragen. Das dürfte ungefähr die Menge sein – der unumstösslichen Wasserpauschale sei Dank – die der Nachbar bei seinen mehrstündigen Waschsessions in fünf Minuten durch den Hochdruckreiniger jagt. Aber Resignieren ist keine Option. Als ich fertig war, war die hintere Regentonne fast wieder voll, so schnell schmolz der Schnee vom Dach, und 300 Liter Regengiesswasser sind halt trotzdem 300 gesparte Liter Trinkwasser.

Nach der ersten Pause erschien ein Zettel an einer Kinderzimmertür.

Das Fräulein Maus schrieb eine Klassenarbeit. Es war eine, bei der ausdrücklich Lehrbuch, Internet und Notizen benutzt werden durften, aber sie durfte sich von niemandem helfen lassen. Deshalb mussten alle ihre Kameras anhaben; Fragen an die Lehrerin konnten sie schriftlich im Chat stellen.

Der grosse Herr Maus machte auch heute ohne zu murren Unterricht. Dabei hätte er heute einen ganz besonders tollen Tag gehabt: seine Klasse wäre auf eine 24-stündige Kreuzfahrt gegangen. Aber ohne Karaoke, Tax-Free-Shopping und besoffene Mitreisende: die wunderbare Grace hätte sich für 24 Stunden in eine schwimmende Kinderuni verwandelt, mit Laboren, Hörsälen und Teststrecken. Und es hätte natürlich eine Luxus-Mensa gegeben und gestern Abend trotzdem, wie es sich für so eine Kreuzfahrt gehört, Disco mit Livemusik. Ach, ach. Es tröstet ein bisschen, dass es schon einen Nachholtermin im Oktober gibt. Wenn.

Die Isolation der Provinz Uusima wurde heute ein bisschen überraschend vier Tage vorfristig aufgehoben. Nun sind die Leute aufgerufen, trotzdem nicht im Land herumzureisen und auch nicht ins Mökki zu fahren. Und sowieso und überhaupt natürlich eigentlich ganz zu Hause zu bleiben.

Ansonsten ist der Frühling zurück. Der Ähämann und ich tranken Kaffee Tee neben der blühenden Forsythie, und danach widmete ich mich der frühestmöglichten Bekämpfung der unkrautartigen Glockenblumen, die zwar hübsch anzusehen sind, aber den ganzen Garten überwuchern würden, wenn man sie liesse. Morgen werde ich vielleicht ein paar Blumenkästen – die man zur Not bei Nachtfrost reinholen kann – mit Radieschen- und Salatsamen bestücken.

Nicht, dass mir in den vergangenen 29 Tagen auch nur ein einziges Mal langweilig geworden wäre. Aber es ist schön, dass für diese kleinen Dinge jetzt auf einmal viel mehr Zeit ist.