Seit Freitag ist das Mäusebabymädchen endlich offiziell deutsche Staatsbürgerin. Bisher war das arme Kind staatenlos. Zwar wurde sie auf dem maistraatti von Anfang an als Deutsche geführt, aber für die deutschen Behörden braucht es natürlich ein bisschen mehr als die Tatsache, dass das Kind zwei deutsche Eltern hat. Nämlich: einen Auszug aus dem finnischen Melderegister, einen Geburtsschein aus dem Krankenhaus, ein Passbild, die Geburtsurkunden der Eltern, die Heiratsurkunde der Eltern (allerdings, wie gehabt, nicht die offizielle, kürzere, sondern die ausführliche, die eigentlich nur für den Gebrauch auf dem maistraatti bestimmt ist), einen Antrag und die Anwesenheit des Kindes sowie beider Eltern auf einem deutschen Konsulat oder der deutschen Botschaft. Ganz einfach also. ;-) Es hat uns auch nur eine Fahrt nach Helsinki, anderthalb Stunden Papierkrieg sowie 70 € in bar (!) – denn wir befinden uns zwar in Finnland, wo man an jedem Kiosk mit Bankkarte bezahlen kann, aber letztendlich doch auf deutschem Hoheitsgebiet – für die Ausstellung ihres Passes (in den unbedingt ihre Grösse einzutragen ist – das fanden wir neben dem Passbild den grössten Witz!) und Eintragung in unsere Pässe gekostet. Um eine deutsche Geburtsurkunde für das Mäusebabymädchen zu bekommen – für die sich hier kein Schwein interessiert, aber die wir garantiert brauchen, sollten wir auch nur irgendeine kleine Sache in Deutschland für sie zu klären haben – steht ungefähr noch einmal so viel Papierkrieg an. Allerdings haben wir dafür jetzt noch einmal drei Monate Zeit.
Auf die Botschaft zu gehen war wie immer ein Erlebnis. Nebenan befindet sich die Botschaft irgendeines südamerikanischen Staates, dort wuchert das Gras und stehen hohe Bäume, eingezäunt von einem Holzzaun, dessen Tor sperrangelweit offen steht. Nebenan, bei den Deutschen, gibt es auf dem gepflasterten Hof eine – na? – natürlich! – Eiche! Auf dem Hof schmort in der Sonne ein Wachmann, der Besucher, die hinter übermannsgrossen Eisenzäunen klingeln und warten müssen, einlässt, nachdem sie ihr Begehr vorgetragen haben. Ein Blick auf das Baby genügte in unserem Fall. Die Botschaftsangestellten, die für solcherlei Angelegenheiten wie unsere zuständig sind, sitzen hinter einem gesonderten Besuchereingang hinter schusssicherem Glas, kommuniziert wird per Mikrofon und Telefonhörer, Unterlagen werden durch eine Schublade hin- und hergereicht. Lustig ist, dass an der Pinnwand noch ein Fahndungsaufruf nach drei Jenaern hängt, die dort 1997 (!) auf dem Theaterplatz ein Sprengstoffpäckchen abgelegt haben sollen. Davon haben wir nie gehört. Aber das war ja auch vor der allgemeinen Terrorhysterie. Wenigstens haben sie einen prima Wickeltisch, den, den uns IKEA nicht verkaufen wollte.
Zur Erholung von soviel Deutschheit haben wir am Nachmittag eine Kollegin vom Ähämann besucht, die nebenher zwischen Tammisaari und Salo ein Café direkt am Meer betreibt. Wir haben alles probiert (naja, fast alles), was sie im Angebot hat, haben stundenlang in der Sonne gesessen, während das Mäusebabymädchen schlief, ein bisschen finnisch geredet, ein bisschen gelesen, ganz viel nichts getan. Was man im finnischen Sommer eben so tut.
Montag, 29. August 2016 um 01:12
Irgendwie interessant/erschreckend dass damals die Polizei die drei nicht wegen mehr als ein paar Gramm Sprengstoff suchte.
Montag, 29. August 2016 um 07:03
Ja, das habe ich dann später auch oft gedacht…