Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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„Ski“ferien 2023

Urlaubsplanung mit Kindern.

Ob wir in den Skiferien mal wohin fahren könnten, wo es warm ist. Mal woandershin als ins Baltikum.

Der Ähämann recherchierte, bis wohin wir mit dem Zug in einer Woche hin und zurück kämen und sagte: „Wir könnten zum Beispiel nach Lyon fahren. Oder nach Zagreb. Oder wir könnten nach Lissabon fliegen.“ (Da war er schon mal auf Tagung, hat aber damals nicht viel von der Stadt gesehen.)

„Ja, fliegen!“, leuchteten drei Paar Kinderaugen, vor allem die des kleinen Herrn Maus, der sich gar nicht mehr an seinen letzten Flug erinnern konnte, weil wir vor zehn Jahren das letzte Mal alle gemeinsam geflogen sind.

Vier Wochen vor Ferienbeginn hatten wir ein Reiseziel.

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Jede Reise beginnt auf dem Meer.

Sogar für Flugreisen wohnen wir, wie die Finnen zu sagen pflegen, hinter Gottes Rücken: von Stockholm zu fliegen kostet nur halb so viel wie von Helsinki, und so begann auch diese Reise, wie alle unsere Reisen beginnen: mit einer Fährüberfahrt.

In Stockholm war echtes Beschisswetter, und so zitterten wir uns nicht nur früh halb sieben vom Hafen zum ersten geöffneten Café, sondern auch von einem sehr ausgedehnten zweiten Frühstück über einen spontanen Regenjackenkauf für den schon wieder gewachsenen grossen Herrn Maus sowie ein ausgedehntes Mittagessen zum Bahnhof, von wo wir mit Pendeltåg und Bus zum Flughafen fuhren. Brrrrr.

Nach immer noch vier Stunden bis zum Abflug und weiteren vier äusserst langweiligen Stunden Flug durch die Nacht – wenigstens hatte ich ein gutes Händchen bei der Buchauswahl für die Reise gehabt – wurden wir endlich für die Bibberei entschädigt: in Lissabon war es nachts um elf noch so warm, dass wir nicht nur Mützen und Handschuhe, sondern auch sämtliche Jacken direkt in die Rucksäcke stopfen konnten. Sogar über dem Kerosingeruch des Flughafens roch es ganz deutlich nach Sommer, und als wir eine halbe Stunde später der Metro entstiegen, fühlte es sich wirklich nach Sommernacht an. Hach.

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Ferienwohnung mit Aussicht. Und Infrastruktur.

Halb eins – nach unserer inneren Uhr bereits halb drei – hatten wir endlich im Bett gelegen. Als wir ziemlich ausgeschlafen aufwachten, war es erst um neun: Zeitverschiebung ist manchmal gar nicht so schlecht. Dann zog ich die Rollläden im Schlafzimmer hoch, und mein Blick fiel als erstes auf vier Bäume voller Zitronen und Apfelsinen im Hinterhof. Völlig unwirklich.

Auf der anderen Seite guckten wir auf eine sehr breite Strasse mit sehr tollem Radweg und Fusswegen, die kilometerlang mit Mustern aus weissen und schwarzen Pflastersteinen versehen waren.

An dieser sehr belebten, aber völlig touristenfreien Strasse reihte sich Minimarkt an Obstladen an Frisör an Haushaltswarenladen an Café an Waschsalon an Bäckerei an Kebabstand. Der Ähämann ging uns jeden Morgen Frühstück kaufen und erstmal im Café nebenan einen Espresso trinken, jeden Abend suchten wir, bevor wir heimwankten, den kleinen Supermarkt auf und den Obsthändler, der die Namen der Früchte auf Chinesisch in den Kassencomputer tippte. Unter der Strasse fuhr die Metro; die nahmen wir, wenn wir Grösseres vorhatten oder fusslahm waren, aber meistens liefen wir, weil es bis ins Stadtzentrum auch  nur einen reichlichen Kilometer war.

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65 300 Schritte.

Apropos laufen. Lissabon ist nicht nur die perfekte Stadt für Leute, die gern laufen, sondern vor allem für Leute, die gern bergsteigen. Wir liefen treppauf und treppab – der kleine Herr Maus allerdings ging schnell dazu über, treppab die Geländer herunterzurutschen – hügelauf und hügelab, enge Gässchen hoch und wieder runter, von Metrostationen zu Strassenbahnhaltestellen, und, seit wir am zweiten Tag da gewesen waren, fortan jeden Abend noch auf unseren Lieblingsaussichtsplatz.

Das Allerseltsamste war, durch eine Stadt zu laufen, wo im Februar bei frühsommerlichen Temperaturen Palmen, Bananenstauden, Apfelsinenbäume voller reifer Früchte, Araukarien und andere immergrüne Bäume neben noch kahlen, blätterabwerfenden Baumarten stehen.

Ich lief vier Tage lang mit der Flora-incognita-App in der Hand rum und hielt die Kamera auf rosa Blüten, handtellergrosse Blätter und seltsam gemusterte Baumstämme.

Ein Florettseidenbaum. Möchte kein Eichhörnchen drauf, auf den.

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Fliesenliebe.

Als wir im Studium auf Exkursion in Tunesien waren, habe ich mich in die bunten Fliesen verliebt, die dort an jeder Strassenecke verkauft wurden. Man kann sich also vorstellen, dass ich in Lissabon vier Tage lang vor Freude gequietscht habe.

(„Billiger und einfacher zu beschaffen als Ziegel“ , das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen…!)

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Öffentlicher Nahverkehr.

Lissabon ist so eine Art Paradies für Leute, die Schienenfahrzeuge mögen.

Es gibt keine App für den Nahverkehr, aber man kann an den Fahrkartenautomaten in den Metrostationen für 50 cent eine Karte erwerben, die man beliebig oft mit Einzelfahrten oder 24-Stunden-Tickets aufladen kann. Das billigste 24-Stunden-Ticket kostet 6,60 € und gilt für sämtliche Strassenbahnen, Standseilbahnen, Aufzüge und die Metro, das teuerste kostet 10,70 € und gilt zusätzlich auch noch für die Fähren und den Pendelzug, mit dem man zum Beispiel ins 30 km entfernte Cascais an den Strand fahren kann. Ein Schnäppchen, vor allem, wenn man bedenkt, dass allein einmal mit einem Schrägaufzug hoch und wieder runter fahren 3,80 €, also den Preis von zwei Einzeltickets, kostet. (Oder wenn man auf der vorherigen Reise in Venedig war und die Preise für ein 24-Stunden-Vaporetto-Ticket kennt.)

Die Lissabonner Metro ist wie jede Metro sehr toll, aber superlaut. Man versteht in den Stationen, wenn eine einfährt, sein eigenes Wort nicht mehr und in den Waggons die Ansagen nicht; da, wo wir wohnten, befand sich auf beiden Strassenseiten ein grosser Belüftungsschacht, wenn da gerade eine Metro untendrunter langfuhr, dachten wir, in der Nähe startet ein Flugzeug. Vielleicht liegt es daran, dass sie nur einen Tunnel statt zwei getrennter hat und es darin besonders laut schallt, und die Siemens-Waggons aus den 1990ern erschienen mir auch weitaus rumpeliger als die sowjetischen Modelle aus den 1970ern, die bis heute in osteuropäischen Haupstädten fahren. Wir benutzten die Metro jedenfalls ausgiebig, um schnell von A nach B kreuz und quer durch die Stadt zu gelangen.

Weil Lissabon auf hohe Hügel gebaut ist, gibt es mehrere Schrägaufzüge. Sie fahren im Prinzip ganz normale Strassen entlang, die Zugseile und Rollen sind unter der Strasse versenkt, so dass auch Autos und Fussgänger auf der Bahnstrecke fahren und laufen können. Genial.

Die Aufzüge sind unter Touristen unterschiedlich beliebt bekannt. Am ersten mussten wir eine ganze Weile anstehen. Mit dem zweiten wollten wir spontan runter und wieder hoch fahren, aber als wir unten die Warteschlange sahen, beschlossen wir, es mit dem Runterfahren gutsein zu lassen und einfach wieder hoch zu laufen.

Der dritte, hatte ich gelesen, sei am wenigsten touristisch. Ich hatte so meine Zweifel, als wir durch unheimliche Menschenmassen, eine Strasse entlang, an der sich Souvenirladen an Souvenirladen und internationale Klamottenkette an internationale Klamottenkette reihte, in die Richtung liefen. Aber 100 m vor der Haltestelle waren plötzlich alle Leute um uns rum verschwunden, und zehn Minuten später fuhr der Aufzug für sieben Passagiere, uns eingeschlossen, nach oben.

Ausserdem gibt es einen Fahrstuhl zwischen Unter- und Oberstadt, den man ebenfalls mit einer normalen Nahverkehrsfahrkarte benutzen kann. Pro-Tipp: von oben nach unten fahren. Unten standen 200 Leute an, oben fünf.

Die berühmten gelben Strassenbahnen lösten bei mir einen akuten Anfall von Sentimentalitis aus: in meiner Geburtsstadt hatte es bis 1988 noch auf einigen Strecken ein ganz ähnliches Modell gegeben, mit Holzsitzen und funzeligen Lampen, das knarzend und quietschend über die alten Schmalspurschienen holperte, und ich habe „die Rumpel“, wie sie genannt wurde, als Kind sehr geliebt.

In Lissabon haben die Strassenbahnen ausserdem eine besonders schöne Streckenführung, vor allem die beiden Linien, die hügelauf, hügelab durch die engen Gassen von Graça und Alfama rumpeln. Statt mit der 28, die in jedem Reiseführer erwähnt wird, sollte man allerdings lieber mit der 12 fahren: an der Anfangshaltestelle der 28 hatte sich eine 100 m lange doppelte, bisweilen auch drei- oder vierfache, Warteschlange gebildet, während an der gleichen Haltestelle nicht mehr als zehn Leute mit uns in die 12 stiegen.

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Atlantikwellen.

Teile der Familie hatten sich – wenn schon „Ski“ferien im Süden, dann richtig! – einen Ausflug an den Strand gewünscht, und so setzten wir uns am letzten Tag in einen Zug und anschliessend noch in einen Bus und fuhren zum Strand.

Leider hatte uns inzwischen das Beschisswetter aus Stockholm eingeholt. Andererseits sorgte der starke Wind für tolle Wellen, die sogar dem kleinen Herrn Maus so viel Respekt einflössten, dass er freiwillig nicht weiter als bis zu den Knien ins Wasser ging. Und unsere Vitamin-D-Speicher waren hinterher sicher auch erstmal wieder voll, ganz ohne Tabletten.

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Zurück in den Winter.

Andere Sprachen, andere Namen. Oder: Wo ich schon immer mal hinwollte. ;-)

Der Rückflug war nicht ganz so langweilig, weil er immerhin zum grössten Teil im Hellen stattfand. Wir sahen Schnee in Spanien – „Mama, was ist das? Das sieht aus, als hätte da jemand Mehl hingestreut“ – und die Ausläufer der Pyrenäen und die Kinder guckten mit offenen Mündern Flugzeugen hinterher, die uns entgegenkamen oder kreuzten. (Vor uns sass eine schwedische Familie – Mutter, Vater, vielleicht sechsjähriges Kind – sie hatten den ganzen Flug über das Rollo an ihrem Fenster runtergezogen und das Kind guckte vier Stunden lang irgendwelche Animationsfilme auf dem Tablet. Ja, kann man machen. Muss man aber zum Glück nicht.)

Nachdem wir mit anderthalb Stunden Verspätung in Stockholm gelandet waren, passierte dann noch Folgendes:

(Reisetagebuchillustration vom grossen Herrn Maus.)

Irgendwann mache ich mal eine Liste der lustigsten Ansagen, und neben „Wir müssen ein Rohr wechseln“ und „Weisst du, wo der Zug ist?!“ wird diese auch dabei sein.

Zum Glück hatten wir es nicht eilig, denn Fliegen, ich wiederhole mich, ist überhaupt nicht schnell, denn es besteht hauptsätzlich aus Herumsitzen und Warten.

Wir wären gern wieder mit der Fähre zurück nach Turku gefahren, aber die Abendfähre hätten wir nicht geschafft und die Morgenfähre hätte noch eine Übernachtung in Stockholm bedeutet, und so begaben wir uns für weitere zwei Stunden Warterei an das entfernteste Gate des Flughafens, vor dem das zu dem Zeitpunkt vermutlich kleinste Flugzeug auf dem ganzen Flughafen im Finstern stand und darauf wartete, uns später in nur 40 Minuten nach Turku zu bringen. Immerhin hatten wir während der Wartezeit beste Sicht auf die Startbahn – wir sahen unter anderem, wie unser Flugzeug zurück nach Lissabon flog, ein riesiger Airbus nach Addis Abeba startete und ein DHL-Flugzeug nach Leipzig – und guckten zu, wie mehrere grosse Flugzeuge über den Flughafen rangiert wurden, wie Einkaufswagen auf dem Supermarktparkplatz.

0:10 Uhr landeten wir in einem tiefverschneiten Turku und schlitterten in unseren Turnschuhen über das vereiste Rollfeld zum Terminal. Die Dreiviertelstunde Wartezeit, bis auch das Flugzeug aus Helsinki und das aus Riga eingetroffen waren und der letzte Stadtbus abfuhr, vertrieb uns der kleine Herr Maus mit einem kleinen Klavierkonzert.

Halb zwei stiegen wir am Markt in die Nachtbuslinie, die in unseren Stadtteil fährt, um zwei waren wir zu Hause. Zwölf Stunden später stiegen der Ähämann und ich an der Lieblingsloipe auf unsere Skier.


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Skiferien, perfekte

Fünf Tage Sommer – dazu mehr, wenn ich die 1382 Fotos, die der Ähämann gemacht hat, sortiert habe – und zwei Tage Winter, wie er am schönsten ist.

„Zutritt strengstens verboten!“ Es sei denn, es ist Skisaison und die Loipe führt ganz offiziell durchs Flughafengelände.
36 Stunden vorher sind wir drübergeflogen.

Wir Glückspilze.


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neljäsataakuusi, neljäsataaseitsemän, neljäsataakahdeksan

Gestern brachten wir – von und nach Turku fliegt reisebeschränkungsbedingt noch fast immer nichts – die Grosseltern zurück nach Helsinki zum Flughafen.

Auf der Autobahn nach Helsinki sahen wir die 406. Am Flughafen in Helsinki ist gerade so wenig los, dass man kein teures Parkhaus braucht, sondern die kostenlosen 30-Minuten-Parkplätze an der Tankstelle neben dem Mietwagenparkhaus nutzen kann. (Okay, wenn sich das Abholen wegen der ganzen derzeitigen bürokratischen Hürden länger hinzieht als gedacht, muss man die Parkuhr eben nochmal weiterdrehen. Spätestens dann stellt sich aber wirklich Provinzflughafenfeeling ein.) Und dort suchte auch die 407 einen Parkplatz. Und als wir fast wieder zu Hause waren, an der letzten Ampel, da kam uns dann auch noch die 408 entgegen. Sehr erfolgreicher Ausflug.

Auf Wunsch des kleinen Herrn Maus fuhren wir am Flughafen ausserdem einmal die lange Rolltreppe vom Flughafen zum S-Bahn-Bahnhof runter und wieder hoch, danach war es Zeit für ein spätes Mittagessen, und dann suchten wir noch einen Helsinkier Strand auf. Kein Tag ohne Strandbesuch in diesen trockenen, heissen Sommerferien!

Gleich neben dem Strand zogen die Tallinn-Fähren vorbei, und wir haben vorfreudig gewinkt: Übermorgen fahren wir mit!

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Sonn(en)tag

Es war vielleicht nicht die beste Idee, an einem Sonntag, an dem nicht nur die Schneebedingungen perfekt und die Loipen frisch gespurt sind, sondern auch seit langer Zeit mal wieder die Sonne scheint und zusätzlich das Loipencafé geöffnet hat, ausgerechnet diese Skitour zu machen. Denn ungefähr 2000 andere Leute hatten die gleiche Idee.

(Leider waren darunter auch ein paar dieser selbsternannten Profisportler, die es nicht ertragen können, wenn jemand in der Loipe langsamer ist, und tatsächlich sogar Kinder anblaffen. Es kommt selten genug vor; aber offensichtlich doch oft genug, dass es dafür im Finnischen sogar einen eigenen Begriff – Laturaivo = Loipenzorn – gibt. Man fragt sich, wie die sonst so sanftmütigen Finnen mit zwei Brettern an den Füssen zu solchen Wutnickeln mutieren können.)

Aber es ist nun mal eine der schönsten Loipen direkt am Stadtrand, quer durchs Citymoor, durch Wald, über sonnige Felder und eine schneeglitzernde Hochebene, und als Highlight zwischen der Landebefeuerung des Flughafens hindurch. Und obwohl ja gerade #aufgrundderaktuellensituation nichts fliegt von unserem Provinzflughafen ausser einem Frachtflugzeug abends halb elf, kamen wir gerade rechtzeitig, um das Grenzschutzflugzeug über unsere Köpfe hinweg landen zu sehen.

Bleib so, Winter! ♥


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Coronaklausur, Tag 34

Finnland hat 3868 bestätigte Coronafälle.

Montags stehen für mehrere unserer Kinder Sport, Musik und Kunst auf dem Stundenplan. Auch jetzt.

Die Herren Maus bekommen für Sport immer eine genaue Aufgabe: absolviere die und die Übungen, gehe eine Stunde lang spazieren oder eine halbe Stunde joggen, fahre mit dem Fahrrad bis zur Schule und zurück. Das Fräulein Maus darf sich aus verschiedenen Angeboten selbst 60 Minuten Training zusammenstellen. Vor der Stunde müssen sich alle per Videochat anmelden und nach der Stunde unbedingt wieder zurückmelden – sonst ruft die Sportlehrerin an, um sicherzustellen, dass das Kind nicht eventuell mit verstauchtem Knöchel im Wald liegt.

„Ich ermuntere meine Schüler immer, mir ruhig alle Fragen, die sie haben, zu stellen, statt ihre Eltern, die ja ihre eigene Arbeit schaffen müssen, damit zu behelligen“, las ich heute in einem Interview einer finnischen Lehrerin zum Fernunterricht. Womit zum Unterschied zwischen Fernunterricht und Homeschooling alles gesagt wäre.

Während die Kinder Unterricht hatten, erledigte ich einen Schreibauftrag für die Deutsche Gemeinde. Als der kleine Herr Maus fertig war mit Schule und das Fräulein Maus eine Freistunde hatte, erstellten wir gemeinsam das heutige Nachmittagsprogramm für die Hortkinder. Ich hoffe, sie haben dabei genauso viel Spass wie wir es hatten.

Für heute Nachmittag hatte sich der kleine Herr Maus eine Radtour zum Flughafen gewünscht. Wir fuhren die gleiche Runde wie vor zwei Jahren, aber an einem Montagnachmittag ist es natürlich nochmal was ganz Anderes. Fast hätte man vergessen können, dass Ausnahmezustand herrscht: in den durchquerten Industriegebieten steppte der Bär. Wir sahen zu, wie an einer Baustelle tiefe Löcher in Lehm gebohrt wurden, wie ein LKW-Fahrer auf dem Seitenstreifen der Autobahn ein Rad wechselte und wie an einem Steinbruch grosse Gesteinsbrocken zerkleinert wurden. Und zum Flughafen kamen wir gerade rechtzeitig, als eins der zwei Flugzeuge, die hier pro Tag noch abfliegen – ein Passagierflugzeug nach Mariehamn und ein Frachtflugzeug nach Liège – startete.

Ein bisschen Wehmut kam nur auf der Rückfahrt auf, als wir ganz nahe am Haus des vor zwei Jahren weggezogenen besten Freunds des kleinen Herrn Maus vorbeikamen und der kleine Herr Maus eben nicht einfach hinfahren und klingeln konnte.


Ein Kommentar

Letzte Gelegenheit

Als wir am Sonnabend zum Eisbaden fuhren, zogen da ein paar Unerschrockene immer noch mit Skiern über die Felder. Na, dachte ich, das ist jetzt aber die letzte Gelegenheit, denn die Sonne knallte wirklich sehr auf die zusammengeschrumpfte Loipe, und die Luft war ganze sechs Grad warm.

Als wir am Sonntag ins Citymoor gingen, war der Parkplatz voller Autos, in die gerade Skier eingeladen oder aus denen gerade Skier ausgeladen wurden. Na, dachte ich, das ist jetzt aber wirklich die allerletzte Gelegenheit, denn an manchen Stellen guckte schon der Waldboden wieder raus, und Rinnsale blinkten neben dem Weg.

Aber die Loipe sah gar nicht so schlecht aus. Und so ergriffen gestern der kleine Herr Maus und ich, nachdem wir erst das Fräulein Maus zum Training gefahren und dann in der brechend vollen Schwimmhalle seine am Sonntag beim Training liegengelassene Badekappe abgeholt hatten, die wirklich allerallerletzte Gelegenheit beim Schopfe und gingen auch nochmal skifahren.

Vom Citymoor zur Skihütte auf der anderen Seite des Flughafens und wieder zurück. Es waren recht anstrengende 14 km, denn der Schnee war auf der Hinfahrt noch sehr vereist und auf der Rückfahrt sehr matschig. Aber egal. In der Skihütte konnten wir am Feuer unser mitgebrachtes Mittagessen essen, ich konnte mein durchgeschwitztes Wollunterhemd wechseln, zum Nachtisch gab’s Munkki und heissen Kaffee, und dann ging’s auch mit dem Rückweg.

Und die Loipe ist ja mal echt cool: der kleine Herr Maus erzählte noch den ganzen Abend davon, wie wir durch die Landebahnbeleuchtung des Flughafens durchgefahren sind und wie toll der startende Airbus so ganz aus der Nähe ausgesehen hatte.

Wenn es wirklich die allerallerletzte Gelegenheit zum Skifahren gewesen sein sollte, dann haben wir sie wenigstens gut genutzt.

(Heute Muskelkater. Und strömender Regen.)


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Fliegen bei Streik

Am Donnerstag freilich war das mit dem Streik weniger lustig.

Am Mittwoch und Donnerstag nämlich streikte das Sicherheitspersonal auf den Flughäfen. Das betrifft uns ja normalerweise nicht – aber am Donnerstag flog der grosse Herr Maus, wie zwei Jahre zuvor seine grosse Schwester, mit seiner Deutschlehrerin und zwei seiner Mitschüler aus dem Muttersprachunterricht nach München zu “1, 2 oder 3“.

Eigentlich von Turku aus. Aber am Flughafen wurde uns mitgeteilt, der Flug von Helsinki nach Turku und zurück sei gestrichen. Grosse Enttäuschung und Panik beim grossen Herrn Maus!

Wir wären allerdings nicht in Finnland, wenn nicht sofort ruhig und besonnen eine Lösung des Problems in Angriff genommen worden wäre: 14:45 Uhr hätte der Flug gehen sollen, 13:45 Uhr stand ein Bus vorm Flughafen bereit, samt Proviantwägelchen, aus dem man sich vor dem Einsteigen zur Entschädigung kostenlos – denn auch bei Finnair gibt’s schon lange kein Essen mehr im Flugzeug – bedienen durfte, Punkt 14 Uhr – und vielleicht gewöhnen wir uns jetzt doch noch ab, immer erst 20 Minuten vor Abflug an unserem Provinzflughafen zu sein – fuhr er Richtung Helsinki los. Und die vier München-Reisenden schafften sogar ihren Anschlussflug.

Dafür ging diesmal auf dem Rückflug alles glatt. Drei stolze Sieger kamen gestern Abend pünktlich in Turku an.

Ausstrahlung am 9.2.2019. Der Dachs kommt auch ins Fernsehen! <3


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Spätsommerradtour

Neulich haben wir unser Erdbeerbeet erneuert, und was dann jetzt noch fehlte, waren nur ein paar Pferdeäpfel. Die sollten nicht schwer zu besorgen sein, dachten wir – gibt es doch hier ganz in der Nähe eine Pferderennbahn, umgeben von jeder Menge Gestüte – und planten für dieses Wochenende eine Radtour.

Keine Radtour natürlich in die Nähe des Flughafens, ohne zum Flughafen hinzufahren und nach Flugzeugen Ausschau zu halten. Danach kamen wir an einem Feuerwehrgrosseinsatz – in der Nacht hatte ein riesiger Holzlagerplatz in haushohen Flammen gestanden, zu deren Bekämpfung bis zu 40 Feuerwehren und bis zu 100 Feuerwehrleute gleichzeitig im Einsatz gewesen waren, las ich später – vorbei. Und an Finnlands modernstem Gefängnis – was bei den Kindern die Frage nach der Ausstattung des Gefängnisses auslöste, die ich ihnen dann jetzt auch beantworten kann.

Nun sage noch einer, so eine Radtour durch die allernächste Umgebung sei langweilig…!

Es ist dann jetzt übrigens schon sehr deutlich Spätsommer. Das Getreide steht dunkelgelb – nur ein bisschen spärlicher und kürzer, aber ansonsten tapfer der diesjährigen Trockenheit trotzdend – auf den Feldern, und der erste Mähdrescher zog seine Runden. Es zog ein kalter Sturm übers Land, und ich musste am Flughafen, wo der Wind immer besonders scharf die Schaulustigen und Abholenden und Hinterherwinkenden anweht, tatsächlich was Langärmeliges überziehen: 23 Grad können sich sehr kalt und herbstlich anfühlen! Brrr!


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Sonn(en)tag

Das neue Jahr hat uns bisher nicht gerade mit Sonne verwöhnt. Aber jeder Sonntag hat bisher seinem Namen alle Ehre gemacht!

Leider sieht bei uns der Winter zwar gerade ganz zauberhaft aus, aber das Eis ist zu dünn und die Schneedecke zu zart, um woanders als auf Kunsteis oder-schnee schlittschuh- oder skilaufen zu gehen. Und dann haben sonntags ja zwei Kinder Training, und eigentlich mussten wir auch zu Ikea…

Aber bei dem Wetter nicht rausgehen?! Zum Glück gibt es für solche Gelegenheiten das Citymoor!

„Ach, ist das toll hier!“, schwärmten der Ähämann und ich. „So nahe an der Stadt, und trotzdem völlige Wildnis, als wäre man…“, sagte ich gerade, da rümpften wir beide gleichzeitig die Nase und fingen an zu lachen. Denn mitten durch das ach so wilde Moor waberte eine dicke Kerosinwolke, die der vor zwei Minuten gestartete Airbus hinterlassen hatte.

So ist das eben, in unserem Citymoor.


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kaksisataaseitsemänkymmentäseitsemän

Grosse, vernünftige Mädchen dürfen auch um Mitternacht noch mit zum Flughafen kommen, um Oma und Opa abzuholen.

Wir sahen zwei Flugzeuge landen, einen Hubschrauber starten und dem Elektrobus beim Laden zu. (Als ob nichts los wäre an unserem Provinzflughafen! Um Mitternacht!)

Wie immer parkten wir sehr viel länger als eine Viertelstunde vor dem Flughafen. Und als wir mit Oma und Opa aus dem Terminal in die laue, aber schon wieder dunkle Sommernacht hinaustraten, da fuhr gerade eine 277 los, die auch jemanden abgeholt hatte.

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