Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku


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Lichter am Fluss

Ich fand auch in diesem Jahr den Zeitpunkt ein bisschen unglücklich gewählt, denn weihnachtlich ist das alles ganz und gar nicht, und ich fände es viel wichtiger, im Oktober oder November extra Licht ins Dunkel zu bringen.

Aber angucken wollten wir es uns natürlich trotzdem, und so fuhr der Ähämann gestern Abend mit dem kleinen Herrn Maus mit dem Bus in die Stadt, holte mich von Arbeit ab – das Fräulein Maus war die Einzige in unserer Familie, die Brückentag hatte – und wir liefen, während der kleine Herr Maus Theorieunterricht hatte, am Fluss entlang von meiner Arbeit zum Konservatorium, wo wir den kleinen Herrn Maus wieder einsammelten und gemeinsam noch bis zur Burg liefen.

Die meisten Lichtkunstwerke haben mich dieses Jahr nicht wirklich begeistert.

Die Theaterbrücke gehört genaugenommen gar nicht dazu, denn sie wird im Winter immer passend zur Hauptaufführung des Theaters geschmückt: letztes Jahr sass der Drache Smaug auf ihr und spuckte einmal in der Stunde Feuer. Dieses Jahr gibt das Turkuer Stadttheater die „Brücken am Fluss“, und obwohl die Theaterbrücke mit dem roten Aufbau von Ferne echt seltsam aussieht, ist es von Nahem sehr, sehr schön geworden.

Am schönsten war eigentlich die Eishaut auf dem Fluss. Und der original Flugabwehr-Suchscheinwerfer aus dem Jahr 1942, der auf einem der Museumsschiffe installiert worden war, was ich an sich nicht so… überzeugend… fand, war dann doch sehr faszinierend.


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Licht ins Dunkel

Es war nicht wirklich weihnachtlich. Es hätte sicher besser in den Beginn der dunklen Jahreszeit, in den Oktober oder November, gepasst. Und Mehlbeerbäume mit um die Äste geschlungenen Lichterketten sind meiner Meinung nach keine Kunst, sondern eine Zumutung.

Aber ein Teil der Lichtkunstwerke, die dieses lange Wochenende im Turkuer Stadtzentrum zu sehen waren, waren ausnehmend schön. Und es hat ja auch seine Vorteile, für den Feiertag einen Ausflug geplant zu haben, für den man in dieser Jahreszeit nicht gleich nach dem Frühstück alles stehen und liegen lassen muss, um ihn bei Tageslicht absolvieren zu können, sondern für den es ausdrücklich dunkel sein muss.

Leider war ganz Turku mit dem Auto da, was unsäglich genervt hat, weil überall Stau, grelles Scheinwerferlicht und Abgasgestank waren. Wir fuhren mit dem Bus, was nicht nur den Vorteil hatte, dass wir nicht zum Ausganspunkt zurückmussten, sondern wir stiegen ausserdem drei Haltestellen eher aus und nahmen den schönsten Heimweg durchs Museumsdorf und den Wald. Aber das ist eine andere Geschichte.


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Finnische Wetterarten (12)

Heute: Vergessen-die-Sonnenbrille-abzunehmen-Wetter.

Häufige Wetterart von Mitte Oktober bis endlich Schnee liegt.

Wie wir denn mit dem langen, dunklen Winter zurechtkämen, ist eine der uns am häufigsten gestellten Fragen.

Dass die Sonne spät auf- und früh wieder untergeht, ist dabei nicht das Problem. (Ich käme mit der Dunkelheit auch noch viel besser zurecht, wenn es nicht so viele überflüssige Strassenbeleuchtung gäbe und nicht alle Nachbarn ab Mitte Oktober Lichterketten über ihre Bäume und Gartenzäune hängen würden.) Sondern eher, dass es an manchen Tagen auch zwischen Sonnenauf- und -untergang gar nicht erst richtig hell wird.

Die Sonne steht so niedrig, dass sie, wenn es bewölkt ist, nicht viel ausrichten kann. Seit ich Brille trage, ist es tasächlich schon mehrmals vorgekommen, dass ich mich erstmal vergewissert habe, dass ich wirklich die normale und nicht die Sonnenbrille aufhabe. Denn genau so fühlt es sich an: als hätte man aus Versehen den ganzen Tag die Sonnenbrille auf, obwohl die Sonne gar nicht scheint.

Die Wetterlage geht einher mit Müdigkeit – ich gehe derzeit kurz nach neun ins Bett, damit ich es schaffe, am nächsten Tag kurz nach sechs aufzustehen, und trotzdem gähne ich den ganzen Tag – und mit Hunger. Kein Appetit auf Ungesundes wie Chips oder Schokolade, sondern echter Hunger auf Brot oder eine warme Mahlzeit. Ich finde das sehr spannend, dass mir mein Körper auch in unserer Zeit, in der an Essen, Wärme und Licht zu keiner Jahreszeit Mangel herrscht, noch sagt: du musst dir jetzt Winterspeck anfressen!

Winterschlaf fände ich auch sehr verlockend. Aber vielleicht schneit’s ja bald. Das möchte ich nicht verpassen. Und sobald Schnee liegt, haben die Tage auch kein Verdunkelungsglas mehr vorgeschoben.

[Finnische Wetterarten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11]


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Zwischen den Jahren

Montag.

Es wird nicht hell. Offiziell scheint die Sonne derzeit hier bei uns 5 ¾ Stunden. Aber sie scheint nicht. Sie kriecht unter einer dicken Wolkendecke knapp über dem Horizont entlang und macht den Tag gerade so dämmerig, dass man ihn von der Nacht unterscheiden kann.

In den Wald zu gehen ist trotz allem das Beste, was man machen kann.

***

Dienstag.

Es wird nicht hell. Und es regnet in Strömen. Manchmal ist es auch ganz schön, drin zu bleiben. Es gibt sogar Tage, an denen das ohne geschwisterliches Gezänk geht, jeder seinen selbstgewählten Dingen nachgeht und sich der kleine Herr Maus mit seinen Hummeln im Hintern still und konzentriert zu mir an den Tisch setzt, mit einer komplizierten Malen-nach-Zahlen-Aufgabe, während ich an einem Island-Fotobuch arbeite und in Erinnerungen an Sonne und (fast) coronafreie Zeiten und Gegenden schwelge. Was haben wir in anderen Weihnachtsferien an solchen Tagen gemacht, fragen wir uns, als lägen normale Weihnachtsferien Jahrzehnte zurück. Ich vermisse nicht viel aus dem Leben vor Corona, jedenfalls nicht schlimm, aber an solchen Tagen wäre es doch schön, in die Schwimmhalle, in ein Museum gehen zu können. Oder in die Eisbadesauna, und da wird mir bewusst, dass ich das Eisbaden tatsächlich schlimm vermisse. „Na, die sind doch sicher bald alle geimpft, Ritva und Silja und alle die anderen über Siebzigjährigen“, sagt der Ähämann, „dann können wir wieder hingehen.“ Wir lächeln uns schief an.

***

Mittwoch.

Wir haben vor Weihnachten alle Skier, Stöcke und die Kiste mit den Skischuhen in den Flur getragen und Ski-Ringelpiez gespielt. Nur für den Fall. Für den Fall, dass es unerwartet möglich sein sollte skizufahren, für den sollten alle Familienmitglieder Skischuhe, Stöcke und Skier in der richtigen Grösse haben. Weitergeben ist nicht so unkompliziert, wie man denkt, da das älteste und grösste Kind die kleinste Schuhgrösse hat und unsere fünf Paar Skier insgesamt zwei verschiedene Sorten Bindungen haben. Es läuft darauf hinaus, dass der kleine Herr Maus die alten Skier des Fräulein Maus‘ bekommt, zusammen mit meinen Vor-Schwangerschafts-Skischuhen. Das Fräulein Maus passt noch in ihre Skischuhe, bekommt aber die (längeren) Skier des grossen Herrn Maus. Der grosse Herr Maus bekommt neue (noch längere) Skier und neue Schuhe gekauft, nur für den Fall, und der Fall könnte in Klein-Lappland günstigstenfalls an einem Tag zwischen den Jahren eintreten. Wir hypnotisieren die Wettervorhersage, die sich stündlich ändert und an einem Tag Schnee vorhersagt, der am nächsten Tag dann doch nur noch als Wasser vom Himmel kommen soll. Wir denken: „Am Montag!“, und dann rückt der Montag näher, und ach, es wird doch nichts. Aber vielleicht am Mittwoch! Wenn nur genug Schnee runterkommt! Aber am Dienstagabend sieht es nicht gut aus, zu warm, zu wenig Niederschlag, und vielleicht sollte man hier in unserer südwestfinnischen Ecke in Zukunft sowieso lieber in Elektroroller investieren als in Langlaufskier.

Aber als wir am Mittwoch aufwachen, liegen die Dächer der Nachbarhäuser und der Garten knöchelhoch voll matschigem Schnee, der zu Wasser wird, wenn man nur auf ihn drauftritt. Der kleine Herr Maus kommt aus dem Bett gehüpft und verkündet fröhlich: „Heute Harjureitti!“, und wir gucken ein letztes Mal auf die Wettervorhersage und das letzte Foto der Webcam und dann gucken wir uns an und sagen: „Na dann mal los!“

Wer willens ist, seine Loipe selbst zu spuren – ausser uns sind nur Spaziergänger und Fatbike-Radler unterwegs, und der Mann, den wir zuletzt dann doch für einen Skifahrer halten, entpuppt sich als Nordic Walker mit Stöcken – und wer AntiIce gegen dezimeterdicke Pappschneeschichten unterm Ski dabei hat, der hatte heute in Klein-Lappland die einzige Chance zum Skifahren im ganzen Jahr 2020.

Die 70 km lange Heimfahrt nach Turku fand in strömendem Regen statt.

So ist das hier bei uns.


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Novembergeburtstag, coronakonform

Wie er denn seinen Geburtstag feiern wolle, fragte ich vor etlichen Wochen den kleinen Herrn Maus.

Nur mit seinem besten ehemaligen Schulfreund, und ob wir vielleicht mal wieder im Dunklen in den Wald gehen könnten.

Und so fuhren wir heute Abend mit Würstchen und Grillkäse und Mäusespeck und Geburtstagstorte zu Turkus schönster Feuerstelle. Sogar ein bisschen geschneit hatte es zur Feier des Tages!

Novembergeburtstage sind toll!

Am allerallerschönsten aber war, dass wir hinterher noch genau zum richtigen Zeitpunkt auf den Aussichtsturm geklettert waren, um das Rotorsegel der „Grace“ über die Baumwipfel der nächsten Insel hinwegziehen zu sehen.


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kolmesataaseitsemänkymmentäseitsemän, kolmesataaseitsemänkymmentäkahdeksan

Oder: Was hier so los war in den zwei Wochen nach den Herbstferien.

Traditionell bekommt der kleine Herr Maus nach den Herbstferien seine neongelben Anzippdinger an den Ranzen – nach den Skiferien können sie dann wieder ab – und fast hätten wir uns dazu hinreissen lassen, den Herren Maus sonntagabend noch schnell Spikereifen auf die Räder zu machen. Wir entschieden uns dann dagegen, weil es nach den beiden kalten Nächten – die dann nicht mal so kalt waren wie vorhergesagt und demzufolge die Radwege auch nicht glatt – jetzt vermutlich wieder etliche Wochen dauern wird, bis man eventuell das nächste Mal Spikereifen brauchen wird.

Weil es immer noch keine richtige Frostnacht gegeben hat und nach Aila auch keinen richtigen Herbststurm mehr, sind noch ziemlich viele gelbe Blätter an den Bäumen, die normalerweise bei uns nach den Herbstferien – Herbstferien in Estland sind immer so eine Gnadenfrist – schon komplett kahl sind. Das tut gut, vor allem an den Tagen, an denen es unter der Wolkendecke erst gar nicht richtig hell wird und ich den ganzen Tag denke, ich hätte versehentlich die Sonnenbrille auf.

Letzten Montag fuhr ich auf dem Heimweg noch am Baumarkt vorbei, um einen mittelgrossen S-Haken zu kaufen. Die Haken waren komplett ausverkauft. Es ist ja jetzt die Zeit, wo alle wieder Laternen in die Bäume und vor ihre Haustüren hängen. (Der Ähämann hatte aber, das wusste ich nicht, noch einen zu Hause rumliegen, also hätte ich den unnötigen Umweg gar nicht machen müssen – ausser natürlich, um auf dem Weg vom Baumarkt nach Hause einer 377 zu begegnen.)

Auf Arbeit haben wir direkt nach den Herbstferien damit begonnen, die Erst- und Zweitklässler in getrennten Räumen zu betreuen. Darüber nachgedacht hatten wir schon länger, aber da sich in der Schule alle immer noch lockerlustig vermischen dürfen, hatten wir es noch aufgeschoben. Es macht keinen Spass – aber was muss, das muss, und lieber sind wir mit allem zwei Schritte voraus – siehe Maskentragen – als zwei Schritte hinterher.

Letzten Freitag überraschte mich der Ähämann nach der Arbeit neben meinem Fahrrad wartend mit Kaffee in der Thermoskanne, selbstgebackenen Waffeln und Schlagcreme, und wir setzten uns damit in den kleinen Park neben dem Fahrradständer. Mal wieder ausgehen wäre schön, aber wenn man hierzulande in fast keinem Restaurant und keinem Café mehr draussen sitzen kann, muss man sich eben so behelfen.

Seit der Zeitumstellung – die letzte, hatte man uns ja eigentlich versprochen, aber wer will sich im Moment mit solchen Lappalien befassen – ist es gefühlt noch dunkler geworden als in der Woche zuvor, denn jetzt stehen wir nicht nur im Stockfinstern auf, sondern ich komme auch erst im Stockfinstern wieder nach Hause. Ich bin so froh, dass ich jeden Mittag zwei Kilometer durchs Stadtzentrum wandern und jeden Nachmittag mindestens eine Stunde auf Spielplätzen herumstehen muss und wenigtens ein bisschen Tageslicht sehe! (Oder mir eben dabei die 378 über den Weg fährt.)

In der Schule der Herren Maus gab es diese Woche den ersten Coronafall. Leider gibt es offensichtlich grosse Unterschiede zwischen den Schulen – denn während es in der Schule des Fräulein Maus noch am gleichen Tag eine Pressemitteilung gab, alle Eltern per Wilma-Nachricht benachrichtigt wurden und alle Klassen am nächsten Tag für zwei Wochen auf Fernunterricht umstiegen, erfuhren wir diesmal eher nebenher und überhaupt erst mit vier Tagen Verzögerung davon, und für alle ausser die, die in Quarantäne müssen, läuft der Unterricht ganz normal weiter. Finde ich jetzt nicht ganz so lustig.

Am Donnerstag hatte sich übrigens die finnische Gesundheitsbehörde vorsichtig positiv geäussert, weil sich die Kurve der Neuinfektionen in den letzten zwei Wochen deutlich abgeflacht hatte. Aber wie alle Mütter wissen, die jemals laut ausgesprochen haben, dass ihr Kind jetzt durchschläft, kam es, wie es kommen musste: am Freitag wurde eine Rekordzahl an Neuinfektionen (sowohl in Turku als auch in ganz Finnland) innerhalb der letzten 24 Stunden verkündet.

Trotzdem sieht es in Finnland noch vergleichsweise gut aus.

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