Die Erstklässler machen jetzt ein “Lesediplom”: sie sollen jeden Tag mindestens zehn Minuten lesen, und wenn sie sechs Bücher durch haben, erhalten sie ihr Diplom.
Der grosse Herr Maus kommt also nach Hause, macht seine Hausaufgaben, liest brav zehn Minuten im von der Lehrerin zugeteilten Erstleserbuch, pfeffert alles zurück in den Ranzen, schlägt den inzwischen vierten Band Harry Potter auf und ward bis zum Abendbrot nicht mehr gesehen.
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 11:43
Ich finde es soooo schade, dass Schulen es nicht halbwegs schaffen, den Lesespaß mit tollen(!!!) Büchern zu fördern. Dabei gibt es so viele schöne Bücher, die auch für den Schulunterricht geeignet sind. Eine Freundin von mir hat mit ihren Fünftklässlern „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ gelesen und die sind beim Lesen vor lauter Motivation regelrecht ausgeflippt, haben morgens schon auf dem Schulhof gefragt, ob sie im Unterricht wieder lesen dürfen usw. – das lief großartig!
Ich habe übrigens auch gerade was für Grundschulkinder gelesen: „Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums“ von Salah Naoura – musste dir ganze Zeit an euch denken, vor allem, wenn da finnisch gesprochen wurde ;-)
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 11:59
Das Problem ist eher, dass es generell nur wenige wirklich schöne und anspruchsvolle Erstlesebücher gibt…
Das mit „von der Lehrerin zugeteilt“ stimmt eigentlich auch nicht so ganz – die Lehrerin leiht immer einen ganzen Stapel Bücher für die Klasse aus, und die Kinder dürfen sich dann daraus aussuchen, was sie gerne lesen möchten. Aber eben… siehe Anfang.
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 18:40
Ich habe eher bei meinen Kindern beobachtet, dass die tollsten Bücher sofort in dem Moment blöd wurden, in dem sie in der Schule gelesen wurden. Das liegt nicht daran, was es für Bücher waren, sondern daran, dass die Schule sie verordnet hat. Hat wohl mit dem Zwang zu tun.
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 11:47
…und ich hoffe natürlich, dass der große Herr Maus sein Lesediplom dennoch bekommt. Eigentlich eher „sowieso“ bzw. „erst recht“!
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 12:02
Ja, kriegt er natürlich. Da er im Schnitt anderthalb Tage (also 15 min *grins) für so ein Erstlesebuch braucht, wird er bald nicht nur das einfache Lesediplom, sondern auch das „Meisterdiplom“ (nach 12 Büchern) und das „Superdiplom“ (nach 24 Büchern) haben. Solange er nicht meckert wegen der zusätzlichen Lektüre, soll er die ruhig nebenher lesen…
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 12:07
Das klingt gut :-) Dann hoffe ich mal, dass er alle seine Diplome bekommt. Wäre nur schade, wenn man ihm seine Leseleistung nicht anerkennen würde, wenn er die Erstlesebücher nicht will, dafür aber mal eben Harry Potter runter liest wie nix – ich kann ihn da sehr gut verstehen, nur, dass Harry Potter bei mir mit der Oberstufenlektüre kollidiert ist… ;-)
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 12:19
und Harry Potter liest er jetzt in welcher Sprache???
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 12:21
Deutsch.
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 12:24
dann kann er da leider keine zusätzliche Punkte bekommen, oder?
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 12:32
Wie gesagt, da er bereitwillig die „kleinen“ Bücher liest, sehe ich da keinen Grund für Diskussionen…
Wir hatten aber sehr wohl damals beim Fräulein Maus, das bis heute nicht wirklich begeistert liest, eine grössere Auseinandersetzung mit ihrer Lehrerin, weil ich sie bat, das Fräulein Maus doch wenigstens abwechselnd finnisch und deutsch lesen zu lassen. Aber da ging damals kein Weg rein.
Als ich das kurz nach Schulbeginn bei der Lehrerin des grossen Herrn Maus erwähnte, sagte die: „Aber natürlich kann er deutsche Bücher lesen, wenn er das will!“ Tja…
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 13:40
Kinder lesen immer dann gerne, wenn sie das Thema interesiert. Vielleicht findet sich dann ja noch ein Thema das Fräulein Maus interessiert.
Ich habe als Kind Kinderbücher gehaßt und stattdessen Wissenschaftsbücher gelesen.
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 16:42
es gibt auch kinder, die alles gerne lesen und kinder, die nichts gerne lesen. kinder sind sehr verschieden, und über schulen zu meckern ist sehr einfach, solange man selbst kein lehrer ist ;).
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 13:18
Ich musste sehr darüber schmunzeln. Als Erstklässlerin las ich zuhause brav Seite 3 in der Fibel, wie die Hausaufgaben es verlangten: FU RUFT UTA. UTA RUFT MAMA. Das war alles, was die Seite hergab. Danach blätterte ich nach hinten und las dort weiter, wo es Geschichten über 2(!) Seiten gab, die voll mit Buchstaben waren und war begeistert…;)
Als wir in der Schule auf diesen Seiten irgendwann ankamen hatte ich zum Glück schon einen eigenen Büchereiausweis und konnte mich anders beschäftigen…
Meine Eltern hatten allerdings auch immer die Einstellung, dass man keine schlafenden Hunde wecken muss, wenn das Kind damit zufrieden ist und damit haben sie mir wahrscheinlich zusätzliche Hausaufgaben erspart und viel Lesezeit beschert:)
Liebe Grüße
Jennifer
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 13:53
Witzig, denn ich habe kenne so einen Bücherausweis nicht. Ist aber ein guter Ansporn zum lesen. Aber von Kindererziehung habe ich keine Ahnung.
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 16:17
Harharharhar… Ich lache herzlich. :)
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 19:16
Harry Potter Band 4 für einen 7jährigen…wow ! Das ist ja schon viel mehr als „normale“ Lesebegeisterung, nicht nur wegen der Dicke des Buches sondern auch vom Inhalt.
Und wenn er deutsch liest – bringst du bzw ihr Eltern den Kindern das Lesen auf deutsch bei oder besuchen sie einen zusätzlichen Deutschunterricht ?“
Donnerstag, 21. Januar 2016 um 09:42
Wir haben auch schon versucht, ihn vorsichtig darauf vorzubereiten, dass er dann bald mal eine Pause machen könnte, weil Harry ja auch immer älter wird und es vielleicht gut wäre, er wäre wenigstens annähernd in seinem Alter… stiess aber erwartungsgemäss auf wenig Gegenliebe. ;-)
Unsere Kinder haben zwei Stunden pro Woche Deutschunterricht – jedes Schulkind hier hat Anspruch auf diese zwei Stunden Unterricht in seiner Muttersprache. Findet meist irgendwo anders als in der eigenen Schule statt und ist deswegen manchmal ein bisschen nervig zu organisieren, aber grundsätzlich eine prima Sache. Beim grossen Herrn Maus lief das mit dem deutsch lesen lernen allerdings so, dass er schon in der Vorschule finnisch lesen gelernt hat und ihm das Fräulein Maus gleichzeitig zu Hause die Unterschiede beigebracht hat – „Das heisst nicht i-e, im Deutschen heisst das ih..!“ ♥
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 20:02
Unsere Goldlocke hat sich das Lesen selbst beigebracht. Parallel in beiden Sprachen. Daraufhin hat die Schule angeregt, daß sie vorzeitig ins 1. Schuljahr kommt. Konkret gefördert habe ich nicht, gebremst natürlich auch nicht (wieso auch – ich saß mit drei nachts auf der Treppe und las Elternzeitschriften!). Nun ist sie vielleicht das einzige fünfjährige Kind in Frankreich, das einen Kindle hat (vom Opa geerbt).
Die Schule schickt alle Klassen einmal wöchentlich in die Bücherei, ein Buch ausleihen. Diese Kinderbücher sind zunächst zum Vorlesen gedacht, aber sie liest eben selbst. Und: „komm, Serena, ich les dir dein Buch vor!“ Serena liest aber bestimmt auch bald selbst, und dann muß Oma sich einen neuen Kindle kaufen. :D
Mittwoch, 20. Januar 2016 um 20:49
Dafür haben ja sämtliche 5-Jährigen in Frankfreich Nintendos. Da ist mir ne 5-Jährige mit Kindle deutlich sympathischer. :)
Donnerstag, 21. Januar 2016 um 11:44
Das kann ich so nicht bestätigen.
Donnerstag, 21. Januar 2016 um 08:56
das kenn ich. während viele mitschüler froh waren, wenn sie das vorgegebene seitenpensum pro tag schafften, hatte ich das buch schon zu ende gelesen und war schon wieder bei meiner privaten lektüre.
und hier in Israel wird lesen überhaupt nicht gefördert. mit meinen zwei bücherregalen plus je ein regalchen pro kind besitzen wir wahrscheinlich mehr bücher als unser gesamtes viertel zusammen.
Donnerstag, 21. Januar 2016 um 20:12
Und ich habe gerade meiner Nichte (11) von HP 4 abgeraten, weil ein grausamer Mord vorkommt . Obwohl, mir hätte das nichts ausgemacht in dem Alter, Leseratte, die ich war und bin. Werde mein Geburtstagsgeschenk überdenken.
Freitag, 22. Januar 2016 um 10:38
Ich glaube tatsächlich, Kindern macht das nicht so viel aus. Oder sie können Fiktion und Wirklichkeit besser trennen als Erwachsene. ;-)
Als ich nämlich vor zwei Jahren den Kindern den „Zauberer der Smaragdenstadt“ vorlas, hatte ich das Buch als völlig harmlos in Erinnerung. Und war dann erstaunt, wie oft irgendwelchen Ungeheuern die Köpfe abgehauen werden. Was die Kinder – die sonst jede Fliege aus einer Pfütze retten und Regenwürmer über die Strasse tragen – überhaupt nicht anfocht.
(Wir hoffen jetzt einfach drauf, dass der grosse Herr Maus beim verworrenen und langatmigen Band 5 vielleicht von selbst erstmal aufgibt. Hoffen kann man ja…)
Donnerstag, 21. Januar 2016 um 21:36
Ha, Ha!!! Habe ich auflachen müssen! Du schreibst immer so toll von Eurem Alltag, ich liebe Deinen Blog!!!
Liebe Grüsse aus Ostwestfalen, Katrin