Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku

Poststreik

8 Kommentare

Wenn in Finnland gestreikt wird, dann richtig.

Da geht nicht die IG Metall für zwei Stunden für Warnstreiks auf die Strasse oder ziehen die Bauern mit Mistgabeln bewaffnet über die Autobahn. (Obwohl, die 500 Traktoren auf dem Senatsplatz waren schon recht eindrucksvoll.)

Wenn in Finnland gestreikt wird, haben alle was davon.

Jetzt also Poststreik. Zum Glück haben es die meisten Adventskalender noch rechtzeitig ausser Landes geschafft, aber die letzten Besteller musste ich fragen, ob sie nicht lieber ihr Geld zurückhaben wollen, denn dass die Kalender bis zum 1. Dezember da sein werden, kann ich derzeit wirklich nicht garantieren, obwohl ich gestern die letzten auf die Post gebracht habe. (Wo eine Aushilfskraft erstmal im Stempeln unterwiesen wurde.)

Gestreikt wird seit zwei Wochen. Anfangs nur in den Logistikzentren, weswegen zwar gewarnt wurde, dass sich die Zustellung von Briefen und Päckchen verzögern würde, aber wovon man eigentlich noch gar nichts weiter merkte. Weil es aber mit den Verhandlungen nicht vorangeht, wurden die Streikmassnahmen inzwischen verschärft, ausserdem gibt es eine Reihe von Unterstützerstreiks: mittlerweile streiken auch die Transportunternehmen auf Strasse, Schiene, zu Luft und zur See.

Es gibt eine Liste mit einem Zeitplan für weitere geplante Streikmassnahmen: ab heute nehmen die Fährschiffe keine LKWs und Auflieger mehr mit und es fahren keine Eisbrecher mehr. Ab Montag werden auch die Postfilialen geschlossen bleiben, es werden in Helsinki keine Busse mehr fahren, es wird auf den Flughäfen für 24 Stunden nicht mehr für Frachtverladung, Catering und Sicherheitskontrollen gesorgt werden. Und sollte es bis Montagfrüh nicht zu einer Einigung gekommen sein, werden alle Fährschiffe, die unter finnischer Flagge unterwegs sind, in den Häfen bleiben – und das hat hier durchaus einen anderen Stellenwert als wenn z.B. keine Fährschiffe zwischen Deutschland und Dänemark führen! – wenn es sein muss, bis zum offiziellen Streikende am 8. Dezember.

Das wird lustig. Wir überlegen schon mal, ob wir in zwei Wochen lieber übers Baltikum und durch Polen oder über Haaparanta ins Erzgebirge fahren sollen…

[Ritterstreik]
[Busfahrerstreik]
[Krankenschwesternstreik]
[Lebensmittelverkäuferstreik]
[Flugcateringzulieferstreik]
[Grossküchenstreik]
[Grossküchenstreik 2.0]

8 Kommentare zu “Poststreik

  1. Ich versuche mir ja gerade so eine „ähnliche“ Situation in Deutschland vorzustellen. Wie hierzulande dann wohl der Aufschrei in der Bevölkerung deswegen wäre? Aber hier hat man ja den Eindruck, das Streiks eher klein gehalten werden und so etwas wie „Unterstützerstreiks“ würde es wohl auch nie geben.

    An eurer Stelle würde ich aber guter Hoffnung sein, daß die geplante Überfahrt in Richtung Erzgebirge klappen wird. Eine paar Tage sollten es bis dahin ja noch sein…vielleicht ergreift ja jemand mit Vernunft in Initiative und man einigt sich.

    • Es ist… kompliziert. Die Verhandlungen am Wochenende haben jedenfalls keine Einigung gebracht, ab heute wird’s dann wirklich lustig hier. Und wir gucken jetzt vorsichtshalber doch schon mal nach Alternativen für die Überfahrt…

  2. Och…die Streiks der IG Metall waren früher auch mal anders :-) Da wurde die Produktion niedergelegt und die Chefs verdienten erstmal kein Geld.
    Post und Bahn waren früher Beamte, die durften nicht streiken. Also in der damaligen BRD.
    Ich bin einerseits froh, in einem Land zu leben, in dem Streiks erlaubt sind – du wahrscheinlich auch – aber ich bin der Meinung, Streiks sollen die ArbeitGEBER belasten, nicht die Bevölkerung. Wenn ich mir überlege, eine Mutter muss zur Arbeit und der Kindergarten hat zu (Ausnahme: es gibt eine Notbetreuung). Oder wenn jemand dringend zur Arbeit muss, kein Urlaub drin ist und die „öffentlichen“ streiken und dieser Arbeitnehmer bekommt dann eine Abmahnung. Da hört bei mir das Verständnis auf.
    (Ich war mal betroffen aber ich konnte den Tag Urlaub nehmen).
    (Wenn die Fährschiffe nicht mehr fahren, merken es auch die Betreiber, weil keiner Fahrkarten kauft ?)

    • Der Unmut der Bevölkerung ist doch eben ein wichtiges Druckmittel bei Streiks!

      Die Frage ist nur, gegen wen sich der Unmut der Bevölkerung dann richtet: gegen die streikenden Arbeitnehmer, oder gegen die Arbeitgeber. Und das scheint mir in Deutschland sehr eindeutig zu sein.

  3. Na das nenne ich mal einen Streik.
    Und Solidarität.
    In Deutschland ziehen Unternehmen ja vor Gericht, um Streiks verbieten zu lassen. Abgesehen davon, dass Karl und Rosa wenn sie sowas hören, wohl im Grab rotieren, scheint der Deutsche allgemein nicht zu Solidarität zu tendieren. Wenn es um Streikende geht

    • Ich dachte auch, es handele sich um einen verspäteten Aprilscherz, als ich zum ersten Mal davon hörte, dass man Streiks angeblich verbieten lassen kann. Und ja, es ist sich halt leider jeder selbst der Nächste, allüberall, aber in Deutschland, scheint’s, ganz besonders.

      (Was ja irgendwie auch kurzsichtig ist. Hier zum Beispiel wird gerade so erbittert gekämpft, weil, wenn die Post damit durchkommt, ihre Paketausträger auf einen billigeren Tarifvertrag zu setzen, sie nicht der einzige Arbeitgeber bleiben wird, der das machen wird. So gesehen tut jeder, der den Streik jetzt unterstützt, potentiell auch was für sich selbst.)

  4. Ich habe gedacht so etwas „komisches“ gäbe es nur in Kroatien. Hier streiken seit ca 2Wochen die Lehrer. Ich bin gespannt wann der Unterricht nachgeholt wird

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