Suomalainen Päiväkirja

Live aus Turku

Die ersten Hausaufgaben

16 Kommentare

“Juhuuuu, endlich!”, jubelte das Vorschulkind und wuchs gleich noch mal zehn Zentimeter. (Schliesslich heisst nur deswegen seit dem Umzug ihr Zimmer “Schreibezimmer”.)

Ich habe den Eindruck, sie hat schon jetzt in der Vorschule mehr gelernt als ich damals in der gesamten 1. Klasse. Nach nur ein paar Wochen konnte sie alle Grossbuchstaben lesen. (Einmal hörten wir bei 120 km/h auf der Schnellstrasse plötzlich von der Rückbank die erstaunte Frage: ”Warum steht denn da HELSINKI?”) Inzwischen kann sie auch die kleinen. Sie rechnet einfache Aufgaben, sowas wie 3+4 und 2×5. Sie schreibt, was ihr in den Sinn kommt, und zwar so, wie es sich für sie nach finnischen Regeln anhört: KAZE, BEAR, VAL, KCHEPS. Sie freut sich, wenn ich ihr dann daneben schreibe, wie es richtig geschrieben wird: KATZE, BÄR, WAL, KREBS.

Den Vorschulkindern wird nicht direkt Lesen und Schreiben beigebracht, aber Buchstaben und Zahlen, auch das Datum, sind tägliches Thema. Sie haben keine ”Unterrichtsstunden” – ausser zum Morgenkreis oder wenn dienstags die Vorschulkinder mit ihren Aufgabenheften in die Schule gehen, bearbeitet die Lehrerin mit nur jeweils einem oder zwei Kindern verschiedene Aufgaben, in ihrem Tempo. (Ich erinnere mich an viele, zähe Unterrichtsstunden, in denen ich mich fast zu Tode langweilte, weil es so furchtbar lange dauerte, bis alle die eine Seite in der Fibel auch endlich gelesen hatten – das Weiterblättern aber strengstens untersagt war.)

In den letzten Wochen waren – wie passend! – Sterne und Planeten das Thema. Sie haben das Weltraumbuch gelesen, bunte Planeten gebastelt, im Schlafraum einen leuchtenden Sternenhimmel aufgehängt und gelernt, welche Sternbilder es gibt und wie man eine Sternkarte liest. Habe ich sowas jemals gelernt? Ich meine – in der Grundschule?!

Gestern sollten das Fräulein Maus und ihre beste Freundin eigentlich ein bisschen ”Mathematik” betreiben, aber weil das Aufgabenheft wegen der Hausaufgaben noch zu Hause war, hiess es: ”Na dann geht schnell wieder spielen. Mathe können wir auch am Montag machen.”

16 Kommentare zu “Die ersten Hausaufgaben

  1. Süß. Da kommen sich die Kids gleich richtig groß vor. Mein Großer geht in die Musikschule im Kindergarten. Da bekommen sie manchmal auch Hausaufgaben, ein Bild fertig ausmalen oder so Sachen. Dann sitzt er hier am Tisch und kommt sich furchtbar groß und wichtig vor. Und ich könnte ihn nur noch knuddeln!

    • Unheimlich süss ist das!

      Und ich merke gerade – obwohl das mit dem Grösserwerden und Loslassen ja immer so eine zwiespältige Sache ist für Eltern – dass ich mich unheimlich auf die Schule freue. Genauso sehr wie das Fräulein Maus.

  2. Auf dass die Begeisterung lange anhält!

    • DAS dachte ich auch als erstes! ;-)

      (Aber wenn es mit der Schule einigermassen so weitergeht, dann besteht da doch berechtigte Hoffnung. Die zwei Nachbarsmädchen, die inzwischen in die zweite Klasse gehen, finden Schule jedenfalls immer noch nicht doof.)

  3. Wir haben ja noch zwei Jahre Zeit, bis die Schule anfängt. Er ist ja erst 4. Und wenn es nach mir geht, dann käme er auch noch ein Jahr später rein. Hier gilt ja die Regel, wer bis zum 30.9. 6 wird, kommt in die Schule. Meine Jungs haben ja beide am 1.9. Geburtstag, sind also gerade mal ein paar Tage 6, wenn die Schule anfängt. Zu früh, finde ich.
    Wobei der Große es ja gar nicht mehr abwarten kann, endlich selbst lesen zu können. Ganz die Mama. ;-)

    • Das Fräulein Maus will auch in die Schule gehen, seit sie drei war. ;-)

      Aber eben. Ich bin so froh, dass sie erst mit sieben mit der „richtigen“ Schule anfangen wird!

      (Warum wird eigentlich dieser blöde Stichtag in Deutschland immer weiter nach hinten geschoben?! Früher war das mal der 31.5. bzw. 30.6. – und schon da hatten es immer die in der Klasse am schwersten, die im Mai oder Juni geboren waren…)

      • Das ist einfach Politik. Und die Folge einiger sehr dumm gelaufener Pisa-Tests in Kombination mit Anforderungen aus der Wirtschaft „Suchen 20-Jährigen jungen, dynamischen, gut ausgebildeten Menschen mit 10-jähriger Berufserfahrung“ – also musste man das Schulsystem umkrempeln, die Schulzeit früher beginnen und um ein Jahr verkürzen.

        Neulich hörte ich dann im Radio einen netten Beitrag zum Thema G8 und dass in der Wirtschaft die ganz jungen Absolventen gar nicht so beliebt sind. Vor ein paar Jahren hat man bis zum Abi 13 Jahre gebraucht und fürs Studium mindestens 5, jetzt wird alles gestrafft und nun sind die Berufseinsteiger nicht mehr zwischen 25 und 27, sondern eher 21-23 … nach Aussage der Personaltante, die interviewt wurde, sind sie da aber in der Persönlichkeitsentwicklung noch gar nicht richtig „fertig“. Zumal durch aktuelle Lehrpläne kaum Zeit für Persönlichkeitsentwicklung bliebe, weil zuviel in zu kurzer Zeit gelernt werden müsse. (ACH!?)

        Ich fand das durchaus spannend, weil es bisher ja immer andersrum gefordert war, nun ist es auch wieder nicht recht. Zu G8 habe ich keine echte Meinung – zu DDR-Zeiten haben wir das Abi ja schließlich auch nach 12 Jahren gemacht – und meiner Meinung nach auch nicht weniger gelernt, als die Wessis in 13 Jahren. Alles andere betrifft uns aktuell nicht – Saskia ist „stichtaggünstig“ geboren und mit knapp 7 eingeschult worden und aus dem Restthema sind wir mit Förderschule eh‘ raus.

        (Aber nach allem, was ich weiß, würde ich gern hier das finnische Schulsystem einführen – das scheint mir insgesamt doch sinnvoller. Oder eben doch back to GDR – aber das darf ich hier im Westen nicht laut sagen ;) )

        • Ja, weiss ich ja alles. War ja eher ’ne rhetorische Frage… weil ich mich auch immer wieder über die Gründe aufrege.

          Meine Schwiegermutter (die bei der DFG arbeitet) erzählte mir neulich, dass z.B. auch die Universätsprofessoren plötzlich vor ganz neuen Herausforderungen stünden: für Vieles muss heutzutage noch das Einverständnis der Eltern eingeholt werden – weil der Student noch nicht volljährig ist. Musste ich sehr laut lachen.

          (Was mich noch mehr ärgert als die offiziellen Regulierungen, ist der Ehrgeiz so vieler Eltern: Die wollen ja gar nicht, dass ihr ach-so-intelligentes Kann-Kind noch ein Jahr im Kindergarten bleibt.)

  4. Ich bin Deutschlandschulgeschädigt, ich hasse das hiesige Schulsystem. Nein ich hasse es nicht, ich finde es total schwachsinnig. :-(
    Anfang der 4.Klassen legt der Lehrergott fest wer mal studieren soll und wer „bloß“ das Zeug zur Praxis hat. Danach wird die zukünftige Elite gefördert und der Rest bleibt doof. Und nein nicht jeder muß Abitur machen aber welche Wahl hat man, wenn das wichtigste Hauptfach auf der Mittelschule Hauswirtschaft und Technik ist? (Aussage der Mittelschulvertretungen!). Ich ärgerte mich bisher über das Scxhulsystem und im Moment mutiere ich da gerade zur Monstermeckerkuh.
    Ach ja die Vorschule war auch hier richtig toll und die Kinder wachsen in dieser Zeit, aber sowas von :-)

  5. hach, das klingt nach einem so tollen Schulsystem. Seufz.

  6. In Bayern läuft das sehr individuell ab (ja, wir mit dem leistungsorientierten Aussortiersystem!): Alle Kinder, die zum Stichtga 6 sind, werden eingeladen zur Schuleinschreibung; wenn man sein Kind zurückstellen lassen will, geht das sehr unbürokratisch. Die meisten Eltern möchten aber vorher, dass die Kinder am „Schulspiel“ teilnehmen (Schulfähigkeitstestverfahren, in dem die Kinder nach einem standardisierten Testverfahren mit Testlehrkraft „Schule spielen“). Wer ein Kann-Kind hat (am Stichtag erst 5 Jahre alt, soll aber laut Elternwille eingeschult werden), muss mitmachen; ebenso werden auffällige Kinder eingeladen (um Förderbedarf möglichst früh zu diagnostizieren und anzugehen). Ergebnisse des Schulspiels sind für die Erlaubnis zum Schulbesuch bindend; d.h. wenn ein Kann-Kind nicht besteht, kann es auch noch nicht eingeschult werden. Rückstellung ist mehr eine Sache des Elternwillens. Die Klassen 1/2 sind mittlerweile hier sehr oft jahrgangsstufenübergreifend gestaltet; wer drei Jahre dafür braucht, braucht eben drei; wer nur ein Jahr braucht für den Stoff von 1 und 2, der geht eben schon im zweiten Schuljahr in die dritte Klasse. Offener Unterricht ist Schwerpunkt der Lehrerausbildung und wird eigentlich sehr oft praktiziert. Ich selbst unterrichte am Gymnasium (hier ab Klasse 5) – wir haben in jeder Klasse ein paar ehemalige Kann-Kinder, und das sind oft die besten Schüler und immer noch eifrige Schulbesucher (obwohl zu diesem Zeitpunkt erst neun Jahre alt). Individualisierung ist in Schuldingen eine ganz wichtige Sache.

Hinterlasse eine Antwort zu Melanie Antwort abbrechen