Umziehen ist nicht mein Ding.
Ich hasse es, wochenlang in Provisorien hausen zu müssen. Nichts zu finden. Vor lauter zu erledigenden Dingen gar nicht zu wissen, wo anfangen.
Diesmal waren wir alle krank, zu allem Überfluss. Einschliesslich der extra zum Helfen angereisten Grosseltern, die dann die meiste Zeit mit Ausruhen verbringen mussten. Einschliesslich des kleinen Herrn Maus, der eigentlich die meiste Zeit schlafen sollte, während seine grossen Geschwister im Kindergarten sind, aber jeweils nach einer halben Stunde hustend, schniefend und quengelig wieder erwachte. Ich bekam an dem Tag, an dem wir die Schlüssel zur neuen Wohnung abholen konnten, Fieber, das ich zwei Tage lang mit Paracetamol bekämpfte, um dann doch noch zwei Tage komplett im Bett verbringen zu müssen. Wir alle waren unendlich müde und kaputt. Braucht kein Mensch. Schon gar nicht, wenn Krempel von fünf Personen von einem Ort an den anderen transportiert werden muss.
Irgendwann schliefen wir dann doch die erste Nacht in der neuen Wohnung. Ich war so müde, ich habe nicht einmal etwas geträumt.
„Wann gehen wir wieder nach Hause?“, fragte letzte Woche mehrmals der grosse Herr Maus.
Ach… In die Wohnung mit dem tollen Spielplatz vor der Haustür, den der grosse Herr Maus in den letzten Wochen unermüdlich mit dem Laufrad umrundet hat, mit dem grossen Garten, mit den tollen Nachbarn, mit dem Wald nebenan und dem Fluss in Laufentfernung. In der wir erst zu zweit wohnten und zuletzt zu fünft. In die wir die drei kleinen Menschlein vom Krankenhaus nach Hause gebracht haben. Wo wir fünf Jahre lang zu Hause waren. Und jetzt auf einmal nicht mehr…
Aber es wird jeden Tag besser.
Jeden Tag fühle ich mich ein bisschen gesünder und kräftiger. Der kleine Herr Maus schläft wieder. Die Grosseltern haben trotz allem ihr Bestes getan, die alte Wohnung übergabefein zu putzen.
Es wird noch Wochen dauern, bis es hier einigermassen nach Wohnung aussieht. Aber es wird jeden Tag ein bisschen wohnlicher.
Alle neuen Nachbarn haben uns mit sprichwörtlich offenen Armen empfangen. Am zweiten Tag fielen die eine der drei Petersburgerinnen aus meinem Finnischkurs und ich uns um den Hals. (Ich wusste, dass sie in diesem Stadtteil wohnt, aber kannte ihre Adresse nicht. Jetzt sind wir Nachbarn. Wie toll!)
Das Fräulein Maus hat gleichaltrige Freunde gefunden (die es in unserer alten Strasse nicht gab), hat innerhalb eines Tages ihre Scheu, Finnisch zu sprechen, abgelegt, verbringt ganze Nachmittage mit ihren neuen Freunden draussen und ist selig, weil sie das Gartentrampolin der Nachbarn benutzen darf. Der grosse Herr Maus spielt jetzt auch allein draussen, und der kleine Herr Maus wird von keinem Moped aus dem Schlaf gerissen.
Das Fräulein Maus entscheidet jeden Abend neu, ob sie in ihrem „Schreibzimmer“ schlafen will oder im Kinderzimmer im neuen Doppelstockbett oben oder lieber gemeinsam mit dem grossen Herrn Maus im Doppelstockbett unten. (Oder doch mit Mama und Papa und dem kleinen Herrn Maus im Elternbett…)
Die Vögel singen Tag und Nacht aus dem Wald, und die frischen Birkenblätter duften wie bei meiner Hostfamily am Sommerhaus.
Die Bauarbeiter, die an den neuen Häusern auf dem Weg zum Bus bauen, winken uns schon zu, und der Busfahrer, der den kleinen Herrn Maus und mich nachmittags zum Kindergarten bringt, begrüsst uns schon persönlich.
Irgendwann wird das hier zu Hause sein. In ein paar Tagen, Wochen oder Monaten. Für den grossen Herrn Maus. Für uns alle.
Donnerstag, 19. Mai 2011 um 18:20
Hach³. Ich freue mich für euch! ♥
Donnerstag, 19. Mai 2011 um 21:36
Oh, ich kann das gerade sehr gut nachvollziehen – wir sind seit zwei Monaten im neuen Heim, und die Kartons, die jetzt noch voll sind, bleiben das auch erst einmal – die Luft ist raus.
Am Wochenende haben wir (doch schon) die ersten Lampen aufgehängt – jetzt wird es langsam „zu Hause“…
Habt Geduld, lasst auch mal fünfe gerade sein – es wird! Herzliche Grüße!
Freitag, 20. Mai 2011 um 09:07
Och, Lampen… die brauchen wir zum Glück gerade nicht. In den paar Stunden, in denen es dunkel ist – so zwischen Mitternacht und 4 Uhr – schlafen wir alle. ;-)
Donnerstag, 19. Mai 2011 um 23:04
wie gut kann ich das nachempfinden!
Wir mussten häufig umziehen und fast immer kamen Krankheiten, Autoreparaturen oder sonstige „Geschenke“ dazu.
Einmal saßen wir gerade zwischen allen Umzugskartons, da bekamen 4 Kinder gleichzeitig die Windpocken…
Ich wünsche Euch jede Menge Extrakraft und viel Freude beim Eingewöhnen.
Herzlichen Glückwunsch zum neuen Zuhause!
Freitag, 20. Mai 2011 um 09:08
Oh weh… da haben wir es ja noch richtig gut getroffen…
Donnerstag, 19. Mai 2011 um 23:15
Ohje, da habt ihr ja ganz schön was hinter euch. Ich wünsche viel Glück im neuen Heim und dass recht bals alle zu Hause sind.
Tschüssi Brigitte
Freitag, 20. Mai 2011 um 09:10
Danke!
(Der grosse Herr Maus sagte heute früh allerdings schon wieder „Wenn wir wieder zu Hause sind, dann…“)
Freitag, 20. Mai 2011 um 03:32
Also ist Turku doch in Schweden. Umarmende Nachbarn, winkende Bauarbeiter… *grübel* ;)
Freitag, 20. Mai 2011 um 09:11
Ich wundere mich auch ein bisschen… wird doch immer gesagt, die Turkuer sind besonders verschlossen! Aber vielleicht sind das alles einfach nur Zugewanderte, aus Karelien zum Beispiel. ;-)
Sonntag, 22. Mai 2011 um 10:47
Das mit den Bauarbeitern hat sich schon mal geklärt – die sprechen untereinander eine slawische Sprache! ;-)
Samstag, 21. Mai 2011 um 18:12
So muss es sein, hört sich gut an. Wir feiern unser zehntes Wohnjubileum und würden nicht wegziehen, dieses Jahr gibt es endlich ein Strassenfest für alle 8 Parteien und alle haben zugesagt! Obwohl es irgendwelche „Altlasten“ zwischen manchen gibt, aber als unwissende Deutsche darf ich wohl die Initiative ergreifen – und es wird toll.
Sonntag, 22. Mai 2011 um 10:49
Das klingt toll! (Und auch so gar nicht nach Finnland…)
Samstag, 21. Mai 2011 um 18:27
Glückwunsch zum Umzug und nachträglich mein tiefes Mitgefühl für krank und müde sein….
Gutes „Einwohnen“ im neuen Zuhause.
Sonntag, 22. Mai 2011 um 10:50
Danke! Noch fühlt es sich nur schön hier an, noch nicht wie Zuhause, und wir haben alle noch Sehnsucht nach der alten Wohnung, aber das wird werden, ganz bestimmt…
Sonntag, 22. Mai 2011 um 13:32
Meinst Du die Altlasten klingen nicht nach Finnland oder das Gemeinschaftsgefühl? :) Nun ja, Altlasten gibt es nicht nur in Deutschland, auch wenn sicher Nachbarschafts- (und vor allem Vermieter-) Krieg ganz oben auf der Liste steht.
Vorteil: die Strasse ist so klein, ich wirkte lange sehr exotisch („Alien’s Act“, grün, drei Augen, Antennchen :) ), so dass die meisten meine Begrüssung erwiderte, nur den Boden anstarrte, aber ich hab’s nicht aufgegeben und irgendwann fingen sie an zurückzugrüssen und zu quatschen.
Mit Neujahrssekt (und Rum) kam dann die Idee über das Strassenfest. Zu viert hatten wir sowas schon einmal vor 4-5 Jahren, zu zweit so ziemlich jedes zweite Wochenende… Unfinnisch.
Sonntag, 22. Mai 2011 um 13:33
„dass die meisten meine Begrüssung NICHT erwiderten“ wollte ich sagen.
Sonntag, 22. Mai 2011 um 22:13
Hallo Karen,
uns steht der nächste Umzug auch bevor, daher wird dieses Jahr auch leider nichts aus unserem Finnlandurlaub. Aber nächstes Jahr und vielleicht ergibt sich ja auch eine Gelegenheit, das sich unserer beiden Mäuse kennenlernen!
Montag, 23. Mai 2011 um 09:15
Och, ihr seid doch gerade erst umgezogen?!
Nächstes Jahr, klar! :-) (Weisst du, wie gross die dann schon sein werden?!)
Mittwoch, 25. Mai 2011 um 23:37
:-) Lassen wir uns überraschen. Im Augenblick ist der Kleine Herr A. 70cm groß. Genauso wie eurer Herr Maus!
Montag, 23. Mai 2011 um 08:14
Ich wünsch mal alles Gute für das neue Zu Hause, und nach und nach wird es sich auch mit Erinnerungen füllen, werden die kleinen Eckchen ihre Patina bekommen und wird es Teil eures Lebens werden-ganz und gar!
Lieben Gruß,Dani (auch schon oft umgezogen und irgendwie noch immer nicht richtig zu Hause;))