Gleich bei meiner ersten Reise nach Finnland wurde ich nicht davon verschont: die finnischen Fluglotsen streikten. Ich konnte nicht, wie geplant, von Berlin fliegen, sondern musste erst nach Frankfurt, und es konnte mir keiner versichern, ob ich später in Helsinki landen würde oder ob alle Flüge nach Tampere umgeleitet würden. Die Inlandsflüge waren alle gestrichen, weswegen ich, schliesslich doch in Helsinki angekommen, fünf Stunden mit dem Bus nach Jyväskylä schaukeln musste statt 50 Minuten zu fliegen. „Streik“ war neben „Rötelmaus“, „Erdmaus“, „Falle“, „Messer“, „Gabel“, „Mädchen“ und „Junge“ eines der ersten finnischen Worte, die ich gelernt habe. Ich erinnere mich noch gut an den Transpoint-LKW, den wir auf der Rückfahrt von meinen Mäusegehegen zur Forschungsstation sahen, und wie der Lieblingstechniker mich empört darauf aufmerksam machte, der dürfe gar nicht fahren, die hätten „lakko“. Als Jan uns im Sommer besuchen kam, streikte das Frachtpersonal auf den finnischen Flughäfen, weswegen Jan zwar halbwegs pünktlich, aber ohne seinen Koffer in Turku ankam. Pinni sass letzte Woche auf dem Flughafen fest, weil die Busfahrer streikten. Post kam nicht pünktlich an, weil die LKW-Fahrer auch gleich mitstreikten.
Der Liebste war gestern mit seinem Finnischkurs auf der Turkuer Burg. Dort hat er gelernt, dass es dort den ersten Streik Finnlands gab. Die Ritter streikten, weil ihnen täglich nur drei Liter Bier zustanden, ihren Vorgesetzten aber fünf Liter. Und sie waren erfolgreich: fortan bekamen sie wochentags vier Liter, an Sonntagen fünf Liter. Und seitdem wird in Finnland bei jeder Gelegenheit gestreikt. Dass die Finnen dafür noch nicht so berühmt geworden sind wie die Franzosen, liegt nur daran, dass Finnland am A… der Welt liegt und sich keiner wirklich dafür interessiert, was in diesem Land vor sich geht, und dass die Finnen sich auch beim Streiken ruhig und zurückhaltend verhalten und niemals so ein einschaltquotenförderndes Theater aufführen würden, wie es die mistgabelbewaffneten französischen Bauern tun.