„Warum hängen denn da schon wieder die ganzen Fotos, Mama?“, fragt der grosse Herr Maus heute im Auto. „Sind schon wieder Wahlen?“
„Jaaaha! Kuntavaalit!“, leiert das Fräulein Maus genervt eine Antwort, denn ihr ist am Dienstag schon das Gleiche aufgefallen und wir haben ausführlich darüber gesprochen. Auch darüber, dass wir auch als Ausländer bei den Kommunalwahlen wählen dürfen.
„Hast du dich schon entschieden, wen du wählst?“, fragt sie jetzt. „Nee, noch nicht,“ gebe ich zu, „aber ich muss jetzt wirklich mal anfangen, Kandidaten zu vergleichen!“
„Kinder dürfen doch nicht wählen, oder?“, fragt das Fräulein Maus weiter. Ich verneine. „Dann möchte ich, dass du jemanden wählst, der sich für die Umwelt einsetzt. Und für Flüchtlinge“, teilt sie mir mit.
„Ja, genau, das will ich auch!“, meldet sich der grosse Herr Maus von der anderen Seite der Rückbank zu Wort. „Für den Umweltschutz. Und dass die Flüchtlinge hierherkommen dürfen.“
Ich verspreche, so jemanden auszusuchen.
Damit wir auch bei den übernächsten Wahlen – nächstes Jahr wird der Präsident gewählt, übernächstes das Parlament – unsere Stimme abgeben dürfen, fahren wir jetzt aber erstmal – den Ähämann sammeln wir unterwegs ein – in den Nachbarort zur Einwanderungsbehörde.
Der erste Teil der Beantragung der finnischen Staatsbürgerschaft war ja denkbar einfach. Online-Antrag ausfüllen, online die erforderliche Gebühr überweisen, fertig.
Hinterher aber muss man sich noch persönlich ausweisen und die dem Online-Antrag beigefügten Dokumente – Sprachzertifikat und letzter Arbeitsvertrag, bei Kindern als Mitantragsteller noch die Einverständniserklärung des jeweils anderen Elternteils – im Original vorlegen. FrüherBis letztes Jahr machte man das noch einfach bei nächster Gelegenheit auf der nächsten Polizeidienststelle, neuerdings muss man dafür eine der landesweit neun Zweigstellen der Einwanderungsbehörde aufsuchen. (Unsere befindet sich glücklicherweise direkt am Stadtrand im Nachbarort, aber andere Leute müssen dafür neuerdings auch mal ein-, zweihundert Kilometer fahren.) Der nächste freie Termin dort – ebenfalls online gleich mit dem Antrag reservierbar – fand sich erst zwei Monate nach Antragstellung. Also heute.
Wir müssen – wie das hier so üblich ist – keine fünf Minuten warten, dafür müssen wir uns dann die nächste Dreiviertelstunde zu fünft in ein 1×2 Meter grosses Kabuff mit nur zwei Stühlen quetschen. (Gut, dass man bei der Terminreservierung angeben muss, wie viele Personen kommen…!) Die Herren Maus – der grosse Herr Maus auf dem Fussboden, der kleine Herr Maus auf dem Schoss der grossen Schwester – lesen brav die ganze Zeit in ihren mitgebrachten Büchern, das Fräulein Maus guckt interessiert zu und kommt dem in regelmässigen Abständen vom kleinen Herrn Maus geflüsterten Befehl „Kraul mich!“ nach. Und immerhin dauert das Ganze nur eine Dreiviertelstunde statt der für uns fünf veranschlagten anderthalb Stunden. Die Sachbearbeiterin studiert minutenlang jeweils einen Abschnitt unseres Antrags, stellt dann – vermutlich nach dem Zufallsprinzip – ab und zu mal eine Nachfrage: „Charlotte Monika ist deine Mutter?“, fragt sie mich, und: „Dein Vater ist auch Deutscher?“, fragt sie den Ähämann, dann guckt sie kurz über die drei benötigten Dokumente und ein bisschen länger in die Pässe und entlässt uns mit den Worten: „Das war’s. Der Bescheid kommt dann in ungefähr einem Jahr.“
Mal sehen, ob das noch was wird mit der finnischen Staatsbürgerschaft im Jubiläumsjahr…
Montag, 27. März 2017 um 10:49
Was, das dauert ein Jahr? Was machen die da so lange??? Naja, besser spät als nie.
Montag, 27. März 2017 um 11:06
Es heisst sogar, es kann bis zu 18 Monate dauern… keine Ahnung, wozu die so lange brauchen sollen.
(Ich glaub’s auch nicht, dass es so lange dauert. Bei EU-Bürgern ist es ja sowieso kein grosses Ding.)