Innerhalb von nicht mal vierundzwanzig Stunden haben sich seit gestern Abend drei Dinge geklärt, die uns zunehmend unter den Nägeln gebrannt hatten.
1) Die Wahlunterlagen für die Bundestagswahl sind eingetroffen.
Wir waren diesmal ein bisschen… äh… lahmarschig und haben erst vor reichlich zwei Wochen unsere Briefwahlanträge weggeschickt. Da die finnische Post Briefe schon länger nicht mehr innnerhalb von zwei Tagen, sondern eher innerhalb von zwei Wochen nach Deutschland befördert, fing ich dann doch schon an, ein bisschen um unsere Wahlteilnahme zu bibbern. Gestern lagen die Wahlunterlagen im Briefkasten, heute früh füllten der Ähämann und ich sie symbolträchtig zur Feier unseres 18-Jahre-in-Finnland-Jahrestages aus. Drei Wochen sind hoffentlich selbst für die finnische Schneckenpost machbar!

Weil die Frage aufkam, ob es gerechtfertigt ist, dass man für ein Land wählt, in dem man gar nicht lebt: Man bekommt ja auch die Staatsbürgerschaft nicht aberkannt. Vielleicht will man, wenn man in Rente ist, doch wieder zurückgehen in sein Geburtsland. Vielleicht möchten die Kinder in Deutschland studieren. Vielleicht wird es andere Dinge geben, wegen denen man dann doch in sein Geburtsland zurückzieht, und wenn es nach 50 Jahren ist. Da ist einem doch nicht egal, was bis dahin dort passiert?! Im Übrigen finde ich, dass einem jeden Land die Meinung und die Stimme von Menschen, die schon mal über den Tellerrand geguckt haben, nur guttun kann.
2) Wir haben Autozugtickets gebucht.
In den letzten Weihnachtsferien, als wir durch den dunklen und nassen südwestfinnischen Wald stapften und die Sehnsucht nach Schnee, von der wir noch nicht wussten, dass sie in diesem Winter sogar in Turku gestillt werden würde, übermächtig wurde, buchten wir kurzentschlossen für die nächsten Weihnachtsferien das Blaue Rote Mökki, in dem wir vor sechs (!) Jahren das letzte Mal waren. Die nächsten Weihnachtsferien bieten nämlich die einmalige Gelegenheit, während der Ferien, aber doch ausserhalb der Saison und somit zu gerade noch aufbringbaren Preisen, nach Lappland zu reisen: die Schule beginnt erst am 10. Januar wieder!
Kein Lappland-Winterurlaub aber ohne An- und Abreise mit dem Nachtzug. Je eher man bucht, desto preiswerter. Je eher man bucht, desto besser die Chancen, überhaupt mitzukommen. Ende Dezember aber konnte man noch nicht buchen. Anfang Januar auch nicht. Auch im März noch nicht und nicht im August. Am 1. September habe ich die Ticketverkaufsseite bestimmt zwanzigmal aktualisiert, umsonst. Gestern Abend wollte ich eigentlich nur gucken, ob neue Zweitimpfungstermine für 12- bis 15-Jährige verfügbar sind, und habe nur aus Gewohnheit nochmal auf die Bahnseite geguckt, und dann fingen mir die Finger zu zittern an, denn man konnte endlich Nachtzugtickets für Januar 2022 buchen!
(Ich rege mich jetzt nicht darüber auf, dass es in einer Stadt wie Turku schon seit zwei Jahren keinen einzigen Fahrkartenschalter mehr gibt, dass man online aber für die Autozugpakete nicht alle Optionen selbst buchen kann, dass die Frau an der Hotline überhaupt keine Ahnung hatte – „Ich rufe an, weil ich zwei Kabinen buchen möchte, die man verbinden kann.“ „Im Ober- oder Untergeschoss?“ „Verbindbare gibt es nur unten.“ – und auch nicht darüber, dass man es bei der finnischen Bahn offenbar für völlig normal hält, telefonisch die Kreditkartendaten seiner Kund*innen abzufragen. Nein, ich rege mich nicht auf.)
Ich bin jedenfalls froh, dass wir bei erster Gelegenheit gebucht haben, denn heute früh war der uns gestern Abend schon horrend erschienene Preis für die Hinfahrt (die Rückfahrt geht) um weitere 250 € gestiegen. Es kann sich vermutlich nur noch um Stunden handeln, bis es keine Autoplätze mehr gibt.
3) Die 12- bis 15-Jährigen der Familie haben einen Zweitimpftermin.
Nicht nur angesichts der Kindercoronawelle, die hier aus offensichtlichen Gründen gerade anrollt, sondern auch wegen unseres Plans für die Herbstferien, der die Nutzung vieler öffentlicher Verkehrsmittel und das Überqueren von drei Landesgrenzen beinhaltet, waren wir nicht sehr angetan von der Aussicht, dass die Zweitimpfung des grossen Herrn Maus und des Fräulein Maus erst nach 12 Wochen, also Ende Oktober, erfolgen würde. Seit diesem Montag durfte man den Zweittermin auf acht Wochen nach Erstimpfung vorziehen, aber leider war bisher weder online noch telefonisch ein Termin in unserem engen Zeitfenster von gerade mal vier Tagen – mindestens acht Wochen nach Erstimpfung, aber noch vor den Herbstferien – zu bekommen gewesen. An Terminen in naher Zukunft mangelte es nicht, also waren wir optimistisch, dass wir dann, wenn unser Zeitfenster näherrücken würde, schon einen Termin ergattern würden, aber so richtig Spass macht das ja nun auch nicht, sich bis dahin nicht wirklich auf die bisher nur unter Vorbehalt geplante Reise vorfreuen zu können. Als ich heute Mittag die neuesten Turkuer Coronazahlen anguckte, sah ich zufällig, dass man, ziemlich überraschend, ab heute die Impfabstände sogar auf sechs Wochen verkürzen darf, und als man mich von der sofort angerufenen städtischen Impfhotline zurückrief, war sogar für beide Impflinge ein Termin gleich am ersten möglichen Tag, also genau sechs Wochen nach Erstimpfung, frei. Ich bedankte mich ungefähr zehnmal überschwänglich bei der Telefonkrankenschwester und führte dann im Park ein kleines Freudentänzchen auf. Nicht nur, dass wir uns nun schon anderthalb Monate eher nicht mehr wegen jedem Coronafall in der Schule sorgen müssen. Vor allem werden das Fräulein Maus und der grosse Herr Maus noch rechtzeitig vor den Herbstferien geimpft werden – so rechtzeitig, dass zwischen Impfung und Reiseantritt sogar die offiziell nötigen zwei Wochen liegen werden, so rechtzeitig, dass nicht zwei am ersten Reisetag mit eventuellen Impfnebenwirkungen werden kämpfen müssen. Juhuu! Grosse Herbstferienvorfreude!